MATEO - Mannheimer Texte Online


5. Pfälzisch und "Die Rheinpfalz/Bad Dürkheimer Zeitung"

5.1. Die Pfalz

Die Pfalz ist ein Teil des nach dem Zweiten Weltkrieg gebildeten Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Faßt man den Begriff weiter, so kann man auch die zu Baden-Württemberg gehörende Kurpfalz mit den Städten Mannheim und Heidelberg zur Pfalz zählen. Neben der Kurpfalz unterscheidet man die Vorderpfalz (im Rheintal), die Westpfalz (Pfälzer Wald) un das Nordpfälzer Bergland. Am Ostrand des Pfälzer Waldes liegt die Deutsche Weinstraße, an der sich auch Bad Dürkheim befindet. Größte Stadt der Vorderpfalz ist Ludwigshafen am Rhein.

Von außen gesehen gilt die Pfalz wohl nicht als anziehend. Eine FAZ-Reportage über den Ludwigshafener Bundeskanzler Kohl weiß nichts Nettes über die Pfalz: "Aber die Pfalz ist - von außen gesehen - nicht gerade der attraktivste Teil der Provinzen-Republik. Die ans Elsaß grenzende Region ist keine Urlaubsgegend, noch gilt sie als wichtiger Pfeiler des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Bei der Pfalz denken Nord- und Südlichter eher an ‘Weck, Worscht und Woi’, nicht zuletzt an die ‘Määnzer Fassenacht’, obwohl die Gutenbergstadt gar nicht zur Pfalz gehört." Der Journalist betont aber im Anschluß an das Zitierte: "Dieses Außenbild wird der historischen Bedeutung, der wirtschaftlichen Leistungskraft und kulturellen Vielfalt dieses Landstrichs keineswegs gerecht." (MÜLLER-VOGG, FAZ, 01.04. 1995, Beilage "Bilder und Zeiten", 1f) Die geschilderte Außensicht bezieht sich wohl eher auf die Vorderpfalz, die vornehmlich durch Landwirtschaft und Weinbau geprägt ist. Der Pfälzer Wald kann durchaus als Urlaubsregion angesehen werden.

Daß die Pfälzer ihren Landstrich besser beurteilen, beweist eine umfangreiche, heimatverbundene Mundartlyrik. Als Beispiel kann das Gedicht "Wann unser goldni Palz nit wär’!" von Gerd Renck dienen:

Waß wär’ däß Lääwe doch sou leer,

wann unser goldni Palz nit wär’!

Wann unser Lännel - klää, doch schäi! -

deht gar nit uff de Landkaart stäih?

(...)

‘s ganz’ Lääwe, däß wär’ fad’ un mies,

geeb’s nit däß Pälzer Paradies!

Em Herrgott dank’ ich jeerenfalls,

daß er uns gschenkt hot unser Palz!

Zwischen diesen beiden Strophen zählt der Dichter das Schöne an der Pfalz auf: Wald, Burche [Burgen], Krotte [Mädchen], Buuwe, Wei, Kultur, Gemietlichkeit, Lied, Sprich [Sprüche] u.a. (zit. nach METZGER 1994, 252f)

Helmut Metzger, der in seinem Gedicht "Mei(n) Hämet" vor allem die Landschaft und die Früchte der Natur der Pfalz lobt, erkennt, daß jedem seine eigene Heimat am besten gefällt (zit. nach METZGER 1994, 250f):

(...)

En jeder Mensch, ich sag’s eich frei,

Hot bloß ää(n) Hämet als,

Die gfallt em jeden Dag uff’s nei!

Mei(n) Hämet is die Palz!

Als weiterer Nachweis pfälzischen Regionalbewußtseins kann eine Glosse aus einer rheinhessischen Zeitung gelten. Der Autor hat die Pfälzer Nachbarn besucht und stellt in einem Wirtshaus fest: "Daß die Pfälzer neben ihrer fröhlichen Lebensart auch einen landsmannschaftlichen Stolz besitzen, verraten die vielen Bilder an den Wänden unter dunkelgetäfelter Decke. Die Ortsvereine, in Gruppen und samt Pokalen, die gibt’s auch in anderen Regionen, aber hier gehört auch die Prominenz aus anderen Pfälzer Ecken dazu: die roten Teufel vom Betze natürlich und die Schifferstädter Ringer (...) der schwarze Pfälzer Riese [Helmut Kohl; d. Verf.] (...) Ex-Landesvater Rudolf [Scharping; d. Verf.] (...)" (WORMSER ZEITUNG, Titelseite Lokales, 14. 09. 1995)

5.2. Das Pfälzische

Das Pfälzische kann man unterteilen in westliches Westpfälzisch, mittleres Westpfälzich, Nordpfälzisch, Kurpfälzisch, Vorderpfälzisch und Südpfälzisch. Die Erscheinungsorte der hier untersuchten Zeitungen, Ludwigshafen und Bad Dürkheim, gehören zum vorderpfälzischen Sprachraum (vgl. Karte 3 im Anhang). Das Pfälzische ist Teil des Rheinfränkischen, zu dem auch Hessisch gehört. Das Rheinfränkische wiederum bildet mit dem Moselfränkischen und dem Ripuarischen das Westmitteldeutsche.

Nach Post ließen sich zahlreiche Quellen finden, die "das hohe Alter und die Eigenständigkeit des Pfälzischen belegen könnten" (POST 1990, 60). Hemmer schrieb 1769, daß alle Schichten in der Pfalz des 18. Jahrhunderts Dialekt sprachen, allerdings spricht er von einer Aussprache, die "übel" sei (POST 1990, 63). Eine Quelle von 1833 nennt das Pfälzische "rauh und dürftig", die Bewertung ist wiederum eindeutig negativ: "Jedes Dorf hat seine Verschiedenheiten der Aussprache, die eine, wo möglich schlechter als die andere. Nirgends wird rein Deutsch gesprochen" (zit. nach POST 1990, 65).

Ähnlich Negatives über das Pfäzische kann man auch neute noch lesen. In dem schon erwähnten FAZ-Aritkel liest man über die Pfälzer und ihre Mundart: "Vor allem aber geht ihnen - obzwar laut und lebhaft - jede Sprachbegabung ab. Sie sprechen eher langsam, betonen häufig an der falschen Stelle, und ob ‘st’, ‘ch’ oder ‘sch’: Aus dem Mund eines Pfälzers kommt immer, als spiele er mit einem Kleinkind Eisenbahn, derselbe Zischlaut. Weshalb das, was er sagt, unbeholfen und derb klingt. Im schlimmsten Fall denkt ein Münchner oder Hamburger, wenn er einem Pfälzer zuhört, sofort an Mainz - und zwar an das, das ‘singt und lacht’." Der Journalist schint über keine linguistischen Fachkenntnisse zu verfügen, denn er attestiert Pfälzern mangelnde "Sprachbegabung" - als sei Mundart gar keine Sprache. Außerdem schreibt er von "falscher" Betonungsweise, verlangt also von Dialekten die gleiche Intonation, wie sie bei der Standardsprache üblich ist. Immerhin erkennt der Journalist Müller-Vogg, daß Helmut Kohl als "Provinzler" stigmatisiert war, weil er aus der Pfalz stammt. Als Hanseat wäre er nicht stigmatisiert gewesen, ist sich der Autor sicher (MÜLLER-VOGG, FAZ, 01. 04. 1995).

In einem vorangehenden Kapitel wurde die Untersuchung von Hundt erwähnt, bei der pfälzisch gefärbte Standardsprache im Vergleich mit hamburgisch, bairisch oder schwäbisch gefärbter Standardsprache interregional die geringsten Sympathien erhielt. Da konkrete sprachliche Belege der Befragten ausblieben, macht Hundt neben tradierten Stereotypen auch die Tatsache, daß standardnähere Varietäten beliebter sind als standardferne, verantwortllich für die geringen Sympathiewerte des Pfälzischen (HUNDT 1992, 77). Hundt zitert Probandenurteile zum Pfälzischen, die sie als dialektunkundig erwiesen. Ein Proband hält Pfälzisch für "gemütlich, bedächtig, langsam dahinplätschernd, freundlich, lieblich", hat also keine negative Einstellung wie ein anderer Proband, für den Pfälzisch "Prol-Slang, dämlich-dümmlich, unerträglich" ist (HUNDT 1992, 66).

Jakob hat sich Gedanken zur interregionalen Unbeliebtheit des Rheinfränkischen gemacht. Hessische und pfälzische Dialektmerkmale seien "fähig, stereotype Bewertungen zu evozieren, die keinen erkennbaren sozialen oder geschichtlichen Hintergrund haben". Jakobs These ist, daß die "paralingualen Phänomene" des Rheinfränkischen - große Tonhöhenschwankungen, R-Vokalisierung im Anlaut und in Konsonantenverbindungen - Assoziationen zum "Babytalk" herstellen. Mütter benützten "eine höhere Stimmlage und erheblich stärkere Tonhöhenschwankungen" beim Sprechen mit Kleinkindern. Ebenso seien Konsonantenverbindungen in der mütterlichen Sprache vereinfacht. Diese unreflektierte Verbindung zur Kleinkindervarietät ist für Jakob möglicher Grund der Stigmatisierung des Rheinfränkischen (JAKOB 1992, 177-179).

Die Pfälzer selbst haben von ihrer Mundart eine positive Meinung. Post spricht von einer "starke(n) emotionale(n) Bindung der Sprecher an ihre örtlich geprägte Sprache" (POST 1992, 273). Ris erwähnt, daß die Mundart für die Pfälzer "Quelle ihres Mutterwitzes" ist (RIS 1978, 98), Bertram schrieb 1937: "Im Allgemeinen hängt der Pfälzer sehr stark an seiner Mundart und er spricht sie auch trotz seiner großen Anpassungsfähigkeit in der Fremde noch mit Stolz". Bertram zitiert einen Bauer mit "Jo, miar hen noch di richdich altdaidsch schbroch!" (BERTRAM 1937, 205f; Zitat ist im Original in einer Lautschriftform, die hier nicht wiedergegeben werden kann)

Senft untersuchte Varietäten Kaiserslauterner Arbeiter. Er stellte fest, daß Mundartsprecher nicht diskiminiert werden. Sie bevorzugen es, mit anderen Mundartsprechern zusammenzuarbeiten. Personalchef und Gruppenleiter gaben an, bei einer Bewerbung für eine Stelle Dialektsprecher vorzuziehen, weil diese sich leichter in die pfälzisch sprechende Arbeitnehmerschaft einfügten und weil die Arbeitskollegen eher dialektsprechende Kollegen akzeptierten. Standardsprecher hätten mit dem Vorurteil der Kollegen zu kämpfen, daß sie etwas Besseres sein wollten. Dennoch bestand bei den Befragten im Betrieb Einigkeit, daß ab einer bestimmten Hierarchieebene die Umgangssprache beherrscht werden müsse, um die täglich anfallenden Aufgaben lösen zu können (SENFT 1982, 450f).

