MATEO - Mannheimer Texte Online

2 Motivationen und Denkhaltungen für unternehmerisches Literaturengagement

Dieses Hauptkapitel enthält zunächst einen Überblick über die Rahmenbedingungen für Literaturengagement in Deutschland und England. Im zweiten Abschnitt geht es um Ziele von Unternehmen im Zusammenhang mit betrieblicher Literaturförderung.(1) Davon ausgehend enthält der dritte Teil im Hinblick auf Literaturengagement Überlegungen, die wirtschaftsorientierte, steuerrechtliche und kulturwissenschaftliche Texte betreffen. Auf dieser Basis werden Kriterien entwickelt, durch die Engagement den beiden Denkhaltungen Literaturmäzenatentum und Literatursponsoring zugeordnet werden können.

2.1 Stand des Literaturengagements in Deutschland und England

Literaturengagement gleich welcher Art entsteht keinesfalls für sich allein, vielmehr ist es aus einem Gesamtzusammenhang heraus zu verstehen. Ganz allgemein ausgedrückt entspricht der Rahmen für Literaturförderung in Deutschland und England dem Entwurf des Kulturstaates. (2) "Kulturstaatlichkeit setzt Freiheit und Vielfalt des kulturellen Geschehens voraus und fordert, daß der Staat diese Freiheit und Vielfalt schützt und fördert." (3) Dazu gehören vor allem die Freiheit der Kunst und das Recht auf freie Meinungsäußerung. Kulturpolitisch setzt die Entwicklung von Literatur im besonderen den Schutz geistiger Arbeit durch ein Urheberrecht, ein autorenfreundliches Steuerrecht sowie die soziale Sicherung von Autoren voraus. (4) Folglich enthält der Begriff Kulturstaat einen Zielkonflikt in Gestalt der Doppelrolle des Staates als Regulativ und Förderer zugleich. Tritt der Staat als Förderer auf, ist zu fragen, welche Merkmale der Literatur eigen sind, die sie vor anderen Gütern auszeichnet und Unterstützungsmaßnahmen der Öffentlichen Hand rechtfertigt. Als Antwort kann für literarisches Engagement die Existenz einer allerdings nicht monetär bewertbaren sozialen Rentabilität behauptet und als politisches Postulat begründet und bestätigt werden. (5) Das geschieht in Deutschland und England unter Berufung auf die Bedeutung und den Wert der Kulturstaatlichkeit, doch werden unterschiedliche Lösungsansätze für staatliche Förderung gewählt.

In Deutschland wird Kulturförderung dezentral auf allen Ebenen der Gebietskörperschaften betrieben. (6) Sie tragen zusammen den Hauptteil der deutschen Literaturförderung. (7) Über diese Anstrengungen der Öffentlichen Hand hinaus greift die deutsche Bundesregierung den Gedanken des privaten Kulturengagements auf und wirbt in der Öffentlichkeit im allgemeinen beziehungsweise bei Unternehmen im besonderen für die Literaturförderung: (8) "Staatliche Hilfe allein reicht für ein Gedeihen von Kunst und Kultur keineswegs aus. Die Bundesregierung ermutigt daher private (Förderung)." (9) Die Wirtschaft wird aufgefordert, "unmittelbares Engagement für Kunst und Kultur nicht nur als 'freies' Mäzenatentum, sondern ebenso als wirtschaftlich lohnendes, gesundem Eigeninteresse dienendes Handeln anzusehen." (10)

Zwar wird auch in England beim Engagement für Literatur die soziale Rentabilität als Voraussetzung für deren Förderung durch die Politik berücksichtigt. Jedoch fordert die Regierung im Gegensatz zu Deutschland nachdrücklich zum privaten Engagement auf. So soll der Arts Council of Great Britain (11), welcher die staatlichen Gelder für Kulturförderung verwaltet, "die Subventionen mit der Möglichkeit verbinden, private Geldquellen vor Ort anzapfen zu können." (12) Diese Feststellung läßt ahnen, daß der britische Staat an seine finanziellen Grenzen für Kulturförderung gestoßen ist. (13) Das gilt für Deutschland in ähnlicher Weise. (14) Grund dafür ist die Steigerung von Qualität und Quantität künstlerischer Aktivitäten. Gleichzeitig bekunden breitere Bevölkerungsschichten kulturelles Interesse. (15) Dem wachsenden Geldbedarf für Kunst stehen steigende Fehlbeträge der Staatshaushalte in Westeuropa gegenüber. Während jedoch im föderativen Deutschland eine nationale Kulturpolitik zur Lösung dieser Probleme unerwünscht ist, setzt die englische Zentralregierung gesamtstaatliche Akzente: (16) "Margaret Thatcher, au nom de la politique d'austérité, réduit le financement public des arts en terms réels, alors que les arts traversent déjà une passe difficile en raison de la récession. Le contributable britannique ne consacre plus aujourd'hui que l'équivalent de 5 Francs par an à la culture, contre 70 Francs à l'Allemand de l'Ouest. Il en découle une extension du financement privé." (17) Eine solche Kulturpolitik beruht auf der Überzeugung, daß Literatur aus wirtschaftlicher Sicht ein Gut ist wie andere auch, das nach Maßgabe der individuellen Bedürfnisse produziert und konsumiert wird. Die freien, rationalen Handlungen der Individuen und deren Agieren an Märkten sorgen für die optimale Anpassung des Ressourceneinsatzes an die Konsumentenwünsche, (18) solange keine Störungen auf dem Markt eintreten. Marktfremde Eingriffe durch den Staat sind danach kontraproduktiv für die Erzeugung und Verbreitung von Literatur. Mögliche Fehlentscheidungen dieser Art im Hinblick auf die Literaturförderung in Westeuropa erwähnt Konrad Adam: "Haushaltsmittel verraten zwar einiges über die Begehrlichkeit des Empfängers, aber nur wenig über seine Leistung. Die großen Gewinner der Expansionsbewegung waren sicher nicht die Künstler selbst, sondern die ... Stäbe, Dezernenten und Bürovorstände. Sie benutzen die kulturelle Szene als eine Bühne, die ihnen selber einen guten Auftritt schafft. Auf diese Weise ist ein ziemlich neues Phänomen entstanden: die öffentlich dotierte Kultur ohne allgemeines Interesse. Das hektische Geschäft der Öffentlichkeitsarbeiter beweist ja nur, daß sie das Publikum, um das sie werben, irgendwann verloren haben." (19) Die britische Regierung möchte angesichts dieser Situation die wirtschaftliche Position der Autoren einerseits dadurch verbessern, daß sie hinsichtlich einer Selbstvermarktung ihrer Werke geschult werden, und andererseits dadurch, daß die Förderung von Literatur durch den Privatsektor angekurbelt wird: (20) "The government considers that the private sector ought to play a larger role in arts funding and it is encouraging the arts to secure private funding from all available sources, including business sponsorship." (21) Der Erfolg solcher staatlichen Bemühungen ist aber begrenzt. Nach einer Untersuchung des oben erwähnten Arts Council macht die Förderung der Kunst durch Unternehmen nur drei Prozent der insgesamt dafür aufgewandten Geldmittel auf der Insel aus: auch in England ist der Staat der bedeutendste Kulturförderer, wenngleich in geringerem Umfang als in Deutschland. (22) Vor diesem Hintergrund ist der folgende Kommentar von Victor Head als Wunsch zu verstehen. Er bezeichnet die englische Förderstruktur von Kultur als "a reflection of the British way of doing things that the funding of the arts in the United Kingdom should be such a mixture of the official and the unofficial. Government subsidy, ungenerous by comparison with that in many other countries, is barely enough to maintain existing standards and leaves little for expansion or development, hence the constant search for additional help from commercial sponsors." (23) Damit beschreibt Head eine grundlegende Rollenverteilung zwischen Staat, Unternehmen sowie anderen privaten Trägern, die auch für Deutschland gilt und Grundlage der weiteren Überlegungen ist: Der Staat kümmert sich um Angelegenheiten von allgemeinem Interesse. Die von Bürgern getragenen und betriebenen Unternehmen engagieren sich für öffentliche Belange in ihrem Einzugsbereich, in dem sie aufgrund des persönlichen Einsatzes ihrer Vertreter sachverständiger sind als bürokratische Sachwalter. Außerdem übernehmen die Mitarbeiter von Betrieben auf deren Kosten Bürgerpflichten, ohne daß ihnen der Staat selbst ein Gehalt zahlen muß. (24) Der Staat nimmt auf diese Weise die Unternehmen in die Pflicht bei der Staatszielvollstreckung.

