Strozzi, Lorenza:
In singula totius anni solennia hymni. [Hrsg.: Monti, Zaccaria].
- Parisiis: apud Dionysium Binet, 1601. - [9], 125, [6] S.; 12.
Die dichtende Nonne Lorenza Strozzi entstammte einem reichen florentinischen
Patriziergeschlecht, in dem gelehrte Bildung verbreitet war. 1514 bei Florenz geboren, wurde sie
früh den Dominikanerinnen von San Niccolò in Prato zur Erziehung übergeben. Schon mit 15
Jahren legte sie die Ordensgelübde ab. Ihr ganzes Leben lang- sie starb 1591 - widmete sie sich
im Konvent San Niccolò Übungen der Frömmigkeit sowie dem Studium der klassischen
Sprachen und Literaturen und der Musik. Bereits mit 18 Jahren verfertigte Lorenza lateinische
Gedichte. Doch erst 1587 gab sie auf Bitten von Mitschwestern und geistlichen Vorgesetzten 104
lateinische Hymnen in Prato zum Druck. Diese Gedichte feiern in der Form horazischer Oden
und frühmittelalterlicher liturgischer Gesänge die Heiligen und die Trinität nach der Ordnung des
kirchlichen Festkalenders. Sie wurden 1588 in Florenz und 1601 in Paris wieder aufgelegt.
Ebendort erschien 1604 eine französische Übersetzung mit Noten. In vielen Kirchen Italiens und
Frankreichs wurden die Hymnen der gelehrten Ordensfrau gesungen.
Die poetischen Formen der heidnischen Antike mit christlichem Gehalt zu füllen, war im
Zeitalter der Renaissance kaum weniger üblich als im Mittelalter oder in der Epoche des Barock.
Von einer schreibenden Frau wurde erwartet, daß sie das Privileg humanistischer Bildung den
Normen weiblicher Zurückhaltung und Anpassung unterwarf. Während Lorenzas Bruder Ciriaco
(1504-1560) als Universitätslehrer und Kommentator der aristotelischen Ethik und Politik in
ganz Europa großes Ansehen genoß, setzte Lorenza ihre klassische Bildung in der Stille des
Klosters in fromme Lieder um, die zunächst nur zu ihrer eigenen Erbauung und der ihrer
Mitschwestern bestimmt waren. Daß die Hymnen zuletzt doch zum Druck gelangten und ihre
Autorin rühmlich bekannt machten, zeigt, wie widersprüchlich die Einstellung der Gesellschaft
zu weiblicher Autorschaft war. Wie andere Frauen ihrer Verwandtschaft nahm auch Lorenza
Strozzi zeitweise das Amt der Priorin des Konvents San Niccolò wahr. Hatte sie in früheren
Jahren geistlichen Umgang mit den Ordensleuten Bernardino Ochino und Pietro Martire
Vermigli gepflogen, was ihr später, als diese sich der Reformation zuwandten, Gewissensbisse
verursachte, so konnte sie sich später der Freundschaft ihrer jüngeren Mitschwester Caterina de'
Ricci (1522-1590, heiliggesprochen 1746) erfreuen.
Das hier reproduzierte Exemplar des heute äußerts seltenen Textes stammt aus dem Besitz des
französischen Jesuiten François-Joseph Desbillons (1711-1789). Seine handschriftlichen Notizen
belegen, wie kritisch die Leistung einer Autorin lateinischer Sprache noch 200 Jahre später
geprüft wurde. Desbillons, als Verfasser anerkannter lateinischer Fabeln zweifellos kompetent,
spießt zwei prosodische Fehler der Dichterin auf und bemerkt dann sarkastisch, daß das Wort
"feminula", mit dem Lorenza sich selbst bezeichnet, der lateinischen Sprache zwar unbekannt
sei, die Autorin aber sehr gut charakterisiere ... Indem wir ihre Hymnen nach rund 300 Jahren
erstmals wieder reproduzieren, wollen wir nicht nur eine unabhängige Beurteilung der
sprachlichen Kompetenz und des poetische Verdienstes von Lorenza Strozzi ermöglichen,
sondern auch das seltene Dokument eines weiblichen Humanismus klösterlicher Provenienz
vorlegen.
Inhalt
- Notizen des Vorbesitzers
- Titel
- p.[*1] Widmung des Herausgebers: Zaccaria Monti, ein Neffe der Dichterin, widmet die von ihm
besorgte Pariser Ausgabe der französischen Königin Marie de Médicis, einer Landsmännin
Lorenzas.
- p.[*2/*3] Widmung der Autorin: L.S. bezeichnet ihre Hymnen als frommes Werk ohne
literarische Ambition und befiehlt sie dem wohlwollenden Schutz ihres Bischofs an.
- p.[*4/*5] Pio lectori: L.S. ist dem Wunsch gelehrter Männer nach Veröffentlichung ihrer
Gedichte nachgekommen, obwohl sie diese nicht für publikationswürdig hält. Möge ihr Beispiel
begabtere Frauen, als sie es ist, zu besseren Leistungen anspornen.
