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5 Absatzwirtschaftliches Literaturengagement durch Unternehmen

Absatzwirtschaftliche Motive als ein wesentlicher Grund für die Realisierung von Literaturförderung werden sowohl von engagierten Unternehmen selbst genannt als auch in betriebswirtschaftlichen Publikationen angeführt. (1) Deren Ansatz, der oft literarischen Werken innewohnende künstlerische Gehalte und Wirkungen als sekundär betrachtet, wird in den folgenden Überlegungen nicht vertieft. Vielmehr geht es darin um eine Brückenfunktion der Literatur zwischen der betrieblichen Absatzwirtschaft einerseits und einer Synthese aus literaturfördernden Unternehmen und den literarisch interessierten Menschen andererseits. Wirkungen von Literatur, wie sie im vorangegangenen Kapitel über innerbetriebliches Literaturengagement herausgearbeitet wurden, sind dabei stets mitzureflektieren.

Nach der Einordnung von Absatzwirtschaft in eine betriebswirtschaftliche Konzeption und Überlegungen zu unterschiedlichen Voraussetzungen für absatzwirtschaftliches Literaturengagement durch Unternehmen in Deutschland und England folgt eine Diskussion über die Frage, ob gesellschaftliche Veränderungen zur Literaturförderung motivieren. Anschließend werden von betrieblichem Literaturengagement ausgehende Wirkungen auf die Publizität von Unternehmensbotschaften abgeleitet. Hierauf bauen Gedanken über Erscheinungsformen der absatzwirtschaftlichen Kommunikationspolitik durch Unternehmen auf. Sie runden das Kapitel gleichzeitig ab.

Absatzwirtschaft umfaßt diejenigen kaufmännischen Aktivitäten, welche die Güterabgabe von Betrieben an Märkte bewirken. (2) Als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen muß daher gefragt werden, ob und in welcher Weise Literaturengagement die betriebliche Güterabgabe fördern kann. Dazu muß Absatzwirtschaft in einen größeren Zusammenhang eingeordnet werden, damit erkennbar wird, ob Literaturförderung als ein Mittel zur Schaffung von Präferenzen und damit von Wettbewerbsvorteilen angewendet werden kann. (3)

Grundlage für einen solchen Entwurf ist das Marketing. Es umfaßt über die Planung des Absatzes von Gütern und Dienstleistungen sowie deren Vermarktung hinaus auch eine Denkhaltung, einen Führungsfahrplan für Organisationen, der auf die Märkte oder die Umfelder von Unternehmen bezogen ist und deren Gefüge und Tätigkeiten prägt - zunächst frei von jeder geschäftlichen Ausrichtung. Im Kern stellt das Marketing eine Konzeption dar zur zielorientierten Gestaltung von Austauschprozessen unter Ausnutzung aller vorhandenen und aktivierbaren Beeinflussungspotentiale von Unternehmen im Hinblick auf die Umwelt. Unter dieser Leitidee wird das unternehmerische Umfeld bewertend betrachtet. Die Ergebnisse werden im Betrieb in Form von umweltorientierten Gedanken verarbeitet mit dem Ziel, solche Folgerungen herauszuarbeiten, mit denen die Unternehmung zukünftig in ihrem Umfeld erfolgreiche Beziehungen unterhalten kann. (4) So verstandenes Marketing ist ein Entwurf marktorientierter Führung, sowie, bei deren Verwirklichung, eine Struktur zur gewinnoptimierenden Gestaltung der Absatzpolitik.

Aus dem bereits erwähnten umweltorientierten Blickwinkel werden neben technologischen und ökonomischen Anforderungen auch solche politisch-rechtlicher, sozio-kultureller und ökologischer Art erfaßt. Darüber hinaus prägen gesellschaftliche Änderungsprozesse und langfristige Kundenbedürfnisse strategisches Denken und Handeln. (5) Das ist deswegen von Bedeutung, "weil der Erfolg aller ... Austauschpartner letztlich entweder unmittelbar oder zumindest auf mittlere und lange Sicht davon abhängt, inwieweit es ihnen jeweils gelingt, die langfristigen Interessen der Bürger (einzubeziehen), eine solche Berücksichtigung glaubhaft in Aussicht zu stellen oder entsprechenden Einfluß auf die Interessen der Bürger zu nehmen." (6) Dabei hat nach wie vor das Leistungsprogramm des Unternehmens den Kern eines

sogearteten Marketings zu bilden, weil mehr denn je Leistungen zählen statt kommunikationspolitische Schönfärberei.

Folglich ist zu fragen, wo Literatur und ihre Förderung sich mit den Interessen des betrieblichen Güter- und Dienstleistungsabsatzes berühren. Bei der Suche nach einer Antwort ist zu bedenken, daß Literatur als Botschaft wie die betriebswirtschaftliche Kommunikationspolitik (7) mit Sprache verknüpft und eine Form der Kommunikation ist. (8) Der Informationsfluß, die Kommunikation zwischen wirtschaftlichen Partnern, ist in pluralistisch-marktwirtschaftlich organisierten Ländern eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, daß ein Leistungsaustausch zwischen diesen Partnern stattfinden kann. (9) Deshalb gestalten Unternehmen ihre auf den Markt gerichteten Informationen bewußt. Dieses Vorgehen bezeichnet man als Kommunikationspolitik. Als grundlegendes Merkmal der Marktkommunikation wird die Übermittlung von Informationen angesehen mit der Absicht der Beeinflussung von Meinungen, Einstellungen und Verhalten der Nachfrager auf der Grundlage kommunikativer Zielsetzungen. (10) Der Kommunikationspolitik kommt somit eine übergreifende Bedeutung für die Absatzpolitik zu, da sie die Produkt-, Preis- und Distributionspolitik mitträgt. (11) Kann Literaturengagement den Anforderungen einer Marktkommunikation Genüge leisten, und ist sie folglich der betriebswirtschaftlichen Kommunikationspolitik zuzuordnen?

Kommunikation als Übermittlung von Botschaften im Zusammenhang mit Literaturengagement ist mit Ausnahme der Auftragsliteratur kurz und von begrenztem Informationsgehalt, möglicherweise beschränkt auf die Nennung des Förderer-Namens. (12) Sie ermöglicht zum Beispiel keine Übermittlung technischer Informationen.(13) Die Fixierung des Konsumenteninteresses auf die eigentliche Förderung, die der Literatur, weist der betrieblichen Kommunikation in der Regel eine Kulissenfunktion zu. Deshalb ist eine unaufdringliche und zurückhaltende Gestaltung der Konsumentenansprache angebracht. Das erschwert kurzfristige kommunikative Wirkungen. (14) Außerdem ist Literaturengagement eine mögliche Form der betrieblichen Kommunikation unter vielen. Trotz dieser Einschränkungen ist es mehr als ein "indirektes Kommunikationsinstrument" (15), denn es wirkt als unternehmerische Kommunikation. (16) Was macht Literaturengagement für Unternehmen als Mittel der Kommunikation ansprechend?

Der Erfolg beim betriebswirtschaftlichen Güter- und Dienstleistungsabsatz ist verquickt mit Kultur (17) und ihren Wertvorstellungen, den Grundeinstellungen der Markt- beziehungsweise Gesprächspartner des Unternehmens und seinen Beeinflussungserfolgen innerhalb des dadurch abgesteckten Rahmens. (18) Hieraus folgt für den Einsatz von absatzwirtschaftlich ausgerichtetem Literaturengagement, daß dieses als Antwort zu verstehen ist auf Veränderungen des gesellschaftlichen Umfeldes, die mit einem Wertewandel verbunden sind. Für die Erörterung dieser These muß zunächst untersucht werden, ob sich Unterschiede des absatzwirtschaftlichen Literaturengagements in Deutschland und England erkennen lassen, und wenn ja, welche verschiedenen gesellschaftlichen Voraussetzungen und Entwicklungen in den beiden Ländern die Ursache dafür sind.

5.1 Vergleich Deutschland und England

Literaturengagement, verknüpft mit planmäßigem absatzwirtschaftlichem Einsatz, wurde im anglo-amerikanischen Sprachraum und somit auch in England zeitlich schon vor seiner entsprechenden Anwendung in Deutschland betrieben. Caroline Kay von der Association for Sponsorship of the Arts (ABSA) erklärt, daß Kulturförderung "is one area where the United Kingdom ... is very much the leader within Europe." (19) Und Karen Earl von der European Sponsorship Consultants Association (ESCA) ist der Meinung, daß "from the UK consultancies point of view it has become clear that, in general terms, Europe is behind the UK in the way in which (Kulturförderung) is perceived and exploited there." (20) Tatsächlich ist bis heute absatzorientiertes Literaturengagement durch Unternehmen in Deutschland seltener anzutreffen als in England.

Als Erklärung für die starke Stellung englischer Unternehmen auf dem Gebiet der absatzorientierten Literaturförderung und deren frühes Entstehen können betriebswirtschaftliche und zeitgeschichtliche Gründe angenommen werden.

So erzwingen dort die bereits erwähnte vierteljährliche Offenlegung des Unternehmensgewinnes und das daraus sich ergebende Streben nach kurzfristigem Gewinn ständig zukunftsorientiertes Verhalten, um im Wettbewerb mit der Konkurrenz bestehen zu können. (21) Dieser Forderung kommt ein Literaturengagement entgegen, denn es ist eine neue, innovative und damit zukunftsorientierte Form der Kommunikation. (22)

Außerdem ist in England das Verhältnis zwischen Literatur und Ökonomik von einer langen Tradition der gegenseitigen Achtung und Beachtung geprägt: Dort war im 19. Jahrhundert ungleich mehr als in Deutschland die Darstellung der Lebenswirklichkeit Absicht, Grundlage und Leistung des literarischen Schaffens, "vor allen Dingen fehlt jegliche Theorie". (23) Diese Wirklichkeitsnähe zeichnet bis heute wichtige Teile der englischen Literatur aus. Dagegen krankte in Deutschland das Verhältnis von Literatur und Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit an gegenseitigem Unverständnis und an gegenseitigen Vorurteilen. "So kam es in der Literatur zu einer Dämonisierung, ja zu einer Verteufelung der Industrie - und in der Industrie zur Berührungsangst im Umgang mit der meist kritischen Literatur." (24)

Solche Ausgangsvoraussetzungen erschwerten in Deutschland die Förderung von Literatur durch die Wirtschaft, im besonderen den Einsatz von Literatur als absatzorientiertes Kommunikationsinstrument. Durch die Überwindung der Sprachlosigkeit zwischen Ökonomik und Literatur auch hier sind gegenwärtig die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen für Literaturengagement in beiden Ländern als ähnlich einzustufen und somit im weiteren gemeinsam zu untersuchen.

Unabhängig davon haben in Deutschland produzierende englische Unternehmen ihren Erfahrungsvorsprung beim Literaturengagement wegen der erwähnten, hier vorgefundenen Schwierigkeiten bisher ungenügend einsetzen können oder wollen. Deutsche Unternehmen in England konnten dort ihren Mangel an Erfahrung durch Einschaltung von englischen Kulturvermittlungs-Agenturen(25) mildern. Der Erfolg von absatzorientierter Literaturförderung in beiden Ländern hängt mit davon ab, ob eine betriebswirtschaftliche Begründung der praktischen Wirksamkeit des Instrumentes Literaturengagement gelingt. Voraussetzung dafür ist, wie bereits erwähnt, die Einordnung der unternehmerischen Literaturförderung in ihr gesellschaftliches Umfeld, das im folgenden erörtet wird.

5.2 Formen und Werte des gesellschaftlichen Umfeldes

Die gesellschaftliche Umwelt der Unternehmen ist während der vergangenen Dezennien in Deutschland und England Veränderungen unterworfen gewesen. (26) Die verschiedenen Facetten dieser neuartigen Problemsituation stellen möglicherweise eine skizzenhafte, orientierende Antwort auf die Frage dar, ob gesellschaftliche Veränderungen Auswirkungen auf absatzwirtschaftliche Literaturförderung durch Unternehmen haben oder sie gar erst ermöglichen. (27) Eine enzyklopädische Untersuchung solcher Faktoren ist an dieser Stelle unmöglich, die im folgenden erörterten weisen beispielhaft auf die Problemstellung hin. (28) Es werden verschiedene Ausprägungen gesellschaftlichen Zusammenlebens gleichrangig betrachtet, die mit absatzwirtschaftlichem Literaturengagement in Beziehung stehen und es mit auslösen können.