Zieht sich allerdings der Staat nach Entstehen eines privaten Engagements aus der Verantwortung zurück, hemmt das die Entwicklung der Kulturförderung, auch durch Unternehmen, wie das Beispiel des Business Sponsorship Incentive Scheme in England zeigt. Dessen später zu erörterndes Programm wurde zur Unterstützung betrieblichen Engagements als staatlicher Fonds ins Leben gerufen, um private Gelder für kulturelle Zwecke zu gewinnen. (25) Als Folge davon werden "unter Berufung auf diese Geldquellen ... die öffentlichen Subventionen in Großbritannien gekürzt und die Kunsteinrichtungen auf private Förderungsmöglichkeiten verwiesen". (26) Die Äußerung des Ministers for the Arts, Mr. John Stevas, "spiegelte die Regierungspolitik durch seinen Vorschlag wider, daß ein finanzielles Überleben der Kunst die Aufgabe der Geschäftswelt sei." (27) Die Wirtschaft soll eine "new subindustry" (28) schaffen. Dem widersprach der Direktor dieses Fonds, Colin Tweedy, entschieden. Der dadurch ausgelöste Widerstand der engagierten Unternehmen "war wesentlich wirkungsvoller als die Beschwerden der Kunstinstitutionen über ihre Unterfinanzierung, weshalb der Arts Minister schnell mehr Geld zur Verfügung stellte." (29)

Die bisher bekannt gewordenen quantitativen Wertungen des Literaturengagements sind jedoch nur geschätzt, denn beim Versuch einer Erhebung von exakten Daten zeigen sich insbesondere bei Unternehmen Probleme. (30) Wird mit einer gezielten Befragung bei den Betrieben angesetzt, entstehen Schwierigkeiten: Jedes angesprochene Unternehmen grenzt Literaturengagement anders ab, weil dieses von den Betrieben aus verschiedenartigen Motivationen durchgeführt wird und gleichzeitig eine allgemein akzeptierte Unterscheidung von Mäzenatentum und Sponsoring fehlt.(31) Ferner kann sich bei einer solchen Untersuchung verfälschend auswirken, daß Unternehmen im stillen Engagements durchführen, wofür es unterschiedliche Gründe gibt. Wegen der Mitbewerber möchten einige Betriebe keine Zahlen nennen, die Einzelheiten über ihr Engagement enthüllen könnten, oder Diskussionen in der Öffentlichkeit vermeiden. Andere Betriebe wollen bei aufwendigen Fördervorhaben Kapitalgeber und Mitarbeiter über die Höhe der Ausgaben im unklaren lassen. (32) Auch ist Stillschweigen erwünscht, wenn der Förderbetrag im Verhältnis zur öffentlichen Resonanz auf eine Unterstützung sehr klein ist. (33)

Wird bei einer gezielten Erhebung von den Geförderten ausgegangen, entstehen ebenfalls Schwierigkeiten. Eine umfassende Ermittlung der vielen Kleinempfänger ist unmöglich. Die bisher erstellten Statistiken über Kunstförderung sind daher keinesfalls repräsentativ. (34) Bei Verwendung von Sekundärdaten in dieser Untersuchung würden systemimmanente Probleme entstehen. Wissenschaftliche Folgerungen aus den vorhandenen empirischen Ergebnissen sind nur unter Einbeziehung der Prämissen für die jeweiligen Studien möglich. Die Verschiedenartigkeit der Prämissen für jede dieser Untersuchungen schließt deren Vergleich aus. Weiter beziehen sich die Statistiken ganz allgemein auf Kulturförderung oder auf company support to charity. Die lineare Übertragung der Ergebnisse von Kulturförderungsstatistiken auf das Literaturengagement würde somit spekulative Züge tragen. Davon abgesehen sind für England als Teil des Vereinten Königreiches keine Zahlen veröffentlicht. (35)

Ein weiterer Grund spricht dagegen, die vorliegende Untersuchung über betriebliches Literaturengagement auf statistisch ermittelten Primärdaten aufzubauen. Aus der Grundgesamtheit der in einer Statistik erfaßbaren Unternehmen müßte nämlich eine große Zahl von zufällig ausgewählten Unternehmen aller Größenordnungen als unabhängige Zufallsvariablen zugrunde gelegt werden, da nur mittels eines großen Stichprobenumfangs eine kleine Varianz der Stichprobe ermöglicht werden kann. Das wäre die Voraussetzung für ein aussagekräftiges Ergebnis. (36) Literaturengagement wird jedoch durch eine begrenzte Anzahl von Unternehmen unabhängig von Branchenzugehörigkeit und Größenordnung durchgeführt. (37) Somit ist eine statistische Untersuchung unternehmerischen Literaturengagements betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll.

In dieser Arbeit wird Literaturengagement deshalb aus einer Perspektive untersucht, die wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtungsweisen entspricht. Ganz allgemein und als Struktur der Vorgehensweise formuliert: Aus Einzelbeobachtungen über das Literaturengagement vieler Unternehmen sollen typische Engagementmerkmale gewonnen werden. Auf ihnen aufbauend werden für Literaturförderung bedeutsame Abhängigkeiten und Zusammenhänge erklärt. Das geschieht durch gedankliche Abtrennung einzelner dafür relevanter Beziehungen aus dem vielschichtigen Betriebszusammenhang. Diese Beziehungen erlauben es dann, durch logisches Schließen Urteile hinsichtlich des Literaturengagements zu fällen. Dabei ist stets zu berücksichtigen, daß Literatur als eine Form der Kunst und ebenso Literaturförderung mit menschlichem Verhalten ursächlich verknüpft sind. Die Ergebnisse können im Rahmen der Gestaltung des Betriebsprozesses beim Treffen von Entscheidungen für Literaturengagement dazu beitragen, bestimmte Unternehmensziele zu verwirklichen. (38) Im folgenden wird geprüft, welchen grundsätzlichen Zielsetzungen Literaturengagement dienen kann.

2.2 Literaturengagement als Teil unternehmerischer Zielsysteme

Wie die bisherigen Überlegungen zeigen, kann der Staat Literaturförderung mit deren sozialer Rentabilität begründen und sie damit politisch als Ziel vertreten. Entsprechend müssen Unternehmen, die sich zu Literaturengagement veranlaßt sehen, dieses in ihr betriebswirtschaftliches Zielsystem einordnen. Welche ökonomischen Ziele gibt es, und welche stehen mit Literaturengagement in positiver Wechselwirkung?

Zur Beantwortung der ersten Frage wird von der Entscheidungslogik ausgegangen. Bei ihrer Deutung als einer Logik der Imperative, also der Pflichtgebote, lassen sich im Rahmen eines entscheidungslogischen Kalküls Pflichtgebote ableiten, die bestimmte Handlungen vorschreiben. Die Prämissen dieser Ableitungen sind einerseits Aussagen über zur Verfügung stehende Wahlmöglichkeiten, die Umwelt und die zur Voraussage der Folgerungen bedeutsamen, aus Erfahrung gewonnenen Gesetzmäßigkeiten. Andererseits enthalten sie Pflichtgebote genereller Art. Es erscheint zweckmäßig, unter dem Zielbegriff alle fordernden Prämissen entscheidungslogischer Kalküle zusammenzufassen. Ziele sind somit generelle Pflichtgebote und andere Prämissen, die menschliche Entscheidungen festlegen. (39)

Dieser Zielbegriff (40) kommt der Begründung für unternehmerisches Literaturengagement entgegen: er schließt eine Fülle ungleichartiger Sachverhalte ein. "Menschliche Zwecke und Motive, soziale Normen, ethische Grundsätze und kulturelle Werte können Inhalte dieses Begriffes sein, sofern sie nur eine eindeutige Formulierung als Prämissen eines Entscheidungsmodells erfahren." (41) Die Zielvorstellungen beruhen auf der Entschlußkraft von Führungspersönlichkeiten der Wirtschaft. Diesem Personenkreis gehören Eigentümerunternehmer sowie von Kapitalgebern bevollmächtigte Geschäftsführerunternehmer an. Ihre unternehmerischen Antriebskräfte offenbaren sich in einer Vielzahl unterschiedlicher Zielgrößen. Besonders typisch sind, durch jeden einzelnen Betrieb anders gewichtet, folgende Unternehmerziele: Gewinnstreben, Umsatzstreben, Wirtschaftlichkeitsstreben, Sicherung des Unternehmenspotentials, Sicherung der Liquidität, Unabhängigkeits- und Vereinigungsstreben, Prestigestreben, Machtstreben sowie ethische und soziale Bestrebungen. (42) Der unmittelbare Einfluß von Literaturengagement auf monetäre Zahlungsströme und bewertete produzierte Güter (43) ist wegen der normalerweise geringen dafür vom Unternehmen aufgewendeten finanziellen Mittel zu vernachlässigen. Hingegen sind Beziehungen von Literaturförderung zu nichtmonetären Zielen erkennbar. Deshalb werden das Prestigestreben, das Machtstreben sowie ethische und soziale Bestrebungen als Gründe für Literaturengagement genauer untersucht.

Prestigestreben entspricht einem Grundzug der menschlichen Persönlichkeit. Es äußert sich als Verlangen, im Werturteil der Mitwelt einen möglichst hohen Rang einzunehmen. Als Geltungswerte fallen "Beachtung, Beifall, Ruhm, Ehre, Anerkennung, Bewunderung und Respekt" (44) ins Gewicht. Der Unternehmer möchte innerhalb seiner gesellschaftlichen Gruppe eine geachtete und von den anderen Gruppenmitgliedern anerkannte Stellung einnehmen. Mit dem Streben nach Ansehen verbunden ist der Wunsch, innerhalb der sozialen Schichtung der Gesellschaft aufzusteigen. Ein Nebeneffekt von Prestige sowohl von Unternehmern als auch Betrieben ist die leichtere Bewältigung ökonomischer Aufgaben. Prestige vereinfacht zum Beispiel einem Unternehmen die Beschaffung von Kapital und Arbeitskräften und verhilft so zu einer besseren Marktstellung.

Machtstreben drückt sich in dem Verlangen aus, andere Menschen im Sinne eigener Interessen zu beeinflussen, zu kontrollieren oder zu beherrschen. Es wirkt damit als eine grundlegende Antriebskraft unternehmerischen Handelns. Machtstreben kann von der Unternehmensleitung insgesamt ausgehen und dann in dem Verlangen bestehen, monopolistische Marktstellungen zu schaffen. Machtstreben einzelner Unternehmer befriedigt den persönlichen Geltungstrieb und den Wunsch, die eigenen Absichten im Unternehmen durchzusetzen: "Als persönliches Machtstreben lassen sich die Bemühungen um Autorität gegenüber Untergebenen sowie um Herrschaft über bedeutende Vermögenswerte kennzeichnen. Es kann von jener kleinlichen Lust am Kommandieren, die sich nur im unmittelbaren betrieblichen Bereich auswirkt, bis zu einem gesellschaftlich bedeutsamen Ausmaß reichen, das oft über eine konzentrierte Wirtschaftsmacht zur Durchsetzung außerökonomischer Ziele benutzt wird." (45)

Beide, Prestige- und Machtstreben, erweisen sich in der Geschäftswelt als fundamentale Triebkräfte, die weitgehend gesellschaftlich instrumentalisiert sind. Diese Kräfte können, wie noch darzulegen ist, durch Literaturengagement unterstützt werden. (46)

Auch ethische und soziale Bestrebungen spielen bei unternehmerischen Planungen eine wichtige Rolle, wenngleich sie sich keineswegs durch ein eindeutiges geldliches Äquivalent ausdrücken lassen. Sie finden in ökonomischen Wahlsituationen in vielfältiger Form Berücksichtigung.