Frank-Cyrus untersuchte Sprachverhalten in pfälzischen Dörfern. Befragte äußerten, daß über Standardsprecher gespöttelt werde nach dem Motto: "Die spinnen, wollen was Besseres sein". Oft bekam Frank-Cyrus den Satz "Ich rede am liebsten so, wie mir der Schnabel gewachsen ist" zu hören, was jedenfalls nicht auf ein mangelndes sprachliches Selbstbewußtsein schließen läßt. In urbaneren Orten mit Zuzug von außen sei die regionale Umgangssprache dem Dialekt gleichwertig in der Verwendung mit Tendenz zur zunehmenden Präferenz der Umgangssprache (FRANK-CYRUS 1991, 156f).

Beckers stellt für das Westmitteldeutsche eine zunehmende "Auflösung der alten kleinräumigen Ma.-Landschaften durch überörtliche Koine-Bildungen und großlandschaftliche Umgangssprachen mit verschieden großen Annäherungsgraden an die Standardsprache" fest. Zudem wandle sich die Mundart auch an dialektvitalen Orten vom "Allround-Kommunikationsmittel zum nurmehr situativ wählbaren Register" (BECKERS 1973, 470).

Bei Dialektalitätsmessungen des Pfälzischen konnte festgestellt werden, daß die Dialekttiefe zurückgeht. Zudem konstatierten Herrgen/Schmidt sowohl "regionaldialektalen Ausgleich" als auch die "dialektale Neuerung" in Form einer Ausbreitung städtischer Varietäten, die prestigereicher sind (HERRGEN/SCHMIDT 1989, 335). Für Seyfried war die Pfälzer Mundart 1962 noch "unverwüstlich", weil im "Heimatboden verwurzelt". Mannheim und Ludwigshafen hätten bis dato "keinerlei Wandel in mundartlicher Hinsicht durchgemacht", Zugezogene hätten den Dialekt bis dato kaum beeinflußt (SEYFRIED 1962, 7). Eine im Entstehen begriffene Dissertation an der Universität Mannheim erforscht die Ludwigshafener Mundart. Nach bisherigen Ergebnissen ist davon auszugehen, daß die Ludwigshafener eine positive Meinung über ihren Dialekt haben (Dies teilte mir die Doktorandin Anke Denzer in einem Gespräch mit).

Schon 1927 konstatierte Liepelt, daß Zugewanderte die Mannheimer Mundart bedrohen, weil sie ihren Kindern untersagen, den als "häßlich" angesehenen Dialekt anzunehmen. Hinzu komme die Rücksichtnahme der Dialektsprecher auf die Zugezogenen, weniger Mundartausdrücke würden benützt. Träger der Mundart sei das "Proletariat", das dem Dialekt die "innere Lebenskraft" erhalte (LIEPELT 1927, 250f). Einen ähnlichen Dialektabbau zugunsten Zugezogener meint Krell im gleichen Jahr für Ludwigshafen festgestellt zu haben (KRELL 1927, 6). Dies widerspricht der oben genannten Meinung Seyfrieds. Kallmeyer/Keim schreiben, die Mannheimer hätten einen defensiven Sprachstolz. Die Mannheimer Stadtsprache besitze für die lokale Elite kein Prestige (KALLMEYER/KEIM 1988, 239). Friebertshäuser kommt zu einem ähnlichen Schluß für größere Teile des Westmitteldeutschen. Bei Angehörigen der sozialen Oberschicht werde vorausgesetzt, daß sie keinen Dialekt redeten (FRIEBERTSHÄUSER 1968, 247).

Post gibt dem Pfälzischen noch einige hundert Jahre Lebensdauer. Er geht von dem von Herrgen/Schmidt berechneten Dialektalitätsabbau von neun Prozent bei einem Generationsunterschied von 40 Jahren aus (POST 1990, 72).

5.3. "Die Rheinpfalz/Bad Dürkheimer Zeitung"

"Die Rheinpfalz" erscheint in Ludwigshafen seit September 1945. Zahlreiche Nebenausgaben erscheinen in der Vorder-, West- und Nordpfalz. Die Lokalausgabe Bad Dürkheim gibt es erst seit 1977, vorher gehörte die Berichterstattung über die Kreisstadt zur Ausgabe Neustadt/Weinstraße. Die RP hat eine Auflage von rund 250 000 Exemplaren täglich, die Lokalausgabe Bad Dürkheim eine von rund 9000. Herausgegeben wird die Zeitung von der Medien Union GmbH Ludwigshafen, der auch die Chemnitzer FP und die Heimatbücher publizierende Pfälzische Verlagsanstalt angehören (alle Angaben vom Rheinpfalz-Archivleiter). Die Industriestadt Ludwigshafen hat 168 000 Einwohner, der Kreis Bad Dürkheim 129 000 (Focus 13/95, 314). Die RP/BDZ ist nicht für den ganzen Kreis, sondern nur für die Stadt Bad Dürkheim und die Umgebung zuständig. Die Redaktion bestand laut Impressum im Januar 1994 aus drei, im August dagegen laut Impressum aus vier Personen.

Täglich erscheinen die Seiten Titelseite, Politik, Hintergrund, Wirtschaft, Feuilleton, Sport, Südwestdeutsche Zeitung (regionale Berichterstattung), Funk und Fernsehen, Zeitgeschehen. Der Lokalteil ist überschrieben mit "Bad Dürkheimer Zeitung. Aus Stadt und Land" und hat zwischen zwei und fünf Seiten. Mittwochs erscheint die Seite Motor-Straße-Verkehr mit den Kfz-Anzeigen. Freitags gibt es die Seite Freizeit-Tips, Bauen und Wohnen mit den Immobilienanzeigen sowie die Seite Lehren-Forschen-Studieren. Samstags erscheint die Wochenendbeilage, die unter anderem folgende, zum Teil nur zweiwöchentlich vorkommende, Seiten beinhaltet: Familie und Gesellschaft, Palatina, Kurzweil, Land und Garten, Lehre Beruf Rente. Über Regionalsport informiert die Seite ASZ-Sportblatt, die nicht täglich erscheint.

Die RP/BDZ hat keine Konkurrenz. Sonntags erhalten die RP-Leser die Zeitung "Sonntag aktuell", die in Stuttgart für zahlreiche Zeitungen vor allem Baden-Württembergs hergestellt wird. Der Regionalteil für das RP-Gebiet nennt sich "Zwischen Rhein und Saar", umfaßt nur wenige Seiten und beinhaltet regionale Reportagen und pfälzische Mundartgedichte. In die Untersuchung wurde die Zeitung aber noicht einbezogen, weil sie nicht zur RP gehört.

5.4. Pfälzisches Regionalbewußtsein durch die RP

Der Name der Zeitung ist für die Vorderpfälzer identitätsstiftend, für die Nord- und Westpfälzer nicht unbedingt. Regionale Themen werden auf der Titelseite im Informationskasten "Zwischen Rhein und Saar", der rechts unter dem Kopf der Seite zu finden ist, angesprochen. Dieser umrandete Kurzartikel mit Bild weist auf Themen im Regional- oder Regionalsportteil hin, manchmal beinhaltet er landespolitische Themen, manchmal ist er ein eigenständiger Bericht über ein regionales Thema. Auf der Titelseite sind oft noch weitere regionalbezogene Artikel zu finden.

Alle Seiten haben in der Kopfzeile den Schriftzug "DIE RHEINPFALZ". Der dienstags erscheinende Kleinanzeigenteil nennt sich "Pfälzer Räumungsmarkt". Die Wochenendbeilage nennt sich "DIE RHEINPFALZ zum Wochenende", alle zwei Wochen erscheint dort die Palatina-Seite, die über pfälzische Kultur und Geschichte informiert. Die freitags zu findende Seite Freizeit-Tips gibt regionale Veranstaltungstermine bekannt.

Die Anzeigen der Pfälzischen Verlagsanstalt (PVA) möchte ich hier noch erwähnen, weil die PVA wie die RP zur Medien Union gehört. Die PVA wirbt häufig in großen Anzeigen für ihre Pfalz-Literatur. Eines der Bücher trägt den heimatverehrenden Titel Himmelreich - Bilder aus der Pfalz (26. Juli). In der Kolumne "Fernsehen nah gesehen" auf der Seite Funk und Fernsehen am 9. Juli geht es um deutsche Serien mit regionalem Bezug. Der Autor konstatiert eine mediale Vernachlässigung der Pfalz: Wann kommt übrigens endlich mal eine Serie aus der Pfalz? Statt Öl-Millionäre vielleicht Chemie-Bosse in der Reihe "Ludwigshafen". Oder Christian Wolff als "Der Förster vom Pfälzer Wald".

Vor allem Name und Inhalt, zum Teil auch die Gestaltung der Zeitung, vermittelt Pfalzbewußtsein.

5.5. Sprachbewußtsein in der RP

Bei der RP besteht ein starkes Interesse für sprachliche Fragen, die nichts mit Dialekt(en) zu tun haben. Die Seite Funk und Fernsehen thematisiert Sprache am 6. Januar in einem Artikel über einen Sprecher des Senders Pro 7. Am 3. Februar wird die Sprachkraft Eduard Zimmermanns erläutert und am 29. Juli mokiert sich eine Fernsehkritik über die deutsche Synchronisation eines ausländischen Films.