- Die Massengesellschaft ist gekennzeichnet durch Individualismus. (29) Statt nach bloß materiellem Lebensstandard streben immer mehr Menschen gleichzeitig nach höherer Lebensqualität, was unter anderem an verstärkten geistig-kulturellen Aktivitäten dieser Personen erkennbar ist, zum Beispiel durch die Beschäftigung mit Literatur. (30)

- In der Informationsgesellschaft ist durch die elektronische Nachrichtenübermittlung die Möglichkeit sofortiger globaler Kommunikation und Information der Verwirklichung nahe. (31) Information bietet bessere Chancen für Bildungs- und Horizonterweiterung, auch für ein tieferes Verständnis von Literatur.

- Die Konsumgesellschaft führt zu einem gestiegenen Warenangebot und zu höherer Kaufkraft breiter gesellschaftlicher Gruppen. (32) Der Warenüberfluß ermöglicht bei sinnvollem Gebrauch wie der maßvollen Beschäftigung mit Literatur einen Weg zu persönlichem Genuß und persönlicher Erfüllung.

- Die Verwaltungsgesellschaft ist gekennzeichnet durch ein Ausufern administrativer Instanzen mit einander überschneidenden Kompetenzen. (33) Sie führen zu einem Gefühl der Ohnmacht des Einzelmenschen gegenüber der Allmacht des Verwaltungswesens. Als Gegenreaktion darauf entwickeln sich Bürgerinitiativen, deren Gruppeninteressen im Sinne unterdrückender Toleranz von Literatur bearbeitet und damit entschärft werden.

Solche Gedankengänge zeigen, daß Unternehmen zunehmende Verflechtungen innerhalb des gesellschaftlichen Räderwerkes in Betracht ziehen sollten, welche die Ansammlung aller Interessen auf gleichlaufende Strukturen, auf Manipulationstechniken, das heißt auf das Gegenwartsmanagement, bewirken. (34) Diese Überlegungen zu den Ausprägungen gesellschaftlichen Zusammenlebens führen unmittelbar zur Berücksichtigung neuer Bewußtseins-, Erkenntnis- und Bewertungsweisen, zu neuen Werten.

Unter Werten sind aus zentralen historischen Handlungserfahrungen einer Gesellschaft oder einzelner ihrer Untergruppen verallgemeinerte, auf Dauer institutionalisierte Orientierungsmuster der Sinngebung mit normativem Gehalt zu verstehen. (35) Auch sind Werte - und das ist wichtig für den Entwurf absatzsorientierten Literaturengagements - "als grundlegende explizite oder implizite Konzeptionen des Wünschenswerten (beschreibbar); sie verkörpern Kriterien zur Beurteilung von Zielen, Objekten und Handlungen, übernehmen mithin die Funktion von Orientierungsstandards, Leit- beziehungsweise Richtlinien und kanalisieren das Verhalten in bestimmte Richtungen." (36) Folglich beeinflussen praxisorientiert ihre "Zielvorstellungen und Präferenzen ... (auch) die Stimulus-Aufnahme, -Verarbeitung und -Speicherung des Individuums." (37)

Werte umfassen zum einen einen Außenaspekt, der im gesellschaftlichen Wertesystem ausgedrückt ist. Zum anderen beinhalten sie einen Innenaspekt, welcher in das individuelle, den Charakter des einzelnen Menschen formende Wertesystem eingebracht ist. Die Wechselbeziehung zwischen beiden Betrachtungsweisen in ihrer Gesamtheit kann im Zusammenhang des Strebens nach Belohnungen und des Vermeidens von Bestrafungen zu Veränderungen, zum Wertewandel führen. (38) Derartige, weitgehend abgeschlossene Wandlungsschübe waren in den 1960er und 1970er Jahren zu verzeichnen. (39) Heute tauchen ständig neue Werte auf: An die Stelle alter Werteordnungen treten viele miteinander konkurrierende Orientierungsangebote. Positiv- und Negativillusionen wechseln miteinander ab; intraindividuelle Konflike zwischen Wertegruppen müssen psychisch verarbeitet werden. "Werte suchen heißt vor allem Widersprüche aushalten und die Probleme der Welt in überschaubare Portionen einteilen." (40) So ermöglicht eine Sphärentrennung der Wertebezüge Spannungsverminderung, zum Beispiel für die Teilerlebniswelt der Arbeit in eine und die Teilerlebniswelt der Wortkunst in eine andere. Damit verbunden ist jedoch in der Regel kein Wertewachstum bei der Einzelperson. (41) Hinzu kommt, daß Individuen unterschiedlich auf Veränderungen von Werten reagieren; ein Teil der Gesellschaftsmitglieder wird auf die Stabilisierung der bestehenden Wertstrukturen hinarbeiten. (42) Daraus kann für die Gesamtgesellschaft abgeleitet werden: "Was heute als Wertewandel diskutiert wird, ist in Wahrheit nur ein Scheinwertependeln."(43)

Dennoch sind - und das bleibt festzuhalten - für einzelne gesellschaftliche Gruppen Abweichungen in den Pendelausschlägen von Werten erkennbar, so daß Unternehmen mit unterschiedlichen Werten umgehen müssen, wollen sie Zugang zu den unterschiedlichen Wertehaltungen und den damit verbundenen Lebensstilen (44) dieser Bürger und deren verschiedenartigen Erwartungsvorstellungen finden. (45) Für Unternehmen folgt hieraus unter anderem der Zwang zur Ausweitung des öffentlichen Engagements, um etwa in Gestalt eines neuen Grundkonsenses geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen die zahlreichen Probleme unserer Zeit einer Lösung zugeführt werden und sich zugleich die erforderlichen Gewinne erwirtschaften lassen.(46)

Je vielschichtiger die Probleme und je pluralistischer die Wertesysteme in Gesellschaft und Markt ausgeprägt sind, um so mehr kommt es darauf an, daß auch innerhalb eines Unternehmens ein vieles und viele einbindendes Wertesystem vorliegt und gebilligt wird. Es muß ausgeschlossen sein, daß Gleichmacherei beziehungsweise Gleichschaltung oder die Förderung eines Wertemonotonismus das Ziel eines Literaturengagements ist. Ebenso darf Literaturförderung keinesfalls eingesetzt werden als Sozio-Mätzchen, mit dessen Hilfe von einer mangelnden Bewältigung gesellschaftlicher Probleme abgelenkt werden soll. (47) Verbunden mit diesen Gedanken sind Aussagen von Kaufleuten, daß Wertewandel ein Modewort geworden sei; diese Entwicklung kann auch Ausdruck eines schlechten Gewissens verantwortlicher Unternehmensmitglieder wegen fehlender Handlungsbereitschaft sein. (48)

Einem solchen Verdacht können Unternehmen entgegenwirken, indem sie zunächst soziale Verantwortung in ihren eigentlichen Tätigkeitsfeldern beweisen. (49) Erst wenn das geschehen ist, sollten Unternehmen die Öffentlichkeit mit Literaturförderung ansprechen. Für Branchen, bei denen keine solche Reihenfolge direkt erkennbar ist, wie Banken und Versicherungen, kommt einem Engagement im Bereich der Literatur in diesem Gedankenzusammenhang eine besondere Bedeutung zu. (50)

Weiter können Betriebe den Vorwurf entkräften, indem sie eine persönliche Verantwortung von Unternehmensmitgliedern mit Literaturinteresse und im besonderen der Unternehmensleitung herausstellen: "Halt geben derzeit Menschen, nicht Strukturen (wie Unternehmen). Menschen, die Werte leben, sind verbindlicher als die Werte selbst." (51) Überzeugende unternehmerische Literaturengagements sind mit Wertvorstellungen derjenigen Menschen verbunden, welche die Engagements veranlassen und durchführen. (52)

Es ist festzustellen, daß als Antwort auf die gesellschaftlichen Entwicklungen für Unternehmen Literaturengagement als Teil ihrer zukunftsgerichteten Umfeldorientierung dienen kann: Einerseits führt Wertewandel zu einem neuen Verhältnis der Unternehmen zur Literatur, (53) andererseits bewerten gesellschaftliche Gruppen die Förderung von Literatur durch Unternehmen neu, in der Regel wohlwollend. Beides zusammen bildet die Voraussetzung für ein Aufgreifen von Literaturengagement als Kommunikationsinstrument. So gesehen stellt verstärkte unternehmerische Literaturförderung das Ergebnis eines gesellschaftlichen Wandels und damit verbunden eines Wertewandels dar, vor allem aber bedeutet sie aus unternehmensstrategischer Sicht eine Antwort auf diesen Wandel, (54) da es außer Frage steht, daß im Zusammenhang mit dem Wertewandel Unternehmen herkömmliche Kommunikation überdenken und neu ausrichten müssen.

5.3 Publizität von Unternehmensbotschaften

Die bisherigen Gedankengänge zeigten, daß Teile der deutschen und englischen Gesellschaft Literaturengagement durch Unternehmen annehmen, das auf kommunikative Wirkungen im Unternehmensumfeld ausgerichtet ist. Die folgende Erörterung ist deshalb auf betriebswirtschaftliche Konzepte konzentriert, mit deren Hilfe die Publizität von Unternehmensbotschaften beeinflußt werden kann.

5.3.1 Bekanntheitsgradpolitik

Absatzwirtschaftliches Literaturengagement verbindet mit dem Begriff Bekanntheitsgrad die Bewußtseinspräsenz eines für das Unternehmen belangvollen Namens beim Adressaten, gegenüber welchem eine Namensbotschaft geäußert wird. (55) Außer dem Unternehmensnamen stehen weiter diejenigen von Unternehmerpersönlichkeiten, welche den Betrieb vertreten, sowie Produkt- und Dienstleistungs- und Markennamen des Unternehmens im Mittelpunkt von betriebswirtschaftlichen Überlegungen, um einen Bekanntheitsgrad zu verbessern oder zu stabilisieren. Die dazu notwendigen unternehmerischen Entscheidungsbestandteile werden als Bekanntheitsgradpolitik bezeichnet. (56)

Deren Umsetzung mittels Literaturengagement ist mit Problemen verbunden, die im Hinblick auf eine Engagementgestaltung überlegt werden müssen. So läßt sich eine fehlende oder geringe Namensbekanntheit durch Literaturengagement nur selten verbessern, weil eine Erklärung des Namens kaum möglich ist. Außerdem erfordert die Zunahme des Bekanntheitsgrades Multiplikatoren. Diese vermögen Förderer von Literatur nur bedingt zu steuern, insbesondere kamen die Medien in der Vergangenheit einer tiefgreifenden Erörterung von Literaturengagement durch Unternehmen nur teilweise nach. (57) "Redakteure arbeiten wiederholt mit Klischees und Überzeichnungen, die einer objektiven Bewertung der unternehmerisch-künstlerischen Besonderheiten hinderlich sind." (58) Weiter ist wegen der Vielfalt des Schrifttums zumeist die Zahl der Kommunikationspartner für einzelne Literaturengagements verhältnismäßig klein. Schließlich kann ein erfolgreiches Fördervorhaben mit hohem Bekanntheitsgrad eine Eigendynamik entwickeln und ist dann für eine Bekanntheitssteigerung des Unternehmens verloren, wie das Beispiel des Booker Preises belegt: "The Booker Prize is one of the oldest and best known, providing a good example of how the strengths of designed (Engagements) can also lead to the identity of the (fördernden) company being submerged in that of the (geförderte) event": Bei einer Umfrage im Jahr 1988 verbanden nur 22 Prozent der Befragten den Preis mit ihrem Stifter, dem Unternehmen Booker McConnell. (59)

