Text and Translation submitted by Lothar Mundt. |
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Liber secundus. |
Zweites Buch. |
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<36> Monstrando, quàm sit peccatum grande Deoque |
zu dem Zweck solle er dartun, eine wie große und Gott gar sehr verhaßte Sünde es sei, anwachsendem Zins nachzujagen, und welche Strafen die ihm Nachjagenden nach dem Ende und Untergang der Welt erleiden würden. Als er nicht aufhörte, dem alten Mann mit derlei lästig zu fallen, und endlos immer dasselbe wiederholte und anmahnte, da sagte dieser: „Warum bittest du immer wieder so beflissen darum, obwohl du doch in dem Rufe stehst, selbst der größte Liebhaber ungebührlichen Zinses zu sein?“ Jener erwiderte: „Deshalb natürlich, damit ich den Wucher, nachdem er allen anderen ausgeredet worden ist, allein ausüben kann und allein über den im Stich gelassenen Profit verfüge – denn jetzt engt der große Haufen meine Bewegungsfreiheit ein.“ Genauso lassen sich die meisten Landbauer durch ihre Handlungsweise vernehmen, die, glaub mir, nicht ohne Grund die einfältige Welt schlechthin zum Narren halten. Sie haben nämlich öffentlich gelehrt, daß man die weltlichen Dinge weit von sich werfen und das, was droben ist, lieben müsse; unterdessen aber haben sie, die für ihre eigene Person den himmlischen Dingen durchaus nicht zugetan sind und sie weit hinter sich gelassen haben, nach und nach mit aller Macht die irdischen Güter zu erlangen gesucht und diese, die die Völker, Könige und Monarchen schon von sich geworfen hatten, höchst gewitzt in ihre eigenen Truhen eingeschlossen und strecken der Welt und Gott den Mittelfinger entgegen. Ja ihr Verlangen nach vielerlei Besitz hat noch immer kein Ende, sondern unausgesetzt schröpfen sie mit listigen Machenschaften die Lebenden und berauben die Begrabenen. O nein, unser Pflanzer richte sein Streben nicht auf so schlimme Dinge! Und er verkünde mit seinen Worten nicht das eine, um dann aber mit seinen Taten dem anderen nachzugehen. Er ergebe sich nicht mit Haut und Haar dem Zusammenscharren von Profiten! Er liebe den Reichtum nicht und suche ihn nicht! Als ein Soldat, den man in harte Kämpfe schicken muß, lerne er, mit Wenigem auszukommen. Als Besitzloser, dessen Beutel leer ist, wird er dem Feind unerschrocken entgegenziehen. Dagegen hat ein Reicher Angst, seine Reichtümer im Stich zu lassen und |
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<37> Provisam bellè vitam obiectare periclo et |
sein Leben, für das er schön vorgesorgt hat, finsterer Gefahr auszusetzen; und um ein angenehmes Leben zu haben und keine Bitternis zu erdulden, achtet er geistliche und weltliche Dinge für nichts und gibt sie preis und stellt sie dem Profit hintan. Was ist denn verbreiteter als ebendies? Wer wüßte nicht, daß die Dichter den Plutus mit gutem Grund als blind und furchtsam bezeichnet haben? Wer etwas zu verlieren hat und dies sehr hoch bewertet, wird niemanden, insbesondere keinen Reichen, zu tadeln wagen; er wird nicht wagen, einem sehr Mächtigen eine schädliche Handlung vorzuhalten, einem Hochstehenden eine Grobheit ins Gesicht zu sagen und diejenigen, die von schrecklichen Dingen beseelt sind, an ihre Pflicht zu erinnern. So viele Könige sind irrwitzig, begehen Schurkenstreiche und versündigen sich dreist an Gott und den Menschen – und so viele Landbauer halten sich ringsumher in den Schlössern auf. Wie kommt es, daß trotzdem keiner von ihnen Mahnungen, keiner Tadel ausspricht, sondern daß sie teils Beifall klatschen, teils das Stillschweigen der Leute bekritteln? Dies erzwingt natürlich die Herrschaft des Geldes, der Duft aus der Küche und menschlicher Gunsterweis, den die meisten sich zum Ziel ihres Landbaus gesetzt haben. Unser Landbauer wage es, menschlichen Reichtum, die Welt, den Zorn der Mächtigen und die Risiken für sein eigenes Leben zu verachten, und er trachte nach dem Ruhm Jesu, des einzigen Retters, nach der Treue zu dem ihm auferlegten Amt und nach dem Heil des Volkes. Wenn der habgierige Pöbel sich in den Schlingen Satans verfängt, wenn viele böse Gelüste ihn fortreißen, bis er ins Verderben stürzt, welcher gräßliche Schlund wird da wohl die Führer des Volkes selbst und die Gelehrten erwarten, wenn sie jemals aus Habsucht den Versuch machen, reich zu werden? Die Tollheit eines Gelehrten ist besonders stark, und auf einem recht großen Wagen und mit schlaffen Zügeln kutschiert er in den Untergang, so daß man allenthalben der festen Überzeugung ist, daß ein Wissender keine nur geringfügige Torheit begehe |
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<38> Stulticiam lentoque moveri ad Tartara gressu. |
