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7 Planung und Kontrolle unternehmerischen Literaturengagements

Die bisherigen Überlegungen zeigen, daß Literaturengagement aus mannigfachen Beweggründen auf vielfältige Weise mit unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Zielvorstellungen durchgeführt werden kann. (1) Diese Variationsbreite mit allen durch ihre Heterogenität hervorgerufenen Schwierigkeiten und daraus sich herleitenden Unsicherheiten begründet bei einem sich engagierenden Unternehmen den Bedarf einer Planung. Sie und die an ein Literaturengagement sich anschließende Kontrolle werden in der Folge analysiert. Der Formenreichtum der Durchführungsmöglichkeiten von Planung und Kontrolle befördert die Entstehung neuer Berufe, deren Bilder abschließend erörtert werden.

7.1 Planung von Literaturengagement und deren Probleme

Die Forderung nach einer gezielten Planung betrieblichen Literaturengagements wirkt auf einen Wortkünstler zunächst brüskierend, widerspricht sie doch in Teilen seinem Bestreben nach künstlerischer Eigenständigkeit. (2) Dem steht das zumindest scheinbar vernunftmäßige Verhalten des Kaufmanns in Theorie und Praxis gegenüber. Tatsächlich jedoch liegt eine Planung von Literaturengagement im Interesse sowohl des engagierten Unternehmens als auch seiner Partner im Literaturbetrieb, werden doch dadurch Mißverständnisse im Vorfeld ausgeräumt und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit oft erst ermöglicht; denn Planung ist in ein Spannungsfeld eingebunden, das einer eingehenderen Betrachtung bedarf. Das Schwergewicht solcher Überlegungen liegt dabei nicht auf der Wiedergabe von etablierten betriebswirtschaftlichen Verfahren, sondern auf einem Herantasten an die Eigenarten und Klippen eines Planungvorganges. Das schließt Rezepturempfehlungen aus, schließt jedoch Anstoßrichtungen unter Berücksichtigung des künsterischen Gehalts von Literatur ein.

Für eine solche Vorgehensweise spricht, daß bisher kein umfassendes oder standardisiertes Planungsverfahren (3) für betriebliches Literaturengagement erkennbar ist, und zwar zum einen, weil die Anzahl der Ziele, die Unternehmen mit Literaturförderung verfolgen können, groß ist und von innerbetrieblichen über absatzorienterte bis hin zu gesellschaftspolitischen Vorhaben reicht. (4) Zum anderen sind die Ausgangsvoraussetzungen der einzelnen interessierten Unternehmen zu verschieden, was im besonderen vor dem Hintergrund zu betrachten ist, daß Literatur als eine Form der Kunst bei den Rezipienten unterschiedliche Wirkungen auslöst, die kaum im nachhinein mit letzter Sicherheit einzuschätzen sind. Nicht zuletzt deshalb dürften theoretisch entwickelte Planungsmuster bisher selten in die Praxis umgesetzt worden sein. (5)

7.1.1 Verständnisschwierigkeiten bei der Planungswegsuche

Beabsichtigen Betriebe ein Literaturengagement durchzuführen, liegen bei den konzeptionsausarbeitenden Mitarbeitern Unsicherheiten bei der Planung oft in der fehlenden Erfahrung im Umgang mit Wortkunst begründet. So wird innerhalb mancher Kaufmannskreise der Gemeinplatz aufrechterhalten, daß ein erfolgsorientierter Geschäftsmann stets beschäftigt zu sein hat und daher keine Zeit für Schöngeistiges haben darf. Kenntnisse im Literaturbereich werden allenfalls im Zusammenhang mit seiner Allgemeinbildung gewürdigt. (6) Als Folge ist häufig ein geringer Literatursachverstand bei den Führungskräften anzutreffen. Diese Verständnis- und Sprachlosigkeit vermindert das Einfühlungsvermögen in das Denken und Handeln der Autoren. Insbesondere leitet sich daraus die Einschränkung ab, daß Unternehmer "die fein gesponnenen Abhängigkeiten und wechselseitigen Anstöße von Literaturtraditionen, Buchmärkten, Autorenbiographien und Literaturentwicklungen auf die Frage der Ökonomik oder schlicht der Bezuschussung begrenzen", (7) was bei den der Literaturbühne sich zugehörig fühlenden Menschen die besorgte Einschätzung hinsichtlich eines solchen Literaturengagements auslöst: "Wer zahlt, schafft an". (8) Ein derartiges Vorurteil führt zu einer Sperre, die Kaufleute von Literatur und Autoren meist trennt: Literatur und ihre Verfasser seien überwiegend unfreundlich gegen Unternehmen eingestellt. Dabei könnten sich gerade Schriftsteller als Türöffner erweisen für eine gesellschaftliche Diskussion auch kontroverser Art über politische, wirtschaftliche und kulturelle Belange. (9)

Die erörterten Verständnisschwierigkeiten und Vorurteile tauchen im Unternehmen, dem beziehungsreichen und vielschichtigen sozialen System, in allen Hierarchieebenen und Organisationsstrukturen auf: "Many business men dread books just as literary men dread business. The two things have been at enmity. The literatus has looked down on the man with counting-house taste and cash-box imagination. The merchant has looked down on the man of lofty ideas and light pockets. You can hardly ever find a business man who has any just notion of the mercantile value of genius, or literary man who has any appreciation of business." (10) Einen salomonischen Ausweg versucht Edzard Reuter zu finden: "Dabei räume ich ein, daß Kunstverständnis bei Unternehmen oft genug genauso gering ausgebildet ist wie technisches und wirtschaftliches Einfühlungsvermögen bei Künstlern. Eine wechselseitige Anklage hilft jedoch nicht weiter. Man muß aufeinander zugehen. Nur indem ich mit dem Fremden spreche, erlerne ich seine Sprache." (11)

Trotz dieser Bemühungen wird durch fehlende Daten für eine Planung die Verwirklichung von Literaturengagements der meisten förderwilligen Unternehmen beeinträchtigt. Der Erfolg einer strategisch ausgerichteten Unternehmensführung, die Literaturengagement als Mittel zum Erreichen betrieblicher Ziele einsetzen will, steht und fällt mit der Verfügbarkeit ausreichender Informationen. (12) Sie lassen sich teilweise jedoch nur schwer beschaffen, wofür mehrere Gründe maßgeblich sind. So ist erstens festzustellen, daß sich aufgrund der Vielzahl von Förderungsmöglichkeiten sowie der unterschiedlichen Förderbedürfnisse und -motive der Unternehmen die Erfahrungen von einem Projekt innerbetrieblich nur selten auf ein anderes Vorhaben übertragen lassen. Eine allen Unternehmen zugängliche Sammlung von Anleitungen würde die Schöpferkraft und Selbständigkeit der an Planung und Durchführung eines Projektes beteiligten Personen erdrücken, sowohl seitens des Unternehmens als auch des Literaturbetriebes. Weiter sind Wirkungen von Literaturfördermaßnahmen der Unternehmen kaum vorherzusagen, zu erfassen und damit kostenrechnerisch zu planen und auch zu kontrollieren. (13) Dies erschwert für verantwortliche Mitarbeiter der Betriebe die Begründung des Einsatzes von Mitteln für Literaturengagement. Unüberschaubar ist außerdem der Literaturförderungs-Markt, soweit dieser Begriff überhaupt seine Berechtigung findet, wie bereits festgestellt. (14) Die große Anzahl von Bitten um Förderung von Literatureinrichtungen und Vorhaben von Autoren erschwert eine genaue Prüfung aller Anträge und Vorschläge.(15) Folglich wird dann zur Auswahl zumeist auf persönliche Beziehungen und Empfehlungen zurückgegriffen. Das gewährleistet jedoch keinesfalls die beste Förderung. Einer Planung steht ferner entgegen, daß Engagement sich nicht nur aus der Förderung eines Kunstwerkes selbst herleitet, sondern ebenso aus der Reaktion der durch das Kunstwerk angesprochenen Öffentlichkeit und deren Auffassungsvermögen. (16) Auf beides kann der Förderer nur begrenzt Einfluß nehmen, so daß eine Rückkopplungswirkung als zwar zu erwartender, aber im Ausmaß noch unbekannter Tatbestand einkalkuliert werden muß.