Wirtschaftliches Handeln nach ethischen Prinzipien verlangt von den Mitarbeitern eines Betriebes die konsequente Beachtung der sittlichen Werte des Kulturkreises, dem die leitenden Unternehmer angehören. Ethische Prinzipien können in zweifacher Form als eigenständige unternehmerische Antriebskräfte auftreten. Einerseits sind individuell-ethisch motivierte Verhaltensweisen mit der persönlichen Überzeugung des Unternehmers verknüpft: Der an Literatur interessierte Manager findet Gefallen an den Werken zum Beispiel eines Nachwuchsautors, den er fördern möchte. Andererseits gehen ethisch begründbare Verhaltensweisen oft auf gesellschaftlich institutionalisierte Normen zurück. Die Gesellschaft beeinflußt den einzelnen dahingehend, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen, auch wenn es sich keineswegs mit seiner eigenen Überzeugung deckt. "Man kann aus diesem Grunde nicht von der Ethik absehen; ethische Prinzipien der Gesellschaft beeinflussen unvermeidbar die Verhaltensweisen der Unternehmer." (47)

Eine Sonderform ethischer Prinzipien sind soziale Bestrebungen. (48) Handeln in sozialer Verantwortung kennzeichnet viele Unternehmensentscheidungen. Der Unternehmer muß sie vor sich selbst verantworten können. Aber auch die Öffentlichkeit verlangt eine Rechtfertigung und Übereinstimmung mit ihrem Kodex. Durch diesen Gleichklang wird das bereits erwähnte Prestige eines Unternehmens gefördert. Indirekt werden erwerbswirtschaftliche Ziele tangiert. Im Vordergrund steht der Wunsch, die Lage der Mitarbeiter und ihr soziales Umfeld zu verbessern, wozu Literaturengagement beitragen kann. Das werden die Ausführungen des übernächsten Hauptkapitels belegen. (49)

Über diese Grundüberlegungen hinaus werden ständig zahlreiche Modelle eines allgemeingültigen Zielsystems für Unternehmen entworfen. Um Literaturengagement in die Zielsetzung eines Unternehmens einzuordnen, liegt vor allem eine Mittel-Zweck-Betrachtung nahe. (50) Edmund Heinen hat ein darauf beruhendes induktiv orientiertes Mittel-Zweck-Schema entwickelt. Er wählt die Eigenkapitalrentabilität als Oberziel. Die nachfolgenden Ziele ergeben sich aus deren definitionslogischen Beziehungen und sind Zwischen- und Unterziele; zwischen Suboptimierungszielen kann es zu Spannungen kommen. Er geht davon aus, daß für ein Unternehmen mittels Absatz- und Produktionssteigerung ein höherer Umsatz und eine bessere Wirtschaftlichkeit angestrebt werden. Beide Ziele sind mit Gewinnstreben (51) verbunden. Dessen Realisierung hat einen positiven Effekt auf Kapitalerhaltung, Liquiditätssicherung und Eigenkapitalrentabilität(52). Letztere erlaubt wiederum im Sinne des Betriebes Unabhängigkeit, Prestige und Machtsteigerung sowie die Möglichkeit einer Verwirklichung seiner sozialen Prinzipien. (53) Dieses Zielsystem verdeutlicht, daß neben rationalen betriebswirtschaftlichen auch andere Ziele, zum Beispiel soziale Prinzipien, Prestige und Machtsteigerung, die in einem besonders intensiven Bezug zur Literaturförderung stehen, in Unternehmen einen herausragenden Platz einnehmen. (54) Sylvère Piquet unterstreicht diese Feststellung: "Une action de sponsoring ou de mécénat n'est pas toujours fondée sur une démarche rationelle de l'entreprise. ... Il faut citer les motivations individuelles, parfois irrationelles, d'un dirigeant; elles sont aggravées par la personnalité des "chasseurs" de budgets, le hasard des rencontres, l'inexpérience éventuelle de l'annonceur dans le domaine des arts, l'insuffisance des moyens financiers, l'imprévision des dirigeants, les préjugés et les réticences des partenaires sociaux dans l'entreprise." (55)

Somit stehen bei der Betrachtung von unternehmerischem Literaturengagement ökonomisch scheinbar irrationale, individuelle Motivationen an zentraler Stelle. Durch betriebswirtschaftliche Methodik können sie verständlich gemacht und in unternehmerisches Geschehen eingeordnet werden. Darüber hinaus findet dieser scheinbare Widerstreit eine Auflösung im menschlichen Verhalten: Austauschprozesse vollziehen sich im Bezugsrahmen des Strebens nach erwarteten oder vorweggenommenen Belohnungen einerseits und nach Vermeidung von Bestrafungen andererseits in Form von Gratifikationen als maßgeblichen Antriebskräften. Diese Vorgänge finden daher nur dann statt, wenn ein Austausch den beteiligten Parteien nutzt. (56)

Der Gedanke der Gratifikation läßt sich mit dem Gedanken der Knappheit verbinden und dadurch genauer bestimmen: "Demnach erhalten all jene Aspekte oder Objekte einen hohen Wert, die knapp sind beziehungsweise als knapp wahrgenommen werden." (57) Güter werden also nur dann zum Tauschgegenstand, wenn sie rar sind. So verstanden spiegelt Literaturengagement eine Antwort auf ein wie auch immer geartetes Knappheitsverhältnis wider. Unter dessen Berücksichtigung kann der Literaturförderer mit seinem Handeln unterschiedliche Belohnungsformen für sich anstreben. Damit ist die Förderung mit einer Gegenleistung verknüpfbar. Ein solcher Austausch ist unter Umständen auch in nichtmonetärer Weise umsetzbar, indem etwa ein geförderter Autor ein literarisches Werk erstellt, das dem Betrieb nutzt. Ferner können die Austauschprozesse in Form stellvertretender Belohnungen stattfinden. Als Beispiel genannt sei ein Vertragsabschluß mit einem literaturbegeisterten Kunden, der vom Engagement des Unternehmens für seinen Lieblingsautor beeindruckt ist. Schließlich ist es möglich, daß der Austauschprozeß sich "ohne Partnerbezug ausschließlich im Insystem des Individuums" vollzieht. Der Förderer freut sich über die hohen Verkaufszahlen des zuvor von ihm geförderten literarischen Werkes.(58) Diese Belohnungsformen belegen erneut: Literaturengagement durch Unternehmen läßt sich im Zusammenwirken von unvernunftmäßig-persönlichen Zielen mit vernunftmäßig-wirtschaftlichen Zielen erklären. Beide haben ihre Berechtigung und müssen als gleichwertig in die weitere Untersuchung einbezogen werden. Für die betriebliche Praxis besteht dadurch die Möglichkeit, eine Bestätigung für das bisherige Beziehungsgefüge aus interpersoneller Irrationalität und kaufmännischer Genauigkeit zu finden. Alle Abstufungen von Literaturengagement können so von der Unternehmensleitung begründet werden.

2.3 Interdisziplinäre Eingrenzung von Literaturengagements

Die bisherigen Gedankengänge belegen, daß Literaturengagement sinnvoller Bestandteil kaufmännischen Handelns sein kann. Um für Engagement eine breit begründete Eingrenzung jeder der beiden Denkhaltungen, des Mäzenatentums und des Sponsorings, entwickeln zu können, sind Vorüberlegungen aus interdisziplinärer Sicht notwendig. Ausgegangen wird von Untersuchungen, die im Bereich der Wirtschafts- und Kulturwissenschaften in Deutschland und England publiziert wurden sowie von den Steuergesetzen beider Länder.

2.3.1 Wirtschaftsorientierte Untersuchungen

Im vergangenen Jahrzehnt sind eine Anzahl von Arbeiten mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund über Sponsoring und Mäzenatentum durch Unternehmen in Deutschland und England verlegt worden. (59)

Für Victor Head schließt der Begriff "sponsorship" folgende Bestandteile ein:

"(i) a sponsor makes a contribution in cash or kind - which may or may not include services and expertise - to an activity which is in some measure a leisure pursuit, either sport or within the broad definition of the arts;

(ii) the sponsored activity does not form part of the main commercial function of the sponsoring body (otherwise it becomes straightforward promotion, rather than sponsorship);

(iii) the sponsor expects a return in terms of publicity." (60)

Mäzenatentum wird von Head als der historische Ursprung von Sponsoring angesehen. Seiner Meinung nach ist "sponsorship, or patronage, ... common to the eighteenth century in a wide range of activities outside the arts." (61)

Diesen Ansichten ist anzumerken, daß Sponsoring eine Verbindung gleicher Interessen in Form eines zweiseitigen Rechtsgeschäftes zwischen Förderer und Gefördertem ist. Der Gesponsorte ist also keinesfalls in der Position des vom Geldregen des Sponsors überschütteten passiven Glücklichen zu sehen. Ferner berücksichtigt Heads Erklärung von Sponsoring ungenügend Unterschiede hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Umsetzung der Förderung verschiedener Kulturbereiche, zum Beispiel von Sport im Vergleich mit Literatur. So muß ein Engagement keineswegs zwingend mit einer Freizeitaktivität verbunden sein.

Mäzenatentum unterscheidet sich keinesfalls nur vom Wort her von Sponsoring - beiden Begriffen liegen vielmehr verschiedene Denkhaltungen zugrunde. Zwar ist zu berücksichtigen, daß die inhaltliche und sprachliche Bedeutung der Begriffe Mäzen und Sponsor sich im Laufe der Zeit geändert hat. (62) Eine historische Entwicklung des Sponsorings aus dem Mäzenatentum ist jedoch eine Spekulation.