Um Fremdwörter im Arabischen geht es in einem Artikel auf der Seite Aus aller Welt am 7. Januar. Am 25. Januar wird dort über ein brasilianisches Sprachentalent berichtet. Die Seite Kurzweil klärt am 29. Januar die Herkunft des Namens Februar. Am 3. Februar bringt die Seite Südwestdeutsche Zeitung einen (auch sprachlichen) Kommentar über eine Französin, die einen Elsässer als "Boche" beschimpfte. Am 4. August findet sich an gleicher Stelle einen Bericht über eine Tagung türkischer Sprachwissenschaftler. Die Seite Zeitgeschehen meldet am 8. Februar das "Unwort des Jahres". Deutsch beliebt meldet die gleiche Seite am 9. August.

Die Seite Sport thematisiert am 5. Juli die Aussprache eines Fernsehreporters in bezug auf einen rumänischen Namen. Um einen spanischsprechenden Bulgaren bei der Fußball-Weltmeisterschaft geht es am 8. Juli. Die Sprachprobleme des italienischen Fußballtrainers Giovanni sind Thema eines Artikels am 25. August. Die Sonderseite Europäische Fragen vom 11. August berichtet über das Dolmetschen im Europäischen Parlament. Um eine neugeschaffene Jiddisch-Professur in Düsseldorf geht es auf der Seite Forschen-Lehren-Studieren.

Sprachliche Themen werden des öfteren im Feuilleton betrachtet. Hier wird am 13. Januar eine Sprachzeitschrift rezensiert, am 22. Januar über einen Sprachberatungsdienst informiert. Um das Deutschlernen im Goethe-Institut geht es am 4. August, einen Tag darauf wird der neue Direktor des Mannheimer Goethe-Instituts vorgestellt. Am 19. August wird auf eine Ausstellung über Sprachgesellschaften in Nürnberg hingewiesen. Ein sehr beliebtes Thema bei der RP-Redaktion ist die französische Sprachgesetzgebung. Diese wird im Feuilleton am 16. Juli, am 7. Juli auf Seite 2 und am 25. Februar sowie 1. August auf der Seite Hintergrund behandelt.

Fünf Leserbriefe erscheinen zu sprachlichen Fragen. Einer am 16. und drei am 23. Juli beziehen sich auf den erwähnten Kommentar zur Aussprache eines rumänischen Namens. Ein Brief am 27. August kritisiert die Vielzahl an Fremdwörtern in Artikeln der RP und Interviewantworten.

5. 6. Einstellungen zu nichtpfälzischen Varietäten

Nichtpfälzische Varietäten kommen des öfteren auf der Seite Funk und Fernsehen vor. Hessisch ist in einer Fernsehkritik am 4. Januar zu finden: Äppelwoi (...) du gutes Stöffche. Die Überschrift diese Kommentars zur Fernsehreihe "Diese Drombuschs" lautet Hach, Äppelwoi, der Autor kritisiert Hessen-fremde Alkoholika in der Sendung und hofft, mit besagtem Getränk die noch kommenden Folgen besser zu ertragen. Der Schauspieler Millowitsch ist am 7. Januar der Kölsche Jung’. In einer Fernsehkritik am 25. Januar ist die Rede von der schwäbisch-alemannischen Fasnet und von "Narrenhäs". Am 11. Februar wird über die Mainzer Fassenacht berichtet, dabei wird auch ein Fastnachtslied im Mainzer Dialekt erwähnt.

Dieselbe Seite meldet das Bestreben des NDR, Regionalnachrichten auf niederdeutsch zu bringen, da gute Erfahrungen mit plattdeutschen Sendungen gemacht worden seien (14. Februar). Der Komiker Otto wird am 25. Februar als "Friesenjung" bezeichnet, am 11. Juli ist vom Dirndl- und Jankerl-Traumpaar M&M die Rede. Der berühmte Beckenbauer-Satz ist in einer Glosse am 16. Juli zu lesen, am 25. Juli wird in einer Überschrift das Wort Viermäderlhaus verwendet. Am 13. August schreibt eine Redakteurin kritisch über Volkstheater und wirft dabei mit Bavarismen um sich. Sie wünscht sich anspruchsvollere Inszenierungen im Fernsehen anstelle des Theaterstadl(s). Ihre Kritik gilt nicht der Mundart. Die gleiche Seite setzt sich in einer Kritik mit einem in Norddeutschland spielenden Film auseinander (15. August). Nach einer eher negativen Bewertung klingt die Bezeichnung des niederdeutschen Akzents als s-tolpernde S-prache. Plattes in Plattdeutsch lautet die Überschrift einer Fernsehkritik am 30. August, der eine norddeutsche Komödie, nicht aber die Sprache der Menschen, negativ rezensiert.

Platz für nichtpfälzische Varietäten bieten auch die Sport-Seiten. Am 4. Januar wird Rennrodler Hackl bairisch zitiert, ein Schwabe darf am 12. Januar etwas "laufa" lassen, der Fußballer Toppmöller wird am 8. Januar als "Watschenmann" angesehen. Eine junge Sportlerin wird am 15. Januar in österreichischer Umgangssprache zitiert, ein Sportfunktionär wird am 7. Februar als bayerische(r) Urtyp bezeichnet, ein Dialektzitat als Bestätigung folgt auf dem Fuße. "Kaisers" Watschn für Helmer informiert eine Überschrift am 15. Februar. Beckenbauer erteilt also keine Rügen, sondern eben echte bayerische Watschn. Am 19. Februar geht eine Kolumne "Ich bin der Meinung, daß" über Beckenbauer Franzl, in der das "Schau mer mal" nicht fehlen darf, ein bairisches "Schleich di" kommt noch hinzu. Am 6. und 23. August darf der neue Trainer des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, Jupp Heynckes, seine Meinung zum Äppelwoi sagen. Am 25. August heißt es über den bayerischen Fußballer Augenthaler, daß er grantelte.

Die Sonderseiten über die Olympischen Winterspiele zitieren Rennrodler Hackl im schönsten bayerischen Englisch (11. Februar). Am 18. Februar erscheint der gleiche dpa-Artikel über Wasmeier wie in der FP, daneben ein weiterer Artikel über den Bayer, in dem er von Schmarrn reden darf. Die Sonderseite Sport im Bild erscheint am 25. Februar. Sie zeigt ausgefallene Fotos mit witzigen Bildunterschriften, in einer wird Beckenbauer etwas auf bairisch in den Mund gelegt. Auch zur Fußball-Weltmeisterschaft gibt es gesonderte Seiten in der RP. Dort wird der Reporter Gerd Rubenauer am 11. Juli als der Sportreporter mit dem Fremdenverkehrs-Bayrisch bezeichnet, was nicht wertend gemeint ist. Nationaltorwart Bodo Illgner wird einen Tag später als "Kölsche(r) Tünn" bezeichnet. Hier zeigt sich wieder, daß man in der RP-Redaktion gerne regionale Begriffe oder Bezeichnungen für Sportler oder andere Originale verwendet. Die Beliebtheit des Bairischen und damit sein interregionales Prestige zeigt sich in einem großen Artikel, mit dem ein RP-Redakteur Fußballgeschichte glossiert. Dieser Artikel ist in bairischer Umgangssprache geschrieben - er ist im Anhang als Dokument 1 zu finden. Die gleiche Seite bringt am 16. Juli wieder einen Bavarismus. Das Wort Hirnkastel benutzt ein Zitierter am 29. August auf der Regionalsportseite ASZ-Sportblatt.

Auch das Feuilleton eignet sich, um andere Mundarten zu Wort kommen zu lassen oder um auf die Existenz solcher hinzuweisen. So heißt es am 2. Februar, die Sprachkraft des verstorbenen Schriftstellers Erwin Strittmatter sei von schlesischen Dialekten beeinflußt gewesen. Am gleichen Tag wird über die Saarbrücker Saarlandrevue "Hauptsach gudd gess" berichtet, dabei wird auch ein saarländischer Ausdruck gebraucht. Am 8. Februar wird in einem Artikel jemand zitiert, der über Ludwig Marcuse sagt: "Ich kenne keinen zweiten Menschen, der sogar auf englisch dermaßen berlinert (...)". Dies verdeutlicht, daß oft auch Fremdsprachen mit dem heimatlichen Akzent ausgesprochen werden und daß es negativ bewertet wird, einen Akzent zu haben.

Die Seite Hintergrund berichtet am 8. Januar über Roman Herzog, erwähnt dabei natürlich auch seine Sprache: Er sieht aus wie der typische Bayer. Sein unüberhörbarer Akzent paßt dazu. Am 15. Januar ist ein Artikel über Niederdeutsch im Parlament unter der Überschrift De Bundestag snackt platt. Der Bericht eines ap-Korrespondenten enthält zahlreiche Niederdeutsch-Zitate mit anschließenden Übersetzungen in die Standardsprache. Der Text ist neutral bis wohlwollend in bezug auf das Niederdeutsche, er ist als Dokument 2 im Anhang zu finden. Das bairische Wort "tratzen" verwendet ein Journalist in seinem Bericht über die Verleihung des bayerischen Verdienstordens an Bundeskanzler Kohl (25. Januar), von bayerischer "Spezlwirtschaft" und Spezl Strauß ist am 28. Januar zu lesen. Von der "Parrkirch" in Frankfurt ist einen Tag später in Überschrift und Artikel zu lesen, gemeint ist der Kaiserdom - die Frankfurter nennen ihn im Dialekt "Parrkirch". Dem österreichischen Bundespräsidentengesteht ein Bericht am 3. Februar das Recht auf ein "Pantscherl", ein Verhältnis zu.

Hin und wieder ist auch auf der Seite Zeitgeschehen Mundart anderer Regionen zu finden. Pech beim Fensterln hatte jemand in Duisburg, ist am 7. Februar zu erfahren. Der vom Duden als süddeutsch-österreichisch klassifizierte Ausdruck "fensterln" wird für das Ruhrgebiet verwendet. Einen Tag später wird ein Frankfurter mundartlich zitiert, um der Authentizität willen. Schweizerische Dialektbegriffe sind am 22. Februar zu lesen, es geht um die Basler Fastnacht. Am 27. Juli ist in einem dpa-Artikel von der Wies’n Gebrauch gemacht. Einen Tag darauf wird die Münchner Biergartenkultur glossiert, unter der bairischen Überschrift "Schwoab m’r abi". Der Pfälzern nicht verständliche Satz wird im Text erklärt. Vom Fensterln ist wieder am 31. August in einer dpa-Meldung die Rede.