Hieraus sind Forderungen für die Gestaltung eines Literaturengagements zur Steigerung oder Festigung eines Bekanntheitsgrades ableitbar. Der Bekanntheitsgrad eines Namens sollte bereits einen bestimmten Mindeststand bei den angestrebten Kommunikationspartnern erreicht haben, damit der Name wiedererkannt und durch die Literaturförderung verbreitet und eingeprägt wird. (60) Damit verbunden ist die Tatsache, daß Publizität abhängig ist von der Kontaktwahrscheinlichkeit einer Botschaft mit den Adressaten. Deshalb ist für jedes einzelne Vorhaben die Auswahl einer künstlerisch passenden Form des Literaturengagements - deren Ausprägungen wurden im Hauptkapitel 3 besprochen - von entscheidender Bedeutung. (61) Weiter dürfen Unternehmen keine Engagements unter dem kurzsichtigen Blickwinkel der Steigerung des Bekanntheitsgrades eines Namens planen, welcher mit dem Betrieb in Zusammenhang steht. Es geht um die Förderung von Literatur, die als Kulturgut nicht einem kurzfristig angestrebten Zweck dienen sollte, um nach dessen Erreichung aus Unternehmenssicht als abgetan zu gelten. Eine solche Vorgehensweise würde schnell durchschaut und von den Medien angeprangert, denen bei der Namensverbreitung eine Schlüsselrolle zukommt, wie bereits erwähnt wurde. Als Folge würde im günstigsten Fall aus Sicht des Unternehmens über die Förderabsicht hinweggesehen werden. (62)

Unabhängig von diesen Überlegungen stellt der Bekanntheitsgrad eines Namens für sich allein einen begrenzten, weil noch nicht direkt ökonomisch umsetzbaren, betriebswirtschaftlichen Nutzen dar. Dieser ist erst in Verbindung mit einem positiven Image zu erreichen. (63) Die Einführung und der dann angestrebte Bekannt-

heitsgrad eines Namens sind somit für ein Unternehmen die Basis für dessen Imagearbeit. (64)

5.3.2 Imagepolitik

In Unternehmen kennzeichnet die Festlegung der mittels Images angestrebten betrieblichen Ziele die Imagepolitik. (65) Sie wird damit durch diejenigen ihr innewohnenden Entscheidungsmerkmale beschrieben, welche mit Image in Verbindung stehen. Dieses stellt die Gesamtheit aller Einstellungen, Erfahrungen, Wünsche, Gefühle et cetera dar, welche mit einem bestimmten Meinungsgegenstand verbunden ist. (66)

In der betrieblichen Praxis ist Image im Zusammenhang mit Kulturengagement "one of the unsung benefits since it never appears in the contract of agreement between the two parties." (67) Somit muß erst belegt werden, daß es aus Sicht der Unternehmen überhaupt sinnvoll ist, Image in ihre Überlegungen im Zusammenhang mit einem Literaturengagement einzubeziehen.

Viele Absatzgüter nehmen eine Doppelfunktion ein, nämlich als Ware und als Imageträger. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Produkte des betrieblichen Leistungsprogrammes so gut wie gleichwertig mit denjenigen der Mitbewerber sind, etwa Tabakwaren, Versicherungsprodukte, Bankdienstleistungen, Mineralölprodukte und so weiter. (68) Angesichts mangelnder Innovationsdichte und daraus folgendem Kampf um Marktanteile über den Preis hoffen Betriebe, mit Literaturengagement unterscheidbare Leitbilder aufzubauen: (69) "Sophisticated buyers base their decisions more on how they view the company than on differences in products." (70)

Damit verbunden ist das Streben derjenigen Unternehmen um 'good will', welche in gesellschaftlich problembeladenen Märkten in der öffentlichen Kritik stehen, etwa wegen der entstehenden Umweltbelastung bei der Herstellung ihrer Güter oder wegen Zweifels am Nutzen ihres Leistungsprogrammes für das gesellschaftliche Wohl. (71) Je schlechter der Ruf eines Unternehmens beziehungsweise derjenige seiner Branche ist, desto eher wird es zur Förderung der Literatur bereit und um so stärker wird es darum bemüht sein, daß jedermann davon erfährt. Mit einem auf diese Weise aufpolierten Image hoffen solche Unternehmen, daß sie einem Grundsatz von Kunden entsprechen, die Produkte von Unternehmen kaufen wollen, "that share their values, so if a (Förderung) is genuine and committed, consumers are likely to reward the company appropriately and to remain loyal." (72) In den gleichen Zusammenhang ist die Aussage des Leiters der Community Affairs der National Westminster Bank einzuordnen, der in einer Pressekonferenz das Kunstengagement seines Hauses mit den Worten kommentierte: "The sort of message and image we want to promote with our name is that the bank is a caring organisation, which it is, and we are spending over 2,000,000 pounds a year without anybody knowing it, to prove just that." (73)

Weiter stehen Unternehmen vor dem bereits erörterten Problem, Informationsüberlastungen durch die Medien ihrer Gesprächspartner vermeiden zu müssen: "Vertrauen ist (dann) ein Mittel zur Reduktion von Komplexität." (74) Deshalb sollen die vielschichtigen Kognitionen, die Literaturengagement auslöst, mit einem Namen verknüpft werden, der im Zusammenhang mit dem fördernden Unternehmen steht. Darauf aufbauend hoffen die engagierten Unternehmen, daß der alleinige Schlüsselreiz eines eindimensionalen, bekannten (75) Namens zur Retablierung einer vom Betrieb geplanten konditionierten Reaktion ausreicht. (76) Sie kann auf eine kognitive Entlastung bei Entscheidungen der Konsumenten zielen und ist erwünscht, wenn keine kognitive Entscheidung im Zusammenhang mit dem Leistungsprogramm des Unternehmens vorliegt. Das unterstreicht die folgende Aussage: "Our projects are designed to improve the recognition of and respect for the company name. They improve recognition because we believe that people care about the arts and will notice organisations connected with them. They improve respect because the arts are identified with excellence, creativity and risk - all qualities we want to associate with our company, its products and the way in which we do business." (77) Der Fall zeigt, daß des weiteren die imagebezogene Kommunikation "keine spezifisch leistungsbezogenen Handlungsanreize (zum Inhalt hat), sondern im Zentrum steht der Versuch, generell Unterstützungspotentiale für das Unternehmen zu erlangen oder zu sichern beziehungsweise deren Entzug zu verhindern. Im einzelnen kommen Maßnahmen ... zur Sicherung positiver Einstellungen oder Vertrauenswerbung beziehungsweise Verteidigung gegenüber Beschuldigungen, Korrektur falscher Einschätzungen und so weiter in Betracht." (78) Deshalb liegt es unter dem Gesichtspunkt der Imageprofilierung im Interesse jedes Unternehmens, von sich selbst durch Literaturengagement ein möglichst vorteilhaftes Vorstellungsbild bei internen (79) und externen Zielgruppen hervorzurufen. (80)

Diese Überlegungen zeigen, daß jeder Betrieb Imagepflege betreiben sollte, will er auf seine mit ihm verbundenen Images Einfluß ausüben und diese keinesfalls dem Zufall oder gar der Fremdbestimmung überlassen. (81) Welch schwerwiegende Wirkung eine Vernachlässigung der Imagepolitik haben kann, verdeutlicht das folgende mit Charles Dickens Romanfigur Ebenezer Scrooge verbundene Beispiel.(82) Die britische Low Pay Unit wählt jedes Jahr einen Unternehmer zum Scrooge des Jahres, einen Kaufmann, der seine Mitarbeiter unterbezahlt. (83) Für das ausgewählte Unternehmen bedeutet das Urteil der Low Pay Unit einen Imageschaden, den die Vereinigung bewußt einsetzt, um eine Handlungsänderung in ihrem Sinne bei den Angeprangerten zu erreichen.

Allerdings sollte die betriebliche Imagepflege dazu dienen, daß ein literarisches Fördervorhaben im Zusammenhang mit einem angestrebten Image richtig ausgewählt wird, um unerwarteten Entwicklungen mit der Gefahr eines Negativimages für den geförderten Namen vorzubeugen. (84) Dazu müssen die bisherigen, an die betriebliche Wirklichkeit angelehnten Gedanken in eine allgemeine Form überführt werden. Bei der Beschreibung der Wirkung von Images auf das Verhaltensgefüge von Entscheidern lassen sich drei Ausprägungen unterscheiden. Sie begleiten den Entscheidungsablauf von der Meinungsbildung bis zur Handlungsauslösung.

- Die Orientierungsfunktion des Images liefert einem Beurteilenden ein ganzheitliches Vorstellungsbild. Er kann damit eine für sein Empfinden abgesicherte Entscheidung über einen Meinungsgegenstand (85) treffen, die in subjektiv wertenden Ansichten zum Ausdruck kommt. (86) Das Bild erleichtert es dem Bewertenden, den von ihm getroffenen Entschluß gegenüber seiner Umwelt zu vertreten und um dessen Anerkennung zu werben.

- Die Stabilisierungsfunktion des Images verringert Informationskonflikte zwischen subjektivem Wissen Bewertender und diesem Wissen widersprechenden Informationen Dritter dadurch, daß die gefühlsbetonte Bewertung Beurteilender durch Dritte eine Reduktion auf Typisches erfährt und dadurch der Bedeutungs- und Symbolgehalt verdichtet wird. (87) Durch eine solche Typisierung von Eigenschaftsmerkmalen eines mit Images belegten Entscheidungsobjektes wird beim Beurteilenden Selbstvertrauen aufgebaut.

- Die Unterscheidungsfunktion des Images ermöglicht es dem Beurteilenden, einen Namen von anderen zu unterscheiden. Die Vereinfachung von Informationsgehalten auf Charakteristisches erleichtert die Bewertung hinsichtlich der möglichen Entscheidungsalternativen.

Diese Erkenntnisse können engagierte Unternehmen nutzen, um mittels der verhaltenssteuernden Imagewirkung durch geförderte Literatur Assoziationen zu wecken, die als Imageträger dienen. Im Anschluß wird die Übertragung des mit der Literatur verbundenen Imageträgers beziehungsweise Vorstellungsbildes auf einen anderen, mit dem Unternehmen verbundenen Imageträger geplant. (88) Eine solche Imageübertragung bezeichnet Caroline Gillies als "Heirat zwischen dem Geförderten (89) und dem Engagierten. Eines der Ziele einer solchen Heirat ist es, das Image der geförderten Organisation oder der geförderten Veranstaltung auf den Engagierten zu übertragen." (90) Wird das gegenwärtige Image mit Ist-Image bezeichnet und das angestrebte Image mit Soll-Image, so besteht die Imageprofilierung in einer Annäherung des ganzheitlichen Ist-Images an das ganzheitliche Soll-Image. (91)

Eine Konkretisierung der gerade erörterten Vorstellungsbilder in Form von vermittelbaren Erlebniswerten (92), etwa Atmosphäre oder Ästhetik(93), besticht durch den Anschein praktischer Bedeutung. Gleiches reden Aussagen ein wie "Literatur hat ein positives und seriöses Image", (94) "une entreprise qui crée un prix littéraire se donne à bon compte une image élitiste et de prestige" (95) oder "the arts, particularly in some of their contemporary aspects, are regarded by many of those aspiring to material success as being fashionable, and (Kunstengagement) has been effective in helping to create and sustain powerful brand identities for products aimed at these markets. ... The arts are a useful promotional means by which to extend markets for products that nonetheless want to retain an aura of exclusivity." (96) Doch der Sinngehalt solcher nur intuitiv ermittelten Zuordnungen ist widerlegbar. (97) Erstens beruhen die Beurteilungen auf subjektiven Erfahrungswerten. Zweitens vermag die Zerlegung eines Erlebnisses in imagemäßig verwertbare Bestandteile selten alle Imageaspekte abzudecken und widerspricht deshalb der Forderung nach ganzheitlicher Betrachtung. Drittens erlauben erhebliche situative Schwankungen und offene Gestaltungsspielräume des Förderers kaum normative Aussagen über Erlebnisbestandteile eines Engagements. Ferner unterliegt die wahrgenommene Ausstrahlung einer Förderung geographischen und schichtenspezifischen Schwankungen. Schließlich bergen pauschale und reduktionistische Zuordnungen von Erlebniswerten zu Ereigniskategorien die Gefahr, daß unter Mißachtung von betriebswirtschaftlichen und literaturwissenschaftlichen Zusammenhängen diese Erlebniswertlisten zu rezepturähnlichen Strategieempfehlungen verleiten. (98)

Eine Imagegestaltung mittels Literaturengagement ist daher mangels eindeutig abgrenzbarer Vorstellungsbilder nicht sinnvoll, sie muß vielmehr bei anderen Merkmalen ansetzen. Stefan Erdtmann betont im Hinblick auf Kulturengagement fünf gleichgewichtige Strategien, deren fallgerechte Anwendung auch für Literaturförderung naheliegt: (99)

- Konzentrierung: Eine Prägnanz und Unverwechselbarkeit des Namens wird herausgearbeitet.