Zwar vermögen Betriebe durch Kooperation mit vorhandenen öffentlichen Kultureinrichtungen fehlendes Fachwissen und Erfahrung auf dem Gebiet der Literatur für die unternehmerische Planung zu erwerben, (17) aber häufig bringt erst die Zusammenarbeit die notwendige gesellschaftliche Anerkennung des unternehmerischen Literaturengagements auf öffentlicher Bühne. Allerdings sind diese Auswirkungen und ihr Umfang wiederum unplanbar. (18)

Es läßt sich festhalten, daß der Konzeption eines Literaturengagements Erschwernisgründe im Wege stehen, die in der Natur von Literatur als einer Form von Kunst und in ihrem Anspruch auf das Verständnis ihrer Konsumenten begründet liegen. Folglich ist es nur möglich, Einzelprobleme im Rahmen eines Planungsprozesses aufzugreifen und zu untersuchen. Ausgangspunkt dafür ist die Fragestellung, ob Literaturengagement auf bestimmte, besonders interessierende Kommunikationspartner des Unternehmens fokussierbar ist.

7.1.2 Suche nach einer zielgruppengerechten Kommunikation

Literatur ist eine Form und gleichzeitig ein Mittel der Kommunikation. Daraus leitet sich für die Planung unternehmerischen Literaturengagements die Notwendigkeit ab, bereits in der Frühphase der Konzipierung zu bedenken, daß Gesprächsangebote an betriebliche Partner nach dem Gießkannenprinzip zu beträchtlichen Streuverlusten führen. Hinzu kommt, daß Unternehmenskommunikation wegen des überflutenden Informationsangebotes von der breiten Bevölkerung nur noch zu einem geringen Prozentsatz zur Kenntnis genommen wird, da ein bewußtes Auswählen der aufzunehmenden Informationen durch den einzelnen kaum mehr möglich ist. Somit gehen bei Gesprächspartnern aus Unternehmenssicht wichtige Mitteilungen unter. (19)

Um solche Streuverluste bei der betrieblichen Kommunikation zu verringern, sollte sich Literaturengagement eines Unternehmens auf ausgewählte Zielgruppen konzentrieren. (20) Dazu wird die Gesamtheit der verschiedenartigen Gesprächspartner in Gemeinschaften gleichartig Interessierter aufgespalten, Segmente beziehungsweise Cluster genannt. (21) Ganz allgemein gesprochen muß ein Segment eindeutig festlegbar sein und ein Personenkreis sich ihm zuordnen lassen. Es bedarf eines ausreichenden Umfangs, um es in mathematische Größen überführen zu können. (22) Zur Unterscheidung von anderen Segmenten sind außer gleichgesinnten Zielgruppenmitgliedern meßbare Abgrenzungsmerkmale erforderlich, wobei zugleich die wissenschaftliche Gültigkeit und die Zuverlässigkeit der Messung zu fordern sind. Bei der Einteilung der Gesamtheit der Kommunikationspartner in Gruppen sollten Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden. (23) Schließlich muß ein Cluster für das Unternehmen kommunikationsrelevant sein und damit Anhaltspunkte für die segmentausgeprägte Gestaltung möglicher zukünftiger Gesprächsmaßnahmen geben.

Diese Anhaltspunkte bilden die Grundlage einer planmäßigen und angemessenen Förderung der Segmente beziehungsweise Zielgruppen auf literarischem Gebiet. Das Literaturengagement wird dann nur auf ein oder einige wenige ausgewählte Cluster konzentriert. (24) Voraussetzung dafür ist, daß sich das geplante Förderziel des Unternehmens deckt mit der prognostizierten Wirkung, die ein Literaturengagement in einem bestimmten Kommunikationssegment auslöst. (25) Werden mehrere Cluster bearbeitet, können sie mit gleichem oder bei Bedarf mit in sich gestuftem Literatureinsatz angegangen werden, abhängig von der wirtschaftlichen Kraft des Unternehmens und vom Verhalten der Mitbewerber. (26) Weiter ist die Bedeutung der einzelnen Segmente für das Leistungsprogramm des Unternehmens mit dem Literaturengagement in Zusammenhang zu bringen und zu prüfen: Beispielsweise kann eine Beschränkung auf bestimmte Cluster langfristig zu einer Veränderung des Unternehmensimages führen. Von diesen Gründen abgesehen erscheint eine gezielte Entscheidung für Literaturförderung durchaus begründet, "um entsprechenden Erwartungen bei potentiell beziehungsweise faktisch besonders attraktiven Kundensegmenten (oder) anderen relevanten Umweltpartnern Rechnung zu tragen." (27)

Verschiedene Kriteriengruppen erscheinen für eine Segmentierung beim Literaturengagement besonders einleuchtend; so läßt sie sich geographisch-räumlich festlegen, bildlich gesprochen in "target specific areas" (28) einteilen. Als Folge davon kann Literaturförderung zum Beispiel als regionales, nationales oder internationales Vorhaben durchgeführt werden. Der Vorteil einer solchen Segmentierung liegt in der leichten und damit wirtschaftlichen Datenbeschaffung, der einfachen Ausrichtung vieler Kommunikationsmaßnahmen auf regionale Teilmärkte und der Tatsache, daß hinter dem Merkmal der geographischen Einteilung eine Reihe Einflußfaktoren wie rechtliche Bestimmungen oder Lebensgewohnheiten stehen, die das Verhalten der Gesprächspartner beeinflussen. Demographische Profile stellen gleichzeitig zusammen mit geographischen und biologischen Bestimmungsgrößen wie Geschlecht, Alter, Beruf, Einkommen, Wohnort und Haushaltsgröße eine weitere Kriteriengruppe für Segmentierungen dar. (29)

Diese gängigen Segemtierungskennzeichen bestechen durch den Anschein allgemeingültiger, praktischer Bedeutung. Dem ist aber im Hinblick auf Literaturengagement aus mehreren Gründen zu widersprechen. Hier beruhen Beurteilungen auf subjektiven Erfahrungswerten. Bei Persönlichkeitsvariablen kommt das Grundproblem hinzu, daß im Falle von Literaturengagement Daten über zu erreichende Zielgruppen kaum bekannt sind. In den meisten Fällen liegen nur allgemeine Hinweise vor, etwa Besucherzahlen von Literaturveranstaltungen oder Mitgliederstärken von Literaturkreisen. Deshalb vermag die Zerlegung eines Engagements in Segmente bei ihrer Bildung nicht alle Einzelgesichtspunkte sowie deren Messung abzudecken und widerspricht daher der Forderung nach ganzheitlicher Betrachtung. Außerdem erlauben erhebliche umstandsabhängige Schwankungen und offene Gestaltungsspielräume der Literaturförderung nur begrenzt Richtschnur gebende Aussagen über Segmentbestandteile eines Engagements.

Es ist daher zu erwägen, derartige Mängel auszuräumen, und zwar durch den Einsatz multivariater Datenanalyseverfahren, die vielschichtige Zusammenhänge berücksichtigen können und als wertneutrale Techniken für die Segmentbildung verbleiben.(30) Dabei handelt es sich um mathematisch-statistische Verfahrensweisen mit der Grundfunktion, an einem Gegenstand mehrere veränderliche Größen zu betrachten und sie für eine Reihe von Objekten in der statistischen Untersuchung gleichzeitig zu benutzen. Darüber hinaus können sie Segmentierungsmerkmale abschätzen, die Vorhersagefähigkeit der Merkmale überprüfen und Defekte des Merkmalsraumes ausschließen, welche die Segmentbildung verfälschen. Zudem leisten sie einen erheblichen Beitrag zur Segmentsuche im mehrdimensionalen Merkmalsraum. Daneben bewältigen sie die Verdichtung unübersichtlicher Datenbestände auf wenige Kennziffern, die Anhaltspunkte für die Gestaltung der betrieblichen Pläne liefern. Ziel ist es also, anstelle einer schwer eingrenzbaren und unüberschaubaren Fülle von Einzelbeziehungen zwischen Variablen wenige kennzeichnende Größen zu setzen, die im Datenmaterial vorherrschende Grundbeziehungen beschreiben und anschaulich machen. (31)

Dennoch weisen multivariate Verfahren zusammen mit den zuvor besprochenen Segmentierungsformen bedeutende Nachteile für ihren Einsatz gerade im Zusammenhang mit Literaturengagement auf: So ist herauszuheben, daß Standarduntersuchungen von Wirkungen keinesfalls auf Einzelfälle im Sinne von leitfadenähnlichen Arbeitsempfehlungen übertragen werden können, da jedes Wortkunstwerk bei jedem einzelnen Rezipienten andere Wirkungen auslöst. (32) Literatur ist eben eine Form der Kunst und wirkt deshalb auf jeden Menschen anders. Ihre erfolgreiche Breitenwirkung bleibt somit unplanbar: "Viele Aspekte des menschlichen Lebens, eben kulturelle Werte, können nicht einfach in einer Sammlung von Statistiken aufgelistet werden." (33) Eine Segmentierung müßte daher für jedes einzelne Fördervorhaben erstellt werden. Das ist für einen Betrieb wegen der geldlichen Aufwendungen oft unzweckmäßig, insbesondere im Hinblick auf die Gesamtkosten für ein Literaturengagement. Hinzu kommen die geldlichen Mehrbelastungen für eine abgestufte Clusterbearbeitung.