Manfred Bruhn versteht unter Sponsoring die "Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten, die mit der Bereitstellung von Geld- beziehungsweise Sachmitteln durch Unternehmen für Personen und Organisationen im sportlichen, kulturellen oder sozialen Bereich zur Erreichung von unternehmerischen Marketing- und Kommunikationszielen verbunden sind." (63)

Mäzenatentum stellt sich für Bruhn dar als "die Förderung der Kultur und des Gemeinwesens aus altruistischen und selbstlosen Zielen. Der Mäzen fördert Personen oder Organisationen, ohne konkrete Gegenleistungen zu erwarten." (64) Mäzenatentum sieht er als die "historische Basis" (65) für Sponsoring. (66)

Neben einigen bereits zu Heads Auffassung formulierten Einwänden ist bei den durch Bruhn genannten Abgrenzungen ferner zu bedenken, daß der Oberbegriff Kultur die Teilbereiche Sport und Aktivitäten der Förderung des sozialen Bereiches umfaßt. Sport, Soziales und Kultur auf eine Ebene zu stellen, ist problematisch. (67) Das gilt ebenso für die Gleichsetzung von Marketing und Kommunikationszielen. Auch bei Bruhn befindet sich der Gesponsorte in einer passiven Rolle, weil unter Sponsoring neben der eigentlichen Durchführung eines Projekts auch dessen Planung, Organisation und Kontrolle verstanden wird. Es fehlt für den Gesponsorten gegenüber dem Sponsor eine Vorgehensweise, welche den Mangel an Gleichberechtigung zumindest vom Gedanken her neutralisieren würde. Weiter ist zu sagen, daß Mäzenatentum auch in seiner heutigen Form keinesfalls selbstlos ist, denn Menschen handeln zielorientiert und streben wie oben festgestellt nach Gratifikationen. (68)

Die Ausführungen zeigen, daß sich Kultursponsoring im Gegensatz zum Mäzenatentum vor allem scheinbar vorzüglich in theoretische Überlegungen der Betriebswirtschaftslehre einbauen läßt. Die Erörterung unternehmerischen Mäzenatentums wurde als etwas Unökonomisches an den Rand gedrängt. Die folgenden Überlegungen von Matthias Straetling und Sylvère Piquet führen aus dieser Diskussionsfalle um das Mäzenatentum heraus.

Matthias Straetling bemängelt an den in den achtziger Jahren erstellten Analysen, daß sie die "private Kunstförderung nicht an sich analysieren, sondern relativ schnell instrumentalisieren." (69) Kunstengagement beziehungsweise Literaturengagement muß nach seiner Meinung sich selbst genügen. Begriffsbestimmungen von Fördertypen dürfen keinesfalls "unter ein bekanntes Gerüst subsumiert werden, etwa das Instrument des Marketing-Mix." (70) Straetling versucht deshalb eine definitorische und semantische Erarbeitung der Charakteristika privaten Kunstengagements. Sein Ergebnis faßt er in zwei Leitideen zusammen: Konsumtive Elemente deuten auf Mäzenatentum hin und investive Elemente sprechen für Sponsoring. Privatinteressengeleitete Elemente in der Ressourcenverwendung deuten auf Mäzenatentum, geschäftsinteressengeleitete Elemente in der Ressourcenverwendung sprechen für Sponsoring. (71) Hieraus läßt sich ein Zwei-Kreuz-Zwei-Schema ableiten:

PrivatinteresseGeschäftsinteresse
Konsum
1
2
Investition
3
4

Im Falle eins liegt eindeutig Mäzenatentum vor, Fall vier ist eindeutig dem Sponsoring zuzuordnen. Fall zwei nennt Straetling "intuitives Sponsoring" und Fall drei "spekulatives oder systematisches Mäzenatentum". (72)

Straetling ist mit seinem Schema einen neuen Weg gegangen: Seine Zweidimensionalität ermöglicht eine einfache Zuordnung eines Engagements zum Mäzenatentum oder Sponsoring. Gleichzeitig sagt Straetling, daß seine Abgrenzung von Mäzenatentum und Sponsoring in kein betriebswirtschaftliches Schema eingepreßt und erst damit entscheidungs- sowie nutzenorientiert sei. (73) Nachteilig bei diesem Verfahren ist, daß die Grundlagen dieses Schemas auf nur vier Kriterien beruhen, die bei der Vielschichtigkeit eines Literaturengagements keineswegs ausreichen.

Sylvère Piquet bezeichnet das Mäzenatentum als "eine dem Sponsoring ebenbürtige Technik der Kommunikation." (74) Um die Überlegungen von Piquet verstehen zu können, müssen sie in den Rahmen seiner Gedankengänge einbezogen werden. Er stellt fest, daß die Eingrenzung von Mäzenatentum und Sponsoring durch Unterscheidungsprobleme belastet ist, und zwar in bezug auf:

- die Motive der sich im Literaturbereich engagierenden Unternehmen. Mäzenatentum enthält Anteile von Eigennutz; Sponsoren fördern keinesfalls ausschließlich betriebliche Interessen.

- die erwarteten Gegenleistungen. Die Namensnennung eines Mäzens für den gestifteten Literaturpreis ist ebenso eine Gegenleistung wie der diskrete Firmenzug auf der Einladungskarte zur gesponserten Autorenlesung.

- die Art und Weise der Förderung. Mäzenatentum und Sponsoring sind keineswegs durch die im folgenden aufgezeigten Förderwege zu unterscheiden.(75)

- die Professionalisierung. Die in der betriebswirtschaftlichen Literatur geforderte Systematik für Sponsoring bleibt in der Praxis häufig unbefolgt. (76) Dafür entwickeln an Literatur interessierte Mäzene oft eine zielstrebige Förderungspolitik.

- die menschliche Interaktion zwischen Gefördertem und Förderer. Auch ein Mäzen kann sein Engagement auf das Scheckbuch beschränken, ein Sponsor dagegen in einen literaturkritischen Meinungsaustausch mit einem Autor eintreten. (77)

Diese Argumente stellen die Grundlage dar für Piquets Abgrenzung des Mäzenatentums vom Sponsoring. Unterschiedliche Ziele des Sponsorings und des Mäzenatentums lassen deren gegenseitige Ergänzung zu und "entraînent de ce fait une exigence de cohérence de la part du chef d'entreprise. L'erreur de ceux qui croient discerner une quelconque contradiction entre sponsoring et mécénat, est de placer leurs objectifs respectifs sur le même plan. Or, dans l'optique du management, ils sont établis à des étapes différentes de la formulation de la stratégie. (78)

Le sponsoring est un élément de l'analyse commerciale de l'environnement qui consiste pour la firme, au cours des trois premières étapes de la formulation de la stratégie:

- à définir les créneaux de marché, les opportunités et menaces;

- à formuler un diagnostic de l'entreprise;

- à recenser et à évaluer les possibilités d'action

C'est seulement dans une quatrième étape, où les dirigeants intègrent les valeurs de l'environnement et affirment la responsabilité sociale sinon politique de l'entreprise, que les actions de mécénat peuvent intervenir. ... Nous sommes en présence d'une segmentation marketing à caractère social ou politique; dans le second temps, il s'agit d'une segmentation stratégique à caractère social ou politique." (79)

Zu den Ergebnissen von Sylvère Piquet ist kritisch anzumerken, daß sie für eine Projektzuordnung zum Mäzenatentum oder zum Sponsoring detaillierte Kenntnisse über den Hintergrund des Vorhabens (80) voraussetzen. Weiter ist keineswegs nur auf die Gesellschaft oder die Öffentlichkeitsarbeit orientiertes Engagement automatisch Mäzenatentum beziehungsweise sind andere Förderungen unweigerlich Sponsoring.

Dennoch liefern die Überlegungen von Piquet eine neue Arbeitsgrundlage: Er erkennt wie Straetling Mäzenatentum von Unternehmen als betriebswirtschaftliches Phänomen an. Darüber hinaus ist es für ihn eine betriebswirtschaftliche Technik, die mit dem Sponsoring auf prinzipiell gleicher Ebene liegt. Eine begriffliche Definierung von Mäzenatentum oder Sponsoring lehnt Piquet als unmöglich ab. Er grenzt aber jeden der beiden Begriffe durch die oben genannten Funktionen als Kriterien ein und erhält dadurch eine Basis für seine Unterscheidung von Mäzenatentum und Sponsoring.

Es ist zusammenzufassen: Die Überlegungen in diesem Kapitel zeigen Wege für eine Eingrenzung des Mäzenatentums und des Sponsorings aus betriebswirtschaftlicher Sicht, die später zur Unterscheidung der Gründe für ein Literaturengagement aufgegriffen werden. Zuvor müssen die juristisch-steuerlichen Bestimmungen für Förderungen bedacht und ihr Einfluß auf Förderungsabsichten betrachtet werden.