- Dezentrierung: Die Bedeutung des Namens wird über die bereits vorhandenen Kommunikationspartnergruppen auf weitere, diesen nahestehende ausgedehnt. Das gilt insbesondere, wenn die Verkehrsgeltung eines Namens begrenzt ist und ausgeweitet werden soll.

- Harmonisierung: Grundverschiedene Imagekomponenten eines Namens werden mit dem Ziel einer Dissonanzverminderung beseitigt zugunsten einer einzigen Imagelinie des Namens. (100) Ein solches Vorgehen ist empfehlenswert, wenn bereits etablierte Imagebestandteile in Verbindung mit einem Namen widersprüchlich nebeneinanderstehen.

- Anreicherung: Die Namenswahrnehmung wird um zusätzliche positive Imagewerte ergänzt. Diese Handlungsweise ist naheliegend, wenn die Imagelinie unvollständig mit den Erwartungen der Kommunikationspartner übereinstimmt.

- Verlagerung: Veränderungen im Unternehmensumfeld machen eine Anpassung der Imagelinie des Namens erforderlich. Die Auslöser dafür können vielfältiger Art sein, beispielsweise Verschiebungen in den Verbraucher-Präferenzen, den Produkt-Lebenszyklen oder Aktivitäten der Mitbewerber.

Doch selbst bei einer Anwendung dieser Strategien im Zusammenhang mit Literaturengagement zur Imagepositionierung oder -veränderung muß das engagierte Unternehmen berücksichtigen, daß diese aufgrund der damit verbundenen vielschichtigen kognitiven Prozesse und der Vielzahl von Rezipienten nur mittel- bis langfristig erreichbar ist. (101) Das Image des Geförderten aus dem Literaturbetrieb ist dabei als statisch zu betrachten: "It is highly unlikely that (der Engagierte) will be able to do much about changing the image of (des Geförderten), so it is important to make the right choise in the first place." (102)

Als Zwischenergebnis der abwägenden Überlegungen zur Verknüpfung von Imagepolitik mit Literaturengagement ist festzuhalten: Imagearbeit im Zusammenhang mit Literaturengagement ist besonders naheliegend, wenn der Inhalt der kommunikativen Botschaft auf die Nennung eines Namens beschränkt ist und Aussagen sachinformationslos sind. Der Name sollte vom Rezipienten eindeutig auf das Zielobjekt bezogen werden können, weshalb er ihm bekannt sein muß. (103) Literaturengagement löst dann in einem längeren Zeitraum die vom Unternehmen mittels geplanter Imagepolitik konditionierten Handlungen aus.

Diese Bedingungen können einmal für Images zutreffen, die mit Personen- und Unternehmensnamen verbunden sind. (104) Solche Images umfassen die Gesamtheit aller Vorstellungen, Eindrücke und Gefühle, die ein Mensch bezüglich eines bestimmten Individuums beziehungsweise eines Unternehmens hat. (105) Das folgende Beispiel zeigt, daß Imageförderung für Unternehmer und Imageförderung für Unternehmen Hand in Hand gehen können: Der Eigentümer des Verlagshauses Burda, Herbert Burda, verlieh an Marcel Reich-Ranicki einen Kultur-Bambi. Dieser Preis wurde von den Redakteuren eines der Verlagsprodukte des Unternehmens, der Illustrierten Bunte, ins Leben gerufen. (106)

Wie der Name der Illustrierten zeigt, erfüllt auch das Image einer Marke die eben genannten Voraussetzungen. Als Markenimage wird das Vorstellungsbild von einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Dienstleistung bezeichnet. Die Imagebeurteilung beruht vorwiegend auf Wahrnehmungen, Erfahrungen und Einstellungen hinsichtlich der betreffenden Marke. (107) So kreierte die Firma Rowntree Mackintosh Confectionery, Hersteller der Smarties Schokoladenbonbons, einen Smarties Book Prize. Damit wurde ein Schokoladenprodukt für Kinder mit einem highly respected Kinderbuchpreis verknüpft: Die Assoziation von aus gesundheitlicher Sicht schädlicher Schokolade soll mit der Assoziation elterlicher Verantwortung für das gesellschaftlich anerkannte Gut Ausbildung überlagert werden. (108) - Die Firma Montblanc Pens will ihrerseits in England einen Ruf ihrer Produkte als Kultgegenstände begründen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein Engagemententwurf ausgearbeitet, der eine Ausstellung von "comic book art, a number of book fairs and a review writing competition, all chosen in order to create a reputation for excellence," umfaßte. Diese Aktivitäten wurden mit dem Slogan des Unternehmens The Art of Writing in Verbindung gesetzt. (109) Ein Mitbewerber von Montblanc, die Firma Lamy, wirbt in Deutschland für ihre Füllfederhalter in Anzeigen mit dem Text: "Von der Lust zu schreiben: Das Hobby eines Oberbürgermeisters (Manfred Rommel): Der Kenner sollt' nicht übersehen: niemand kann gute Kunst verstehen. Versteht man sie, ist sie nichts wert. Der Laie denkt grad umgekehrt." (110) Auch hier wird das Produkt Füllfederhalter mit dem Image einer Wortkunst verbunden. - Einen anderen Weg beschreitet die Firma Stuttgarter Hofbräu. Sie betreibt "seit vielen Jahren einen Dichter-Wettstreit als beliebte Freizeitbeschäftigung, an der sich Menschen aus allen Bevölkerungskreisen beteiligen." (111) Das von der Brauerei erzeugte Bier soll mit dem Image und dem Erlebniswert einer ausgelassenen Stimmung sowie einer breiten, auf den schwäbischen Sprachraum konzentrierten Bevölkerungsgruppe verbunden werden.

Die Überlegungen zeigen, untermauert durch Beispiele aus der betrieblichen Praxis, daß Literaturförderung mit Image verknüpfbar ist. Die meisten Engagements werden sogar gewollt oder ungewollt von selbst mit einem Image in Form eines Vorstellungsbildes seitens der Kommunikationspartner des Unternehmens belegt. Allerdings ist Image nicht für sich allein dem Kommunikationspartner übermittelbar; eingebettet in einen Imageträger muß es mittels einer Kommunikationstechnik transportiert werden. Solche Techniken stehen im Zentrum der folgenden Überlegungen.

5.4 Kommunikationspolitik

Die im vorigen Kapitel behandelten Bereiche des Bekanntheitsgrades und des Images im Zusammenhang mit unternehmerischer Tätigkeit und mit Bezug zum unternehmerischen Literaturengagement werden durch die Art und Weise der Anwendung von Werbung, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit und in weiterem Sinne von Corporate Identity mitgestaltet, welche auf die zuvor besprochenen Bereiche zurückwirken. (112) Im folgenden werden Einsatzmöglichkeiten dieser betrieblichen Kommunikationsinstrumente im Hinblick auf Literaturengagement geprüft. (113)

5.4.1 Werbung und Verkaufsförderung

Werbung (114) hat die Aufgabe, "durch zielorientiert eingesetzte Informationsmittel und Kommunikation gegenüber Marktpartnern Leistungsprogramme bekannt zu machen sowie deren Absatz oder Beschaffung zu fördern." (115) Als wesentliche Faktoren werblicher Kommunikationsprozesse, die Literaturengagement einbeziehen, sind zu betonen erstens der Werbungstreibende, hier also das Literatur fördernde Unternehmen, von dem die Werbung ausgeht. Das zweite Element ist die Werbebotschaft als Aussage, welche in Literaturengagement eingebettet ist. Drittens sind die Werbeträger in Gestalt von Literatur, literarischen Veranstaltungen oder von Persönlichkeiten mit enger Beziehung zur Literatur von Bedeutung. Schließlich kommt der Umworbene als grundlegende Komponente hinzu, bei dem die mit Hilfe von Literaturengagement übermittelte Werbebotschaft eine Werbewirkung hervorrufen soll. (116)

Auf der Basis dieser kommunikativen Grundzüge ist Werbung von Unternehmen in zweierlei Hinsicht mit Literaturförderung verknüpfbar. Zum einen kann der Betrieb Werbung verwenden, um sein Literaturengagement bei Marktpartnern bekannt zu machen, wenngleich "it is still comparatively rare for (Förderer) to advertise their involvement with arts activities." (117) Werbung ist dann Kommunikationsmittel für Literaturengagement. Umgekehrt, und das ist Inhalt der weiteren Überlegungen, wird Literatur direkt als Medium oder indirekt als Mittel zur Übertragung von Werbebotschaften an Kommunikationspartner benutzt. (118) Um Zielrichtungen für eine so geartete Verknüpfung von Literaturengagement und Werbung herauszustellen, ist eine Kenntnis der allgemeinen Aufgaben der Werbung nötig: (119)

- Informationsfunktion: Die Markttransparenz soll erhöht und dadurch auf die Kaufentscheidung Einfluß genommen werden.

- Bedarfsweckung: Eine Änderung des Verbrauchs oder Neubedarfs soll geweckt werden.

- Suggestionsfunktion: Das Seelenleben potentieller Käufer soll beeinflußt werden, um Kaufwiderstände auszuschalten.

- Absatzerleichterung: Zukünftige Verkaufsanbahnungen sollen erleichtert werden.

- Repräsentationsfunktion: Die Firma soll angemessen dargestellt werden; Produktwerbung kann damit verbunden sein.

Der Repräsentationsfunktion und der Absatzerleichterung kann durch Literatur selbst oder durch literarische Veranstaltungen genügt werden; das wird in späteren Überlegungen erörtert. Demgegenüber vermag Literaturengagement der Informationsfunktion, der Bedarfsweckung und im großen und ganzen der Suggestionsfunktion von Werbung nur am Rande Rechnung tragen, da das Buch als das zentrale Medium zur Verbreitung von Literatur deutliche Nachteile im Bereich der Werbung gegenüber Massenmedien und speziellen Periodika aufweist. Ulrich Saxer stellt diesbezüglich fest: "Wo es um rasche und massenhafte Benachrichtigung und Überredung geht, können Medien, die in erster Linie größere, in sich abgeschlossene Aussagenkomplexe speichern, nicht recht mithalten. Trotz Bemühungen um zeitschriftenähnliche Periodizität in den vielen Taschenbuchreihen, trotz der Entmaterialisierung des einst schwergewichtigen Buches und selbst trotz der Einrückung von Reklame in den Text fällt denn auch das Buch als Werbeträger kaum ins Gewicht." (120) Wenngleich es hierzu Ausnahmen gibt, wie die folgenden Beispiele zeigen werden, ist hervorzuheben, daß die Schwäche des Buches gegenüber seinen Hauptkonkurrenten, den Massenmedien und speziellen Periodika, in ihrem fehlenden regelmäßigen Erscheinen besteht, das ständige Informations- und Kommentierungsleistungen gestattet, auch solche von Werbeaussagen. Bei der Konkurrenz mit anderen Medien auf dem Inserentenmarkt ist das Buch durch seine Preisbindung zusätzlich benachteiligt. (121)

Erschwerend wirkt sich für Bücher im Hinblick auf ihre Anziehungskraft als Werbeträger aus, daß der Funktionsradius eines Mediums mit dessen Institutionalisierungsgrad korreliert und beim Medium Druck im Hinblick auf Literatur gering ist. Zum einen basiert das Distributionssystem des Buches auf dem Abholprinzip, das der Massenmedien auf dem Zustellprinzip. (122) Zum anderen ist der Distributionsapparat Buchhandlung weder kulturell noch soziologisch neutral. (123)