Zusammengefaßt ergeben die Überlegungen, daß sich Segmentierungen für Literaturengagements nur ansatzweise eignen. Für den betrieblichen Einsatz zu erwägen sind diejenigen erörterten Ausprägungen, deren Datenbeschaffung wirtschaftlich ist und dennoch eine Analyse der Kommunikationspartner ermöglichen, um dadurch zu genauerer und in sich gegliederter Kenntnis der Gesprächsteilnehmer zu kommen. Solche Segmentierungen ermöglichen außerdem eine den Bedürfnissen angemessene Aufteilung der Kommunikations-Budgets und eine umfassendere Problemanalyse im Rahmen der finanziellen Engagementplanung, der die folgenden Überlegungen gewidmet sind. Bei allen besprochenen Segmentierungsformen ist aber stets deren eingeschränkte Aussagekraft bei Entscheidungen über Literaturengagements mitzureflektieren.

7.1.3 Finanzielle Engagementplanung

In einigen betriebswirtschaftlichen Aufsätzen werden die Kosten von Literaturengagement im ganzen als billig eingestuft, etwa in der Form, daß "die Kunst, als ein Instrument des Marketings eingesetzt, wenig Kosten verursacht." (34) Solche Aussagen beruhen jedoch auf gefühlsmäßigen Einschätzungen und nicht auf betriebswirtschaftlichen Betrachtungen, denn die einzelnen Fördervorhaben unterscheiden sich voneinander stark in ihren Grundgedanken und Zielsetzungen. (35) In anderer Hinsicht hat diese Meinung jedoch ihre Berechtigung: der Förderer sollte das wirtschaftliche Ausmaß seines Engagements im Rahmen seines geldlichen Spielraums festlegen. Denn selbst Großunternehmungen, die sowohl personell als auch finanziell in der Lage sind, in eigener Regie umfangreiche Literaturfördervorhaben durchzuführen, stehen vor einem Kostenkonflikt: Nach den Worten Edzard Reuters von der Firma Daimler-Benz steht der Bereitschaft zum Wagnis als größtes Dilemma das Geld entgegen, "von dem wir nie vergessen dürfen, daß es mit dem Kapital unserer Aktionäre und dem Einsatz unserer Belegschaft erarbeitet worden ist." (36)

Daraus läßt sich folgern, daß Unternehmer einen tatsächlich oder scheinbar wissenschaftlich begründeten Kostenvoranschlag, der für die Geschäftsperiode einzuhalten wäre, für ein Literaturengagement zu ihrer Rechtfertigung innerhalb des Gesamtfinanzplanes des Betriebes beziehungsweise gegenüber dem Unternehmensumfeld herausarbeiten sollten. (37) Das ist jedoch problematisch, weil die Informationen der Betriebsführung über den Bereich der auf Kunst beruhenden Literaturförderung gering sind, wie die bisherigen Überlegungen zeigen. Somit mehren sich die Schwierigkeiten und Risiken, die in den Planungserwartungen stecken. (38) Auch aus rein ökonomischer Sicht bestehen Unsicherheiten, etwa dann, wenn Literaturengagement dem Leistungsprogramm von Unternehmen hinzugefügt wird, "und zwar im Sinne einer Strategie des kalkulatorischen Ausgleichs, also der planmäßigen Kombination von Gewinn- und Verlustträgern" (39) mit Blick auf die Ausschöpfung stellvertretender Belohnungen(40), deren Vergabe aber stets offen bleibt. Trotzdem ist die Festlegung eines Engagement-Budgets wichtig: Wenn ein Engagement vom Scheitern bedroht ist, besteht die Gefahr, daß weitere Gelder in der Absicht eingesetzt werden, das Engagement zu retten, ohne daß diese neuen Gelder noch in einer betriebswirtschaftlich vertretbaren Relation zum Förderziel stehen. (41)

Ein Budget für Literaturengagement kann in unterschiedliche Kostenarten aufgeschlüsselt werden. Als besonders typische sind zu nennen vor allem der eigentliche Förderbetrag, der direkt als Finanz- oder Sachzuwendung an einen Geförderten geht. (42) Hinzu kommen Aufwendungen, die den äußeren Rahmen eines Engagements sicherstellen. Nachbereitungskosten entstehen für die Kontrolle des Engagements, mit der sich spätere Überlegungen beschäftigen. (43) Ferner sind Personalkosten zu begleichen. Sie umfassen kalkulatorisch den Einsatz von Mitarbeitern im Zusammenhang mit dem Engagement. Die Aufwendungen für die Beschäftigung betriebsangehörger Fachkräfte im Bereich des Kunstengagements überfordern die meisten Unternehmen. Die andere Möglichkeit, firmenfremde, auf Literaturengagement spezialisierte Berater zu beauftragen, verursacht Honorarkosten. (44)

Über diese betriebsinternen Überlegungen hinaus sollte bei der Planung des Förderbudgets im Interesse einer harmonischen Zusammenarbeit mit dem Literaturbetrieb berücksichtigt werden, daß dessen Finanzpläne zeitlich anders als die der Unternehmen ausgerichtet sind. "If an art form with short lead times is of interest to a business, there should either be sufficient flexibility within the decision-making process to allow for some short-term budgeting, or the (Engagierte) and arts organisation should aim to build a relationship whereby the (Engagierte) will commit funds towards being associated with the organisation, rather than a particular production or event." (45) Dieses Bedürfnis seitens des Literaturbetriebes belegt noch einmal, daß eine Budgetierung bei den fördernden Unternehmen von großen Unsicherheiten gekennzeichnet ist, die auf Probleme bei der Informationsbeschaffung der Betriebe zurückzuführen sind und von ihnen für jedes einzelne Engagement erneut bewältigt werden müssen. Aber auch die Informationsverbreitung über das Literaturengagement von Unternehmen ist von Unbestimmtheiten und Erschwernissen gekennzeichnet, die einer genaueren Betrachtung bedürfen.

7.1.4 Einbeziehung der Medien

Für das wirksame Betreiben von Literaturengagement sehen viele Unternehmensvertreter positive Rezensionen der Nachrichtenträger über betriebliche Engagements als wesentlich an, um die angestrebten Kommunikationsziele sicherer zu erreichen.(46) Demzufolge wird von Betrieben eine anerkennende Berichterstattung durch Medien auch über unternehmerische Literaturförderung per se gefordert, nicht zuletzt mit dem Hinweis, daß dann Engagements im Hinblick auf Kommunikationswirkungen besser geplant werden können. (47) Dieser Anspruch muß überprüft werden.

Ausgegangen wird von einer kritischen Beurteilung, der sich Unternehmen in öffentlicher Aussprache stellen müssen: wer sich selbst und seine Arbeit als gesellschaftliches Erfordernis sieht, kann nicht umhin, sein Engagement dem Urteil der Gesellschaft anheimzustellen. Hieran mitzuwirken, sehen die Medien als ihre Aufgabe an. Sie betrachten es als ihren gesellschaftlichen und politischen Auftrag, zu informieren, zur Meinungsbildung beizutragen und Entscheidungen von Bedeutung für die Öffentlichkeit zu kontrollieren. (48) Diese Selbsteinschätzung bedarf jedoch um eines besseren Verständnisses willen einer genaueren Erläuterung.

Informationen sollten die Nachrichtenträger so vollständig, sachlich und verständlich wie möglich in der Öffentlichkeit verbreiten. Es gilt, diese zu kritischem Bewußtsein anzuregen und an das literaturpolitische Geschehen heranzuführen, damit sie dessen Entwicklungen verfolgen können. Ziel der informativen Aufgabe im hier besprochenen Zusammenhang ist die direkte Unterrichtung der Allgemeinheit über die Interessenlage der Unternehmen und Autoren. Dazu müssen die Bürger gesellschaftliche Beziehungen begreifen sowie über Absichten und Handlungen aller am literaturpolitischen Fortgang Beteiligten unterrichtet sein. Dann kann der einzelne sich auch aktiv am Gestaltungs- oder Entscheidungsprozeß beteiligen.

Als zweite Aufgabe fällt den Medien die Mitwirkung an der öffentlichen Meinungsbildung als eigentlich bedeutsame Rolle zu: Fragen von allgemeinem Interesse sollen in offenem Meinungsaustausch erörtert werden. Die Medien sammeln, theoretisch, dazu alle wichtigen Standpunkte und veröffentlichen sie für eine große Zahl an Lesern. Zwar verbreiten manche Nachrichtenträger vorgefaßte Auffassungen, so auch solche gegen unternehmerisches Literaturengagement, (49) doch solange andere allgemein erreichbare Medien vorhanden sind, die Gegenauffassungen vertreten, bleibt ein ausgeglichener Meinungsbildungsprozeß insgesamt gewahrt.