Auf der Seite Freizeit-Tips wird auch über die Pfalz hinausgeblickt, nichtpfälzische Ausdrücke tauchen auf. Alemannische Begriffe fallen am 14. Januar in bezug auf die Fastnacht, am 11. Februar werden zwei original Schweizer Guggemusiken empfohlen. Am 4. Februar wird über eine Ausstellung von Kopfbedeckungen in Wertheim/Main berichtet, dort werden mundartliche Bezeichnungen für die Mützen gewählt.

Die Seite Südwestdeutsche Zeitung meldet am 18. Februar, daß aus Mannheim ein Häftling entflohen sei, der schwäbische Mundart spreche. Im Bericht über einen Hahnwettstreit wird ein saarländischer Züchter mundartlich zitiert. Am 22. August heißt es in bezug auf die Kölsch-Rocker "BAP" , daß nur die wenigsten die Kölner Mundart verstehen. Im Polizeibericht vom 27. August heißt es von einem Vergewaltiger, er habe österreichisch oder bayerisch gesprochen.

Die Seite Pinnwand berichtet am 30. August, die Rockgruppe "Bap" habe "(...) andere Kölsche Leeder" gerockt, was eine Anleihe an einen gleichlautenden Schallplattentitel ist. Von der Mainzer Fassenacht ist am 25. Januar die Rede. Sogar auf der nur sehr selten erscheinenden Sonderseite Auslandskorrespondenten berichten kommen nichtpfälzische Sprachformen vor. Am 5. August ist eine Reportage über deutsche Einkäufer in der Tschechischen Republik zu lesen. Festgestellt wird, daß sich Sachsen und Bayern sich auch weiterhin nicht nur durch ihren Dialekt unterschieden. Mundartwörter deutscher Bauern in der Karpato-Ukraine werden am 29. August zitiert.

Auf der Seite Familie und Gesellschaft ist am 12. Februar ein Bericht über eine Kölner Karnevalssitzung zu lesen, in dem auch Dialektzitate gebraucht werden. Daneben ist ein Artikel über Ausländer im Fastnachtstreiben, bei dem ebenfalls Kölner Mundartwörter vorkommen. Die Seite Aus aller Welt bringt am 1. Juli einen Artikel über eine Ausstellung in Ludwigsburg, die sich mit schwäbischem Verhalten befaßt. Die dpa-Korrespondentin, die den Text verfaßte, zitiert eine schwäbische Aussage ohne Übersetzung, die in der Pfalz wohl nicht verstanden wird. Ebenfalls geschwäbelt wird auf der nur hin und wieder erscheinenden Seite Video am 5. Juli. In der Videofilmbesprechung geht es um "’s Pferdle und ‘s Äffle", überschrieben ist der Text über die zwei Zeichentrickfiguren mit dem schon zu Allgemeingut gewordenen Spruch "’s Äffle isch heut net dehoim".

Um regionale Köstlichkeiten geht es in einem Artikel auf der Seite Recht und Rat, der sich mit einem Urteil des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs auseinandersetzt (29. Juli). Mehrere Begriffe aus verschiedenen Regionen (Schwaben, Saarland, Hessen) dienen der Veranschaulichung des Urteils und der Auflockerung der Sprache.Der schwäbische Häuslebauer taucht in einer Überschrift auf der Seite 2 auf (23. Juli), am 19. August in einem Text auf der Seite Bauen und Wohnen.

Hier soll noch auf den Lokalteil geblickt werden, in dem viel weniger nichtpfälzische Bezüge oder Zitate vorkommen. In einer Meldung am 3. Januar heißt es, bei einem Überfall sei der sächsische Dialekt der Täter aufgefallen. Einen Tag darauf wird eine Oper besprochen, dabei ein österreichischer Mundarttitel erwähnt. Vom "Kiepenkerl" aus der Heimat des Grünkohls ist am 25. Januar die Rede. Am 31. Januar erscheint ein Veranstaltungsbericht, in dem es heißt, daß plattdeutsche Sprüche und Lieder der beiden Münsterländer Kiepenkerle vorkamen. Eine Bildüberschrift, die sich auf eine Fastnachtsveranstaltung bezieht, ist schwäbisch: Feire, feire, Häusle baue (15. Februar). Niederdeutsche Begriffe fallen im Zusammenhang mit einem Gastspiel Heidi Kabels (28. Februar). Am 1. Februar wird das eher im Rhein-Main-Gebiet übliche Fassenacht verwendet.

Nichtregionale Begriffe, Zitate und Verweise tauchen alsodes öfteren auf, auf nahezu allen Seiten. Die Redaktion geht wohlwollend mit Nichtregionalem um, schmückt Artikel mit fremden Mundarten, was im ein oder anderen Fall sogar Nichtverständlichkeit bedeutet. Neben Bairisch und Kölsch ist auch Schwäbisch, Hessisch, Niederdeutsch oder Saarländisch zu finden. Bis auf einen Fall (Niederdeutsch) erweist sich die Redaktion als sehr tolerant gegenüber nichtpfälzischen Varietäten. Sprachliche Unterschiede werden registriert und zur lockeren Gestaltung des Textes verwendet. Bei weitem nicht nur kulturelle Dinge sind es, die Redakteure zu fremden Dialekten greifen lassen. Oft genügt, daß eine Person aus einer bestimmten Gegend stammt, um einen Begriff aus dieser Region zu benutzen.

5. 7. Pfälzisch im Mantelteil

Die RP hat eine tägliche Dialektecke: den Witz Heit schunn gelacht? auf der Seite Südwestdeutsche Zeitung. Zwei Beispiele befinden sich im Anhang als Dokumente 12 und 13. Laut RP-Information ist der Witz ein Überbleibsel einer früheren Mundartbeilage, schon seit zwei Jahrzehnten erscheint er auf dieser Seite. Die Witze stammen von zwei Mitarbeitern aus dem südvorderpfälzischen Speyer und dem südwestpfälzischen Zweibrücken. Tatsächlich ist die Sprache der Witze teils süd-, teils westpfälzisch. Festzustellen ist, daß die Witze nicht in reiner Mundart verfaßt sind, sondern standardsprachliche Zugeständnisse machen.

Ab und an findet sich neben dem Witz noch Dialektales auf den Regionalseiten. In einem Fastnachtsartikel am 24. Januar wird ein Dialekt-Halbsatz zitiert, am 22. Februar erscheint in der Überschrift zu einer Kochbuchrezension die Regionalspeise Hoorische, was dem Buchtitel entnommen wurde. Am 9. Juli ist in einer Unterüberschrift von Pfälzer Grumbeere(n) die Rede, im Text erscheint der Ausdruck nur in Anführungszeichen. Der Mundartausdruck ist der Markenname einer Erzeugergemeinschaft für Pfälzer Kartoffeln. Über ein Seminar mit dem Dichter Michael Bauer wird am 23. Juli berichtet. Dort sei es jedem Teilnehmer freigestellt gewesen, in Mundart oder Hochdeutsch zu schreiben. Am 17. August wird darauf hingewiesen, daß ein Mundartwettbewerb in Gonbach stattfinde. Jeder könne sich beteiligen und seine Gedichte hinschicken. Eine Meldung am 25. August informiert über ein neues Buch über die Sagenfiguren Elwetrittche, der mundartliche Name kommt auch in der Überschrift vor. Ein Redakteur schreibt am 29. August über einen autofreien Erlebnistag und zitiert einen Radfahrer authentisch im Dialekt. Erwähnt sei noch das am 30. August vorkommende, eher volkssprachliche als dialektale, Wort "Betze". Das Wort ist die Kurzbezeichnung für das Kaiserslauterer Fußballstadion auf dem Betzenberg.

Alle zwei Wochen erscheint in der Wochenendbeilage die Seite Palatina, die die Rubrik Pfälzische Wortkunde veröffentlicht. Wie der Name schon sagt, werden Palatismen gedeutet, ihre Herkunft beschrieben und anhand von Beispielen verdeutlicht (Dokument 14 im Anhang). Am 08.Januar wird auf der Palatina-Seite ein Buch über das Pfälzer Bergland rezensiert, wobei auch auf die Mundartgedichte in diesem Buch hingewiesen wird. Am 05.Februar ist auf dieser Seite ein halbseitiger Bericht über den von einem Mainzer Linguisten erarbeiteten "Wortatlas der kontinentalgermanischen Winzerterminologie" zu lesen. Zitiert werden zahlreiche mundartliche Winzerbegriffe verschiedener Regionen. Geschildert wird in dem Artikel, wie das Wortgut zustande kam. Dazu wurden ältere dialektsprechende Winzer aus allen ehemaligen deutschsprachigen Gebieten befragt.

Die Sonderseite Palatina Buch vom 03. Februar bringt als Zitatwort den Dialektizismus "Bajasse" (laut Pfälzischem Wörterbuch soviel wie "Hampelmänner") in einer Buchrezension. Ein Artikel ist dem auch schon in der FP zu Ehre gekommenen Londoner Pfälzer Arno Reinfrank gewidmet. Darin wird ein Lyrikband in Standardsprache und ein heiteres Dialogbuch, das zum Teil mundartlich ist, rezensiert. Auch am 10. August erscheint die Seite. Eine Rezension beschäftigt sich mit einem Buch über pfälzische Uz- und Necknamen. Die andere Rezension ist über das Buch Iwwerall anne - Nohgedichteltes vum Heinrich Kraus. Bis auf den Autorennamen steht der Titel auch in den Überschriften. Es handelt sich um ein Buch mit Übersetzungen klassischer Texte und historischerAussagen ins Pfälzische.