2.3.2 Steuerrechtliche Bestimmungen

Das Steuerrecht beruht auf einer juristischen Kodifizierung: Wenn unternehmerisches Literaturengagement im Sinne einer betrieblichen Ressourcenverwendung steuerrelevant ist, muß - anders als bei den oben erörterten wirtschaftsorientierten Untersuchungen von Mäzenatentum und Sponsoring - deren klare Abgrenzung voneinander erwartet werden. (81) Daneben lassen sich aus der Verschiedenheit der Gesetzestexte in Deutschland und England Vermutungen über mögliche Unterschiede der Literaturförderung hier und dort ableiten. Deshalb werden Aufwendungen für Literaturengagement als Spenden oder als Betriebsausgaben in bezug auf ihre steuerliche Behandlung betrachtet. (82)

Eine Spende ist eine Aufwendung, die freiwillig erfolgt und keine Gegenleistung erwartet. Für Unternehmen sind Spenden von Interesse, welche die Bemessungsgrundlage des zu versteuernden Einkommens reduzieren. (83) Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn Mittel für gemeinnützige, vom Fiskus als besonders förderungswürdig anerkannte Zwecke übertragen werden. (84) Zu ihnen kann die Förderung von Literatur zählen. Das deutsche Steuergesetz sagt: "Ausgaben zur Förderung ... wissenschaftlicher und der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke sind bis zur Höhe von insgesamt fünf vom Hundert des Gesamtbetrags der Einkünfte oder zwei vom Tausend der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abzugsfähig. Für ... als besonders förderungswürdig anerkannte kulturelle Zwecke erhöht sich der Vomhundertsatz von fünf um weitere fünf vom Hundert." (85)

Die Steuergesetzgebung Englands im Hinblick auf Spenden ist vielschichtig: es wird unterschieden zwischen Single Payment und Deed of Covenant. Für Single Payment sind von den "total profits of the company for Corporation Tax purposes" (86) Spenden steuerlich absetzbar: (87) für staatlich anerkannte gemeinnützige Charities (88) im Rahmen von drei Prozent des "shareholder ordinarily declared dividends, and five million pounds maximum value for donations". (89) Dabei kann der jeweils größere Betrag, drei Prozent der Dividendensumme oder fünf Millionen Pfund, pro Geschäftsjahr abgesetzt werden. (90) Dies gilt allerdings nur für Open Companies. (91) Ein Unternehmen ist dann eine Open Company, wenn es die Kriterien der Close Company nicht erfüllt: (92) Eine Close Company ist "a company controlled by five or fewer persons ('participators'). However, where 35 percent or more of the voting power is in the hands of the public and the shares in the company are quoted on a recognized stock exchange, then the company will not be deemed a Close Company." (93) Single Payments dürfen seit 1990 auch Close Companies nach einem new scheme, dem Gift Aid, absetzen. (94) Wie bei den Open Companies dürfen die Spenden fünf Millionen Pfund im Geschäftsjahr keinesfalls übersteigen. Sie müssen aber mindestens 800 Pfund vor Steuern (95) betragen. An gemeinnützige juristische Personen, die unter Deed of Covenant fallen, dürfen unbegrenzt Spenden durch Unternehmen vergeben und steuerlich abgesetzt werden. (96) Mit der Möglichkeit des Single Payments ist Deed of Covenant betriebswirtschaftlich bedeutungslos geworden, außer für Close Companies, die weniger als 800 Pfund spenden wollen.(97)

Für nicht abzugsfähige Spenden gibt es nach der Versteuerung des Einkommens in beiden Ländern keine Begrenzung des Betrages.

Als Geschenk gilt im Gegensatz zur Spende die freiwillige Überlassung eines materiellen Gegenstandes aus dem Anlage- oder Umlaufvermögen. Dies hat in Deutschland und England gleichartige steuerliche Folgen. (98) Geschenke auf niedrigem Preisniveau werden in der Praxis häufig als "'taken off the shelf', 'lost', or somehow be given without the transaction appearing in the company's books" (99) vergeben, oder der Wert des Geschenkes wird vor dessen Übereignung in den Büchern vollständig abgeschrieben. (100) In diesen Fällen darf das Unternehmen die Kosten des Geschenkes aus dem Vorsteuergewinn heraushalten. (101) Handelt es sich um ein in regelmäßigen Abständen vergebenes oder sehr teures Geschenk, hat das Unternehmen die Möglichkeit, das Präsent zu verkaufen oder zu verleihen. Den Erlös gibt das Unternehmen im Rahmen der oben diskutierten Möglichkeiten als Spende an den Begünstigten.

In England sind die als Close Company geführten Unternehmen benachteiligt. Sie müssen Geschenke für über 800 Pfund machen, um in den Genuß der Gift Aid zu kommen. Andernfalls bleibt nur der Ausweg, mehrere Geschenke für zusammen über 800 Pfund an einen 'half-way house' charitable trust zu geben, aufzuteilen und weiterzuleiten "for onward donation to the recipient charity". (102)

In beiden Ländern fällt bei gemeinnützigen Spenden keine Umsatzsteuer an: "donations are payments made entirely at the discretion of the donor which secure him no benefit, and are therefore outside the scope of VAT." (103) In Deutschland obliegt die Verwaltung der Steuern den Finanzämtern als örtlichen Landesbehörden.(104) In England ist für die Einkommens- und Körperschaftssteuer die Inland Revenue zuständig; Customs and Excise wickelt die Umsatzsteuer ab. Sie arbeiten unabhängig voneinander. (105) Damit eine Spende steuerlich begünstigt wird, gilt es, beide Behörden von der Gemeinnützigkeit des unterstützten Projektes zu überzeugen.

Betriebsausgaben sind nach deutschem Steuerrecht "Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt werden." (106) Sie sind voll abzugsfähiger, betrieblicher Aufwand. (107) Unternehmen können Aufwendungen für Literaturengagement vom zu versteuernden Einkommen absetzen, wenn die Aufwendungen als Betriebsausgaben anerkannt werden. (108) Bei der Zuordnung der Aufwendungen für kulturelle Zwecke zu den Betriebsausgaben ist die betriebliche Veranlassung zu prüfen. (109) In Deutschland gelten Aufwendungen als betrieblich veranlaßt, wenn sie in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Eine betriebliche Veranlassung ist dann anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Betrieb besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Betriebes gemacht werden. Ein objektives Merkmal ist zum Beispiel die Einbindung derjenigen Wirtschaftsgüter in betriebliche Zusammenhänge, für die Mittel aufgewandt werden. Unterstützt ein Betrieb einen literarischen Sammelband finanziell und druckt sein Firmensignet auf den Einband oder läßt er seine Mitarbeiter sich mit Literatur auseinandersetzen, ist das objektiv überprüfbar. So publizierte die Firma Siemens nach einem 'Literaturwettbewerb für Mitarbeiter' als Ergebnis ein Buch mit dem Titel "Heimat - aber wo?" mit eingedrucktem Firmensignet. (110) Ebenso hat die Mitarbeitermotivation einen objektiven betrieblichen Veranlassungszusammenhang. Subjektive Merkmale liegen vor, "wenn das steuerpflichtige Unternehmen daran glaubt oder anstrebt, mit der Kunstförderung betriebliche Ziele zu fördern." (111) Entscheidend für die Anerkennung durch den Fiskus ist die plausible Darlegung der Steuerabzugsfähigkeit des Vorhabens durch das Unternehmen. Damit ist eine Rechtsunsicherheit verbunden.

Auch in England können Literaturförderungsausgaben als abzugsfähige Betriebsausgaben anerkannt werden. (112) Für die steuerliche Absetzbarkeit müssen zwei Bedingungen erfüllt werden: (113) "(i) The payment must be of a revenue nature. It cannot be a capital payment. (ii) The payment must be incurred wholly and exclusively for the purposes of the trade of the company." (114) Folglich muß jedes einzelne Literaturvorhaben von der Steuerbehörde gesondert bewertet werden. Das hat eine Rechtsunsicherheit für die Unternehmen zur Folge. Wird in beiden Ländern ein konkreter betrieblicher Veranlassungszweck nachgewiesen, muß eine private Mitveranlassung auszuschließen sein. Vor allem Einzelunternehmern wird unterstellt, private Dinge als Betriebsausgaben zu deklarieren. (115) Dies bedeutet eine Diskriminierung kleiner Unternehmen.

Literaturengagement bringt meistens zeitlich begrenzten Nutzen, wie etwa den aus einer Lesung. Die steuermindernde Wirkung der Aufwendung führt sowohl in England als auch in Deutschland zu einer sofortigen, einperiodigen Abschreibung des Literaturengagements. Wird aus betrieblichem Zusammenhang auf Image, Werbeeffekt oder Mitarbeiterqualifikation gesetzt, müßte der entstehende längerfristige Nutzen eigentlich über eine größere Frist abgeschrieben werden. Sowohl der Fiskus als auch Steuerkommentare (116) ignorieren diese Argumentation. Literaturengagement darf sofort abgeschrieben werden, sofern es als Betriebsausgabe anerkannt wurde, ebenso anfallende Nebenkosten. (117)

Bei marktmäßig betriebenem Literaturengagement fallen regelmäßig monetäre Umsätze als Betriebsausgaben an, die in beiden Ländern grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Da es sich jedoch um künstlerische Tätigkeiten handelt, ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz (118) anzuwenden. (119) Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn der Förderer Dienst- oder Sachleistungen gewährt und dafür konkrete Gegenleistungen erwartet: (120) "When the person receives goods or services for the sponsoring company under the terms of sponsorship agreement, this is a form of barter and there are two separate supplies." (121) Beide Vertragspartner müssen Mehrwertsteuer bezahlen.

Auch die Rechtslage der englischen Value Added Tax (VAT) ist im Zusammenhang mit Betriebsausgaben identisch mit der Umsatzsteuer in Deutschland. Wenn die Förderzahlungen "payment consideration for the supply of goods or services" sind, ist "the supply of goods or services in return for sponsorship ... a taxable supply, as long as the person sponsored provides the service in the course or furtherance of a business." (122)

Die bisherigen Überlegungen widersprechen der eingangs aufgestellten Erwartung, daß Mäzenatentum und Sponsoring sich durch das Steuerrecht klar voneinander abgrenzen lassen: die Gleichsetzung von Spende mit Mäzenatentum und Betriebsausgabe mit Sponsoring ist nicht vertretbar. In der betrieblichen Praxis werden gemeinnützige Spenden unter anderem genutzt als Instrumentarium zur Schaffung von außerbetrieblichen Kontakten oder eines positiven Images. Nach Timothy Finn verdeutlicht Mäzenatentum (123) "the opportunity for a charity to obtain financial benefit through its connection with an appropriate commercial organization. From the company's standpoint it offers the means of obtaining positive publicity by association with a worthwhile cause." (124) Umgekehrt könnte vermutet werden, daß die Möglichkeit der Verrechnung als Betriebsausgabe für Sponsoring eine maßgebliche Rolle spielt. Nach Michaela Duhme und Matthias Straetling motivieren aber steuerliche Vorteile allein keineswegs zur Kulturförderung. (125) Im Gegensatz dazu stellt Susi Luss die steuerliche Berücksichtigung bei einer Entscheidung zugunsten von Sponsoring in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen; sie sieht steuerliche Anreize als Kriterium für eine Grundsatzentscheidung an. Weil Sponsoring in England verbreiteter sei als in Deutschland, folgert sie eine Überlegenheit der englischen Steuergesetzgebung gegenüber der deutschen. (126) Dem muß widersprochen werden: Sponsoring kann als anerkannte Betriebsausgabe in beiden Ländern verrechnet werden. Folglich gibt es bei der Literaturförderung neben der Möglichkeit steuerlicher Berücksichtigung noch weitere Motive. (127) Sylvère Piquet bekräftigt diese Position: "On observe que bon nombre d'actions de mécénat, parmi les plus intelligentes, sont menées par les entreprises en dehors de toute motivation fiscale. On peut donc conclure sur ce point qu'il existe une différence en matière de disposition fiscale dans la mise en oeuvre des actions de sponsoring et de mécénat. Mais cette différence de statut fiscal n'a pas d'influence décisive sur les motivations des annonceurs. Le choix de l'action de mécénat et la qualité du bénéficiaire sont autrement plus importants que le montant de la déduction fiscale."(128)