Die dritte Aufgabe der Nachrichtenträger ist die Kontrolle und Bewertung wichtiger Entscheidungen für die Öffentlichkeit. Redakteure können, gesellschaftliche Grenzen achtend, nachforschen, nach Informationen suchen, solche verschiedener Richtungen zusammentragen, sie miteinander in Verbindung bringen und schließlich an die interessierte Öffentlichkeit weitergeben. "Dort, wo Kritik reduziert wird auf das Offenlegen von systemimmanenten Ungereimtheiten, unzulänglichen Problemlösungen, Reibungsverlusten, Anpassungsrückständen, funktionalen Diskrepanzen und anderem, da dient sie letztlich nur zur Konsolidierung etablierter Herrschaftsverhältnisse." (50) Auf die Bewertung eines Literaturvorhabens bezogen, ob in geschriebener oder gesprochener Form, bedeutet das jedoch nicht nur Wohlgesonnenheit. Kritik darf durchaus auch einmal scharf oder ablehnend sein, unabhängig davon, ob das aus Sicht literarisch Engagierter als berechtigt oder unberechtigt empfunden wird.

Dieser Tatsachen sind sich auch die Literaturengagement betreibenden Unternehmer bewußt. Warum - um zur Ausgangsfrage zurückzukehren - sollte dann trotzdem aus ihrer Sicht, oft mit Unterstützung von Vertretern des interessierten Literaturbetriebes, jedes kleine Engagement sogleich an herausgehobener Stelle in den Medien plaziert werden? Diese Frage ist vor dem Hintergrund zu beantworten, daß Kulturjournalisten, kommen sie diesem Drängen nicht nach, sich dem Vorwurf durch die Betriebe ausgesetzt sehen, sie versperrten sich den neuzeitlichen Kunstwirklichkeiten, behinderten damit die betriebliche Planung und spielten sich letztlich als Gralshüter eines staatlichen Kunstgefüges auf.

Die bisherigen Darlegungen zeigen, daß Literaturengagement privater Unternehmen als abhängig von der Bewertung durch die Nachrichtenträger gesehen und durch sie beeinflußt wird, oft genug sogar maßgeblich. Das wird dadurch belegt, daß anerkennender Mediennachhall stolz als Referenz und auf Anfrage als Beleg erfolgreicher Kulturarbeit von Betrieben vorgelegt wird. (51) Die Auswirkung reicht dabei sogar über das einzelne engagierte Unternehmen hinaus. Wohlwollende Berichterstattung spornt andere Betriebe ebenfalls zum Literaturengagement an. Weil jedoch Journalisten im allgemeinen die zuvor erörterten Aufgaben der Medien bei ihrer Arbeit ernst nehmen, und das schließt das Streben nach einer der Wirklichkeit entsprechenden Berichterstattung ein, dürfen sie manche sich selbst als freigebig bezeichnende Förderer gerade nicht nennen. Denn deren Beiträge bleiben im Vergleich zu den insgesamt erbrachten Aufwendungen für die Literatur oftmals sehr bescheiden.

Tatsächlich reicht das unternehmerische Engagement zum überwiegenden Teil kaum aus, um eine herausragende Erwähnung durch die Medien zu rechtfertigen. Unabhängig davon ist von einem Unternehmen, das positive Medienberichte für den Erfolg seines Literaturengagements als entscheidend einstuft, zu fordern, mit den Nachrichtenträgern gekonnt zusammenzuarbeiten. So sollten Unternehmen den Eindruck vermeiden, sie wollten durch journalistische Würdigungen von Literaturengagements Anzeigenkosten in den Medien umgehen. (52) Dazu gehört aber vor allem, enge Beziehungen zu den lokalen und überregionalen Medienvertretern zu pflegen, denn Verlautbarungen in Form der üblichen Pressemitteilungen sind unzureichend, um betriebliche Literaturengagements als öffentliche Ereignisse im gesellschaftlichen Blickfeld zu halten. (53)

Eine andere Beurteilung verdient die Berichterstattung über Literaturförderung durch die Nachrichtenträger allerdings dann, wenn unternehmerische Förderung literarische Entwicklungen erst ermöglicht, neue Wege geht. (54) Hier tut sich in der Tat mancher Kulturredakteur noch schwer, das private Engagement und das damit für das Unternehmen verbundene Wagnis gebührend zu würdigen. Auch spüren Journalisten unternehmerischem Literaturengagement als Teil einer gesellschaftlichen Veränderung selten nach. Sie können die Förderung deswegen nicht als kommunikatives Geschehen erkennen, untersuchen und zuordnen. Mit der Überwindung dieses Mangels sollten Presseberichte keinesfalls auf die Bekanntmachung von herausragendem unternehmerischen Literaturengagement konzentriert werden. Sie müßten vielmehr im besonderen die Arbeits- und Gestaltungsmöglichkeiten der engagierten Unternehmen erörtern.

Es ist von den fördernden Betrieben zu erwarten, daß sie die Pressefreiheit für sich nutzen und dadurch mitgestalten sowie die Nachrichtenträger für ihren Betrieb in Anspruch nehmen und so ihr Planungsrisiko minimieren, beispielsweise durch den Kauf von Anzeigenplatz in einer Zeitung. Hiervon abgesehen können sich engagierende Unternehmen häufig selbst als Medium in Erscheinung treten. Dazu gehören über das Herausgeben und Verteilen von eigenen Plakaten hinaus Darstellungen in den unternehmenseigenen Druckerzeugnissen bis hin zum Geschäftsbericht; nicht zu vergessen ist die Hauszeitung für die Mitarbeiter. (55)

Zusammenfassend bleibt über die Planung von Literaturengagement festzuhalten, daß ein förderwilliges Unternehmen sich der Klippen für seine Konzeption bewußt sein und sie in seine Überlegungen einbeziehen beziehungsweise zu seinem Vorteil umwandeln können sollte, um so Erfolgsmöglichkeiten eines Planungsablaufes für sich auszuschöpfen.

7.2 Kontrolle von Literaturengagement und deren Probleme

Alle an einem Literaturengagement Beteiligten, auch Unternehmensvertreter, werden freiwillige Verpflichtungen überdenken, nach welcher oft banalen Vorgehensweise auch immer. (56) Über die emotionale Kontrolle übernommener Obliegenheiten hinaus, auf die später eingegangen wird, stehen einzelne Initiatoren unter dem Zwang, bei betrieblichen Literaturengagements Wirtschaftlichkeitsüberlegungen anzustellen und einen positiven Kosten-Nutzenvergleich keineswegs nur wortreich vorherzusagen, sondern ihn erfolgsorientiert nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zumindest zum Schein vorzuweisen. (57) Der Ursprung dieser Forderung entstammt hauptsächlich der Wissenschaft: "Management scientists have continually striven to present decision-makers with more rigorous means of carrying out their responsibilities. The success of such strivings largely depends upon the willingness of decision-makers to adopt new methods and approaches." (58) Die weiteren Gedanken müssen also zunächst um den Anspruch der Wissenschaft kreisen, geeignete Kontrollverfahren bereitstellen zu können, ehe über eine mögliche betriebliche Umsetzung gesprochen wird. Um für verschiedene kaufmännische Anforderungen Erfolgsgrade im Hinblick auf betriebliches Literaturengagement festzustellen, werden im folgenden unterschiedliche Arbeitstheorien und ihre Verknüpfung in Gestalt gleichwertiger Thesen formuliert und sodann auf ihre Schlüssigkeit hin kritisch durchleuchtet: (59)

- Der Erfolg wird als der durch das Literaturengagement bewirkte Mehrabsatz des fördernden Unternehmens gegenüber der Ausgangslage erklärt.

Problematisch bei diesem Ansatz ist, daß der mengenmäßige und damit monetär unbewertete betriebliche Absatz einen Maßstab darstellt, der über das Literaturengagement hinaus von weiteren Faktoren beeinflußt wird. So bleiben insbesondere psychische Wirkungen als Leistungen anderer Kommunikationsmaßnahmen des Unternehmens unberücksichtigt. Auch fehlt der Kostenbezug zwischen Mehrabsatz und Förderung. Unabhängig von diesen Einwänden kann beispielsweise ein durch die gesamtwirtschaftliche Lage bedingter gebremster Absatzrückgang als Erfolg gewertet werden. Eine auf der Grundlage der These beruhende Kennzahl (60) ist daher für die Erfolgsmessung ungeeignet.