Auch das Feuilleton verweist auf die Existenz des Pfälzischen. Am 20. Januar werden Redeauszüge eines Publizisten veröffentlicht, am Schluß steht ein regionalbezogenes Mundartzitat, welches identitätsstiftende Wirkung hat, aber zugleich humorvoll ist: "Ja, mir Pälzer", sagt er, "do gucker ner, ihr Preiße." Im nicht untersuchten Monat Juni erscheint eine Polemik des in der Pfalz bekannten Mundartdichters Bauer über die pfälzische Dialektdichtung. Die RP griff den Text auf und stellte ihn zur Diskussion, ohne selbst Stellung zu nehmen. Angegeben wurde, daß man sich Leserreaktionen erhoffe. Damit initiierte die Redaktion eine Diskussion über Mundartdichtung.

Eine Feuilleton-Sonderseite mit elf Leserbriefen erscheint am 9. Juli unter der Überschrift Adschee Palz! Die Unterüberschrift ist ebenfalls pfälzisch, sie stammt aus einem Gedicht, das ein Leserbriefschreiber sandte: "Ab wann häddschdes gern jabanisch?" Die Redaktion gibt an, daß gekürzt wurde und daß längere Gedichte innerhalb der Zuschriften, die sich nicht direkt auf das Thema bezögen, aus Platzgründen nicht veröffentlicht werden könnten. Eine Radierung mit einem umstrittenen Bauer-Gedicht ("Do de Dom...") lockert die Seite auf. Die Seite ist verkleinert im Anhang als Dokument 15 zu finden. Die Zuschriften sind überwiegend kritisch bezüglich der Bauer-Polemik. Ein Leserbrief ist ein ironisches Mundartgedicht. Ein Kaiserslauterer betont in seinem Schreiben die eigene Geschichte und Entwicklung der Mundartdichtung und erinnert daran, daß sie immer herabgesetzt, oft verhindert worden sei. Der Landauer Dichter Wolfgang Diehl meint, es gebe zur Zeit nur wenige Verlage, die Mundartdichtung herausgeben. Auch werde nirgends halbwegs ausführlich über Dialektdichtung informiert, was einer Kritik an der RP gleichkommt. Er schreibt weiterhin, daß seiner Meinung nach kein Bedürfnis nach ansehnlichen Mundartwerken Pfälzer Autoren bestehe. Es gebe kein literaturpflegendes Zentrum und keine eigenen Medien in Rheinland-Pfalz, klagt er - ein literarisches Leben werde so behindert. Die pfälzische Dialektdichtung sieht er - im Gegensatz zu Bauer - als recht anspruchsvoll und ansprechend an. Sein Brief endet mit Adschee Palz!, weil er vermutet, daß Dialekt in 20 Jahren nur noch von Analphabeten gesprochen wird, wenn der Fortschritt der Schule im angesagten Tempo fortschreitet. Das Problem mit der Mundartdichtung löse sich daher von selbst.

Eine Leserin schreibt, die Sprachform sage nichts über die Qualität eines Gedichtes aus, ein gutes Gedicht kann in Hochdeutsch oder in Mundart abgefaßt sein. Ein anderer Leser lobt die von Bauer kritisierten Dichterwettstreit-Juroren dafür, daß sie das Pfälzische erhalten und pflegen. Rudolf Post, Mitglied der Jury des Bockenheimer Mundartwettstreits, gibt bekannt, daß jährlich rund 150 Gedichte eingesandt würden. Die Doktorandin Anke Denzer analysiert die Sprachsituation in der Pfalz in ihrem Brief mit wissenschaftlichen Termini: Die heutigen sozialen Bedingungen bringen ein bestimmtes Sprachverhalten mit sich, das der regionalen Umgangssprache beziehungsweise dem Standard immer öfter den Vortritt läßt. Um den Dialekt zu erhalten, müsse auch das jüngere Publikum angesprochen werden. Sie verweist auf den Mundartrock der Kölner Gruppe "Bap" mit ihren kritischen Texten. Die Briefe geben nicht nur eine Beschreibung der Dialektliteratur, sondern (teilweise indirekt) auch eine Zustandsbeschreibung des Dialektsituation. Manche können als Zeugnis für Vitalität, andere für abnehmende Vitalität des Pfälzischen gelten. Immerhin ist eine lebendige Diskussion über das Thema möglich, was auf ein Interesse an sprachlichen Fragen schließen läßt.

Der Streit ist damit aber nicht beendet, weiter geht es am 21. Juli. Eine dreiviertel Seite mit der Überschrift Es sin Gschmackssache, hat de Aff gsaat... besteht aus vier zum Teil recht langen Leserbriefen. Ein Obrigheimer bricht eine Lanze für den Dialekt und kritisiert den ideologischen Charakter unserer Werteskala der Sprachen und Dialekte, als Beispiel bringt er die Diskreditierung des Pfälzischen als "die Sprache Kohls". Der zweite Brief ist ein Mundartgedicht, das sich mit Bauers Lyrik auseinandersetzt. Der dritte Brief stammt von der Herausgeberin eines Mundartbuches, zeilenlang werden Lieder auf pfälzisch und eines auf österreichisch zitiert. Leserbrief Nummer vier versucht Verständnis für heimatlobende Dialektlyrik zu wecken. Auch hier wird mehrfach Mundart zitiert. Auf der gleichen Seite erhält der gescholtene Dichter Bauer Gelegenheit zur Entgegnung, wobei er seinen eigenen Standpunkt teilweise revidiert.

Eine Woche später, am 28. Juli, findet die Diskussion ihre Fortsetzung. Eine Redakteurin beschreibt in ihrem Artikel die Meinung des Förderkreises Mundarttage Bockenheim und der Vertreter der Gemeinde Bockenheim. Einen Tag darauf schreibt wiederum Bauer eine Antwort, in der er seine Ansicht, die pfälzische Mundartdichtung sei zu einem großen Teil langweilig, wiederholt. Am 4. August wird in einer Meldung die Aussage Bauers bestätigt, daß der bekannte Mundartdichter Böshenz Mitglied der NSDAP war. Am 9. August wird gemeldet, Bauer nehme in einer SWF-Sendung Stellung. Die Überschrift der Meldung (TV-Mundartstreit) ist sinnentstellend, da es kein Streit um Mundart an sich ist. Einen Tag später wird die Begründung Bauers für die Rückgabe eines Dichterpreises abgedruckt. Am 27. August erscheinen noch einmal zwei Leserbriefe zu dem Thema. Einer ist ein Dialektgedicht zur Diskussion über Bauers Thesen, der zweite weist die These zurück, bei den Gedichten der Mundarttage in Bockenheim sei eine rechtsnationale Tendenz zu erkennen.

Da wir gerade Leserreaktionen im Feuilleton besprochen haben, wird direkt ein Blick auf die weiteren Leserbriefe geworfen. Zur Debatte um die Mundartdichtung erschienen insgesamt 17 Leserreaktionen. Weiterhin erscheint am 12. Februar ein Brief zu einem Dialektgedicht in der Zeitung "Sonntag aktuell", der sich mit einem sprachlichen Ausdruck beschäftigt. Ein Brief am 26. Februar ist eine Reaktion auf einen Kommentar, dessen Inhalt im nächsten Absatz besprochen wird. Der Schreiber meint, das Fernsehen habe einen enormen Einfluß auf "Dialekt-Hitparaden". Er verlangt Authentizität auch in der Sprache. Der Südwestfunk versage total, wenn es darum gehe, die regionale Sprachform bundesweit bekannt zu machen. Er verweist auf die Tatortkrimis aus anderen Regionen, in denen auch Dialekt zu hören sei, während beim SWF offensichtlich Mundart-Verbot herrsche (Dokument 16 im Anhang).

Ein Leserbrief am 16. Juli enthält ein kurzes mundartliches Zitat. Daß für echte Pfälzer der Dialekt die normale Alltagssprache ist, zeigt ein Brief vom 27. August. Die Schreiberin, die sich als "Norddeutsche" bezeichnet, die mit der Fremdsprache "Pfälzisch" zu kämpfen habe, hat folgende Erfahrung gemacht: Das Nachfragen bei Nichtverstehen habe ich mir schnell abgewöhnt, denn ein Pfälzer wiederholt das Gesagte zwar freundlich und lauter, aber weiter im Dialekt, nach dem Motto: der Fragende kann nur taub sein. Sie meint, Dialekte besäßen ihren Charme, ist aber ob des Nichtverstehens unzufrieden. Scherzhaft (oder nur linguistisch unkundig?) beendet sie ihren Brief: Allah hopp (hoffentlich hat Allah genügend Kondition). Allez hop. Der Leserbrief ist als Dokument 17 im Anhang zu finden. Laut dieser in Burrweiler wohnhaften Nichtpfälzerin schalten die Pfälzer nicht automatisch gegenüber Zugereisten auf andere Sprachformen um, was für ein sprachliches Selbstbewußtsein sprechen könnte. Insgesamt sind also 21 Leserdokumente abgedruckt, die unser Thema berühren. Ohne die Bauer-Debatte und das Zitat wären es allerdings nur drei gewesen.

Auf der Seite Funk und Fernsehen findet sich am 16. Februar ein bemerkenswerter Kommentar, der sich kritisch mit den Tatortkrimis aus Ludwigshafen auseinandersetzt. Die Überschrift des schon auf der Titelseite angekündigten Textes lautet "Palz, halt die Gosch". Der Kommentar ist nicht ganz frei von negativer Einstellung gegenüber fremden Varietäten: Im Saarland-Tatort gebe es gnadenlos den kohlenstaubverräucherten Dialekt, von den Weißwurst-seligen Klängen aus Bayern mag die Journalistin erst gar nicht reden. Der Ton des Ludwigshafener Tatortkrimis glänze antiseptisch und standardsprachlich-steril. Sie vermutet als Maxime der Drehbuchautoren Proletarierstadt ja, aber bitte keine proletarische Sprache, von wegen des tollen Tons. Das Nichthören des Pfälzischen sei dis-krimi-nierend. Dieser dialektfordernde Kommentar zeigt die redaktionelle Verbundenheit mit dem Pfälzischen, er ist im Anhang als Dokument 18 zu finden. Ein Leserbrief dazu erscheint einige Tage später, er ist bereits besprochen worden.

