[Schwarzenberg, Johann von:
Bambergische Peinliche Halsgerichtsordnung.]
- Bamberg: Hans Pfeil, 1507. - (7) Bl., Bl. 3-80; zahlreiche Ill.; 29,5
x 21 cm
Die Bambergische Peinliche Halsgerichtsordnung (Constitutio Criminalis Bambergensis) von 1507 gilt als "Markstein und Wendepunkt in der deutschen Strafrechtsentwicklung" (E. Wolf). Sie drängte die Privatklage zugunsten der amtlichen Strafverfolgung zurück, regelte das Ermittlungs- und Beweisverfahren, definierte klar die Straftatbestände und setzte die ihnen entsprechenden Strafen fest. So gelang es ihr, die Rechtssicherheit zu erhöhen und den Strafprozeß mit dem materiellen Strafrecht zu einem einheitlichen Ganzen zu verbinden. Das aus der italienischen Jurisprudenz übernommene Inquisitionsprinzip erhob allerdings das Geständnis zum zentralen Beweismittel und sah zu seiner Förderung den Gebrauch der Folter vor. Auch die in der Bambergensis festgesetzten harten Strafen an Leib und Leben trugen nicht zur Humanisierung des Strafrechts bei.
Verfasser des Reformwerks war nicht ein gelehrter Jurist, sondern ein fränkischer Ritter, der als Hofmeister des Bischofs von Bamberg seit 1501 oberster Verwaltungsbeamter des Fürstbistums und Vorsitzender seines Hofgerichts war. Johann der Starke, Freiherr von Schwarzenberg und Hohenlandsberg (1463/65-1528), wurde 1521 auch beauftragt, den ersten Entwurf zur Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. (Constitutio Criminalis Carolina) auszuarbeiten. Diese trat 1532 in Kraft und behielt ihre Geltung - freilich durch territoriale Gesetzgebung mehr oder weniger eingeschränkt - bis zum Ende des alten Reichs in der napoleonischen Ära.
Der Ritter, der kein Latein gelernt hatte, schrieb neben der juristischen Fachprosa auch moralisch-satirische Gedichte, bearbeitete Übersetzungen anderer aus dem Lateinischen (Der Teütsch Cicero) und ergriff zuletzt mit Sendschreiben entschieden für die Reformation Partei. Politischen Einfluß gewann er in der fränkischen Ritterschaftsbewegung von 1507 und als Mitglied des Reichsregiments von 1522 bis 1524.
Die Bambergensis ist bei aller juristischen Genauigkeit anschaulich und verständlich formuliert. Die Hauptpunkte sind durch einprägsame Holzschnitte und Merkverse hervorgehoben. Der relativ umfangreiche Text wird durch ein ausführliches Inhaltsverzeichnis erschlossen. Es gibt die Überschriften aus dem Innern des Buchs wieder - übrigens vielfach in abweichender Schreibung, denn noch gibt es keine orthographische Norm für des Verfassers "fränkisch Hofteutsch".
Das vorliegende Exemplar ist im 16. Jahrhundert intensiv annotiert worden. So ist es nicht allein Textzeuge, sondern auch ein Dokument für die zeitgenössische Benutzung der Halsgerichtsordnung. Das Buch befand sich früher in der Bibliothek der Mannheimer Lesegesellschaft Harmonie von 1803. Ältere Besitzeinträge sind in dem schlichten Pappband nicht zu finden.
Einen Reprint der "Bambergensis" gibt es bisher nicht, wohl aber eine wissenschaftliche Ausgabe: Kohler, Josef; Scheel, Willy (Hrsg.). Die Carolina und ihre Vorgängerinnen. Bd. 2: Die Bambergische Halsgerichtsordnung. Halle a.d.S., 1902 (Neudruck: Aalen, 1968) Hier findet sich ein hilfreiches Wörterverzeichnis der alten juristischen Fachausdrücke.
Inhalt
- In unserem Exemplar fehlt das Titelblatt. Es zeigt auf der Vorderseite die Aufschrift "Bambergische halßgerichts ordenung" und darunter den nochmals auf Bl. 35a verwendeten Holzschnitt mit allerlei Hinrichtungs- und Marterwerkzeugen, auf der Rückseite das Wappen des Bischofs von Bamberg.
Bl.
2*a,
2*b,
3*a,
3*b,
4*a,
4*b,
5*a,
5*b,
6*a,
6*b,
1a,
1b,
2a,
2b - Register.