Folglich muß Literaturengagement in beiden Ländern entweder for no return oder for a full return erfolgen, damit es steuerlich anerkannt wird. (129) Diese steuerrechtliche Situation ist sehr unbefriedigend: tatsächlich läßt sich fast jedes Literaturengagement - wie sich zeigen wird - irgendwo zwischen den Denkhaltungen des reinen Mäzenatentums und des reinen Sponsorings einordnen. Allerdings besteht im Zwischenbereich ein politischer und juristischer Konsens über eine großzügige Auslegung des Steuerrechts durch die Finanzbehörden. Sowohl für Deutschland als auch für England werden in dieser Hinsicht positive Erfahrungen dokumentiert. (130) Deshalb tragen steuerliche Gesichtspunkte zu positiven Förderungsentscheidungen von Unternehmen bei. Trotzdem wäre für die Unternehmen mehr Rechtssicherheit im Entscheidungsvorfeld wünschenswert.

Es ist festzuhalten, daß gedankliche Schlüsse aus steuerrechtlichen Gesetzen ebenso wie diese selbst keinen Erkenntnisfortschritt hinsichtlich einer Abgrenzung von Mäzenatentum und Sponsoring erbringen; allenfalls das Erwägen steuerlicher Absetzung von Aufwendungen für Literaturengagement kann in weitere Überlegungen einfließen.

Eine interdisziplinäre Eingrenzung von Mäzenatentum und Sponsoring im Hinblick auf unternehmerisches Literaturengagement schließt kulturwissenschaftliche Gesichtspunkte ein, welche die bisherigen betriebswirtschaftlichen und juristischen Überlegungen abrunden.

2.3.3 Kulturwissenschaftliche Untersuchungen (131)

Die Begriffe Mäzenatentum und Sponsoring sind nach Auffassung von Karla Fohrbeck mit Beweggründen für Kunstengagement verbunden. Auf der Suche nach ihnen geht sie zunächst von den Aussagen der businessmen aus, die "usually talk about more or less humanistic ideals - not to mention all those mixed psychological motives of extraordinary personalities you can find amongst (Förderern) themselves."(132) Doch diese Motive verwirft sie sofort und ordnet ihnen einen nur geringen Stellenwert als Beweggründe für Literaturengagement zu: "Sure, there are important altruistic, even charity reasons for supporting the arts, there are humanistic ones going far beyond commercial motives, but those ideals are only part of the truth, and, I suppose, a rather small one." (133)

Nach einer Aufzählung von Begründungen wie Humanisierung des Arbeitslebens, Marketing-Vorteile und Steuerliche Vorteile bewegt sich ihre Argumentation auf einer Meta-Ebene: "But we have to go farther in discovering the real range of interests connecting business and the arts. The arts are a significant part not only of business and working life, ... but in our life and society on the whole. And they are an economic part of society - an aspect one easily forgets within that nebulous vocabulary of support, patronage, grants, subsidy and benevolence everybody is using when participating in the development of culture and the arts." (134)

In einer späteren Veröffentlichung tritt Fohrbeck nachdrücklich für ein Ende der Begriffsvermengung ein, die mit dem verstärkten unternehmerischen Kulturengagement verknüpft sei: "Da es verschiedenen 'Fundraisern', Marketing-Experten, Agenten, Buchschreibern, Kongreßveranstaltern und Consultants allerdings langsam 'zu bunt' wird mit den feinen Differenzierungen in Sachen Mäzenatentum, mit dem anstrengenden Anspruch, Kunstverständnis und Menschenbild nicht zu trennen, da es solchen und anderen Interessenten doch 'ums System' oder einfach um mehr Geld geht, beginnen sich die Begriffsunterschiede abzuschleifen. Vor allem im anglophonen Raum ... setzt man an die Stelle sorgfältig abgegrenzter Typenbildungen mehr und mehr einfach Synonyme, ... wohl wissend, daß sich im Leben die Motive und Typen ohnehin überschneiden. In buntem Mix fallen Begriffe wie patronage of art, corporate art patronage, collectors, buying policy, sponsorship, promotion, fundraising, donation, support, cultural financing, funding." (135)

Als Antwort stellt sie eine "keineswegs vollständige Liste von Begriffen" auf, die "durch die gewählte Rangfolge als ein grober Indikator für die Distanz der jeweiligen Kulturfinanzierungsform vom individuellen Handlungsspielraum dienen". (136) Von einem ihrer Meinung nach großen menschlichen Freiraum einschließenden Begriff des Mäzens ausgehend, ordnet Fohrbeck ihre Liste in der Reihenfolge des abnehmenden Freiraumes: "(1) Mäzenatentum, (2) Patron, (3) Stiftung, (4) Salon, (5) 'Kulturpolitik', (6) Auftrag, (7) Förderung, (8) Spende, (9) (Re-)Investment, (10) Sponsoring, (11) Werbung, (12) 'Lifestyle'-Promotion, (13) 'Corporate Culture'." (137)

Davon ausgehend beschreiben Karla Fohrbeck und ihr Kollege Andreas Johannes Wiesand Mäzenatentum als "Erprobung und persönliche Finanzierung individueller Vorstellungen im Dialog mit Künstlern." (138) Sponsoring ist nach Fohrbeck "eine Management-Entscheidung über den gegenseitigen Nutzen mit Public Relations - Fachleuten." (139)

Problematisch bei dieser Auffassung ist, daß die Sicht der individuellen Vorstellungen beim Mäzenatentum und des gegenseitigen Nutzens beim Sponsoring der Interpretation durch den Leser bedarf.

An anderer Stelle lehnt Fohrbeck eine Typisierung des Kulturengagements mit dem Hinweis auf ein verschwommenes Vokabular ab: (140) "Ein großer Teil der Literatur plagt sich mit Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Formen des finanziellen und sonstigen privaten Engagements herum - vielleicht eine deutsche Spezialität, in der mit Vorliebe nach Definitionen und Begründungen gesucht wird, oft sogar solches Tun die reale Handlung ersetzen kann." (141) Dieser Vorwurf ist im Zusammenhang mit Erklärungen für Mäzenatentum und Sponsoring im folgenden Kapitel aufzugreifen. Auf der Suche nach Begriffseingrenzungen liefert Karla Fohrbeck widersprüchliche Diskussionsbeiträge.

Für Bazon Brock hat im Kulturbereich "der Mäzen ... die Aufgaben zu stellen und für deren Bewältigung Voraussetzungen zu schaffen. Er hat sich aber nicht als Herr des Verfahrens, sondern als ein Beteiligter unter anderen zu verstehen. Ein Mäzen verschenkt nicht Kunstwerke an Leute, die bewiesen haben, daß sie diese Kunst zu wenig interessiert, als daß sie dafür selber zu zahlen bereit sind. Ein Mäzen hält Kunstwerke für prinzipiell unbezahlbar, bezahlt werden können nur die Arbeitskraft und die Arbeitsbedingungen von Künstlern. Ein Mäzen schafft Lebens- und Arbeitsvoraussetzungen, anstatt bloß das ohnehin Bestehende einzusammeln." (142)

Sponsoring bleibt von Brock unerwähnt. Wohl aber spricht er von Industrie, womit die Unternehmen gemeint sein dürften: "Die Industrie bietet andere Realisierungschancen, aber nur, wo sie sich als Richter über die Verwertbarkeit durchsetzen kann; von kontinuierlichem Arbeiten ohne Zeitdruck und von entsprechender moralischer Unterstützung kann keine Rede sein." (143)

Die Auffassung von Brock ist aus zwei Gründen problematisch: Eine Trennung zwischen dem aktiven Schaffen von Voraussetzungen für Kultur und dem mehr passiven Einsammeln von Kulturerzeugnissen im Sinne des obigen Zitates über den Mäzen ist oft unmöglich. Da Schaffen zeitlich vor dem Einsammeln liegt, wäre die Einordnung des Mäzenatentums als Engagementform vom Zeitpunkt der Kategorisierung abhängig. Weiter ist Brocks Schlagwort von der Industrie als Richter eine persönliche Interpretation, die durch Vorurteile geprägt ist. Trotzdem ist Brocks Darstellung des Mäzens aus kulturwissenschaftlicher Perspektive ein Ansatz zur Klärung der Vorstellung von Mäzenatentum. Er wird in die folgenden Überlegungen einfließen.