Auf die bereits besprochenen Werbefunktionen der Repräsentation und der Absatzerleichterung treffen die oben erörterten Einschränkungen als Werbungshindernis nur bedingt zu. Vielmehr sprechen gewichtige Argumente für eine Verbindung von Literaturengagement und Werbung, weil die hergebrachten Werbemaßnahmen im Kommunikationsprozeß zunehmenden Schwierigkeiten ausgesetzt sind und teilweise ihre Wirksamkeit eingebüßt haben. Zu nennen ist erstens die wachsende Aufteilung der Gesellschaft in kleine Interessengruppen, die zur Notwendigkeit differenzierter und systematischer Ansprache der Kommunikationspartner führt. (124) Zweitens wehren sich kritische, mündige Bürger gegen Manipulations- und Suggestionsversuche. (125) Sie lehnen Werbung ab oder nehmen sie nur noch flüchtig wahr. Drittens wächst der Aufwand für Werbung bei Unternehmen aufgrund einer gestiegenen Anzahl von Werbeträgern an. (126) Schließlich sind als gesellschaftlich unerwünscht eingestufte Produkte zunehmend Beschränkungen in althergebrachten Werbeträgern wie Presse, Rundfunk und Fernsehen ausgesetzt. Die Einschränkungen reichen bei Medien vom Werbeverbot für bestimmte Produkte über Platzierungsvorschriften bis hin zu begrenzten Sendezeiten. (127)

Diesen Schwierigkeiten der klassischen Werbung kann durch deren Verknüpfung mit Literaturengagement entgegengetreten werden mit dem Ziel, Werbebotschaften zu übermitteln. Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist die Tatsache, daß Werbung im Zusammenhang mit Literaturengagement bisher ungewöhnlich ist und bereits dadurch Neugier und Aufmerksamkeit erweckt. (128) Die Bandbreite der Möglichkeiten eines Engagements erlaubt es Unternehmen, für fast alle wünschenswerten Kommunikationspartner jeweils geeignete literarische Vorhaben auszuwählen; auch für diejenigen, welche soziale Marktwirtschaft im allgemeinen oder bestimmte Betriebe im besonderen ablehnen. Ein weiterer Vorteil für Literaturengagement besteht darin, daß Werbung in Massenmedien Kommunikationspartner nur in einer ganz bestimmten Lebenssituation erreicht, eben bei der Informationsaufnahme über Medien. Dagegen kommuniziert Werbung mittels Literaturförderung mit den Gesprächspartnern in einer inhaltliche und zeitliche Auswahl zulassenden Lebenslage, nämlich bei der Freizeitgestaltung. (129) In diesem Zusammenhang ist zu sehen, daß Literaturförderung aus Sicht der Betriebe nachteilige Reaktanzen gegenüber Werbeüberflutung bei den schwer erreichbaren betrieblichen Kommunikationspartnern vor allem dann überwindet, wenn diese den dahinterstehenden Nutzen für Geförderte erkennen. (130) Hinzu kommt, daß die Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten bei Berichten über Literaturengagement in Medien aufgehoben wird. Die Glaubwürdigkeit der Kommunikation wird durch nichtkommerzielle Berichterstattung über Engagements erhöht. (131)

Auch das wirtschaftliche Umfeld für eine Verknüpfung von Literaturengagement und Werbung ist günstig: Der verstärkte Wettbewerb der Werbeträger untereinander führt dazu, daß einige froh sind, im redaktionellen Teil über betriebliches Literaturengagement berichten zu können, möglichst vor ihren Mitbewerbern. Fördernden Unternehmen ermöglicht das Kommunikation ohne Werbeaufwendungen. (132)

Ein weiterer, wichtiger Aspekt hinsichtlich des Einbaus von Werbung in Literaturengagement kommt hinzu: Unternehmen umgehen damit gesetzliche und kapazitätsmäßige Einschränkungen in herkömmlichen Werbemedien. Diese Möglichkeit nutzen vor allem Betriebe der Tabak-Industrie, denn bereits jetzt unterliegt die Branche in Deutschland und England Beschränkungen bei der Werbung; sie muß sogar befürchten, für ihr Leistungsprogramm künftig überhaupt nicht mehr werben zu dürfen. (133) Mittels Kulturförderung werden von Tabak-Unternehmen spezifische Leitbilder für Raucher geschaffen in der Erwartung, daß Tabak-Konsumenten sich damit identifizieren. Doch hier stößt Literaturengagement als Werbemittel gleichzeitig an seine Grenzen: in England regeln die Bestimmungen eines freiwilligen Selbstbeschränkungsabkommens für Sportförderung zwischen dem Sportministerium und dem Tabacco Advisory Council (134) unter anderem ein Förderungsverbot für Veranstaltungen mit unter Achtzehnjährigen und eine Begrenzung der für Kommunikation ausgegebenen Mittel zur Sportförderung. (135) Dieses für gewisse Veranstaltungsträger und Sportförderer geltende Selbstbeschränkungsabkommen ist auch auf andere Kulturförderbereiche wie den der Literatur übertragbar, da ein verstärktes Engagement für Wortkunst statt für Sport zu einem entsprechenden Drängen der zuständigen Behörden auf Selbstbeschränkung führen würde.

Es ist festzuhalten: die Gestaltung von Werbung mit Hilfe von Literatur ist bei Beachtung ihrer Grenzen für Unternehmen vorteilhaft. Für die betriebliche Praxis lassen sich vorhandene, im Gesamtrahmen aller Kommunikationsformen bisher noch nischenhaft erscheinende, divergierende Möglichkeiten ihrer Durchführung hervorheben.

Eine Grundform der praktischen Ausgestaltung ist Unternehmenswerbung mit Anzeigen. Neben literarischen Zeitschriften sind hierfür Theaterprogramme mit ihrem Inhalt über Sinngehalt und Regiekonzeption der aufgeführten Stücke besonders geeignet. Beispielsweise plazierte die Firma Kaufhof, Filiale Mannheim, eine Anzeige in das Erläuterungen zu Peter Shaffers Amadeus enthaltende Schauspielprogramm des Nationaltheaters Mannheim. (136) Zahlreiche Unternehmen unterstützten die Zusammenfassung der Duisburger Universitätstage 1979 zum Thema Literatur und Industriegesellschaft. Die Drucklegung der Schrift wurde von den Firmen Commerzbank, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Duisburg-Ruhrorter Häfen, Mannesmann Demag, Messo, Sparkasse Duisburg und Thyssen durch Zahlungen für Anzeigen ermöglicht. (137) Die große Zahl der inserierenden Kreditinstitute in ein und derselben Publikation belegt, daß die ideelle Unterstützung der Literatur mindestens gleichrangig neben der Werbeabsicht steht. (138)

Literatur in gebundener Form, das heißt Bücher, kommt als Werbeträger für langfristige unternehmerische Ziele unter Berücksichtigung der oben besprochenen Einschränkungen in Betracht. Beispielsweise stellte die Firma Konica (Deutschland) bei der Herausgabe einer neuen Kleist-Ausgabe für den Satz der historisch-kritischen Edition zwei Spezialcomputer zur Verfügung. Dafür wurde das Unternehmen vom Verlag in den Bänden sowie in Prospekten genannt. (139) Doch allen Erscheinungsformen der Werbung in literarischen Büchern ist gemeinsam, daß ein Widerstand ihrer Erwerber gegen Inserate anzunehmen ist, besonders bei aufwendig gestalteten Werken, die als Geschenk oder als langlebige Konsumgüter für den Eigengebrauch dienen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Drucklegung durch Werbetexte erst ermöglicht wird und dem Leser dies bewußt ist. Der Verlag Rowohlt gliederte in vielen Taschenbüchern Anzeigen ein, die zum Kauf von Pfandbriefen und Kommunalobligationen auffordern. Der Anzeigentext wird auf das jeweilige literarische Werk zugeschnitten. In einem dieser Anzeigentexte ist die hier gestellte Problematik ausformuliert, um damit die diskutierten Widerstände zu überwinden: "... zum Konflikt WIRTSCHAFT und KUNST: Mancher, der ein Buch liest, murrt ... wenn er Werbung findet, wo er Literatur suchte. Reklame in Büchern!!!? Warum nicht auch zwischen den Akten in Bayreuth oder neben den Gemälden in der Pinakothek? 'Rowohlts Idee mit der Zigarettenreklame im Buch (finde ich) gar nicht anfechtbar, vielmehr sehr modern. Hauptsache, es hat Erfolg und nützt dem Buch, was die deutsche Innerlichkeit dazu sagt, ist allmählich völlig gleichgültig, die will ihren Schlafrock und ihre Ruh und will ihre Kinder dußlig halten und verkriecht sich hinter Salbadern und Gepflegtheit und möchte das Geistige in den Formen eines Bridgeclubs halten - dagegen muß man angehen ...' Das schrieb Ende 1950 - Gottfried Benn. An Stelle der 'Zigarettenreklame' findet man nun in diesen Taschenbüchern Werbung für Pfandbriefe und Kommunalobligationen. 'Hauptsache, es hat Erfolg und nützt dem Buch.' Und es nützt auch dem Leser." (140)

Weiter können Symbole aus dem Feld der Literaturgeschichte und -gegenwart für die Absatzkommunikation genutzt werden. Die Testimonialwerbung ist für die Literatur der Gegenwart unter Beteiligung der Autoren eine Werbungsform, "in der ... bekannte Personen als Bürgen für das beworbene Produkt auftreten, das heißt ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Produkt wiedergeben oder ihre Zufriedenheit (damit) bezeugen." (141) Doch ist dabei im Interesse der Förderer äußerste Zurückhaltung angezeigt: es wäre zum Beispiel schwer in der zeitgenössischen Gesellschaft durchsetzbar, daß ein Autor Kleider mit Werbeaufdrucken trägt, wie das bei Vertretern anderer Kulturgebiete üblich ist, etwa dem des Sports. Beide, Unternehmen und Autor, würden einander der Lächerlichkeit in der Öffentlichkeit preisgeben. (142)

Autorennamen oder Zitate von Autoren sind gezielt mit einem Unternehmen oder einem betrieblichen Leistungsprogramm in Beziehung setzbar. Als Leitbilder in Frage kommen besonders, je nach Kommunikationspartnern, namentlich bekannte Autoren, Schriftsteller mit einem bestimmten Weltbild, einer deutlich eingrenzbaren Weltanschauung oder Lebenseinstellung und schließlich literarische Epochen. (143) Beispiele für Werbung, die Johann Wolfgang von Goethe einbezieht, zeigen die Bandbreite der Möglichkeiten einer Ausgestaltung: Die Sparkasse Köln warb mit Goethe als Mitbegründer einer Sparkasse und rechtfertigt damit ihre Förderung von Kunst und Kultur "vor Ort". (144) - Das Unternehmen Degussa schaltete eine Anzeige mit dem Text "Degussa und Frankfurt - Eine alte Liebe. Marianne von Willemer, Goethes geistreiche Freundin, hat den Olympier mehr als die anderen Frauen inspiriert. Sie ist Suleika im 'Westöstlichen Diwan'. Sie ist auch, wer weiß das schon, Ahnherrin der Roesslers, unserer Firmengründer." (145) - Auch der Bezug zwischen dem Leistungsprogramm von Unternehmen und Goethe ist möglich. Die Firma Cassella-med warb für ihr Präparat Vita Gerin Geistlich: "... schon Goethe ... hat es bewiesen: Körperlich und geistig vital in jedem Alter ... 82-jährig vollendete er noch 'Dichtung und Wahrheit' sowie 'Faust 2. Teil'". (146) Die Gesellschaft Baden-Württembergische Immoblilien errichtet in Leipzig einen Wohnpark, den sie nach Goethe nennt. Es werden zwei Häusertypen zum Kauf angeboten: Egmont und Iphigenie. Vor allem das letzte Beispiel zeigt, daß der Bezug zwischen Autor und beworbenem Produkt oft gedanklich schwer herstellbar ist.

