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(Dissertation, angenommen an der Philosophische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster 1998)
Die Frage nach Sinn und Bedeutung des Sonntags als gemeinsamen Wochenruhetag beschäftigt seit mehr als zehn Jahren die Gemüter in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit:
Ende der 1980er Jahre wurde die Möglichkeit erweiterter beruflicher Beschäftigung an Sonntagen zum Mittelpunkt zahlreicher wirtschaftspolitischer Diskussionen. Evangelische und Katholische Kirche setzen sich bereits seit Jahren mit dem Problem sinkender Gottesdienstbesucherzahlen auseinander. 1999 wurde offensiv eine Ausweitung der Geschäftsöffnungszeiten auch auf den Sonntag gefordert; eine Fortsetzung der Kontroversen ist gewiß.
Publikationen über den Sonntag behandeln die Thematik überwiegend aus theologischer, juristischer und ökonomischer Sicht. Sie vernachlässigen meist die Frage danach, wie Bürgerinnen und Bürger verschiedener Altersstufen und unterschiedlicher sozialer Herkunft ihren Sonntag verlebten und heute verbringen, bzw. welche Signifikanz dieser Wochentag für sie hat bzw. hatte.
Die volkskundliche Dissertation über "Die kulturelle Gestaltung des Sonntags im 20. Jahrhundert" geht diesen Fragen unter dem Aspekt des Wandels sonntäglicher Gewohnheiten und Ausgestaltungen nach. Zur Bestimmung der gegenwärtigen Position des Sonntags bietet die Abhandlung eine "Bestandsaufnahme" des erlebten Sonntags in diesem Jahrhundert. Sie basiert nach Methoden der "Oral History" auf Tiefeninterviews mit 83 Personen evangelischen Glaubens, die in drei ausgewählten Gemeinden im Raum Herford geboren wurden und dort möglichst ihr gesamtes Leben oder zumindest den größten Teil davon verbracht haben. Die Reflexion über das persönliche Erleben des Sonntags seit der Kindheit macht die Veränderungen und Kontinuitäten offenbar, die diesen Tag in seinen verschiedenen Facetten prägen.
Vergleichend untersucht die Verfasserin am Beispiel einer industriell und zwei agrarisch geprägter Gemeinden einzelne Aspekte des Sonntags. In der industriell dominierten Gemeinde gehörten überwiegend Arbeiter(innen) und Angestellte zu den Gesprächspartner(inne)n, während es sich in den agrarisch strukturierten Gemeinden meist um Personen handelte, die in einem landwirtschaftlichen Haushalt aufgewachsen waren.
Der zeitliche Rahmen für die Vergangenheit wurde einerseits durch die Novellierung der Gewerbeordnung vom 1.6.1891 vorgegeben, die den ersten umfassenden staatlichen Arbeitsschutz an Sonntagen darstellte. Zum anderen begrenzte die angewandte Methode der Befragung den zeitlichen Rahmen durch die Faktoren Alter und Erinnerungsvermögen der Gesprächspartner auf das 20. Jahrhundert. Die Einschränkung auf die evangelische Bevölkerung erfolgte unter anderem, weil sich die Konzentration auf eine Konfession als zweckmäßig erwies, um im Vergleich zwischen den unterschiedlichen Alters- und Sozialstrukturen verschiedene kirchengeschichtliche und theologische Hintergründe ausschließen zu können. Eine religiöse Besonderheit bildeten jedoch die pietistischen Einflüsse der "Erweckungsbewegung", die im 19. Jahrhundert die Untersuchungsregion beeinflußt hatten.
Nach einer historischen Betrachtung des Sonntags, folgt der empirische Teil. Einleitend wird nach samstäglichen Vorbereitungen für den Sonntag gefragt. Die Gestaltung des Sonntags unter dem Stichwort "Freizeit" schließt an diese Betrachtungen, wobei den Punkten Ruhe/Entspannung und Zerstreuung/Aktivitäten besonderes Augenmerk gewidmet wird. Der religiöse Aspekt des Sonntags wird unter der Frage nach dem Kirchgang in dem darauf folgenden Hauptkapitel dargelegt. Die Bereiche Nahrung und Kleidung werden als Beispiele aus der Sachkultur auf ihre Unterschiede zum Werktag überprüft. Nach den mehr deskriptiven Passagen über den erlebten und praktizierten Sonntag, folgen Überlegungen über die Bedeutung von Arbeit am Sonntag unter Einbeziehung der Fragen nach Arbeitstabus und Ruhegeboten, um die Signifikanz des Sonntags für den Einzelnen im Kanon der Wochentage und als Abschluß des Wochenendes einzuschätzen.
Bei der Veröffentlichung handelt es sich um die ungekürzte, leicht überarbeitete Fassung der Dissertation, wie sie dem Dekanat der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vorlag. Sie enthält umfassende Interviewpassagen, in denen die Befragten sich ausführlich zu den einzelnen Aspekten äußern. Zusammenfassende Ergebnisse der Arbeit werden in einem Artikel in den "Westfälischen Nachrichten", Nr. 248 vom 23./24. Oktober 1999 ('PANORAMA. Magazin zum Wochenende', Seite 2) besprochen. Eine gekürzte Fassung der Doktorarbeit mit einer Fotoedition ist für die Zukunft geplant.
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