- Der Erfolg wird als ökonomischer Gewinn oder Verlust gedeutet. Den förderbedingten Absatzänderungen werden die zurechenbaren Kosten des Literaturengagements gegenübergestellt. Es handelt sich also um einen Teilgewinn beziehungsweise -verlust aus einer engagementbezogenen Absatzmenge.

Anerkennend zu vermerken ist bei dieser Vorgehensweise, daß den eigentlichen ökonomischen Zielen des Engagements Rechnung getragen wird, denn ihr Maßstab, der Kosten einbezieht, entspricht den Gewinnzielen der Unternehmung. (61) Fragwürdig erscheint dagegen die Möglichkeit der Ermittlung eines so festgelegten Fördererfolges. Es müßten alle übrigen gewinnbeeinflussenden Bestandteile außer demjenigen des Engagements für die Dauer der Untersuchung gleichbleibend gehalten werden können, um den geldlichen Erfolg des Literaturengagements zu belegen. Das ist aber in der Praxis undurchführbar, weil damit auch verbunden wäre, daß vorangehende Geschäftstätigkeiten keine Nachwirkungen zeigen dürften. (62) Auch bleiben die psychischen Wirkungen als Vorleistungen des wirtschaftlichen Erfolges unberücksichtigt. Die Kennzahl ist also nur an theoretischen Modellen errechenbar. Somit ist das Verfahren für die betriebliche Praxis ungeeignet.

- Der Erfolg wird mit der psychischen Wirkung des Engagements gleichgesetzt.(63)

Als heikel erweist sich bei diesem Ansatz, daß die psychische Wirkung des Engagements ein uneinheitliches Gebilde ist. Jedes Merkmal, etwa Bekanntheit, Vorstellungen, Wertungen, vorgefaßte Entschlüsse, Wünsche, hat sein eigenes Maß, das sich keinesfalls mit anderen gleichnamig machen läßt. Noch schwieriger ist der Versuch einer Erfolgsbestimmung unter Einbeziehung unterschiedlicher Unternehmen, da jedes wegen fehlender Standardisierung einen eigenen Beurteilungsmaßstab mit selbstgewählten Kriterien zugrunde legen wird. (64) Weiter ist die psychische Engagementwirkung im Grunde nur eine Voraussetzung für das eigentlich angestrebte wirtschaftliche Ergebnis des Engagements. Ihre veränderlichen Größen sind somit Stellvertretervariablen. (65) Außerdem fehlt der Bezug zu den Kosten. Aus all diesen Gründen scheitert die betriebliche Anwendung dieser Kennzahl.

- Der Erfolg wird anhand eines gemischten Maßstabes ermittelt. Als Wirkung in diesem Sinne wird das gesamte ökonomische und psychische Ergebnis des Engagements bewertet und zum wirtschaftlichen Erfolg im Sinne eines betrieblichen Teilgewinnes die in ökonomischen Größen ausgedrückte psychische Wirkung hinzugerechnet. Dabei wird von unterschiedlichen Graden der Wechselbeziehung zwischen wirtschaftlichen und psychischen Größen ausgegangen, deren Ermittlung als möglich gefordert wird, weil sie Voraussetzung für die praktische Verwertbarkeit dieses Begriffes sind.

Eine solche Konzeption ist zwar umfassend und gedanklich folgerichtig, da sie sowohl das ökonomische als auch das psychische Ergebnis des Engagements einbezieht. Der so erklärte Fördererfolg ist aber aus den in den beiden vorherigen Ansätzen für Erfolgskennzahlen bereits genannten Gründen sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch psychischer Sicht in der unternehmerischen Wirklichkeit unerfaßbar. Hinzu kommt, daß ein Betrieb mit Literaturengagement häufig mehrere Ziele anstrebt. (66) Folglich bietet auch diese Erfolgskennziffer keinen Erkenntnisfortschritt.

- Der Erfolg wird als eine von betrieblichen Einzelzielen abhängige Größe verstanden und auf sie bezogen. Er läßt sich am Grad der Zielerreichung ablesen.

Dieser Ansatz bietet gegenüber den bishergen Vorstößen den Vorteil, daß die Möglichkeit einer Ergebnisermittlung wegen der Begrenzung der Ziele auf einzelne Förderhandlungen groß ist. Der Engagementerfolg wird in seinem Ausmaß jedoch abhängig von der Festlegung des Endpunktes auf einer Maßeinteilung. Wird der Zielpunkt niedrig angesetzt, lassen sich leicht deutliche Fördererfolge feststellen. Wie die anderen Kennzahlen zeigen, wird es in den meisten Fällen schwierig sein, eine Messung wirtschaftlicher oder psychischer Bestrebungen durchzuführen und die in diesem Falle gewünschte Maßeinteilung daraus abzuleiten. Wenn das trotzdem unvoreingenommen möglich sein sollte, ist das Maß an gewonnener Erkenntnis sehr begrenzt und kann für eine umfassende Erfolgskontrolle über den Grad der Zielerreichung von Literaturengagement keinesfalls herangezogen werden. (67)

Als Zwischenergebnis läßt sich vermerken, daß die Untersuchung von Literaturengagement nach Erfolgsgraden keinen geeigneten Beitrag zu einem wissenschaftlichen Fortschritt liefert. Die weiteren Ausführungen greifen diese Resultate auf und konzentrieren sich darauf, sie zu untermauern und somit den in der Ausgangsfrage gesetzten Anspruch nach einem umfassenden monetären Kontrollverfahren endgültig zurückzuweisen.

Die Überlegungen gehen von der bereits erörterten Tatsache aus, daß zwar diejenigen Kosten für ein Literaturengagement abgrenzbar sind, welche als Ausgaben verbucht werden. Sie können mittels eines Kostenrechnungssystems dem Kostenträger zugerechnet werden. Doch sind mit einer Fördermaßnahme auch Effekte verbunden, welche einer Meßbarkeit und damit einer Kostenrechnung nicht zugänglich sind, die nicht erfaß- und damit verbuchbar sind sowie keinesfalls in die Kostenfunktion eingehen. Insbesondere gehören beim Engagement für Literatur die Opportunitätskosten dazu. (68) Im einzelnen müssen Kosten ins Kalkül miteinbezogen werden, die bei der Überwindung von Widerständen seitens verschiedener Austauschpartner beim Literaturengagement anfallen. "Hierzu zählen unter anderem höhere Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, die Motivation der von Sinn- und Orientierungskrisen befallenen Mitarbeiter und so weiter." (69) Hinzu kommen Kosten, die sich aus gesellschaftlichen Auseinandersetzungen sowie staatlichen Vorschriften ergeben. (70) Der inkorrekte Umgang mit Opportunitätskosten ist also keineswegs eine Folge verworrener Entscheidungssituationen, vielmehr "sind viele Führungskräfte selten konfrontiert mit eindeutigen, unzweideutigen ökonomischen Alternativen, die ihre Aufmerksamkeit auf Opportunitätskosten fokussieren." (71) Der Grad der Berücksichtigung von Opportunitätskosten ist somit abhängig von der Urteilsfähigkeit der verantwortlichen Führungskräfte. Damit ist er aber gleichzeitig begrenzt durch das Kapazitätsprinzip: "Individuen und Organisationen sind aufgrund ihrer begrenzten Reaktionsmöglichkeiten nicht in der Lage, sämtliche potentiell relevanten Reaktionsmöglichkeiten zu erkennen, die verfolgten Ziele sowie die gegebenen Möglichkeiten entsprechend objektiv, umfassend und konsistent zu bewerten und die optimale Reaktionsalternative konsequent zu realisieren." (72)

Auch auf der Nutzenseite eines Kosten-Nutzenvergleiches sind Zahlungsströme unerfaßbar: Die Externalitäten, das heißt marktmäßig unkompensierbare Nutzenübertragungen zwischen Individuen, gehen nicht in die betriebliche Nutzenfunktion ein. Literaturengagement erweist sich in diesem Zusammenhang als eine von vielen Formen wirtschaftlichen Handelns, das gleichzeitig sowohl positive als auch negative Wirkungen für den Betrieb auslöst. Wenngleich zu erwarten ist, daß vorteilhafte Auswirkungen für ein Unternehmen durch sein Literaturengagement überwiegen, dürfte es nur in geringem Maße für die gesamte Nutzenemission entschädigt werden. (73)