Deshalb ist Anzeigenwerbung vor allem dann als überzeugend anzusehen, wenn sie überwiegend aus literarischen Texten besteht. Für Anzeigen solcher Art passen vor allem Kurzgeschichten, aber auch Fortsetzungserzählungen. So veröffentlichte die Firma Volkswagen beispielsweise in Anzeigenform zwei abgeschlossene Kurzgeschichten des Autors Fredric Brown mit dem Wunsch "schöne Ferien von Volkswagen". (147) Das Leistungsprogramm wird hier unmittelbar in ein Leseangebot eingebettet, das hauptsächlich für Urlauber in der Hauptferienzeit bestimmt ist.

Weiter ist die Einbeziehung des Leistungsprogramms in Sprachkunstwerke möglich, die von Kunden erstellt werden. Die Firma Wilkinson Sword ließ über die Rundfunkwerbung den Anfang einer Geschichte ausstrahlen. Dann wurden die Zuhörer aufgefordert, ihrer Phantasie entsprechend die Geschichte fortzusetzen und das Manuskript der Firma für eine Preisvergabe zuzusenden. (148)

Schließlich kann das betriebliche Leistungsprogramm selbst Teil von Literaturförderung werden. Das Wuppertaler Partnerschafts-Vermittlungsinstitut Bernhard Hoffmann wirbt in überregionalen Zeitungen mit von Kunden geschriebenen Gedichten. Eine so gestaltete Werbung ist zum einen an dadurch angesprochene Heiratswillige gerichtet, zum anderen dient sie der Neuaquisation, der Gewinnung von Kunden, die für sich werben lassen wollen.

Alle diese Beispiele verdeutlichen: eine praktische Umsetzung von Werbung im Zusammenhang mit Literatur hängt unter Berücksichtigung der oben erörterten Voraussetzungen vor allem vom Einfallsreichtum der Werbeschaffenden ab. Somit verfügt die Verbindung von Werbung mit Literaturengagement über einen weiten Gestaltungsspielraum.

Grenzen wurden der Werbung von anderer Seite gesetzt: der Käufermarkt (149) sowie Überkapazitäten insbesondere im Konsumgüterbereich führten dazu, daß althergebrachte Werbemaßnahmen (150) allein für weiteren Absatz ungenügend waren. Dies gab für die Unternehmen den Anstoß zur Entwicklung und zum Einsatz der Verkaufsförderung. (151)

Unter diesem Namen werden Maßnahmen zusammengefaßt, die den Absatz kurzfristig und unmittelbar stimulieren sollen. (152) Die kommunikativen Inhalte der Verkaufsförderung verstärken die "force de vente" und sind auf den Ort des Verkaufs konzentriert. (153) Zwei Arten der Verkaufsförderung sind je nach den Adressaten zu unterscheiden: Händler- und Außendienst-Promotions sowie Verbraucher-Promotions. (154) Diese sind an Letztverbraucher gerichtet. Durch gezielte Aktivitäten werden Kunden gepflegt und zum Kauf angeregt. (155) Beispielsweise spricht die Badische Landesbausparkasse Berufsstarter durch ein Comic-Heft an. Die in dem Heft unvollständig abgedruckte Erzählung wird fortgesetzt auf einer Computerdiskette, die beim Unternehmen kostenfrei bestellt werden kann. (156)

5.4.2 Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit (157) "bezeichnet die planmäßige, systematische und wirtschaftlich sinnvolle Gestaltung der Beziehung zwischen der Betriebswirtschaft (158) und einer nach Gruppen gegliederten Öffentlichkeit, (159) ... mit dem Ziel, bei diesen Teilöffentlichkeiten Vertrauen und Verständnis zu gewinnen beziehungsweise auszubauen." (160)

Die Einführung von Öffentlichkeitsarbeit durch Unternehmen ist vor dem Hintergrund einer mit dem zuvor besprochenen Wertewandel verbundenen kritischeren Einstellung vieler Kommunikationspartner der Unternehmen gegenüber der herkömmlichen Werbung und Verkaufsförderung zu sehen: (161) "Allein eine ... 'Schönfärberei' ... reicht heute nicht mehr aus, um sich der Zustimmung und Unterstützung ... einer besorgten Öffentlichkeit zu versichern." (162) Unternehmen sind sowohl durch das Sanktionsinstrument der Abwanderung von Kunden als auch durch offen geäußerte Kritik von Bevölkerungsgruppen gegenüber Teilen der Wirtschaft gefährdet: (163) "einzelne Ansprechgruppen sind immer weniger bereit, die mangelnde Erfüllung ihrer Erwartungen und Forderungen stillschweigend hinzunehmen; sie melden vielmehr Widerspruch an und versuchen, ihr Anliegen in die Arena öffentlicher Diskussion zu bringen, was ihnen aufgrund ... kritischer Massenmedien ... auch gelingt." (164) Beides, die bereits erörterte zunehmende Gleichartigkeit der angebotenen Leistungsprogramme auf dem Markt und die verstärkt ablehnende Haltung gegenüber Großunternehmen in breiten Bevölkerungsschichten erfordern die ständige Kommunikation mit unterschiedlichen sozialen und gesellschaftlichen Gruppen. (165) Außerdem hängt es beispielsweise von der Pflege der Öffentlichkeitsarbeit durch die Betriebe ab, "ob Banken zusätzliche Kredite bewilligen, Kunden weitere Einkäufe tätigen, Lieferanten Vorauskasse verlangen." (166)

Über eine solche leistungsbezogene Kommunikation hinaus schließt Öffentlichkeitsarbeit vor allem institutionelle Kommunikation ein. Diese will bewirken, daß die Unternehmensposition einprägsam dargelegt (167) und mittels überzeugender Kommunikation eine Übereinstimmung hergestellt wird in den Erwartungen der Wirtschaft mit denen der Gesprächspartner. Endziel ist der Einklang von öffentlichem und privatem Interesse. (168)

Bei der Ausgestaltung der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen durch Literaturengagement ist für dessen erfolgreiche Durchführung eine weitgehende Einbindung der Literaturaktivitäten in die Gesamtkommunikation des Unternehmens sinnvoll, die bei den eigenen Mitarbeitern beginnt (169) und das gesamte Umfeld des Unternehmens einschließt. Allerdings kann Literaturförderung keine gesellschaftlichen Versäumnisse von Unternehmen überdecken. Der gegebenenfalls entstehende Alibiverdacht wäre eine ständige Herausforderung an die Glaubwürdigkeit eines handelnden Unternehmens. Autoren untersuchen aufgrund ihres Selbstverständnisses sämtliche Handlungen des Unternehmens peinlich genau und decken Widersprüche sofort auf. (170) Ebenso beobachten die Medien als Multiplikatoren der betrieblichen Öffentlichkeitsarbeit kritisch unternehmerisches Literaturengagement, was an anderer Stelle besprochen wird. (171) Unternehmen können einem Alibiverdacht zum Beispiel dadurch begegnen, daß sie keine mit den unternehmerischen Leistungsprogrammen unmittelbar zusammenhängende Aktivitäten unterstützen. (172)

Verschiedene Ausprägungen von Unterstützungspotentialen des Literaturengagements für die Öffentlichkeitsarbeit stehen im Vordergrund. (173) Innerhalb der leistungsbezogenen Kommunikation unterstreicht die Öffentlichkeitsarbeit andersgerichtete Gesprächsanstrengungen des Unternehmens als diejenigen der Werbung und Verkaufsförderung. So ermöglicht das Aufgreifen betriebseigener Literaturengagements Einstiege in geschäftliche Gespräche, ebenso bieten Literaturveranstaltungen "ein attraktives Umfeld, um mit ausgewählten Großkunden, Händlern, Bankenvertretern (et cetera) den Kontakt zu pflegen." (174) Ferner baut Literaturengagement negative Images (175) im Zusammenhang mit dem Unternehmen ab. Als Förderer will es wie ein "good corporate citizen" (176) dem Risiko einer ungünstigen Beeinflussung seines Rufes begegnen und Vertrauen in der Öffentlichkeit gewinnen.(177) Darüber hinaus ermöglicht Literaturengagement den Hinweis auf ein aktives gesellschaftliches Engagement des Unternehmens. Es bringt sich als Teil der Gesellschaft in repräsentativer Weise ins Gespräch. (178) Auf diese Weise sollen Engagements bei Meinungsbildnern und -multiplikatoren sowie Teilöffentlichkeiten im Umfeld des Unternehmens (179) einen Goodwill erzeugen. (180) Bei solcher Kontaktpflege wird der jeweils Engagierte versuchen, den Geförderten in die Öffentlichkeitsarbeit einzubeziehen, denn persönlicher Brückenschlag zwischen Unternehmensvertretern, Autoren und Unternehmensgästen ermöglicht es, die Literatur als Identität stiftende Kraft einzubeziehen. (181) Im Zusammenhang damit lassen sich Mißverständnisse zwischen den Beteiligten aufklären und unrichtige Beschuldigungen abwehren. Einseitigen Verantwortungszuweisungen, überzogenen Ansprüchen sowie einer verengten, zum Beispiel technisch-ökonomische Sachzwänge vernachlässigenden Problemperspektive kann entgegengetreten werden. (182)

Es ist festzuhalten: Öffentlichkeitsarbeit wird in Verbindung mit Literaturengagement von Betrieben aus unterschiedlichen Motivationen heraus gestaltet. In der unternehmerischen Praxis gibt es für ihre Durchführung zahlreiche Möglichkeiten, welche einer Erörterung bedürfen.

Literaturengagement als Öffentlichkeitsarbeit kann in Form von jedermann zugänglichen Literaturveranstaltungen betrieben werden. (183) Damit schnürt das Unternehmen nach außen und innen ein ganzes Bündel kommunikationswirksamer Bestandteile zusammen: es entfaltet unternehmerische Repräsentation, unterrichtet externe und interne Kommunikationspartner über sich selbst, (184) stimuliert das kollektive Gedächtnis und ermöglicht schließlich eine soziale und hierarchische Gliederungen übergreifende Geselligkeit. (185)

Ob eine solche breit orientierte Öffentlichkeitsarbeit als Angebot von Kommunikationspartnern des Unternehmens angenommen wird, bestimmen diese selbst. Die Aussicht auf eine Akzeptanz kann das Unternehmen erhöhen, wenn sein literarisches Angebot überzeugend ist. Dazu muß erstens über die Symbolhaftigkeit der Förderung Einhelligkeit herrschen; Sinn- und Symbolpflege müssen zusammenwirken. Das setzt keineswegs ein einheitliches Weltbild voraus, jedoch im Kernbereich übereinstimmende Wertvorstellungen: etwa über Gerechtigkeit und Wohlergehen des Betriebes. Zweitens ist von Vorteil, wenn das Einvernehmen die mit dem Literaturengagement verbundenen zentralen Gefühlswerte einschließt, etwa Hoffnung, Großherzigkeit. Verknüpfungen gegensätzlicher Gefühlswerte, wie Freigebigkeit und Sparsamkeit, sind einem Übereinkommen abträglich. Drittens bedarf ein Engagement der Inszenierung insbesondere durch Worte und Bilder. Schließlich sollten Literaturveranstaltungen über den Alltag erheben, um dadurch jedermann als vollwertigen Teilnehmer einzubinden. (186)

Als Beispiel für ein umfassendes Vorhaben seien die jährlichen Kulturwochen der Firma BASF genannt. Das Unternehmen stellt jedes Jahr einen Staat kulturell vor; 1971 und 1989 war das Großbritannien. Im Rahmen dieser Veranstaltungen wurde britische Literatur in Buchform zugänglich gemacht. Es wurden Lesungen gehalten und literaturwissenschaftliche Fachgespräche geführt. Die Veranstaltungen richteten sich an Mitarbeiter und Nachbarn des Unternehmens sowie deren Angehörige.