Doch ist im Hinblick auf das Mäzenatentum ein weiterer Aspekt bei der begrifflichen Eingrenzung aus kulturwissenschaftlicher Sicht erwähnenswert. Der Autor György Sebestyen (144) beschreibt seine Auffassung vom Mäzenatentum folgendermaßen: "Seitdem sich Vergil in seiner Pergola niedergelassen hat, brummen friedliche Bienen ohne Zahl über Weinkrügen und durch die europäische Literatur, loben sämtliche Eklogendichter die bukolische Ruhe und die idyllische Sicherheit des sinnenden Mannes. Wäre aber jener Gajus Cilnius nicht nur seinem Namen nach, sondern auch hauptberuflich Mäcenas (145) gewesen, so hätten wir heute vermutlich keine bukolische Lyrik, denn kein Vergil der Welt fände sich bereit, ein Landgut anzunehmen mit der Verpflichtung, den edlen Spender dafür unsterblich zu machen. Woraus ...(eine) Regel des Mäzenatentums hervorgeht, der seltsame Tatbestand nämlich, daß hier jemand etwas gibt, ohne auf Gegenleistung hoffen zu dürfen. Der Mäzen ist selbstlos. Und indem er selbstlos ist, ist er erst er selbst." (146) Hendrik Markgraf hält dem entgegen: "Selbstlos waren die Mäzene freilich selten. Schon der Namensgeber Gaius Maecenas ... spannte die von ihm geförderten Literaten für die Politik seines Herrschers ein." (147) Daraus schließt Peter Hirschfeld, daß die Interaktion 'Mäzen - Geförderter' sich verändert hat: aus dem fordernden Mäzenatentum der Geschichte hat sich bis zum 20. Jahrhundert das fördernde Mäzenatentum herausgebildet. (148) Dennoch sind, kulturwissenschaftlich gesehen, über die Zeiten hinweg Gemeinsamkeiten fixierbar: Bereits Maecenas selbst machte deutlich, "worin die moralische Unterstützung besteht: nämlich in der immer erneuten Versicherung gegenüber den Künstlern ..., daß kulturelle Arbeit keineswegs nur ideologischer Fassadenzauber oder Festdekoration, sondern etwas für Selbstverständnis und Bestand einer Gemeinschaft fundamental Lebenswichtiges ist." (149)

Zusammenfassend ist zu sagen, daß die genannten Untersuchungen die Eingrenzung mäzenatischer und sponsorischer Denkweise auf den Handlungsspielraum der Förderer und Geförderten und auf menschliche Beziehungen fokussieren. Eine eindeutige Eingrenzung fehlt - sie wird zum Teil sogar als dem Literaturengagement abträglich begriffen. Darüber hinaus sind Ausprägungen der Denkhaltungen des Mäzenatentums und des Sponsorings in einen vom Zeitgeist bestimmten Kontext einzuordnen.

Auch bei der Betrachtung von Analysen in wirtschaftsorientierten Untersuchungen sowie der Darstellung von steuerrechtlichen Überlegungen insgesamt ist, wie schon erwähnt, zutage getreten, daß ein einheitlicher Rahmen für die beiden unterschiedlichen Denkhaltungen des Kulturengagements beziehungsweise Literaturengagements disziplinär nur in Ansätzen vorhanden ist und interdisziplinär fehlt. Gleichzeitig werden im Sprachgebrauch Mäzenatentum und Sponsoring häufig gleichbedeutend verwendet. Daraus ergeben sich bei ihrer Erörterung und in der sie widerspiegelnden Fachliteratur zahlreiche Verwechslungen. Hier setzen die folgenden Überlegungen an.

2.4 Literaturmäzenatentum und Literatursponsoring

Die folgenden Gedanken führen zu Merkmalen, welche die Denkhaltungen des mäzenatischen Literaturengagements einerseits und solche des Sponsorings andererseits eingrenzen und eine Zuordnung von literarischen Vorhaben zu diesen beiden Haltungen ermöglichen. Sie basieren auf den interdisziplinären Überlegungen der vorherigen Kapitel.

Zuvor muß aber erneut die Meinung der Kulturforscherin Karla Fohrbeck (150) aufgegriffen werden, denn sie sieht in Erklärungen für die beiden Typen des unternehmerischen Engagements die Gefahr, daß "solches Tun die reale Handlung ersetzen kann". (151) So könnten Unternehmen aus noch zu untersuchenden Gründen lediglich Gespräche über eine Fördermaßnahme auslösen, um aus allein dieser Veranlassung und ohne weiteres Handeln in der Öffentlichkeit in den unverdienten Ruf von Förderern zu gelangen. (152) Auch John A. Meenaghan spricht sich aus betriebswirtschaftlicher Position gegen eine Klärung von Engagementtypen aus: "The use of broad guidelines will by definition reduce the range of sponsorships to be considered and in a commercially rational approach the remaining options must then be evaluated against preordained criteria." (153)

Dennoch ist ein Fehlen von Eingrenzungskriterien für Mäzenatentum und Sponsoring im Hinblick auf unternehmerisches Literaturengagement aus mehreren Gründen von Nachteil: Die wissenschaftliche Aufarbeitung von Literaturengagement kann ohne Erklärung von Sponsoring und Mäzenatentum nur eine geringe Hilfestellung für die betriebliche Praxis liefern. Weiter schadet es der gesellschaftlichen Akzeptanz von Betrieben und ihren Engagements, wenn sie in der Öffentlichkeit uneigennütziges Mäzenatentum herauskehren und sich gleichzeitig vom Finanzamt als Sponsoren einstufen lassen, um die Kosten für Förderprojekte als Betriebsausgaben geltend zu machen. (154) Schließlich besteht die Gefahr, daß Fördervorhaben bei den Gesprächspartnern der Unternehmen nicht als Mäzenatentum oder Sponsoring unterschieden und, das ist wichtig, im Sinne ihrer Absicht gewürdigt werden und somit ihre Wirkung verfehlen. (155)

Die hier gewählte Reihenfolge der Besprechung von Mäzenatentum und Sponsoring ordnet den beiden Denkhaltungen keinen Rang zu. Sie entspricht der Ansicht, daß jedes Literaturengagement von Menschen stammt und für Menschen bestimmt ist. Diese Auffassung kommt einerseits den Kulturwissenschaften entgegen und entspricht andererseits betriebswirtschaftlichen Unternehmenszielen. (156) Die bisherigen Überlegungen zeigen ebenfalls, daß ein Fördervorhaben meistens Kriterien des Mäzenatentums wie auch des Sponsorings aufweist. Mittels eines Kataloges von Merkmalen am Ende dieses Kapitels läßt sich allerdings ein Vorhaben fast immer entweder der Denkhaltung des Mäzenatentums oder der des Sponsorings zuordnen.

Zunächst muß über die bisherigen Überlegungen hinaus ein weiterer Aspekt bedacht werden. So ist es für ein Verständnis von Mäzenatentum und Sponsoring wichtig darüber zu reflektieren, ob die Motive für betriebliches Literaturengagement eher mit dem Unternehmen oder eher mit den dort beschäftigten Personen zusammenhängen. Während die mit dem Unternehmen direkt in Bezug stehenden Fördergründe in den Hauptkapiteln 4 - 6 erörtert werden und somit im Zentrum dieser Untersuchung stehen, werden im vorliegenden Kapitel als wesentlich die individuellen Antriebskräfte einer Entscheidungsfindung für oder gegen ein Engagement behandelt. Sie sind mit den zuvor erörterten betrieblichen Motivationen verwoben und daher auch im Sinne des Unternehmens Motor für betriebswirtschaftlichen Erfolg: (157) "In the beginning, an advocate is indispensable, for every new idea in the business world must assert its claims against the established ideas and organized procedures that resist disruptive innovation. Moreover, because art lacks the obvious relevance to the corporation's interests of say, a fresh marketing proposal, the advocate must lead the way in establishing a new frame of reference in which art is clearly relevant." (158) Entscheidend für das Engagement in einem Unternehmen sind für solche Anwälte deren persönliche Motive, mit denen auch - oft unwissentlich - betriebswirtschaftliche Motive verknüpft sind, die in den späteren Hauptkapiteln untersucht werden. (159)

Unter den religiös-metaphysischen Antriebsmomenten ragt das Christentum beziehungsweise das durch seine geistigen Grundlagen geprägte Leben in England und Deutschland heraus. (160) Der christliche Unternehmer läßt den Mitarbeiter unter Beachtung seiner menschlichen Würde an der sozialen Gestaltung des Lebens und der Arbeitswelt aktiv im Sinne der Stärkung von Mitverantwortung und Persönlichkeitsentfaltung teilnehmen. Eingeschlossen sind Anstöße zur Beschäftigung mit Literatur. So geartete Anregungen berühren den Bereich menschlicher Wohlfahrt. Dadurch fördert der Unternehmer außerdem die Lebensqualität der gesamten Gesellschaft.

Ein weiteres Motiv dieser Art für Literaturengagement ist die Philantropie. Damit wird das Bestreben bezeichnet, der Menschheit unabhängig von jeder Glaubensüberzeugung im Sinne der Mitmenschlichkeit zu helfen. Der Philantrop möchte bestimmte Ideen oder Ideologien verwirklicht sehen und setzt sich dafür ein. Schließlich ist der Gedanke des Nachruhms, "the permanent memorial of the name",(161) dieser Gruppe zuzuordnen. Nachruhm ist auf Dauer angelegt, überhöht das irdische Leben des Menschen und verleiht seinem Andenken Fortbestand. Er kann durch die Förderung von Literatur angestrebt werden.

Als weitere Motivgruppe, die Literaturengagement auslöst, können persönliche Interessen gelten, die von jedem Menschen anders eingeschätzt werden, so daß eine Gewichtung nach einer wie auch immer bewerteten Bedeutung nicht sinnvoll erscheint.

Ein Unternehmer kann sich als verhinderter Autor betrachten, wenn er trotz literarischer Neigungen den elterlichen Betrieb übernehmen mußte. Der Wunsch nach Erfüllung seines Jugendtraumes erhöht die Bereitschaft zum Literaturengagement, denn er fühlt sich Autoren verbunden, wie die folgende Aussage des Bauunternehmers Peter Hansen belegt: "Nach meiner Schulzeit wäre ich gerne (Künstler) geworden; mein Talent reichte dazu nicht aus. ... Ich bekenne freiwillig, daß Kultur eine quasi-erotische Ausstrahlung für mich hat, der ich mich gern ergebe. Sie ist mir eine liebe Freundin, die mich anregt und der ich gern mit etwas Geld und Begünstigung aushelfe." (162)

Mit diesem Gedanken verbunden ist die Suche nach geistigem Genuß. Ein dadurch mit Literatur verbundener Förderer tritt als Fürsprecher auf und läßt seine Beziehungen der von ihm bevorzugten literarischen Kunstrichtung zukommen. Dabei sind drei verschiedene Typen von Fürsprechern im Bewußtsein ihrer Rolle und der Grenzen ihrer Interventionen zu unterscheiden: (163) Der neutrale Fürsprecher stellt seinen Einfluß in materieller oder immaterieller Form zur Verfügung und ermöglicht es dem Autor, sich zu entfalten. Der aktive Fürsprecher verhilft gezielt einer literarischen Schöpfung zum Durchbruch. Der kreative Fürsprecher versteht Förderung als einen persönlichen Freibereich, innerhalb dessen er sich durch seine Beteiligung selbst verwirklichen kann.