- Bl. 3a - Bild: Christus und das Jüngste Gericht.
- Bl. 3b,
4a - Vorrede des Bischofs von Bamberg.
- Bl. 4b - Bild: Moses, der Gesetzgeber und Richter, im Gespräch mit seinem Schwiegervater Jethro.
- Bl. 5a - Von Richtern. Von der Blutgerichtshoheit. Bild: Vereidigung des Richters, Schöffen, Gerichtsschreibers und "Nachrichters" (Henker, Vollstrecker der Strafe) durch den Gerichtsherrn.
- Bl. 5b - Eid des Richters. Bestallung des Richters. Eid des Schöffen.
- Bl. 6a - Eid des Schreibers. Eid des Nachrichters.
- Bl. 6b - Bild: Anklage von Amts wegen: Ein Verdächtiger wird von zwei Gerichtsknechten dem Richter vorgeführt.
- Bl. 7a,
7b,
8a - Anklage von Amts wegen.
- Bl. 8b - Bild: Ein Kläger ruft den Richter an, jemand in Haft zu nehmen.
- Bl. 9a - Anklage durch einen Kläger. Bürgschaft des Klägers.
- Bl. 9b - Bürgschaft des Klägers.
- Bl. 10a - Klage ohne Bürgschaft.
- Bl. 10b - Offenkundige Straftaten.
- Bl. 11a - Adresse des Klägers.
- Bl. 11b - Bild: Aufwendiges Tafeln als Ursache von Straftaten.
- Bl. 12a - Verdachtsgründe.
- Bl. 12b - Peinliche Befragung (Verhör unter Folter).
- Bl. 13a,
13b - Verdachtsgründe.
- Bl. 14a - Bedingungen für die Peinliche Befragung.
- Bl. 14b,
15a - Ausreichende Verdachtsmomente.
- Bl. 15b - Ausreichende Verdachtsmomente bei Mord.
- Bl. 16a - Ausreichende Verdachtsmomente bei Totschlag und Kindsmord.
- Bl. 16b - Ausreichende Verdachtsmomente bei Vergiftung und Raub.
- Bl. 17a - Ausreichende Verdachtsmomente bei Beihilfe zu Raub und Diebstahl.
- Bl. 17b - Ausreichende Verdachtsmomente bei Brandstiftung und Diebstahl.
- Bl. 18a - Ausreichende Verdachtsmomente bei Diebstahl und Zauberei.
- Bl. 18b - Bild: Peinliche Befragung.
- Bl. 19a - Peinliche Befragung.
- Bl. 19b,
20a - Geständnis bei der Peinlichen Befragung.
- Bl. 20b - Genauere Befragung des Geständigen.
- Bl. 21a - Nachforschung nach den Umständen der Straftat.
- Bl. 21b - Den Gefangenen selbst sprechen lassen. Widerruf des Geständnisses.
- Bl. 22a,
22b - Grenzen der Peinlichen Befragung.
- Bl. 23a - Bild: Zeugen vor Gericht.
- Bl. 23b,
24a - Beweis der Straftat: Zeugen.
- Bl. 24b - Nachforschungen.
- Bl. 25a - Protokollierung ihrer Ergebnisse.
- Bl. 25b - Beweis; Geleit für die Zeugen.
- Bl. 26a - Bild: Festsetzung des letzten Gerichtstermins.
- Bl. 26b - Festsetzung des letzten Gerichtstermins.
- Bl. 27a - Urteilsfindung.
- Bl. 27b - Bild: Rechts sitzt der Richter mit sechs Schöffen, links führt der Nachrichter mit seinen Knechten den Beklagten vor.
- Bl. 28a - Ankündigung des Gerichtstermins. Unterrichtung der Rechtsprechenden und der Parteien über das geltende Recht.
- Bl. 28b - Vorführung des Beklagten.
- Bl. 29a - Rechtsbeistand.
- Bl. 29b - Verteidigung.
- Bl. 30a - Widerruf des Geständnisses.
- Bl. 30b - Befragung der Schöffen. Verkündung des Urteils.
- Bl. 31a,
31b - Verkündung des Urteils.
- Bl. 32a - Auftrag an den Nachrichter. Freispruch.
- Bl. 32b - Überflüssige Fragen und Umschweife.
- Bl. 33a - Begründung der obigen prozessualen Bestimmungen.