- p.[*6/*7] Carmen gratulatorium des Juristen Sébastien Roulliard aus Melun
- p.[*8] Carmen gratulatorium von Guillaume DuPeyrat aus Lyon - Errata
- p.1 In Circumcisionem Domini
- p. 2/3 In Epiphaniam Domini
- p. 4/5 In beatum Hilarium Episcopum
- p. 6/7 In beatum Antonium Abbatem - In Beatum Sebastianum Martyrem
- p. 8/9 In beatam Agnetem virginem
- p. 10/11 In eandem virginem Agnetem - In beatum Vincentium Martyrem
- p. 12/13 In Conversionem sancti Pauli Apostoli
- p. 14/15 In beatum Ioannem Chrysostomum - In beatum Ignatium Martyrem
- p. 16/17 In Purificationem beatae Mariae - In beatum Blasium Martyrem
- p. 18/19 In beatam Agatham virginem et Martyrem - In beatam Dorotheam virginem
- p. 20/21 In Inventionem pueri Iesu in Templo
- p. 22/23 In beatum Matthiam Apostolum - In beatum Thomam de Aquino O.P.
- p. 24/25 In beatum Gregorium Pontificem - In beatum Iosephum
- p. 26/27 In beatum Benedictum - In Annunciatione virginis Mariae
- p. 28/29 In beatum Ambrosium
- p. 30/31 In beatum Vincentium Confessorem O.P. - In Resurrectionem Domini
- p. 32/33 In beatum Georgium
- p. 34/35 In beatum Marcum - In beatum Petrum Martyrem O.P.
- p. 36/37 In beatos Apostolos Philippum et Iacobum - In beatum Antoninum Archiepiscopum
Florentinum
- p. 38/39 In Inventionem sanctae Crucis
- p. 40/41 In Coronam Domini - In beatam Catharinam Senensem
- p. 42/43 In beatum Athanasium Episcopum - In beatum Gregorium Nazianzenum - In
Ascensionem Domini
- p. 44/45 In beatum Servatium
- p. 46/47 In beatum Zenobium Florentinum - In Pentecosten
- p. 48/49 In Sacratissimam Trinitatem
- p. 50/51 In Eucharistiam - In beatum Barnabam
- p. 52/53 In beatum Basilium - In beatum Martialem
- p. 54/55 In beatos Martyres Gervasium et Protasium - In decem mille Martyres
- p. 56/57 In beatum Ioannem Baptistam - In beatos Martyres Ioannem et Paulum
- p. 58/59 In beatum Petrum Apostolum - In beatum Paulum Apostolum
- p. 60/61 In Visitationem beatae Mariae virginis
- p. 62/63 In beatam Margaritam virginem et Martyrem - In beatam Mariam Magdalenam
- p. 64/65 In beatum Iacobum Apostolum - In beatam Annam virginis Mariae matrem
- p. 66/67 In beatam Martham - In eandem
- p. 68/69 In eandem
- p. 70/71 In beatum Dominicum patrem nostrum - In eundem - In Transfigurationem Domini
- p. 72/73 In beatum Laurentium
- p. 74/75 In eundem - In beatum Hippolytum
- p. 76/77 In Adsumptionem beatae virginis Mariae
- p. 78/79 In beatum Abbatem Bernardum - In beatum Bartholomaeum
- p. 80/81 In beatum Ludovicum Regem - In beatum Patrem Augustinum Episcopum
- p. 82/83 In Nativitatem beatae virginis Mariae
- p. 84/85 In beatos Martyres Cornelium et Cyprianum - In beatum Matthaeum Apostolum
- p. 86/87 In beatum Mauritium
- p. 88/89 In beatos Martyres Cosmam et Damianum - In beatum Michaelem Archangelum
- p. 90/91 In beatum Hieronymum
- p. 92/93 In beatum Franciscum - In beatam Reparatam
- p. 94/95 In beatum Dionysium Areopagitam
- p. 96/97 In beatum Lucam Evangelistam - In beatam Ursulam
- p. 98/99 In beatos Apostolos Simonem et Iudam - In omnes sanctos
- p. 100/101 In beatum Martinum - In Praesentationem beatae Mariae in Templo
- p. 102/103 In beatam Caeciliam
- p. 104/105 In beatum Clementem - In beatam Catharinam virginem et Martyrem
- p. 106/107 In beatum Andream Apostolum - In beatam Barbaram
- p. 108/109 In Nicolaum Episcopum - In Conceptionem beatae Mariae virginis
- p. 110/111 In beatam Luciam - In beatum Thomam Apostolum
- p. 112/113 In Natalem Salvatoris nostri IESU CHRISTI
- p. 114/115 In eandem Nativitatem
- p. 116/117 In beatum Stephanum Protomartyrem
- p. 118/119 In eundem - In eundem
- p. 120/121 In beatum Ioannem Apostolum et Evangelistam - In eundem
- p. 122/123 In sanctos Innocentes - In beatum Thomam Archiepiscopum
- p. 124/125 In beatum Sylvestrem Papam
- Index (1)
- Index (2)
- Index (3)
Mail an MATEO
Heinz Kredel,
E-mail:
kredel@rz.uni-mannheim.de
Wolfgang Schibel,
E-mail:
Schibel@bib.uni-mannheim.de
Emir Zuljevic,
E-mail:
zuljevic@rummelplatz.uni-mannheim.de
Mannheim, 8. März 1999