Ebenfalls auf ein breites Publikum, an die Kunden ihrer Betriebe, sind die Bemühungen der beiden Unternehmen im folgenden Fall abgestellt. Die Londoner Untergrundbahn Tube brachte für ihre Fahrgäste in den Untergrundbahnwagen Plakate mit Gedichten an, um damit ihr öffentliches Transportmittel mit Kultur zu verknüpfen und darüber hinaus gegenüber dem Individualverkehr aufzuwerten. Die

Idee wurde von der Firma Stuttgarter Straßenbahn aufgegriffen und erfolgreich nachgeahmt.(187)

Ferner können sich der Öffentlichkeitsarbeit dienende Veranstaltungen an ein gezielt ausgewähltes Publikum richten. Die Bayerische Vereinsbank betrachtet das gesamte Literaturengagement des Unternehmens als Teil seiner Öffentlichkeitsarbeit. Die Maßnahmen umfassen Lesungen, zu denen Kunden und Freunde der Bank sowie deren Mitarbeiter gezielt eingeladen werden. - Für die Allied Irish Bank (UK) wurden von der English Shakespeare Company im Gegenzug für eine Unterstützung Aufführungen veranstaltet. Die Bank lud über zweihundert Gäste ein; der Kreis umfaßte Kunden, Vertreter der örtlichen Prominenz und der Presse. Jeder Gast erhielt ein zur Veranstaltung passendes literarisches Werk aus einer limitierten Auflage geschenkt. (188)

Weiter ist der Fall möglich, daß die Kommunikation mit einem begrenzten, ausgewählten Publikum erst die Voraussetzung für eine breitenwirksame Öffentlichkeitsarbeit schafft, weil dieses Publikum Interesse weckt und damit zu gezielten Berichten der Medien über die Durchführung des Engagements und dessen Ergebnisse Anlaß gibt: Der Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände veranstaltete zusammen mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt ein Symposium mit dem Thema "Hält die Literatur mit der Wirklichkeit Schritt?". (189) Unmittelbarer Auslöser für die Veranstaltung war nach den Worten des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, daß er die Begegnung mit den Literaten in einer Zeit sucht, in der ein Anschwellen zentrifugaler Kräfte in der Gesellschaft zu beobachten ist. "Die Unternehmer, die sich oft als 'Ausbeuter' und 'Banausen' verteufelt sehen, wie ein ... Industrieller sagte, suchen mehr Verständnis für sich und ihre Gesellschaft. Einige fühlen sich offenkundig in der Literatur der Gegenwart unterrepräsentiert." (190) Gleichzeitig soll mit dem Engagement der Verdacht mancher gesellschaftlicher Gruppen überwunden werden, daß "die 'Produktionskraft Literatur' zum Lobe der neuen Wirklichkeiten von der Industrie in Dienst genommen werden" solle. (191) Der Rang der Tagungsteilnehmer, bekannter Vertreter des Literaturbetriebes, von Literaturwissenschaftlern sowie Unternehmern, bietet zusammen mit dem Ansehen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung die Gewähr dafür, daß über die Beziehung zwischen Unternehmen und Literaturbetrieb in der Öffentlichkeit gesprochen wird.

Das abschließende Beispiel bezieht die Gesprächspartner in die Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens als Teilnehmer ein. Darüber hinaus drückt hier Öffentlichkeitsarbeit die Befindlichkeit genau dieser Kommunikationspartner aus, führt also zu einem Dialog, verbindet Literatur und Betriebswirtschaftslehre und ist ein Zeitzeugnis gesellschaftlichen Wandels. Der Träger des Beispiels, die Zeitschrift Unicum, veranstaltete einen Literaturwettbewerb unter dem Leitmotiv "Unicum als Forum für literarisch interessierte und ambitionierte Studenten - das war von Beginn an Bestandteil des Unicum Konzepts." Der Verlag veröffentlichte anläßlich des zehnjährigen Bestehens "die Herausgabe einer Sammlung von Texten Studierender, um damit auch deren Standort zu dokumentieren." In Folge durften fünfzehn Teilnehmer gegen eine Gebühr von 160.- DM "an einem Literaturseminar teilnehmen, das mit der Bundesakademie für kulturelle Bildung durchgeführt wurde." (192)

5.4.3 Placements und absatzorientierte Produktgestaltung

Darstellungen in der Literatur vermögen auf die ästhetische Gestaltung von Industrieprodukten Einfluß zu nehmen und umgekehrt. Des weiteren ist der Einbau von Placements - der Begriff wird gleich erklärt - in vorhandenes oder entstehendes Schrifttum möglich. Beide Wege zur Steigerung des betrieblichen Absatzes werden im folgenden erörtert.

Produkt-Placement in ursprünglicher Form besteht in der gezielten Plazierung eines Markenartikels als reales Requisit in eine Filmhandlung, eine Fernsehsendung oder einen Videoclip, wobei die Marke für den Betrachter deutlich erkennbar ist. (193) Eine solche Ausgestaltung der unternehmerischen Kommunikationspolitik ist übertragbar auf literarische Erzeugnisse, wenn die leistungsmäßige beziehungsweise geldliche Unterstützung eines Literaturvorhabens durch das Unternehmen im Vordergrund steht. Es ist jedoch die Frage zu stellen, ob durch die Aufnahme eines Placements in ein Wortkunstwerk eine künstlerisch-literarische Leistung erbracht und somit von Literaturengagement gesprochen werden kann. Bei Placements wird den Autoren von den fördernden Unternehmen nämlich kaum eine künstlerische Gestaltungs- und Interpretationsfreiheit eingeräumt. Sie üben somit bei der Herstellung des Placements, im Gegensatz zum übrigen Werk, keine eigenschöpferische und künstlerische Tätigkeit aus. (194) Von Literaturengagement im Zusammenhang mit Produkt-Placement kann folglich nur im weiteren Sinne gesprochen werden, nämlich im Hinblick auf die Möglichkeit des Broterwerbs für Autoren durch das Schreiben neuer Werke zur Einbindung von Placements (195) und als Mittel zur Senkung von Buchverkaufspreisen, um einem wirtschaftlich schwach gestellten Leserkreis den Bucherwerb zu ermöglichen. Ein solches Produkt-Placement ist definierbar als die bewußte Einbeziehung eines Markenartikels in den Text eines literarischen Werkes oder in den Ablauf einer Literaturveranstaltung. Beides wird mit einem vorher festgelegten Geldbetrag des Artikelherstellers abgegolten.

Darüber hinaus sind weitere Formen des Placements zu unterscheiden: Beim Generic-Placement wird die Plazierung auf eine Produktart erweitert, zum Beispiel von einem Automodell auf Autos allgemein. Grundlage dieser Placementform, die in Literatur eingebettet werden kann, ist eine kooperative Kommunikationspolitik zwischen Unternehmen, etwa denen einer Branche. - Bei Issue-Placements wird eine Fragestellung, die in der Arena der gesellschaftlichen Diskussion steht, im Sinne des Förderers in Literatur eingearbeitet. (196) - Beim literaturbezogenen Image-Placement ist das Gesamtthema eines literarischen Werkes auf ein einziges Unternehmen oder nur ein Produkt oder eine Dienstleistung zugeschnitten. Besonders im Bereich der Comic-Literatur wird Image-Placement systematisch von Unternehmen eingesetzt. Die Volks- und Raiffeisenbanken geben über den Deutschen Genossenschaftsverlag die Zeitschrift "Marc und Penny - Abenteuer, Basteln, Malen, Rätselspaß" monatlich heraus. (197) Zielgruppe sind Kinder und Jugendliche, die somit in frühem Lebensalter an die Bank herangeführt und mit ihr vertraut gemacht werden sollen. In einer dieser Abenteuergeschichten liest das Mädchen Penny auf einer Wiese Gedichte. Kleine Tiere hören begeistert zu und schenken Penny ihre Haare. Aus diesem Haar webt Penny einen Stoff, den sie an einen Spekulaten verkauft. Dieser will den Stoff veredeln, zerstört ihn aber dabei. - Gedichte haben somit die Funktion persönlicher Erbauung; Spekulation führt zu finanziellem Ruin und zur Ausgrenzung in der Gesellschaft. Volksbanken machen also gemäß ihrem Imagesolgan für Kinder und Jugendliche im Hinblick auf ihr späteres Dasein den Weg frei, durch finanzielle Sicherheit ein glückliches, durch Lesekultur abgerundetes Leben zu führen. (198)

Die Placementformen und das Beispiel zeigen: Plazierungen können die Erwähnung eines Produktes bis hin zu dessen positiver Bewertung im literarischen Text oder während einer Literaturlesung umfassen. In fortlaufenden Textserien sind wiederholte Placements möglich. Doch auch ohne Wiederholungen besitzt in Literatur Plaziertes mehrere Kontaktchancen mit dem Leser: beim ersten Lesen des Werkes, bei der positiven Literaturkritik und schließlich bei der Verfilmung oder der Umschreibung eines literarischen Werkes zum Schauspiel. Als weitere Vorzüge dieser Kommunikationsart aus Betriebssicht ist eine positive Umfeldwirkung aufgrund der Integration des Produkt-Placements in ein literarisches Werk zu nennen. Vorteilhaft zu vermerken sind ferner das geringe Entgelt für den Autor oder den Verlag im Vergleich zur hergebrachten Werbung und die Inanspruchnahme eines Image-Transfers des erfolgreichen Autors zum Placement. Wird das Werk übersetzt, profitiert das fördernde Unternehmen erneut von seinem Engagement.

Diesen Kommunikationschancen stehen unterschiedliche Risiken für die engagierten Unternehmen gegenüber, welche in jedem Einzelfall neu geprüft und im Hinblick auf ihre Signifikanz gewichtet werden müssen. Grundsätzlich festzuhalten ist, daß eine dem Leser unbekannte werbliche Beeinflussung in Form eines Placements als Schleichwerbung bezeichnet werden muß. Außerdem besteht die Gefahr, daß das geförderte Werk den Erfolg auf dem Literaturmarkt verfehlt oder gar das Image des Unternehmens negativ beeinflußt. Prognosen über den geplanten kommunikativen Erfolg fehlen allein schon deshalb, weil ein Engagement in Form eines Placements in Literatur schwer mit anderen Placements vergleichbar ist, sowohl im Bezug zu weiteren im Literaturbereich und erst recht zu solchen in verschiedenartigen Kulturbereichen. Außerdem ist die Wirkung der Kommunikation bei Placements in Literatur sehr langfristig. Aufwendungen kommen somit dem Unternehmen oft erst in späteren Perioden zugute. Schließlich ist die Anzahl zum Placement geeigneter und in Entstehung befindlicher literarischer Werke beschränkt. Erschwerend kommt hinzu, daß förderwilligen Unternehmen oft unbekannt ist, wer solche Werke verfaßt.

In den vergangenen Dekaden entstanden literarische Werke mit Nennung von Markenartikeln, die in das literarische Geschehen eingebettet wurden. Beim Placement in der Filmindustrie werden gezahlte Entgelte häufig in Abrede gestellt, unter anderem, um "befürchtete Reaktanzen bei den Zuschauern aufgrund des Wissens von Produkt-Placement zu verhindern." (199) Diese Befürchtung muß auch bei Literatur gehegt werden; der Erfolg für Unternehmen und Autor würde ins Gegenteil verkehrt. Folglich ist unklar, wo die Nennung von Markenartikeln in literarischen Werken der letzten Jahre als ein literarisches Stilmittel eingesetzt wurde und wo sie ein Produkt-Placement darstellt.