- Bl. 33b - Aufforderung, sie genau zu beachten.
- Bl. 34a - Bild: Ein Verurteilter wird zur Richtstatt geführt.
- Bl. 34b - Beichte und Ermahnung nach der Verurteilung zum Tode.
- Bl. 35a - Bild: Strafwerkzeuge (Wiederholung des Titelholzschnitts, der im vorliegenden Exemplar fehlt).
- Bl. 35b - Bild: Vor der Enthauptung; im Hintergrund ein Geräderter.
- Bl. 36a - Festsetzung der Strafen an Leib und Leben.
- Bl. 36b - Strafe auf Gotteslästerung.
- Bl. 37a - Strafe auf Meineid.
- Bl. 37b - Strafe auf Bruch der Urfehde, auf Ketzerei, auf Zauberei.
- Bl. 38a - Strafe auf Majestätsbeleidigung, auf Schmähschriften.
- Bl. 38b - Strafe auf Fahnenflucht, auf Münzfälschung.
- Bl. 39a - Strafe auf Urkundenfälschung, auf Fälschung von Maß und Gewicht, auf Verrückung von Grenzsteinen.
- Bl. 39b - Strafe auf Veruntreuung, auf widernatürlichen Geschlechtsverkehr, auf Inzest.
- Bl. 40a - Strafe auf Entführung einer Frau, auf Vergewaltigung.
- Bl. 40b - Strafe auf Ehebruch.
- Bl. 41a - Strafe auf Bigamie.
- Bl. 41b - Strafe auf Kuppelei.
- Bl. 42a - Strafe auf Verrat, auf Brandstiftung.
- Bl. 42b - Strafe auf Raub, auf Aufwiegelung des Volks, auf gewalttätiges Verhalten.
- Bl. 43a - Strafe auf unerlaubte Fehde, auf Vergiften.
- Bl. 43b - Strafe auf Kindsmord.
- Bl. 44a - Strafe auf Kindesaussetzung.
- Bl. 44b - Strafe auf Abtreibung, auf ärztliche Kunstfehler mit Todesfolge.
- Bl. 45a,
Bl. 45b- Rechtsfolgen des Selbstmords. Haftung des Eigentümers für ein Tier, das einen Menschen zu Tode gebracht hat. - Strafe auf Mord und Totschlag - ohne mildernde Umstände und mit mildernden Umständen.
- Bl. 46a,
46b - Von der Notwehr.
- Bl. 47a,
47b - Von vermeintlicher Notwehr.
- Bl. 48a - Von der Notwehr eines Mannes gegen über einer Frau.
- Bl. 48b - Von ungewollter Tötung.
- Bl. 49a - Verwundung mit Todesfolge.
- Bl. 49b - Beihilfe zu Mord und Totschlag.
- Bl. 50a - Entschuldbarer Totschlag.
- Bl. 50b,
51a - Beweisartikel bei entschuldbarem Totschlag.
- Bl. 51b - Kosten des Unterhalts des wegen entschuldbaren Totschlags einsitzenden Untersuchungshäftlings.
- Bl. 52a,
52b - Gelegenheit für den wegen entschuldbaren Totschlags einsitzenden Untersuchungshäftling, seine Entlastung zu betreiben.
- Bl. 53a - Diebstahl: Erster und geringfügiger Diebstahl ohne Aufsehen.
- Bl. 53b - Erster Diebstahl mit öffentlichem Aufsehen. Einbruch.
- Bl. 54a - Erster Diebstahl schwererer Art.
- Bl. 54b - Zweiter Diebstahl. Dritter Diebstahl.
- Bl. 55a - Jugendliche Diebe.
- Bl. 55b - Diebstahl am Familiengut. Diebstahl in Hungersnot.
- Bl. 56a - Felddiebstahl. Holzdiebstahl.
- Bl. 56b - Fischdiebstahl. Veruntreuung sakraler Gegenstände.
- Bl. 57a - Strafen auf Diebstahl sakraler Gegenstände.
- Bl. 57b - Vorbeugende Haft.
- Bl. 58a - Beihilfe zu einer Straftat. Verhinderte Straftat.
- Bl. 58b - Verminderte Zurechnungsfähigkeit. Begünstigung eines Gefangenen durch den Wärter. Grenzen des Kirchenasyls.
- Bl. 59a,
59b,
60a,
60b - Aufgaben der Gerichtsschreiber.
- Bl. 61a,
61b - Formulierung der Todesurteile.