Um Mundart im Fernsehen geht es auch in einem Mitarbeiter-Artikel am 22. August mit der dialektfreundlichen Überschrift "In der Mundart liegt die Würze". Der Autor meint zu Beginn, daß der rheinland-pfälzische Sprach- und Kulturraum mit seinen vielfältigen Dialektfärbungen (...) bei den TV-Theaterproduktionen bisher mehr als stiefmütterlich behandelt worden sei. Berichtet wird über die Entscheidung des SWF, Mundarttheater zu senden. Ein Dialektstück in Ludwigshafen sei kürzlich aufgezeichnet worden, ein Frankenthaler folge noch. Auch hier zeigt sich wieder, daß die RP sich für regionale Sprachformen einsetzt. Gleichzeitig wird indirekt das geringe interregionale Prestige des Pfälzischen erkennbar. Wäre es angesehen, müßte nicht gefordert werden, daß es im Fernsehen endlich einmal zu hören ist.

Mundartliches auf der Titelseite gibt es nicht, sieht man von der Vorstellung der ersten Elwetrittche-Telefonkarte ab (3. Februar). Auf den Tatort-Kommentar wird am 16. Februar verwiesen: Auch im sechsten SWF-"Tatort" aus der Pfalz wird nicht pfälzisch gesprochen. Kurze Ankündigungen zum Streit um die Bauer-Polemik gibt es mehrmals. Am 9. Juli ist Reaktionen auf Mundartschelte zu lesen, am 21. Juli nennt sich die Ankündigung Mundart-Streit Teil zwei und am 28. Juli schreibt die RP Weiter Streit um Mundart. Mangels Platz auf der Titelseite ist die Überschrift immer sinnentstellend, denn es wird nicht um die Mundart gestritten, sondern um die Mundartdichtung. Zumindest weist die erste Seite auf die Existenz eines Dialektes in der Region hin. Am 23. August wird über den Beginn der Weinlese berichtet. Im Text tauchen die begriffe "Neue(r)" und "Bitzler" auf, die im Duden zwar nicht vorkommen, aber auch nicht mundartlich sind. Ich möchte sie als Regionalismen verstehen.

Auf der samstags erscheinenden Seite Kurzweil kommt dann und wann das Thema Dialekt vor. Am 29. Januar wird der Name Februar erklärt und auf die regionalen Wörter für den Monat, "Spörkel" oder "Spürkel" hingewiesen. Über den Mundartdichter Eugen Hamm heißt es am 5. Februar, er habe ein ganz besonderes Verhältnis zum Pfälzischen entwickelt. Der Mundartdichter Bauer antwortet in der Rubrik "Nachgefragt" am 23. Juli. welcher Versuchung er nicht widerstehen könne: Manchmo vordapälzisch redde, obwohl ich vun Lautre bin.

Die Sonderseite Das Essay erscheint am 8. Februar. Hier ist ein Aufsatz über Bauerntum, Sprache und Kultur zu lesen, in dem auch pfälzische Wörter und ein Mundartzitat vorkommen. Der Autor, der Publizist Günter Barudio, betont darin, daß jede Mundart eine eigene Sprache ist, sie sollte nicht gegen die geltende Hochsprache ausgespielt werden.

Die freitags erscheinende Informationsseite Freizeit-Tips berichtet am 15. Juli über den ADAC-Heimatwettbewerb, bei dem es um die Spitznamen pfälzischer Orte und deren Bewohner geht. Mehrere solcher dialektaler Uznamen werden genannt. Am 12. August wird auf einen Wettbewerb im Grumbeerschäle hingewiesen. Die Sonderseite Video berichtet am 5. Juli über ein Pferdle-und-Äffle-Video. Der Text erwähnt die Figur "Schlabbinche", die der kurpfälzischen Komponente im Ländle zu ihrem Recht verhelfe.

Dialekt kommt auch ab und zu auf den Sport-Seiten vor, um mehr Farbe ins allwöchentliche Sportgeschehen zu bringen. In der Kolumne "Ich bin der Meinung, daß" über Sport-Sponsoring am 22. Januar heißt es, Sportler stellten bei Vertragsverhandlungen häufig als erstes die Frage "Kummen ehr ins Fernsehe?" Da kein Bezug zu einer bestimmten Person gegeben ist, kann dies als Zeichen dafür gelten, daß unter Pfälzern Mundart die alltägliche Sprache ist, die auch außerhalb der Familie in Gebrauch ist. In der Kolumne vom 16. Juli ist das Wort "Rädel" (pfälzischer Diminutiv von "Fahrrad") zu lesen. Weiterhin ist von einer Situation die Rede, in der ein echter Pfälzer "Nor alla" (was soll’s) sagen würde. Ein pfälzischer Sportler wird denn auch mehrere Zeilen lang mundartlich zitiert.

Der ehemalige pfälzische Fußball-Nationalspieler Hans-Peter Briegel wird in der Einleitung zu einem Interview als "Walz aus de Palz" vorgestellt (29. Januar). Am 26. Februar ist von den "Betze-Buben" die Rede, gemeint sind Kaiserslauterner Basketballer. Am gleichen Tag ist zu lesen, daß die Karlsruher Bundesliga-Fußballer aus Kaiserslautern zwei "Dubbe" entführten - was die Dialektbezeichnung für "Punkte" ist. Die Kolumne "Sport-Geschichte(n)" bringt am 8. Juli einen Seufzer im Dialekt ohne regionalen Bezug. Eine Fußballmannschaft, in der prominente Pfälzer mitspielen, nennt sich Pälzer Ausles. Dieser Name wird ohne Anführungszeichen in der Überschrift und zweimal im Text eines Beitrages am 9. August verwendet. Am 23. August ist wieder von der "Walz aus de Palz" und vom "Betze" die Rede. Die Sonderseite Sport im Bild vom 25. Februar bringt Fotos mit spaßigen Bildunterschriften, eine der sieben enthält ein pfälzisches "Zitat".

In bezug auf die Mantelredaktion kann gesagt werden, daß sie das Pfälzische in verschiedener Weise (Kommentar, Wortkunde, Witz) fördert und gegen interregionale Stigmatisierung verteidigt. Leserbriefe lassen erkennen, daß Mundart in der Pfalz nicht negativ angesehen ist.

5. 8. Pfälzisch im Lokalteil

Im Lokalteil gibt es zahlreiche mundartliche Zitate, auch Dialektizismen kommen häufiger vor. Aus Platzmangel wird das oft nur angeführt, ohne das Zitat oder die Dialektbegriffe vollständig zu erwähnen. Zu Jahresbeginn ist durch die Fastnacht des öfteren Mundartliches in Artikeln und Überschriften zu finden, da Büttenreden, Sitzungsmottos und sogar Vereinsnamen größtenteils dialektal sind. Der Karnevalsverein Derkemer Grawler wird am 3. Januar erwähnt, meist wird kurz von Grawler(n) gesprochen. Einen Tag darauf findet sich das Mundartwort "Unterbuxen". Am 11. Januar ist von einem anderen Fastnachtsklub die Rede: Gönnheimer Woigorgler oder kurz Woigorgler. In der gleichen Ausgabe findet sich das Motto eines Maskenballs: "Ramba Zamba, Wachrem tanzt Samba" ("Wachrem" ist die Dialektform des Ortes "Wachenheim"). Am selben Tag findet sich Mundartliches auch in der täglichen Glosse. Es geht um die Schwierigkeiten beim Besprechen des eigenen Anrufbeantworters, schon die Überschrift ist pfälzisch: "Mir sinn ned dehääm". Dem Autor macht unter anderem die gute Pfalz, sprich seine Mundart zu "schaffen". Immer wieder bricht die wahre Muttersprache durch, eigentlich sollte man ja gleich "Mir sinn ned dehääm" draufsprechen, meint der Glossenautor. Hier wird ironisch auf den Zwang zur Standardsprache in formalen Situationen hingewiesen, was für einen mundartsprechenden Pfälzer eben nicht so einfach ist. Die Glosse zeigt aber auch, daß deshalb noch lange kein Schamgefühl auftaucht.

Groß wird am 17. Januar über die Prunksitzung des Wachenheimer Karnevalsvereins Stopperzieher berichtet. Mundartlich sind einige Ausdrücke, Kurzzitate und die Überschrift: "Ganz Wach’rem uff de Schipp". Zu Gast waren dort auch die Fastnachter der "Obbarer Dambnudle" aus Ludwigshafen-Oppau. In einem weiteren Artikel über das närrische Treiben ist das Motto "un der Rat, der werd net schlau" zu lesen. In einer Umfrage über die Kirchensteuer am 22. Januar wird ein 53jähriger kurz dialektal zitiert. Am 25. Januar erscheint eine Meldung über ein Schlachtfest mit Pfälzer Mundart, bei dem jedoch die "Pfälzer Metzelsupp" (Wurstsuppe) im Mittelpunkt steht. Ein sehr altes Bad Dürkheimer Gedicht wird am 29. Januar veröffentlicht, das an manchen Stellen die regionale Herkuft verrät. Zwei authentische Dialekzitate sind in der Glosse am 31. Januar zu finden, in der es um Grünkohl geht.

Ein Dialektzitat ist am 1. Februar in einem Artikel über eine Kinderprunksitzung zu lesen. Am gleichen Tag wird berichtet, eine Weinprinzessin habe bei einer Veranstaltung alle "Storzelcher" geleert. Pälzisch lerne lautet die Überschrift einer Meldung am 2. Februar. Zu erfahren ist, daß die Volkshochschule Freinsheim zu einem Sprachkurs "Uff pälzisch Pälzisch lerne" einlädt, und zwar, so wird wohl die Pressemitteilung zitiert "(...) fer Afänger unn Fordgeschriddene und die, die’s schunn beherrschen". Leiter des Kurses ist ein Mundartdichter. Bemerkenswert ist hier allein die Tatsache, daß ein solcher Kurs existiert - was durchaus von sprachlichem Selbstbewußtsein in der Region zeugt. Als "Darmol-Männel" sei ein Büttenredner früher aufgetreten, informiert ein Artikel am 5. Februar. Die Bezeichnung "Pälzer Krott" (hübsches Mädchen) gilt einer Dame, die an einer Prunksitzung teilnahm, so wird am 7. Februar informiert. Einen Tag darauf erscheint ein Leserbrief, in dem das Wort "Wässerle" verwendet wird. In der selben Ausgabe wird wieder über eine Prunksitzung berichtet, diesmal die der "Gönnheimer Woigorgler". Dort habe es ein "Dorfgebabbel" von Schorsch und Bawett gegeben, daneben ist auch noch ein Dialektzitat zu lesen. Die Glosse am 10. Februar ist mit Wie de Deiwel (Wie der Teufel) überschrieben. Darin geht es um Fastnachtsbräuche, auch werden die Begriffe Fastnacht, Karneval und Fasching erklärt. Mehrere Dialektzitate lassen die frühere Zeit wiederaufleben. Die Glosse ist im Anhang als Dokument 19 zu finden. Am 14. Februar taucht erneut ein schon zitiertes Fastnachtsmotto als Überschrift auf.