Neben Placements kann Schriftgut, wie bereits erwähnt, auch mit Produkten verknüpft werden, das heißt deren Ästhetik beeinflussen, gelegentlich sogar mit Rückwirkungen auf die äußere Gestaltung der Fabrikate. Betriebe, die um den künstlerischen Wert ihrer Produkte besorgt sind, "ernten damit nicht nur Ruhm, Kultur zu fördern, sondern, was im kaufmännischen Leben fast immer gleichbedeutend ist, auch pekuniären Gewinn." (200) Darüber hinaus können die Erzeugnisse durch thematische Einbindung in die Literatur aufgewertet werden. Die Firma Daimler-Benz hat eine Anzeigenkampagne durchgeführt, in der Mercedes-Benz Personenkraftwagen im Zusammenhang mit Zitaten von Johann Wolfgang von Goethe und der Ergänzung Kunst bleibt Kunst vorgestellt wurden. (201) Der Rang der Fahrzeuge innerhalb des Automarktes soll in Bezug gesetzt werden zum Rang des größten deutschen Dichters der Klassik. Auch die Firma Windsor benutzt diese Technik. Ihren Textilprodukten drückt sie mit den Worten Hugo von Hoffannsthals eine Stilnote auf: "Der gute Geschmack ist die Fähigkeit, fortwährend der Übertreibung entgegenzuwirken." (202)

Die weitestgehende Verbindung von Literatur mit Industrieerzeugnissen stellt die Aufwertung eines Industrieproduktes zum eigenständigen Kunstwerk dar, wodurch der Wert und auch die Marktfähigkeit gesteigert werden können: Die vollkommensten Gebilde aus industrieller Produktion erfordern eine künstlerische Gestaltung. Der Künstler muß sein Können in eine technische Form übersetzen und darüber hinaus "auch Balance halten mit der Schönheit und Harmonie dieser oder jener technisch vollkommenen Gestaltung." (203) Ein solcher etwa für das Design eines Gegenstandes wichtige Aspekt spielt für den Bereich Literatur nurmehr eine theoretische Rolle. Doch die Idealvorstellung von Produkteigenschaften ist durch literarische Ästhetik beeinflußbar und somit Aufgabe von Literaturförderung. (204)

5.4.4 Corporate Identity

Eine klare begriffliche Einordnung der einzelnen Literaturförderprojekte in die Bereiche der Werbung, Verkaufsförderung und Öffentlichkeitsarbeit ist oft schwierig, da deren Methoden nur in einigen ihrer Merkmale unterscheidbar sind, in anderen dagegen einander berühren und überschneiden. (205) Erschwerend kommt hinzu, daß es in den letzten Jahren wegen jener Überschneidungen und zukunftsbezogener wissenschaftlicher Überlegungen zu dieser Problemstellung sprachliche Entwicklungen gegeben hat, die eine Zuordnung durch die Begriffsvielfalt komplizieren.

Der Einführung neuer Begriffe in der Ökonomik haftet die Gefahr an, daß Unternehmensmitarbeiter oder Wissenschaftler Gespräche durch die Schaffung solcher Begriffe auslösen, um allein aus dieser Veranlassung und ohne weiteres Handeln ihre Stellung gegenüber ihren Gesprächspartnern innerhalb der Unternehmen oder in wissenschaftlichen Fachkreisen zu verbessern. (206) Dennoch sprechen gute Gründe für eine selektive Erweiterung der bisher diskutierten Bereiche um den Begriff der Corporate Identity. Dadurch wird das Risiko vermindert, daß Förderprojekte mangels eindeutiger Begrifflichkeit unzureichend in ihrem vollen Umfang gewürdigt werden. Ferner könnte die wissenschaftliche Aufarbeitung von Literaturengagement nur eingeschränkt Hilfestellung für die betriebliche Praxis erbringen.

Corporate Identity stellt eine Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsarbeit dar. (207) Sie entstand aus der Notwendigkeit heraus, daß das Heranwachsen von multinationalen Unternehmensgesellschaften in den westlichen Staaten unter anderem dazu führte, ihren Nutzen für die Allgemeinheit zu bezweifeln. (208) Es ist etwa bei einem heterogenen Firmenimage unzureichend, positive Leistungen eines Unternehmens kommunikativ mittels Werbung und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit herauszustellen, insbesondere bei Unternehmensgruppen, die in mehreren Bereichen tätig sind. Unerwünschte Abweichungen zwischen dem Selbstbild der Unternehmung aus der Sicht des Managements und dem Eindruck, den die Mitarbeiter oder die interessierte Öffentlichkeit von dem Unternehmen haben, geben häufig den Anstoß zu Bemühungen um die Herstellung eines einheitlichen und prägnanten Unternehmensprofils. Es ist daher folgerichtig, daß Unternehmen nach einem glaubhaften, gesellschaftlich erwünschten gemeinsamen Profil suchen und Ziele sozialer Verantwortung wie Literaturengagement als Teil eines raison d'être in das Unternehmen zu integrieren versuchen. Die zu diesem Zweck unternommenen Anstrengungen dienen der Schaffung einer so bezeichneten Corporate Identity. Sie bedeutet die Ausrichtung des gesamten Erscheinungsbildes, Corporate Design, eines Betriebes, des Verhaltens aller Betriebsmitglieder, Corporate Behaviour, sowie der gesamten Unternehmenskommunikation, Corporate Communications, auf eine definierte Soll-Identity. (209)

Die Realisierung einer solchen Corporate Identity wird um so erfolgreicher sein, je mehr sie von sozial verantwortlichem Handeln nach innen und außen im langfristigen strategischen Zeitraum geprägt ist. (210) Es können beispielsweise die Einbände von geförderter Literatur in den Unternehmensfarben gestaltet werden. Als weitere Anhaltspunkte für eine Corporate Identity sind zu nennen: Die geförderte Literatur sollte mit den Leitlinien der Unternehmenskommunikation übereinstimmen, und ein in Literatur engagiertes Unternehmen sollte möglichst viele seiner Mitarbeiter zum Lesen motivieren. Literatur kann allerdings im Rahmen einer Corporate Identity aus ihrer Natur heraus als eine Form der Kunst, die nicht instrumentalisiert werden darf, nur eine Ergänzung darstellen. Aus diesem Grunde ist sie in Beispielen, die das Literaturengagement betreffen, nur als ein Randmotiv darstellbar, wie die beiden unten geschilderten Fälle belegen.

Die Überlegungen in diesem Hauptkapitel zeigen, daß Kommunikationsziele mit Hilfe absatzwirtschaftlichen Literaturengagements im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Technik erreichbar sind. Andererseits können umfassende unternehmerische Kontakte durch die erörterten betrieblichen Kommunikationsinstrumente allein schwer adäquat erreicht werden. Aus absatzwirtschaftlicher Sicht gewährleistet eine bestmögliche Wirkung auf allen Kommunikationsebenen die gleichzeitige Integration von Literaturengagement in Werbung, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit und Placement unter Berücksichtigung einer Corporate Identity.(211) Genau dies verdeutlichen abschließend, wenngleich mit unterschiedlichem Schwerpunkt, die beiden Praxisfälle von Literaturförderung aus dem Blickwinkel engagierter Unternehmen.

Die Firma Mobil Oil Company (UK) strebt unter Berücksichtigung ihres Bekanntheitsgrades eine Verdeutlichung ihrer Imagepositionierung an, was die gerade erörterte Verknüpfung von betrieblichen Kommunikationsebenen erfordert. Das Unternehmen fördert in diesem Zusammenhang "the arts ... in order to enhance and sustain awareness of the company among a wide range of local and national opinion leaders."

Dieses Basisziel wurde unter anderem durch Literaturengagement mit Öffentlichkeitsarbeit und Corporate Identity als Schwerpunkten und unter Ausschluß von Verkaufsförderung sowie Placements verfolgt: Der Direktor des Royal Exchange Theatre aus Manchester fragte bei dem Vorstandsvorsitzenden von Mobil (UK) an, ob das Unternehmen ein Engagement bezüglich eines nationalen Wettbewerbs für Dramen, den das Theater durchzuführen beabsichtigt, in Erwägung ziehen würde. Die Vorteile für das Unternehmen bestünden insbesondere in "the reputation of the Royal Exchange Theatre; the opportunity for publicity; the fact that the competition would be breaking new ground; and because Mobil's support enabled the project to take place."

Mobil griff den Vorschlag auf und erhöhte das Preisgeld deutlich auf 21,000 Pfund, um die Bedeutung des Wettbewerbes zu betonen und Künstler von höchstem international anerkannten Renommee zur Teilnahme zu bewegen. Außerdem übernahm das Unternehmen eine Hauptrolle bei der Bekanntmachung der Ausschreibung. Die Öffentlichkeit wurde über den Wettbewerb in der britischen Presse durch Anzeigen informiert, was zu 6000 Anfragen aus 32 Ländern führte. Flugblätter wurden an Theatern, Hochschulen und in Büchereien im ganzen Land verbreitet. Diese Anstrengungen führten zum Gewinn eines BSIS-Preises (212) der britischen Regierung über die Summe von 20.000 Pfund, die dazu verwendet wurde, den Bekanntheitsgrad der Ausschreibung weiter zu erhöhen.

Der offizielle Teil des Wettbewerbs wurde mit einer Pressekonferenz im Savoy Hotel eröffnet. Diesen Rahmen hatte man gewählt, um einerseits das hohe Profil des Engagements in der Öffentlichkeit aufzuzeigen und zu verdeutlichen sowie andererseits dem Royal Exchange Theatre eine Darstellungsmöglichkeit in London zu ermöglichen.

Aus über 2.000 Eingaben aus 14 Ländern wurden von einer Gruppe von 40 Helfern 33 Dramen ausgewählt, die einem Preisgericht unter der Leitung von Melvyn Bragg vorgelegt wurden. Die Juroren entschieden, daß die Breite der qualitativ herausragenden Schauspiele sechs statt der geplanten vier Preise rechtfertige. Mobil sagte deshalb zu, dafür das Gesamtpreisgeld auf 23.000 Pfund zu erhöhen. (213)

Als Ergebnis glaubt Mobil, "that the (Engagement) was a success, with the substancial number of international entries and the high calibre of the plays generating considerable media interest, both in the competition and in Mobil's involvement. Further endorsement and media coverage is obtained from performances of prize-winning plays, in the United Kingdom and abroad, after the competitions and in Mobil's involvement. A notable example, 'Winding the Ball' by Alex Finlayson, was performed at the Royal Exchange Theatre, and received 18 reviews of which 16 mentioned Mobil. (214)

Ebenfalls breite Kommunikationsziele mittels Literaturengagement verfolgt die Firma Salamander. Ausgangspunkt ist die Kreation einer Figur in Gestalt eines Feuersalamanders namens Lurchi, dem Markenzeichen des Unternehmens, der, aufrecht in Salamander-Schuhen durchs Leben gehend, Abenteuer erlebt. Seine Erlebnisse erscheinen als Bildergeschichten in Heftchen, die kostenlos in Salamander-Schuhgeschäften verteilt werden. (215) Sie sollen den Nachwuchs in Schuhgeschäften unterhalten, damit die Eltern während des Schuhkaufs ungestört sind. Dadurch wird die Bindung der Kinder und damit ihrer Eltern an Salamander-Geschäfte etabliert beziehungsweise stabilisiert. Die Heftchen sind hauptsächlich in den Firmenfarben grün-gelb (216) ausgestaltet. Bis heute wurden über 100 verschiedene Heftchen mit einer Auflage von etwa einer Million pro Heft herausgebracht. Im Zusammenhang mit der Figur Lurchi wurden weitere Produkte zur Kommunikation entwickelt, unter anderem fünf Bücher, die sämtliche Lurchi-Abenteuer enthalten.

Dieses Beispiel der Firma Salamander verdeutlicht über die bereits erörterte gleichzeitige Integration von Literaturengagement in Werbung, Öffentlichkeitsarbeit, Placement und Berücksichtigung einer Corporate Identity hinaus die Verknüpfung(217) von leistungsbezogener Kommunikation ("Lurchi verteilt die Baderinge, die auch von Salamander sind. Und jeder freut sich wie ein Kind.") mit imagebezogener Kommunikation, bequeme, qualitativ hochwertige Schuhe betreffend ("Und was am Fuße höchst bequem, wirkt hier am Kopf unangenehm."), und kontextbezogener, auf das unternehmerische Umfeld gerichteter Kommunikation ("'Halt', heult die Kröte, 'bitte nein! Ich sehe meine Schuld ja ein! Ich tu' Dir jeglichen Gefallen. Das Bad hier, das gehört jetzt allen!'"). Hier macht der Betrieb den Versuch, die Kinder zu verantwortungsvollen Bürgern zu erziehen, welche die soziale Marktwirtschaft mittragen, von der das Unternehmen wirtschaftlich abhängig ist. (218)

Der zuletzt diskutierte Bezug zwischen Lurchi und der Gesellschaft leitet gleichzeitig über zum nächsten Hauptkapitel, dessen Gedanken auf Literaturengagement aus gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten fokussiert sind.

Fußnoten zu Kapitel 5


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