Es läßt sich also festhalten, daß keine Möglichkeit zur umfassenden Kostenkontrolle von Literaturengagements erkennbar ist. (74) Allenfalls ausgewählte Wirkungsfolgen können lokal untersucht und am Einzelfall erkennbare Strömungen erfaßt werden. (75) Doch lassen sich daraus keine qualitativen, ein Für oder Wider zum Literaturengagement betreffende, wissenschaftlich eindeutige Grundsatzaussagen ableiten. Für die betriebliche Praxis - und das war Ziel der Ausgangsfrage nach der Kostenkontrolle bei Literaturengagements - erübrigt es sich deshalb, "Vergleiche mit der Wirksamkeit oder den niedrigeren Kosten anderer Kommunikationsinstrumente herzustellen, wie sie bisweilen und fälschlicherweise vorgenommen werden." (76) Weiter führen Aussagen ins Leere, daß "Kunstförderer sich vor allem dann um eine Evaluation bemühen, wenn sie mit Werbung verbunden ist, hingegen einer Evaluation wenig Aufmerksamkeit schenken, wenn die Förderung auf die Mitarbeiter zielt." (77) Schließlich sind Vermutungen zurückzuweisen, daß zunehmendes finanzielles Engagement auch die Motivation zur Bewertung von Literaturengagement steigern würde. (78) Hier ist der Mut der Kaufleute gefragt, deutlich zu sagen, daß unternehmerisches Handeln als Engagement für Literatur an Grenzen einer monokostenorientierten Betriebswirtschaftslehre gestoßen ist. (79)

Dennoch ist, wie bereits in den Vorüberlegungen festgestellt, eine Kontrolle von Literaturengagement durch alle Beteiligten üblich. Peter Hansen beschreibt diesen Vorgang in seinem Unternehmen mit den Worten: "Es gibt keinen jährlichen schriftlichen Rechenschaftsbericht über das Kulturengagement bei Gundach, sondern nur eine gedankliche emotionale Selbstkontrolle der GesellschaftlerInnen über die Erfüllung der kulturfördernden Nebenziele der Unternehmung. Sie vollzieht sich wegen der persönlichen Involvierung bei den meisten Projekten unmittelbar und formlos." (80)

Weil eine Kontrolle von Literaturengagements nur in der gerade beschriebenen Art angesetzt werden kann und monokostenorientiert nicht durchführbar ist, besteht die Gefahr, daß versucht wird, betriebswirtschaftlich gerechtfertigte Literaturfördermaßnahmen allein mit dem Hinweis auf das Fehlen einer Kosten-Nutzenrechnung ungeprüft - analog einer Zensur(81) - zu verhindern. Damit zusammenhängend und ebenso unangemessen ist es, wenn eine Schein-Kosten-Nutzenrechnung von Entscheidungsträgern als Begründung für ein Literaturengagement benutzt, die Literatur tatsächlich jedoch aus anderen, unternehmerisch begründbaren Motiven gefördert wird. (82) Eine solche Scheinrechnung kann sowohl im Vorfeld einer Fördermaßnahme zu deren Durchsetzung angewendet werden wie auch dazu, im Sinne einer retroperspektivischen Rationalität vorangegangene Entscheidungen zu rechtfertigen, um mit einer ego-defensive response Fachwissen der Initiatoren nachzuweisen. (83)

Eine weitere, unerwünschte Möglichkeit besteht darin, daß Fördermaßnahmen aus Selbstsucht betrieben werden. (84) Zwar kann "das Interesse des Managers mit dem Interesse des Unternehmens übereinstimmen, tut es auch hin und wieder, muß es aber keineswegs. Wenn ein Ziel der Führungskraft mit dem des Unternehmens aneinanderprallt, dann zieht der Manager regelmäßig sein eigenes Vorhaben demjenigen der Firma vor." (85) Dieser sicher pauschalierte Vorwurf ist dennoch erweiterbar, denn in hochentwickelten Industriegesellschaften kann die Leistung vom Lebensstandard beziehungsweise den ihn repräsentierenden Symbolen getrennt werden: "es ist nicht bedeutsam zu arbeiten, viel bedeutsamer ist, sich richtig zu positionieren. Sich richtig zu positionieren, das ist ungleich profitabler, als hohe Leistungen zu erbringen." (86) Literaturengagement wird, wie bereits erwähnt, von manchen Führungskräften als eine Möglichkeit angesehen, sich hochzupositionieren. Dies schadet der Glaubwürdigkeit von Literaturengagement insgesamt, weil es sich dann um "ein eigentümerseitig geduldetes Privathobby des Managements, eine Art non-monetäres Einkommen handelt." (87) Eine Teilung der ausführenden Macht unter Auftragsunternehmern ist dabei keine Sicherung per se gegen solch ein aus Sicht des Betriebes für ihn selbst schädliches Literaturengagement: "Unternehmen sind die juristischen Schneckenhäuser, in denen ungenannter Wille und das Wohlwollen vieler ineinander übergehen, erpicht darauf, einen Stein zum Prachtbau der Kunst beizutragen. Das individuelle Engagement verändert sich hin zu einem gemeinschaftlichen Anstoß für eine Förderung: jeder Mitarbeiter will an der Ausführung mitwirken, um gleichzeitig am Ruhm teilzuhaben." (88)

Ferner ist bei einem Literaturengagement zu bedenken, daß Mitarbeiter mit einer kaufmännischen, aber auch technischen oder juristischen Ausbildung selten ein ausgeprägtes literarisches Verständnis besitzen, wie bereits festgestellt. (89) Im Gegenzug verfügen Literaturkundige häufig nur eingeschränkt über kaufmännische Sensibilität und einen Blick für betriebswirtschaftlich Machbares. Beiden Gruppen fehlt also ein Teilstück des Bezuges zum betrieblichen Literaturengagement. Das kann bei den mit Literaturprojekten verantwortlich betrauten Mitarbeitern zu einem undisziplinierteren Verhalten führen, als sie dies auf ihren eigentlichen Arbeitsgebieten an den Tag legen würden. Denn eine ausbleibende Kontrolle gibt ihnen keinen Anlaß, sich um die fehlenden Kentnisse anderweitig zu bemühen.

Die Überlegungen zeigen, daß also doch Kontrollsysteme eingerichtet werden müssen, die aber auf keinem der bereits überprüften und als untauglich erkannten Verfahren aufbauen sollten. Neue Konzepte einer Rechnungslegung können einerseits eine externe, gesellschaftsorientierte, andererseits eine betriebsinterne Zielrichtung haben.

Gesellschaftsorientierte Konzepte beruhen auf der Grundüberlegung, daß auf Geldeinheiten basierende Berechnungsmethoden eines herkömmlichen Rechnungswesens für die Lebensqualität der Menschen in einer Volkswirtschaft kein alleiniger Indikator sind. (90) Insbesondere beziehen sie nicht die Vor- und Nachteile mit ein, welche der Gesellschaft aus den Unternehmensaktivitäten erwachsen. (91) Aufgrund dieser Gedanken können betriebliche Kontrollsysteme dahingehend entwickelt werden, daß eine fortgesetzte Dokumentation der jeweiligen Literaturengagements erfolgt. Endstufe eines solchen Systems ist die Erstellung einer parallel zum bestehenden Rechnungswesen durchgeführten gesellschaftsorientierten Nutzenrechnung in Gestalt einer Sozialbilanz, die sowohl reale als auch ideelle Werte eines Unternehmens in angemessener Weise aufzeigt und für die Nutzenrechnung geeignete Maßstäbe verwendet, in der also auch Wirkungen von Literaturengagement berücksichtigt werden. (92) Eine solche Sozialbilanz trägt gleichzeitig zur Klärung von Vorwürfen der Öffentlichkeit gegenüber dem Unternehmen bei, dieses würde sich zu wenig für die Gesellschaft einsetzen. Mit der öffentlichen Erwartung hinsichtlich der Verwirklichung allgemeiner humanitärer Ziele durch Unternehmen "kristallisiert sich der Wunsch nach Transparenz und Kontrolle heraus. Der Bürger will mehr über die Unternehmen im allgemeinen und deren gesellschaftliche Lösungsbeiträge im besonderen erfahren." (93)

In die betriebsinterne Richtung und damit auf den Kern einer unternehmerischen Kontrolle zielt ein Literaturengagement-Audit, welches der Überprüfung von Grundgedanken und des Ablaufes von Engagements dient, um Fehlentscheidungen beziehungsweise -entwicklungen möglichst frühzeitig aufzudecken und diese bei später durchzuführenden Engagements zu vermeiden, wenngleich auch hierfür sich kein allgemeingültiges Schema entwickeln läßt und die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten Nutzen der gewonnenen Erkenntnisse stehen sollten. (94)

