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Hansmeier: Hypermediale Programme


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5 Zusammenfassung und Ausblick

Das Anliegen dieser Arbeit war es, ausgehend von dem hermeneu-tischen Verstehenskonzept ein hypermediales Lernprogramm zu entwerfen, das den fremdkulturellen Verstehensprozeß in mehrfacher Weise unterstützt, und das Programm exemplarisch umzusetzen. Ich wählte das Thema "Essen und Trinken", da die Nahrungsaufnahme als alltägliches und universales Thema sehr nah an dem Erfahrungsraum des Lernenden liegt. Für die Konzeption und Umsetzung des Programmes entschied ich mich für den Aspekt "Frühstück". Die in dem Programm enthaltenen Materialien, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, stellen eine Kombination unterschiedlicher Textsorten dar. Die Texte unterschiedlicher Herkunft, wie Videosequenzen, literarische Texte, Lieder, Bilder, Benimm-Texte, Statistiken, journalistische Texte, Werbung, Phraseologismen, Speisekarten und Rezepte, eröffnen dem Lerner unterschiedliche Zugänge und verdeutlichen die Komplexität und Heterogenität des Themas. Die einzelnen Materialien wurden vorgestellt und ihre Auswahl erläutert. Die Kollektion ist als exemplarisches Angebot zu verstehen, die von dem Lerner aktiv und kreativ erweitert werden kann. In einem letzten Schritt wurde die zu dem Themenaspekt "Frühstück" vorliegende Demon-strationsversion detailliert beschrieben und durch implementierte Bildschirm-seiten visualisiert. Die Demonstrationsversion befindet sich auf der beigefügten CD-ROM.

Das Komplettieren der Demonstrationsversion zu einer Vollversion (187) und eine Evaluation der Vollversion sind für die Zukunft geplant. Die Evaluierung würde sich in einem ersten Schritt auf das Festhalten der Reaktionen der Lernenden beschränken, da es sehr schwierig ist, Einstellungs- und Verhaltensveränderungen zu bewerten.

Ich sehe die optimalen Bedingungen für die Entwicklung eines hypermedialen Lernprogramms in einem Entwicklerteam, das aus Autor, Co-Autoren mit fachdidaktischen Kenntnissen, Informatikern, Lernpsychologen, Screendesignern und Medienexperten besteht.(188) Diese interdisziplinäre Kooperation schafft Bedingungen, um didaktisch sehr gute, angemessene Lernsoftware zu produzieren. Der Austausch der diversen Experten wirkt wechselseitig inspirierend, kreativ und ideenfördernd, und durch die Koope-ration kann das im Medium vorhandene Potential, d.h. der Reichtum an Optionen, bestmöglich ausgeschöpft werden.

Den großen Nachteil von CD-ROMs als Lernsoftware sehe ich in ihrer Eigenschaft des ‘Read Only Memory’, des "Nurlesbaren", was eine Nichterweiterbarkeit und Nichtaktualisierung des vorhandenen Materials bedeutet. Da jedoch "hypertext materials by definition open-ended, expandable, and incomplete" (Landow/Delany 1992:13) sind, würde ein Einspeisen des jeweiligen Materials ins Internet die angeführten Charakteristika am ehesten umsetzen. Ein Publizieren im Internet bedeutet eine weltweite, grenzenlose Verbreitung und auch Abrufbarkeit, eine ohne großen Aufwand mögliche Erweiterung des Materials durch den jeweiligen Benutzer, wie z.B. das Verweisen auf andere im Internet gefundene Dokumente und das Verfassen eigener WWW-Dokumente.(189)

Wird Hyperlearning in Zukunft den Lehrer ersetzen oder sogar die Institution Schule überflüssig machen?(190)

Das sind provokative Fragen, die die Angst und Haltung der Bildungskonservativen, der ‘Techno-Skeptiker’ spiegeln, die jedoch haltlos und unbegründet sind.

Der Bedarf an innovativen Lernmöglichkeiten besteht, und deren Aufnahme ist auch essentiell, um den gesamten Bildungssektor an der Entwicklung zur Informationsgesellschaft teilnehmen zu lassen. Der Einzug des Computers in den Unterricht, das ‘digitale Klassenzimmer’ ist vorprogrammiert und unaufhaltsam. Dieses hat Auswirkungen auf die Rolle des Lehrers: "Aus dem Wissensvermittler wird der Organisator und Moderator im Klassen-zimmer",(191) wie es Willi van Lück, Berater am Landesinstitut für Schule und Weiterbildung in Soest, formuliert.

In der Diskussion um die Integration der neuen digitalen Medien in den Unterricht sollten diese nicht als Alternative zum Unterricht, zum ‘kost-spieligen’ Lehrenden gesehen werden, sondern als wertvolle Ergänzung wahrgenommen werden. Die Mensch-Computer/Programm-Interaktion ersetzt keinesfalls die Mensch-Mensch Kommunikation; es geht auch nicht um eine bedingungslose Einführung der neuen Medien, sondern um einen überlegten, begründeten Einsatz - wann und unter welchen Prämissen bieten sie Vorteile? - und eine kritische Auswahl der Lernprogramme. Der Kostengesichtspunkt spielt in der Debatte eine nicht unwesentliche Rolle. Die benötigte Hardware, die zwar in ihrem Anschaffungspreis im Vergleich zu früheren Jahren drastisch gesunken ist, bedeutet für Schulen und Hochschulen immer noch eine enorme finanzielle Aufwendung, insbesondere in Zeiten der Haushaltskürzungen und -sperrungen

Bei dem Einsatz dieses Programmes oder generell interaktiver Lernsysteme plädiere ich für eine Einbettung in ein Gesamtcurriculum, das neben Selbstlernphasen und Gruppenarbeit auch den Austausch im Plenum beinhaltet.

Und was bringt das Morgen? Wird ‘Hyper’ in ‘Virtual’ verwandelt? Werden wir in einem nächsten Schritt im Fremdsprachenunterricht dem Zielsprachenland via Virtual Reality einen Besuch abstatten?

"You put on goggles, earphones, and a glove and you are suddenly transported into another reality. Whatever you can imagine can be made to seem real - literally everything. As John Warner, a founder of Autodesk, the CAD firm says, virtual reality ‘is an amusement park where everything that can be imagined and programmed can be experienced. The richness of the experiences that will be available [...] can barely be imagined today. ‘And these virtual realities can be shared by more than one person interactively, the so-called ‘reality built for two’ experience. We will experience Alice in Wonderland and beyond!" (Horn 1989: 244).


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