[Hübner, Tobias:]


Beschreibung der Reiß, Empfahung deß Ritterlichen Ordens, ... Des Durchleuchtigsten ... Herrn Friederichen deß Fünften ...

- [Heidelberg:] Gotthardt Vögelin, 1613. - 205 (vielmehr: 195), 99 S.; 20 (von 25) Kupferfalttafeln; 19 x 14,5 cm


ALL EPO TITLES NEXT MATEO

Dynastische Heiratsverbindungen stellten im frühneuzeitlichen Europa ein herausragendes Mittel der Politik dar. Die reformierte Pfalz, die unter dem Administrator Johann Casimir seit 1583 eine führende Rolle unter den protestantischen Reichsständen anstrebte, konnte 1593 durch die Heirat Pfalzgraf Friedrichs IV. mit Luisa Juliana, der Tochter Wilhelms von Oranien, ihre Allianz mit dem mächtigen norwesteuropäischen Protestantismus festigen. Für beider Sohn Friedrich V. ersannen die politischen Räte ein noch ehrgeizigeres Heiratsprojekt, die Verbindung mit der englischen Königstochter Elisabeth Stuart. Vom Leiter der pfälzischen Außenpolitik, Fürst Christian von Anhalt-Bernburg, wurde der Ehevertrag 1612 in London ausgehandelt. Noch im Herbst desselben Jahres begab sich der sechzehnjährige Kurprinz in Begleitung seiner adeligen Räte mit Offizieren und Mannschaften, insgesamt 150 Personen, zu Schiff nach London, um dort Herz und Hand der gleichaltrigen Prinzessin zu gewinnen. Die Heimführung der frisch angetrauten Gemahlin im Frühjahr 1613 rheinaufwärts gestaltete sich zu einem Triumphzug, dessen Ziel und Höhepunkt der Empfang in der Residenzstadt Heidelberg war.

Bald darauf erschien bei dem Heidelberger Hofbuchdrucker ein 300 Seiten starkes Buch, das mit 25 Kupfertafeln geschmückt war. Darin war das Geschehen der Brautfahrt, Verlobung, Hochzeit und Heimführung ausführlich beschrieben. Der anonyme Chronist schildert die Begebenheiten mit der innigen Anteilnahme eines loyalen Untertanen und stellt zu den hochpolitischen Vorgängen fromme und treuherzige Betrachtungen an. Seiner didaktischen Absicht gemäß gibt er den vorkommenden lateinischen, englischen und französischen Zitaten eine deutsche Übersetzung bei und erklärt dem Leser den Sinn der zeremoniellen Handlungen.

Der Verfasser dieser offiziellen Festchronik ist Tobias Hübner (1578-1636) aus Halle. Er hatte in Heidelberg Jura studiert und verstand sich als Hofmeister des Erbprinzen von Anhalt auf höfische Sitten, fremde Sprachen und die Kunst des Turnierreitens. Vielleicht hat er die allegorischen Umzüge und die Reiterspiele selbst inszeniert. Der begabte Literat, von dem auch ein Großteil der 320 deutschen Verse des Werks stammen dürfte, trat noch 1613 ein Hofamt in Dessau an und wurde später zum führenden Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, einer Sprachakademie. Die Kupferstiche stammen aus der damals bedeutendsten Werkstatt Deutschlands, der Frankfurter Druckerei der Brüder de Bry.

Die abgebildeten Triumphtore und allegorischen Darstellungen, das Feuerwerk und die Turniere bildeten den großartigen Auftakt zu dem verfeinerten, prächtigen Hofleben, das sich in den sechs Jahren bis zu Friedrichs böhmischem Abenteuer auf dem Heidelberger Schloß entfalten sollte.



Inhalt


Mail an MATEO

Heinz Kredel, E-mail: kredel@rz.uni-mannheim.de

Wolfgang Schibel, E-mail: Schibel@bib.uni-mannheim.de

Emir Zuljevic, E-mail: zuljevic@rummelplatz.uni-mannheim.de

Mannheim, 26. März 1996