- Bl. 62a - Formulierung der Verurteilung zu lebenslanger Haft.
- Bl. 62b - Formulierung des Urteils über eine überführte Ehebrecherin. Formulierung der Verurteilungen zu sonstigen Leibesstrafen.
- Bl. 63a - Formulierung der Verurteilungen zu sonstigen Leibesstrafen.
- Bl. 63b - Formulierung des Freispruchs.
- Bl. 64a - Gerichtsakten.
- Bl. 64b - Bild: Ächtung für eine Mordtat: Zwischen dem Richter (links) und dem Gerichtsdiener (rechts) die Bahre mit dem Leichnam des Ermordeten, dahinter drei Schöffen.
- Bl. 65a - Ächtung des Mörders oder Totschlägers. Abschneiden eines Stücks von dem Leichnam als "Leibzeichen" des Ermordeten.
- Bl. 65b - Einleiten der Mordacht vor Gericht.
- Bl. 66a - Einberufung des Beklagten vor das Gericht. Dreimaliges Nichterscheinen des Beklagten.
- Bl. 66b - Achtserklärung.
- Bl. 67a - Erscheinen des Beklagten. Bestreitung der Klage. Geständnis und Entlastung.
- Bl. 67b - Entlastung.
- Bl. 68a - Freies Geleit. Gerichtskosten. Begräbnis des Erschlagenen.
- Bl. 68b - Bild: Der Richter (links) berechnet die Gerichtskosten.
- Bl. 69a - Unterstützung des bedürftigen Klägers.
- Bl. 69b - Der mutwillige Kläger muß die Prozeßkosten selbst tragen. Kosten landfremder Kläger. Unterhalt des Gefangenen.
- Bl. 70a - Unterhalt des Gerichtspersonals.
- Bl. 70b,
71a - Lohn des Nachrichters.
- Bl. 71b - Lohn des Gerichtsdieners. Den Richtern soll der Kläger keinen Lohn geben.
- Bl. 72a - Bild: Der Besitz eines flüchtigen Täters wird von dem Gerichtspersonal (Richter, Schreiber, zwei Schöffen) inventarisiert.
- Bl. 72b - Flucht des Täters.
- Bl. 73a - Bild: Wiedererlangung geraubter Habe: Der Besitzer führt sein wiedergefundenes Pferd dem Richter vor.
- Bl. 73b - Gestohlenes oder geraubtes Gut vor Gericht gebracht.
- Bl. 74a - Gestohlenes oder geraubtes Gut kann nicht ersessen werden. Habe des Angeklagten im Gewahrsam des Gerichts.
- Bl. 74b - Habe des Angeklagten im Gewahrsam des Gerichts.
- Bl. 75a - Wenn der Geschädigte seine Habe ohne Prozeß wiedererlangt.
- Bl. 75b - Bild: Der Richter händigt einem Totschläger einen Geleitbrief aus.
- Bl. 76a - Bedingungen des freien Geleits für Totschläger.
- Bl. 76b - Bild: Die Richter sollen kein Geld nehmen: Rechts ein geldgieriger Richter, der seine Börse von einem Büttel foltern läßt, damit sie Geld gibt; links ein Raubritter, hinter diesem der Teufel mit triumphierendem Lachen.
- Bl. 77a - Verbot eigenmächtiger Geldbußen.
- Bl. 77b - Bild: Sechs Schöffen und ein Richter in Narrenkleidung halten mit verbundenen Augen Gericht.
- Bl. 78a - Von alten Mißbräuchen bei Gericht. Behinderung durch fremde Gerichte.
- Bl. 78b - Behinderung durch fremde Gerichte.
- Bl. 79a - Bild: Vor einem Kollegium von fünf weltlichen Hofräten stehen zwei Ratsuchende in demütiger Haltung.
- Bl. 79b - Von Ratgebung der weltlichen Räte in Strafsachen.
- Bl. 80a - Beratung des Gerichtspersonals durch die Räte oder andere Rechtsgelehrte. Schluß: Geltung und Verbreitung dieser Ordnung. Impressum.
Mail an MATEO
Heinz Kredel,
E-mail:
kredel@rz.uni-mannheim.de
Wolfgang Schibel,
E-mail:
Schibel@bib.uni-mannheim.de
Emir Zuljevic,
E-mail:
zuljevic@rummelplatz.uni-mannheim.de
Mannheim, 29. Juni 1999