Eine Möglichkeit, gesellschaftliches Ansehen zu erlangen, besteht darin, es durch Literaturengagement zu kaufen. Besonders aus einfachen sozialen Verhältnissen stammende, erfolgreiche Unternehmer sind versucht, sich Reputation und ein positives Image durch Begünstigung von Kultur zu verschaffen. Persönliches literarisches Interesse des Förderers ist dafür unnötig, da sich ein Engagement mit dieser Motivation meist auf den regionalen Lebensbereich des Unterstützers beschränkt. Es ermöglicht Arbeiten auf Literaturgebieten, deren Begünstigung breite öffentliche Zustimmung einbringt.

Ferner kann seitens des Förderers durch Literaturengagement ein Machtgewinn angestrebt werden. (164) Macht äußert sich als persönliche Verfügungsgewalt über ökonomische Mittel beziehungsweise als Fähigkeit, andere Menschen im Sinne eigener Interessen zu beeinflussen. Eine solche Macht gibt dem Unternehmer als Förderer die Möglichkeit, nicht nur wirtschaftliche Macht mit literarischer Macht in Einklang zu bringen, sondern dabei seine Person in den Mittelpunkt zu stellen. (165) Diese Verflechtung von betrieblichem und privatem Leben steigert seinen Einfluß innerhalb und außerhalb des Unternehmens. (166)

Hat der Förderer ein schlechtes Gewissen gegenüber der Allgemeinheit, möchte er vielleicht eine Art persönliche Wiedergutmachung leisten für Schäden, die er sich selbst und anderen etwa aufgrund seiner harten Geschäftsmethoden zugefügt hat. (167)

Schließlich wird Literaturengagement gelegentlich von Förderern benutzt, um Familienvermögen nicht dem Fiskus zu überlassen, sondern gezielt dem persönlichen Interessengebiet der Wortkunst zu widmen.

Das Antriebsmoment für persönlichkeitsgebundenes Literaturengagement kann auch vom Autor ausgehen. So vermögen Charme, Talent oder Liebenswürdigkeit des Autors beim Förderer eine sehr intensive Unterstützung auszulösen. Weiter regt die Wahl von Themen mit regionalem oder mundartlichem Bezug heimatbewußte Unternehmer zur Förderung von Autoren an, die solche Werke schreiben.

Als weiteren der beiden abschließend zu erörternden Aspekte sind Mäzenatentum und Sponsoring aus Sicht der Terminologie zu untersuchen. Dabei fällt besonders ins Gewicht, daß ein inhaltsgleiches Wort für Mäzenatentum dem modernen Englisch fehlt. (168) Ist patronage in seiner inhaltlichen Bedeutung als Ersatz geeignet? John A. Meenaghan führt aus: "Patronage, by both definition and usage, is essentially an altruistic activity carried out with no expectation of return other than the satisfaction of knowing that good is being done." (169) Diese allgemeine Charakterisierung überträgt Meenaghan auf Unternehmen: "Patronage is the financial, material or professional expertise given by a commercial company to an activity for philanthropic reasons. The company does not look for any material reward or benefit, neither does it always expect recognition, but rather seeks to improve the quality of life." (170)

Der englische Begriff patronage kommt somit dem deutschen Terminus "Mäzenatentum" am nächsten, ohne daß mit der Erklärung von Meenaghan eine Fixierung geschaffen wird, welche die folgenden Überlegungen gegenstandslos machen würde. Die sprachliche Abweichung vom deutschen Terminus zieht allerdings einen wesentlichen Bedeutungsunterschied nach sich: Der Patron war im römischen Zeitalter ein Schutzherr. Seine Klienten standen zu ihm in einem persönlichen, vererbbaren Verhältnis. Sie schuldeten ihrem Patron Dankbarkeit und politische Gefolgschaft. (171) Dieser Wortursprung findet sich in to patronize wieder: das Verb bedeutet "to behave or treat in a condescending way". (172) Folglich ist im englischen Kultur- und Wirtschaftsleben der Begriff auf Randbereiche der Förderung begrenzt, wie die typische Charakterisierung "old-fashioned patrons often preferred to do good by stealth" zeigt. (173) Im englischsprachigen Raum wurden und werden deshalb auch diejenigen Förderaktivitäten von Unternehmen mit dem Begriff Sponsorship verbunden, welche im deutschen Sprachraum Mäzenatentum genannt werden. Fördervorhaben im englischsprachigen Raum bedürfen also in Deutschland einer Neubewertung.

Die deutsche betriebswirtschaftliche Fachliteratur über Kulturengagement war lange inhaltlich und sprachlich stark vom angloamerikanischen Vorbild geprägt und nutzt erst in jüngster Zeit die differenzierte Ausdrucksmöglichkeit der deutschen Sprache.(174) Seither kann Mäzenatentum als von Unternehmen praktizierte Engagementform beschrieben und dem Sponsoring gleichrangig gegenübergestellt werden. (175) Die folgenden Kriterien zur Zuordnung eines Engagements zum Literaturmäzenatentum und Literatursponsoring müssen auf die deutsche Sprache begrenzt bleiben. Selbstverständlich erheben diese nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Dadurch wird der instrumentelle Charakter einer Begriffseingrenzung vermieden, wie das bisher oft geschehen ist, und auf ein Verständnis von Kulturengagement als betriebswirtschaftliche Denkhaltung hingearbeitet, was das Grundziel der Überlegungen dieses Hauptkapitels ist. (176)

(a) Mäzenatisches Literaturengagement ist auf Konsum (177) ausgerichtet: (178)

- Die Entscheidung wird, auch für Unbeteiligte erkennbar, emotional getroffen.

- Im allgemeinen handelt eine Einzelperson als Entscheider.

- Es werden nicht gezielt zukünftige Einzahlungen für das Unternehmen angestrebt.

(b) Literaturmäzenatentum beruht auf persönlichem Interesse an Literatur:

- Ein Bezug des Literaturengagements zum Unternehmenszweck steht nicht im Vordergrund.

- Die Ressourcen werden vor allem aus einer gefühlsbetonten Einstellung, weniger im Hinblick auf kaufmännischen Erfolg eingesetzt.

- Als Nutzen verbleibt beim Entscheider das Erlebnis persönlicher Befriedigung durch das Ergebnis des Engagements.

- Die steuerliche Absetzbarkeit des Engagements spielt bei der Entscheidungsbegründung eine untergeordnete Rolle.

(c) Literaturmäzenatentum fördert prinzipiell Unbezahlbares, nämlich sprachliche Kunstwerke. Bezahlt werden durch das Engagement nur Rahmenbedingungen für Literaturentstehung oder Literaturverbreitung.

- Die monetäre Bewertung des Literaturengagements ist deutlich ihrem ideellen Wert untergeordnet.

- Die Förderung des Autors ist im wesentlichen auf die Bereitstellung günstiger Arbeitsvoraussetzungen gerichtet. Es bestehen selten vertragliche Bindungen des Autors an den Förderer.

Der Begriff Sponsoring geht auf das lateinische Verb spondere (179) zurück. Das Grimmsche Wörterbuch erwähnt das Wort Sponsorierer, das heißt Freier beziehungsweise Werber. (180) Auf dem Umweg über das englische sponsorship wurde Sponsoring wieder in den aktiven deutschen Sprachwortschatz aufgenommen, wenngleich mit einer Bedeutungswandlung, wie die folgenden Kriterien zeigen. (181)

(a) Literaturförderung als Sponsoring ist eine Investition (182) des Unternehmens:

- Die Entscheidung für oder gegen ein Vorhaben wird nach Abwägung der Gründe rational getroffen.

- Es wirken häufig mehrere Personen bei der Entscheidung mit.

- Zukünftige Einzahlungen für das Unternehmen werden angestrebt.

(b) Das Engagement ist im geschäftlichen Interesse veranlaßt:

- Der Bezug der Literatur zum Unternehmenszweck ist durch eine dem Betrieb unmittelbar nutzenbringende Verwendung gegeben.

- Die Ressourcen werden logisch-abwägend und nach kaufmännischen Strategien verwendet.

- Das Literaturengagement wird in die Gesamtstrategie des Unternehmens nutzenbringend eingebracht unter Beteiligung der betriebsinternen und -externen Öffentlichkeit.

- Die steuerliche Absetzbarkeit ist ein wohlbedachter Entscheidungsgrund für ein Engagementprojekt.

(c) Sponsoring fördert aus wirtschaftlicher Sicht Bezahlbares. Die Anerkennung der betrieblichen Veranlassung eines Projektes durch den Fiskus muß vor der Projektdurchführung feststehen.

- Eine geldliche Einschätzung des geförderten Literaturproduktes geht dem Engagement voraus.

- Die Kontakte zwischen Unternehmen und Autor sind auf den beiderseitigen Geschäftsnutzen abgestellt. Unter diesem Aspekt interessiert das Unternehmen die Befindlichkeit des Autors.

Durch die beiden vorstehenden Kriterienkataloge ist eine zu Beginn dieses Kapitels als sinnvoll erwiesene Unterscheidung von Mäzenatentum und Sponsoring im Sprachgebrauch nunmehr möglich. Für die weiteren Überlegungen ist die Feststellung wichtig, daß Mäzenatentum und Sponsoring in der praktischen Auswirkung als zwar verschiedenartig strukturierte, jedoch gleichwertige und auf das Ziel der Förderung von Literatur durch Unternehmen gerichtete Denkhaltungen angesehen werden können.

Fußnoten zu Kapitel 2


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