Als möglicher erster Schritt ist vorzuschlagen, die Sinnhaftigkeit und Berechtigung der in die Förderplanung eingegangenen Annahmen zu beleuchten. Es handelt sich um das Durchdenken der Wirklichkeitsnähe, Vollständigkeit und Abgestimmtheit von Inhalten und Ergebnissen strategischer und operativer Planung des Literaturengagements sowie der in sie eingehenden Grundlagen. Weiter wäre eine Kontrolle des möglichen Geschehens bei der Durchführung von Fördermaßnahmen ins Auge zu fassen. Dazu werden deren Ziele auf ihre Realisierbarkeit, Durchschaubarkeit und Gegenwartsbezogenheit hin beurteilt. Damit verbunden ist die Kontrolle der inhaltlichen, formalen und zeitlichen Abstimmung der Förderziele miteinander auf ihre Folgerichtigkeit. In einem nächsten Schritt wäre die Schlüssigkeit des Zusammenhangs zu überprüfen sowohl zwischen Förderzielen und Förderhandlungen als auch der Höhe und der Verteilung des Budgets auf die einzelnen Maßnahmen. Abschließend hätte das Überdenken der gezielten Gestaltung der Planungs-, Durchführungs- und Kontrollabläufe, der eingesetzten Arbeitsweisen und der organisatorischen Regelungen des Engagements zu erfolgen. (95) Im längeren Zeitverlauf empfiehlt sich als wichtigste Aufgabe ein ständiges Beobachten von Einstellungen und Meinungen. (96) Die Durchführung einer diese Vorschläge aufgreifenden und auf das Einzelengagement zugeschnittenen Prozeßkontrolle zielt darauf ab, ein rechtzeitiges Reagieren von Unternehmen im Sinne der Anpassung der Förderpolitik an erfolgsversprechende Umweltveränderungen auch zukunftsgerichtet zu ermöglichen.

7.3 Neue Berufe durch betriebliches Kulturengagement

Kultur- beziehungsweise Literaturengagement ist für Unternehmen ein Aufgabenbereich, der einerseits einen geringen Teil ihrer Geschäftstätigkeiten umfaßt, andererseits dennoch fachmännischer Bearbeitung bedarf. (97) Dieses Erfordernis ist eine Folge der Vielschichtigkeit von Literaturengagements, deren geistige Grundlagen zwischen künstlerischem und betriebswirtschaftlichem Denken angesiedelt sind. Für die erfolgreiche Wechselbeziehung zwischen Kunst und Unternehmen bedarf es der Vermittlung von Fachleuten, die unterschiedliche Interessen der Autoren und der Wirtschaft in Einklang bringen. (98) In einigen Fällen können Unternehmen dabei auf eigene Beschäftigte zurückgreifen, besonders diejenigen Betriebe, welche über Kulturabteilungen verfügen. Fehlen dafür geeignete Mitarbeiter, muß das Unternehmen fremde Sachkundige heranziehen. Die Beratung der förderwilligen Unternehmen durch außerbetriebliche Fachleute kann sich sowohl auf die Planung und die tatsächliche Ausgestaltung von Literaturaktivitäten beziehen als auch auf Vorschläge bezüglich der anzustrebenden Qualität bei der Auswahl künstlerischer Leistungen. (99) Um eine Entscheidung für die Inanspruchnahme fachlicher Hilfe betriebswirtschaftlich zu begründen, müssen die Aufgaben und Inhalte der durch diese besondere Entwicklung betrieblichen Bedarfs entstandenen neuen Berufe des Kulturmanagers und des Sponsoringberaters genauer umrissen werden.

7.3.1 Kulturmanager

Ein Kulturmanager versteht sich als Brückenbauer zwischen Kulturschaffenden und -förderern. Er sucht also nach einer Betriebswirtschaft für Kultur, ohne sie vermarkten zu wollen; vielmehr möchte er sie durch sorgfältige Arbeit ermöglichen.(100) Um diese Aufgabe erfüllen zu können, muß er die für seine Arbeit notwendigen künstlerischen und kaufmännischen Kenntnisse in sich vereinen. (101)

Bei der Betreuung eines Literaturengagements durch ein Unternehmen besteht die Aufgabe des Kulturmanagers zunächst darin, zu klären, ob im Betrieb überhaupt der Mut vorhanden ist, sich den Antrieben zu stellen, die Literatur auszulösen vermag: Sie kann Fragen aufwerfen, verunsichern und herausfordern. Anschließend gilt es zu ermitteln, in welcher Art der Gestaltung von Literaturförderung sich das Unternehmen wiedererkennen könnte. Ansprüche, Ziele, Standpunkte und Wertauffassungen des Auftraggebers müssen erfragt werden. Nur wenn ein Literaturvorhaben dem Selbstverständnis des Auftraggebers entspricht, hat Literatur eine Aussicht, in der Umwelt, in die sie verpflanzt wird, die erwünschte Wirkung hervorzurufen. In einem Umfeld, in dem der Umgang mit Literatur ungewohnt ist, bedarf die Literatur eines Anwalts, der bereit und in der Lage ist, sich für sie einzusetzen, und denen, die ihr verständnislos begegnen, die Augen für ihre Werte zu öffnen. (102) Diesen Betriebsangehörigen zu finden und gemeinsam mit ihm einen Vermittlungsentwurf zu entwickeln, der Mitarbeitern und anderen dem Unternehmen verbundenen Menschen hilft, sich dem zunächst Fremden und vielleicht Unverständlichen zu öffnen, gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Kulturmanagers. (103)

Nimmt der Kulturmanager seine Verantwortung gegenüber dem Auftraggeber ernst, muß er die betrieblichen Entscheidungsträger ermuntern, neuen Pfaden zu folgen. (104) Langfristige Glaubwürdigkeit ist dem Literaturengagement eines Unternehmens nur dann sicher, wenn es zu einer aufrichtigen Auseinandersetzung mit literarischen Strömungen und dem Bemühen anregt, Dinge zu unterstützen oder entstehen zu lassen, die über den Augenblick hinaus Bedeutung haben. Vor allem das Mutige und Schwierige, das Kompromißlose und Visionäre findet auch Zustimmung bei Literaturkennern. (105) Fehlt ihre Anerkennung, bleibt das literarische Engagement der Privatwirtschaft ohne tiefen Nachhall in der Öffentlichkeit. (106) Dieser Sachverhalt erhellt die Aufgabe des Kulturmanagers, den von ihm betreuten Betrieb vor denjenigen Autoren zu bewahren, die sich ohne Qualitätsnachweis anbiedern, gleichzeitig jedoch begabte, förderinteressierte Autoren vor dem vereinnahmenden Zugriff durch das Unternehmen zu schützen. Nur wenn Autor und sich engagierende Unternehmen einander ebenbürtig sind, zumindest was Selbstbewußtsein, Offenheit und Risikobereitschaft angeht, kann eine von Mittelwegen und Sachzwängen unbelastete Zusammenarbeit entstehen. (107)

Um dem Autor eine erfolgreiche Arbeit zu ermöglichen und damit das beiderseitige Engagement fruchtbar zu gestalten, muß ihm der Kulturmanager ein deutliches Bild des Unternehmens und damit des Umfeldes vermitteln, dem er sich anvertrauen soll. Der Autor sollte wissen, aus welchem Geldtopf er unterstützt wird, und sich darum bemühen, die Vorstellungen seiner Förderer zu verstehen. (108) Das gilt umso mehr, als der Schriftsteller sich in großen Unternehmen zumeist einer Fülle von Ansprechpartnern gegenüber sieht, die sich vor allem dadurch auszeichnen, daß sie nur zum Teil zuständig und immer mit anderen Mitarbeitern abstimmungsbedürftig sind.

In einem weiteren Zusammenhang hat Kulturmanagement die Aufgabe, mit dem Unternehmen und dem Autor Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sich die Stärken der betrieblichen Organisationskultur mit den Stärken der Mitarbeiter und den Bedürfnissen der Gesellschaft im Einklang befinden. Ein schöpferisches Konfliktmanagement muß sich im ständigen Balanceakt zwischen Traditions- und Zukunftsbewußtsein beweisen. (109) Der Kulturmanager sollte deshalb keinesfalls mit Kunst handeln als Gegenstand oder Ware, sondern als Vermittler und Sinnstifter auftreten. Dann hat er zumindest vom Gedanken her Anteil "an der Entwicklung von Kultur, und er unterstützt das Hineinwachsen der Menschen einer Gesellschaft in bestehende Kulturen. Damit übernimmt er eine Führungsrolle bei der gesellschaftlichen Wertorientierung." (110)

Daraus leitet sich die bedeutendste Kulturmanagement-Aufgabe im Unternehmen ab. Sie liegt in der Zukunftsbestimmung der Gesellschaft. Die Organisationsform Unternehmen stellt eine wesentliche Plattform für die Selbstbestimmung dar: die Managementaufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß die Mitglieder der einzelnen Unternehmenskulturen ihre Zukunftsvorstellungen, etwa mittels Literaturengagement, ausdrücken und mit der Zeit gemeinsam verwirklichen können. (111)