Eine Karikatur, die lokale Verkehrspolitik aufs Korn nimmt, hat als Kommentar einen Dialektsatz, weil es normale Bürger sind, die ihn sagen. Diese Karikatur vom 15. Februar ist im Anhang als Dokument 20 zu finden. Einen Tag darauf erscheint eine Sonderseite mit Bildern von Fastnachtsumzügen. Von zehn Fotos haben drei eine Dialektunterschrift, eine davon ist der Umzugsfigur Helmut Kohl in den Mund gelegt, die zur Figur Norbert Blüm meint: "Gucke mol Nobbi, wie ich in Derkem beliebt bin". In einer vierten Bildunterschrift ist von Pfälzer Grumbeere die Rede. In einem Artikel über einen Umzug werden die Mundartwörter Gutsel (Bonbon) und "heeße Grumbeere" benutzt. In einem weiteren Bericht wird der Gönnheimer Schlachtruf "Gennem helau!" zitiert. Kamingespräche in "Pälzer Sprooch" lautet die Überschrift eines Artikels am 21. Februar, der sich mit einer Lesung des Mundartdichters Bruno Hain beschäftigt. Der Journalist verwendet die Begriffe "pälzisch" und "Pälzer Sprooch" anstelle der Standardvokabeln. Zitiert wird ein Mundartsatz des Dichters und mehrere Gedichttitel. Der Dialektizismus "knoddre" (meckern) taucht am 28. Februar in der Glosse auf, die sich mit einem lokalen Thema beschäftigt.

Der Kulturkalender weist am 1. Juli auf die Speyerer Mundartposse "De erschte Schmatz" hin. In einer Zitatkolumne wird am 8. Juli ein nicht ganz ernst gemeinter mundartlicher Ratschlag eines Kommunalpolitikers bei einer Beigeordnetenwahl zitiert. Am 19. Juli wird die Fahrt eines Kuckucksbähnel(s) gemeldet. Der Lustspieltitel So än Schlawiner wird als Überschrift für eine Meldung am 22. Juli über das Lustspiel benutzt, am 27. wird es erneut erwähnt. In der Glosse vom 26. Juli wird ein Jugendlicher pfälzisch zitiert, was darauf schließen läßt, daß auch unter Jüngeren noch Dialekt benutzt wird. Dieselbe Ausgabe berichtet über das Boule-Spiel, bei dem es eine "Cochon" oder auf gut pfälzisch "Sau" gebe. Auf den Mundartdichterwettstreit in Bockenheim wird am 27. Juli hingewiesen. Ein Großmarkt-Versteigerer wird am 30. Juli mundartlich zitiert: "Kenne mer afange?" Dies zeigt, daß so mancher Pfälzer auch in öffentlichen Situationen seine Herkunft nicht zu leugnen versucht.

Mundart kommt häufiger wieder im Zusammenhang mit den Kirchweihfesten, in der Pfalz "Kerwe" genannt, vor. Am 1. August wird jemand als "Derkemer Original" bezeichnet, im gleichen Artikel ist von "Kerweredd" die Rede. In zahlreichen Artikeln und Überschriften kommen Zusammensetzungen mit "Kerwe" vor, teilweise als Dialektizismen (Kerwered, Kerweparre), teilweise als Regionalismen (Kerweplatz, Kerweredner). Aus Platzmangel kann ich diese nicht aufführen. Am 4. August ist das Wort "Gutselwerfen" zu lesen. Am gleichen Tag wird über den Bad Dürkheimer Mundartpoeten Helmut Metzger berichtet. Vorgestellt wird eine neue Tonbandkassette mit seinen Werken. Mehrere mundartliche Zitate und Begriffe werden im Text, der im Anhang als Dokument 21 zu finden ist, verwendet. Damit wird der Artikel sprachlich aufgelockert und Bezug zur Sprache des Dichters hergestellt. In der Unterüberschrift ist auch der Kassettentitel zu erfahren: "G’sunge un gelacht" (...) Über einen gebürtigen Bad Dürkheimer wird am 5. August berichtet. Jener, der jetzt in den USA lebt, wird dialektal zitiert - in US-akzentfreiem Pfälzisch, wie der Autor hervorhebt.

Ein Jugendtreff nennt sich "De Saftlade", am 10. August ist der Name mehrfach in einem Artikel zu lesen. Am 13. und 22. August wird über den scheidenden Weisenheimer Bürgermeister Otmar Fischer berichtet. Dieser habe sein erstes Buch herausgegeben, in dem auch Mundartlyrik vorkommt. Es trägt den in der Pfalz sehr bekannten Spruch "In de Palz geht de Parre mit de Peif in die Kärsch" als Titel. Kurpfälzischer Dialekt in aller Munde lautet die Überschrift eines Artikels über die neue Spielzeit des Mannheimer Oststadt-Theaters, der am 15. August erscheint. Der Theaterleiter wird zitiert, daß sich das Haus zur Aufgabe gestellt habe, den kurpfälzischen Dialekt "aus seiner Isolierung herauszuholen und bundesweit bekannter zu machen". Zwei kurpfälzische Mundartstücke werden erwähnt. Wenn im Bad Dürkheimer Lokalteil ein solcher Bericht über Mannheim erscheint, kann das durchaus als Mundartförderung seitens der Redaktion angesehen werden. Angedeutet wird mit dem Wort "Isolierung" das wohl nicht sehr weit reichende Prestige des Kurpfälzischen. Die Glosse der gleichen Ausgabe hat die Mundartüberschrift "De Werzwisch". Der Anfang des Textes ironisiert die Sprachebenen im Deutschen: "De Werwisch" heißt auf hochdeutsch Würzwisch und noch hochdeutscher Würzkrautweihe. Auch vom "Gehannskraut" ist in der Glosse die Rede.

Eine Dialektüberschrift hat ein Artikel über eine Kerweredd am 16. August: "Ohne Ungschdä wär ganz Derkem nix". Gemeint ist, daß der Stadtteil Ungstein ein wesentliches Element der Stadt Bad Dürkheim ist. Im Text wird mehrfach aus der Dialektrede zitiert, man erfährt auch etwas über die ortsübliche Sprachform: "In Ungschdä drickt mer’s pälzisch aus, was so bassiert von Haus zu Haus". Der Artikel ist im Anhang als Dokument 22 zu finden. Auch aus dem Hinweis einer Meldung am 17. August erfährt man, daß die alltägliche Sprache in Bad Dürkheim und Umgebung nicht unbedingt die Standardsprache ist. Über einen Bankräuber heißt es da, es habe sich um einen hochdeutsch sprechenden Mann gehandelt. In einem Kerwe-Artikel am 19. August ist die Dialektpredigt des Bad Dürkheimer Originals, des "Parrer mit de Peif" erwähnt, am 23. August wird er mundartlich zitiert, vor mehr als tausend Zuhörern habe er eine seiner besten Mundartpredigten gehalten. Der Bericht bezeugt die Beliebtheit pfälzischer Mundartdarbietungen. Ebenfalls am 23. August ist eine mit Pfälzisch angehaucht überschriebene Meldung zu finden, die auf die Veranstaltung "Lieder, G’schichde und Gedichte" hinweist, deren Darbietungen überwiegend "in Pälzisch" seien. Am selben Tag gibt es noch mehr Dialektales im Lokalteil: In der Glosse und in einem Kerwebericht wird mundartlich zitiert, in einem Artikel werden regionale Speisen im Dialekt erwähnt.

Am 24. August wird eine Veranstaltung mit dem Pfälzer Liedermacher Peter Schraß angekündigt, dessen Mundartprogramm unter dem Motto "Lieder, Gschichde, Gedichde" stehe. In der gleichen Ausgabe wird ein Freinsheimer Winzer mit seinem Dialekt-Leitspruch zitiert. Pfälzische Gerichte werden am 26., 27. und 29. August erwähnt: "Grumbeersupp", "Fleeschknepp", Bruzzelfleisch. Am 29. August wird in zwei Artikeln mundartlich zitiert, in Unterüberschriften tauchen die Ausdrücke "Kerweborsch" und "de Parrer mit de Peif" (exakt so!) auf. Am 30. August wird in einem Bericht Dialekt zitiert, ein anderer Artikel zitiert aus einer Kerweredd regionale Umgangssprache, was zeigt, daß es diese Varietät in der Pfalz gibt: "Doch, was solls, s’iss doch Spaß, drum lacht ihr Leut’ und trinkt auch was". Die Verabschiedung des Ungsteiner Ortsvorstehers im Bad Dürkheimer Rathaus, wird in einem Text am 31. August thematisiert. Der Mann wird in Überschrift und Text "Ungstääner" genannt, woraus geschlossen werden kann, daß es sich um einen Mann handelt, der seinem Ort und der Mundart verbunden ist.