7.3.2 Sponsorberater

Der Sponsorberater sieht sich wie der Kulturmanager als Vermittler zwischen unternehmerischen Förderern und Geförderten, doch impliziert der Berufsname, daß bei seiner Arbeit von den betriebswirtschaftlichen Problemen des Engagement betreibenden Unternehmens ausgegangen wird. Er handelt vom Gedankenansatz her also im Auftrag des Unternehmens oder aus eigener Entschlossenheit. (112) Demzufolge zielen die Beratungsleistungen darauf ab, Literaturengagement mit den dargelegten innerbetrieblichen, absatzorientierten und gesellschaftspolitischen Bestrebungen (113) des Unternehmens in Einklang zu bringen. Als Ergebnis erhalten Sponsoren und Gesponserte zunächst einen Projektentwurf. Dabei wird vom Berater erwartet, daß er fruchtbare eigene Vorschläge für das gewünschte Vorhaben einbringt. Er sollte fachlich in der Lage sein, seinem Kunden neue Leitgedanken und Anregungen zu geben sowie die Möglichkeiten und Grenzen des vorgeschlagenen Engagements aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang besteht seine Aufgabe darin, das Unternehmen auf Kontakte mit dem Literaturbetrieb vorzubereiten und begleitend an ihnen teilzuhaben. (114) Dafür sollte das Unternehmen dem Berater ein Betriebsmitglied als ständigen Ansprechpartner zur Seite zu stellen, damit dieser die Bedürfnisse des Betriebes erfragen und in seine Arbeit einbeziehen kann. Gleichzeitg wird so die Förderaktivität innerhalb des Betriebes von Anbeginn strukturiert. (115)

Stimmt das auftraggebende Unternehmen dem so entstandenen Entwurf des Beraters zu, wird der im zweiten Schritt seine Leistungen zur Umsetzung des Sponsorvorhabens anbieten. (116) Aus Unternehmenssicht erwachsen aus dem fortgesetzten Gedankenaustausch mehrere Vorteile. Einmal sind dadurch die Betriebe frei von der mit dem Engagement verbundenen Kleinarbeit. Ein Berater kann also Freiräume für das Unternehmen schaffen. Zum zweiten bringt er kaufmännisches und literarisches Wissen und Erfahrungen mit, die ein Kaufmann sich neben seiner üblichen Tätigkeit in diesem Maße kaum selbst aneignen kann. Zum dritten kann der Berater Aufgaben und Entscheidungen übernehmen, die ein in das Gefüge eingebundener Mitarbeiter des engagementbereiten Betriebes nur schwer durchsetzen oder aufgrund von Betriebsblindheit als angebracht erkennen könnte. Schließlich verfügt ein erfahrener Berater über ein Informations- und Beziehungsnetz, etwa zu den oben angesprochenen Nachrichtenträgern, das dem Unternehmen nützt. (117)

Als Nachteil steht diesen Vorteilen gegenüber, daß der Einsatz von Beratern, wie bereits erwähnt, Kosten durch ihre Vergütungsansprüche verursacht. Das gilt vor dem Hintergrund, daß der Einsatz von Sponsorberatern zur Verwendung von Geldmitteln für Tätigkeiten ungesicherter Wirksamkeit führt. So wenigstens würde sich das bei den besprochenen monokostenorientierten Kosten-Nutzenvergleichen darstellen, deren Zweck ausschließlich eine scheinbare Selbstrechtfertigung des Beraters und des auftraggebenden Unternehmensmitarbeiters ist. (118) Weiter kann die betriebswirtschaftliche Denkstruktur des Sponsorberaters das Verständnis für die Bedürfnisse beteiligter Autoren erschweren. In Fortführung dieses Gedankens ist zu betonen, daß die Loslösung vom Mitengagment für bestehende Kunst und die Hinwendung zu neuen, auf das Unternehmen zugeschneiderte aufwendigen Entwürfen von Literaturengagements zu einer berechtigten Furcht führt. Autoren argwöhnen, daß die Literatur im Vergleich mit betrieblichen Interessen eine Hintergrundrolle spielt und von Unternehmen in unwürdiger Weise als Hilfsmittel mit geringem Eigenwert rein betriebswirtschaftlich ausgeschlachtet wird, und das unter dem Mantel der gegenteiligen Behauptung. (119)

Die letzte Befürchtung wird allerdings dadurch abgeschwächt, daß die Grundlage des erdachten Berufsbildes eines Sponsorberaters in der Wirklichkeit anders aussieht. Unternehmen bemühen sich normalerweise nur dann um einen Berater, wenn sie bereits in eine Förderung eingebunden sind. (120) Wie der Kulturmanager wird auch der Sponsorberater ganz im Gegensatz zum oben erörterten Wunschbild im allgemeinen auf den Anstoß des Literaturbetriebes hin aktiv. (121) Deshalb bieten Sponsorberater Autoren oder literarischen Vereinigungen günstige Bedingungen für eine Vermittlung an und suchen dann einen Förderer.

Doch auch das schließt Schwierigkeiten nicht aus. Für die Gesponsorten kann es zu einer Abhängigkeit von Vermittlern kommen, wenn etwa ein Autor auf der Suche nach Unterstützung bei seiner Vermittlung dem Anspruch des Beraters auf alleiniges Vertretungsrecht zustimmen muß. (122) Diese Gefahr ist als besonders schwerwiegend zu betrachten angesichts der Tatsache, daß auch unaufrichtige Berater tätig sind: "Es gibt eine kleine Gruppe von exzellenten Beratern. Doch die Leichtigkeit, mit der sich jedermann als Sponsoringberater ausgeben kann, ruft Bedenken hervor, nicht nur durch die ABSA." (123) In England hat deshalb die ABSA ein Verzeichnis eingeführt, in das sich Consultants nach einer Bewerbung um die Anerkennung ihrer Beratereigenschaft eintragen lassen können. Im Gegenzug müssen sie sich verpflichten, den Ehrenkodex der ABSA einzuhalten. (124)

In gleicher Zielrichtung wie die ABSA arbeitet die European Sponsorship Association (ESCA), die sich als unabhängiges Sprachrohr der Sponsorship Consultants versteht: "Sie ist darauf ausgerichtet, Mindeststandards zu setzen und dadurch sicherzustellen, daß die den Unternehmen angebotenen Dienstleistungen von höchster Qualität sind." (125) Darüber hinaus soll die ESCA Anliegen der Sponsorberater vertreten, insbesondere gegenüber dem Staat bei Rahmenverträgen über Sponsorrichtlinien mit Quasi-Gesetzescharakter. (126) Weiterhin räumt die Vereinigung allen den Mitgliedsidealen verpflichteten Beratungsgesellschaften die Möglichkeit ein, ihre Geschäftskontakte mittels einer Datenbank auszudehnen. Diese Informationsquelle dient gleichzeitig Unternehmen, die ihre Engagements durch Sponsoring in neue Märkte erweitern wollen, als Hilfe bei der Suche nach einem fachmännischen Ansprechpartner. (127) Solche Datenbanken wurden, den Gedanken der ESCA fortführend, firmenübergreifend in England, anders als in Deutschland, auch von Sponsoragenturen entwickelt. Sie dokumentieren Engagementvorhaben auf lokaler Ebene und sollen den Brückenschlag zwischen Unternehmen und Kulturvereinigungen ermöglichen. (128)

Sponsorberatung in weitem Sinne betreibt die Firma Hobson Sponsorship, deren Geschäftsaktivitäten zugleich eine besondere Ausprägung britischer Förderkultur darstellen. Ihr Sponsorship Yearbook (129) enthält eine umfassende Aufzählung der Beteiligten am Kulturengagement in Großbritannien: zum ersten der Kulturschaffenden und ihrer Organisationen beziehungsweise ihrer Geschäftsbetriebe, zum zweiten der Unternehmen, die als Förderer auftreten, und zum dritten der Sponsorberater und ihrer Agenturen, der Kulturmanager sowie der die betriebliche Kulturförderung bejahenden Nachrichtenträger. (130) Abgerundet wird das Jahrbuch durch Beiträge namhafter Fachleute aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zum unternehmerischen Kulturengagement. (131) Das Sponsorship Yearbook ist in Großbritannien eine anerkannte Einrichtung (132) und zeigt, daß privater Unternehmergeist genügen kann, um auf bedeutenden Teilgebieten des Kulturbereiches einen Informationsaustausch zu gewährleisten und darüber hinaus einen dynamischen Markt für Kulturengagements zu forcieren. Das Fehlen einer vergleichbaren Geschäftstätigkeit in Deutschland belegt von neuem die Innovationsfreude englischer Unternehmen im Bereich des auf die Unternehmensumwelt gerichteten, also vor allem absatzorientierten und gesellschaftspolitischen Kulturengagements.

Fußnoten zu Kapitel 7


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