Die Ausführungen zeigen deutlich, daß Dialektbegriffe und -zitate vor allem während der Höhepunkte des regionalen Kulturlebens vorkommen. Mundart wird nämlich öffentlich bei Fastnachtssitzungen und bei Kerwereden verwendet. Die Presse zitiert daraus, um einen authentischen Eindruck von der Veranstaltung zu bieten. Es zeigt sich auch der sprachprägende Einfluß der Veranstalter: Nennen sie die Programme mundartlich, so werden die Namen in die Öffentlichkeit getragen und benutzt, als seien sie gar kein Dialekt mehr, sondern Standardsprache. Weiterhin kann gesagt werden, daß es eine gewisse Dialektvitalität gibt, Personen verschiedener Funktionen und verschiedenen Alters werden mundartlich in der RP/BDZ zitiert. Zwar ist kein eindeutiges Prestige, aber auch kein Stigma des Pfälzischen im Lokalteil zu erkennen, dafür aber ein gewisses sprachliches Selbstbewußtsein.

5. 9. Anzeigen im Dialekt

Eine lokale Anzeige auf pfälzisch erscheint am 18. Januar, sie ist im Anhang als Dokument 23 abgebildet:

De Urlaub is’ rum,

die Wutz is’ fett

drum musse weg!

Eine Weinkellerei aus Weisenheim/Berg bietet am 4. Februar das Gericht Pfälzer Fleeschknepp. Eine mundartliche Glückwunschanzeige findet sich am 12. Februar, sie ist im Anhang als Dokument 24 zu finden.:

Ihr liewe Leit

es werd wohr, de

Horst-Dieter Fingerle

werd morje 35 Johr.

(...)

Am 28. Februar wird in einer Anzeige auf einen Mundartschwank in Kaiserslautern hingewiesen. Eine Anzeige am 29. Juli weist auf ein Wein- und Gartenfest in Bad Dürkheim hin, eines der Angebote der Veranstaltung ist ein pfälzisches Essen: Grumbeersupp un Quetschekuche. Im August erscheinen einige Anzeigen, die auf Kerwen hinweisen und dabei auch Mundartbegriffe wie Kerweredd’ oder Kerwegass’ - so am 12. des Monats - verwenden. Ein Weingut wirbt am 19. August mit dem Hinweis, es werde bei ihm Unterhaltungsmusik mit’m Helmut vunn Munnerem geben. Am gleichen Tag erscheint auf der Seite Südwestdeutsche Zeitung eine Anzeige, die für die Weisenheimer Landkärwe nach alter Tradition (in redaktionellen Texten wird immer "Kerwe" geschrieben) wirbt. Die Annonce, in der mehrere Dialektsätze vorkommen, ist im Anhang als Dokument 25 zu finden. Am 26. August erscheinen erneut Kerwe-Anzeigen mit den entsprechenden Kerwe-Zusammensetzungen. In der gleichen Ausgabe wirbt eine Bäckerei, die sich Backstubb nennt, weiterhin bietet ein Weingut "Grumbeer-Knep" an und eine Tankstelle wirbt mit einem Kinderkarussell "fer umme" (umsonst). Eine Ludwigshafener Bäckerei bietet am 31. August in eigenwilliger Rechtschreibung Pfälzer Quetsche Kuchen an.

Eine Werbung des Bezirksverbandes Pfalz, die eine ganze Sonderbeilage ausmacht, erscheint am 26. August. Darin befindet sich ein Artikel über den Wald, in dem es scherzhaft Uff die Bääm, die Waldwacht kummt heißt, was analog zum Spruch "Uff die Bääm, die Pälzer kummen" gebildet wurde. Auf der gleichen Seite ist ein Mundartgedicht Michael Bauers abgedruckt, das den Titel Wo ich herkumm trägt. Es paßt zum genannten Artikel, denn Bauer stammt aus dem Pfälzer Wald.

Auch bairisch kommt im Anzeigenteil der RP/BDZ vor, was wiederum auf das interregionale Prestige des Bairischen zurückzuführen ist. Am 24. Januar bietet eine Supermarktkette: Org. Bayerischer Leberkäs. Eine andere Supermarktkette wirbt am 3. Februar mit Leberkäs. Ein Ludwigshafener Sportgeschäft benutzt in seiner halbseitigen Anzeige am 29. Januar ebenfalls bairisch. Gell, da schaugst. Am 1. August bietet eine Weisenheimer Weinstube folgendes: Zünftige Stimmung, Bayern Spezialitäten und a guats Weizenbier vom Faß.

Schwierigkeiten beim Umgang mit Dialekt scheint es beim Elektronikmarkt "Media-Markt" zu geben. Aus der CD des saarländischen Kabarettisten Gerd Dudenhöffer "Sie müsse entschuldiche" macht man in einer Großanzeige das standardsprachliche Sie müssen entschuldigen und schreibt dabei auch noch den Namen des Interpreten falsch (15. August). Möglicherweise hat eine unkundige Person den Titel für unrichtig gehalten und ihn "verbessert". Korrekt ist die Werbung für dieselbe CD am 4. August.

Alles in allem wird nicht sehr häufig pfälzische Mundart in Anzeigen verwendet, woraus man fehlenden mundartlichen Stolz schließen könnte. Anscheinend ist der Dialekt nicht sehr werbewirksam, wenn man von den Bezeichnungen für regionale Speisen einmal absieht.

5. 10. Gibt es eine schriftliche Regionalsprache?

Auch für die Pfalz kann nicht die Rede von einer schriftlichen Regionalsprache sein, doch läßt sich durch die Lexik die Region eher erkennen als bei der Region Sachsen/Vogtland. Die regionalen Kennwörter für Ludwigshafen sind Metzger, Schreiner, Samstag, gelbe Rübe/Karotte, Lauch, Bub, Putzfrau, Fasnacht, Weck/Brötchen. Was die Berufe betrifft, so dominiert das Wortfeld Metzger das Wortfeld Fleischer und der Schreiner noch eindeutiger den Tischler - angemerkt werden muß, daß die nördlicheren Varianten Fleischer und Tischler die bundeseinheitlichen Handwerkernamen (vgl. BESCH 1972) sind und schon deswegen auch im Süden vorkommen. Die Reinigungsperson wird vor allem Putzhilfe genannt, daneben aber auch häufig Putzfrau und Reinemachefrau. Einen Sonnabend gibt es in der Pfalz überhaupt nicht, es kommt nur der Samstag vor. Für die "fünfte Jahreszeit" wird hauptsächlich das Wort Fasnacht gebraucht, weniger kommen die Begriffe Fasching, Karneval und Fastnacht in der RP/BDZ vor. Die anderen Kennwörter haben nicht den Stellenwert, der sie zu Kennwörtern macht. So wird die nichtpfälzische Möhre der Karotte gegenüber bevorzugt, eine gelbe Rübe taucht überhaupt nicht auf. Auch der Porree kommt häufiger vor als der zu erwartende Lauch. Der Weck kommt nur in einer speziellen Form in Bad Dürkheim vor, ansonsten wird nur das Wort Brötchen verwendet. Bub und Junge werden gleichsam benutzt, die letztere, nördliche Variante ist aber häufiger anzutreffen. Man stellt aber einen semantischen Unterschied der beiden Varianten fest. Buben wird oft im Sinne von Jungs, Kerle verwendet und nicht im Sinne von Jungen. Weitere regionale Begriffe wie Wingert, Hähnchen, Schnake, die zahlreichen Zusammensetzungen mit Kerwe sowie regionale Gerichte und regionale Getränkebegriffe wie Schoppen und Schorle lassen durchaus eine Verortung im Südrheinfränkischen zu. Sowohl Anzeigenkunden als auch Redaktionsmitglieder verwenden oft nichtregionale Begriffe wie Möhre, Porree, Berliner, Fasching, Fleischer die wohl als standardsprachlich betrachtet werden. Die entsprechenden regionalen Kennwörter werden vermutlich als Nonstandard betrachtet.

5.11. Fazit

Sowohl im Lokalteil als auch im Mantelteil sind etwa 70 Beiträge zu finden, in denen entweder Pfälzisch benutzt oder zitiert wird oder die Existenz des Pfälzischen thematisiert wird. Die gleiche Anzahl für die beiden Zeitungsteile kommt nur deshalb zustande, weil im Mantelteil über die pfälzische Mundartdichtung diskutiert wird. Betrachtet man nur die "alltägliche" Berichterstattung, so weist der Lokalteil einen höheren Anteil auf, da bei Fastnachts- oder Kerweveranstaltungen Dialekt zitiert oder benutzt wird. Überschriften und Unterüberschriften, in denen Pfälzisch vorkommt, gibt es in beiden Zeitungsteilen je knapp 20, wobei für den Mantelteil die Ein-Mundartwort-Überschriften der Serie "Pfälzische Wortkunde", nicht aber die täglich erscheinende Witz-Überschrift "Heit schunn gelacht?" mitgezählt wurde.

Die RP/BDZ vermittelt zwar in ihrer Aufmachung kein sehr starkes Pfalzbewußtsein, doch sie läßt in Kommentaren keinen Zweifel daran, daß die Region und ihre Mundart im Fernsehen mehr Beachtung verdient hätten. Damit wird eine gewisse interregionale Stigmatisierung konstatiert, gegen die verbal angekämpft wird. Intraregional besitzt der Dialekt durchaus ein gewisses Prestige, zahlreiche Zitate verweisen auf die Existenz der Mundart. Die RP fördert das Pfälzische nicht nur durch Zitate, sondern auch durch den täglichen Dialektwitz, die vierzehntägliche Wortkunde und die Initiierung einer Diskussion über pfälzische Mundartdichtung. Aussagen über die Vitalität sind nur begrenzt möglich. Deutlich angesehener ist die Standardsprache in der Öffentlichkeit, das kann man aus den wenigen mundartlichen Formulierungen in Anzeigen schließen. Abgesehen von regionalen kulturellen Veranstaltungen, scheint der Dialekt vor allem eine privat gepflegte Sprachform zu sein. Interesse am Thema Sprache/Dialekt besteht in der Pfalz auf jeden Fall, was die vielen Leserbriefe zur Mundartdichtung beweisen, die sich auch zur Mundart an sich (positiv) äußern.

Die Zeitung ist nur für den Sprachwissenschaftler als eine pfälzische zu erkennen. In der RP kommen fremde Dialekte häufig zu Wort, was auf eine postive Einstellung zu fremden Varietäten schließen läßt. Allerdings wurden in einem Kommentar andere Varietäten etwas negativ bewertet, vermutlich aus sprachlichem Minderwertigkeitsgefühl heraus.


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