und sich keineswegs langsamen Schrittes auf die Hölle zubewege. Ein warnendes Beispiel der Ruchlosigkeit und zugleich ihrer Bestrafung bot der erhängte Judas, desgleichen der thrakische Held, der den Polydoros wegen seines vielen Goldes bösartig umgebracht hatte. Ein warnendes Beispiel bot der Achäer, der an den Füßen aufgehängt wurde, während sein Kopf im gelbbraunen Sand des Paktolus steckte. Mit schrecklicher Stimme rief der Sohn der Stadt Bethsaida den Simon an, der darauf brannte, sich mit viel Geld himmlische Dinge zu erhandeln, um sie zum Verkauf anzubieten und dann durch viel Gold reich zu werden – auch später hat er Satan gedient. Die Pflanzer mögen sich also hüten, ihr Herz ans Gold zu hängen und ruchlos nach ihm zu streben, damit sie in ihrer Gier nicht sich selbst und andere zugrunderichten. Ferner mögen sie auch eine erschlaffende schwelgerische Lebensweise meiden, persischen Prunk und Aufwand in Kleidung und Speise, die ohne große Hilfsmittel nicht aufrechtzuerhalten sind und zugleich beim Volk Anstoß erregen und das Wort hemmen. Ferne seien auch Trunkenheit und Liebe zum duftenden Wein! Sie schwächen nämlich den Geist und verleiten zu schimpflichen Dingen, wie es uns viele böse Beispiele bedeutender Männer lehren. Sie mögen aber auch nicht die Gewohnheit annehmen, sich von fremden Speisen zu ernähren und gern häufig bei reichen Leuten zu Gast zu sein, damit die Armen nicht etwa denken, sie machten mit ihnen gemeinsame Sache und verrieten die kostbare Wahrheit, weil die Speise sie lockt. Es geht nämlich in der Regel den meisten so, daß sie das Rechte und Wahre nicht mehr zu bekennen wagen, nachdem sie sich den Mund vollgestopft haben. Doch so sehr mir daran liegt, daß der Pflanzer Obiges meidet, so wenig werde ich ihm raten, sich geradezu auf die Gegenseite zu neigen. Ich lobe nicht die Verschwendung, doch hinwiederum auch nicht abgeschmackten schmutzigen Aufzug, bäurische Lebensweise und lauten Gelächters würdige Kleider; und ich lobe es nicht, wenn man buchstäblich niemandes Einladung Folge leistet, |
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<39> Sed fratrem durum sectari velle Terenti, |
sondern dem strengen Bruder bei Terenz und dem in Athen unter
dem Zorn der Grazie geborenen Timon nacheifern will. Mir behagen
nicht der verweichlichte Aristipp und nicht der Kyniker aus Sinope,
nicht die Tafeln der Sybariten und nicht die Mähler des indischen
Königs Porus. Der Arme brüstet sich ebenso mit seinem dicken
Mehlbrei, seinen zerrissenen Kleidern und seiner häßlichen Kutte
und jagt ebenso dem flüchtigen Hauch geringfügigen, eitlen Ruhms
nach wie der mit Juwelen und Gold geschmückte Perserkönig oder wie
Lucullus mit seinen großen Lustbarkeiten und seinen Gastmählern.
Fanatismus ist widerwärtig, und Übertreibung zieht Tadel auf sich,
ob man nun zu sehr nach der rechten oder der linken Seite hin
ausschweift. Ich werde keinen Demokrit loben, doch auch keinen
Crassus. Alles habe sein Maß, stets erfreue man sich am Mittelweg –
hierin sah der göttliche Homer ein Merkmal der Tugend. |
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<40> Agricolae nunc, Christe, tui (si dicere iustum, |
Deine Landbauer, Christus (wenn es richtig ist, Menschen als die Deinen zu bezeichnen, die sich heute in einen geistlichen Titel hüllen wie der häßliche Affe in das Fell des edlen Löwen) – deine Landbauer führen heute ein Leben wie Aufidius und Sardanapal und eifern dem Krates, des Ninus Mutter und dem Xerxes nach: so als seien sie nicht in deinem Gesetz, deinem ehrwürdigen Wort und im Schoße deiner heiligen und keuschen Jüngerschar aufgezogen worden, sondern im Palast des Tiberius auf Capri, und hätten von Kindesbeinen an sotadische Bücher und säuische elephantidische Künste eingesogen und hielten als Abkömmlinge der Venus daran fest. Welche Gegend irgendwo auf der Welt, in der man Jesu Namen kennt und die Macht des gewalttätigen Papsttums hochschätzt, welche Stifter, welche Städte, auch welches Dorf dortselbst könntest du angeben, wo sich die Landbauer ihrerseits des Verkehrs mit Huren enthalten? Wo geben sie nicht schändliche Beispiele geschlechtlicher Gier? Und dies ziemlich straflos, so als verletzten sie die Gebote eines armseligen Dorfschulzen! Die Älteren sündigen selbst so auffallend, daß sie niemanden von den Jüngeren mit gutem Recht zu tadeln imstande sind – und solche Leute können es wagen, anderen das Wort zu verkünden? Können an Leib und Seele Besudelte göttliche Lehren im Munde führen? Können solche etwa irgend jemandem die Sakramente reichen? Wer könnte denn den Autolycus oder den Vater des Autolycus ertragen, wenn sie einen Cacus, einen Massa oder den pfiffigen Voranus lehrten, man dürfe sich nicht mit Diebstählen und gierigen Räubereien abgeben? Wer sollte nicht Bilder zerbrechen und Katheder zerschlagen, wenn Kain zur rechten Bruderliebe und die Mutter des rasenden Orest zur legitimen Ehe aufriefe? Wenn eine Pasiphae oder ein Aristo Keuschheit lehrten – oder die von den Männern nur erschöpfte, nicht befriedigte Gattin |
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<41> Caesaris, exibat quae fornicis ultima limen? |
des Kaisers, die das Bordell als letzte verließ? Geht weit fort,
ihr Frommen, und verlangt von den Dienern des Herrn Sitten, die der
Lehre würdig sind, und einen züchtigen Lebenswandel, damit ihr
nicht die himmlischen Gaben aus schweinischen Händen empfangt! Das
Wasser aus reinen Quellen ist bei weitem unverdorbener als das aus
einem morastigen See oder kotigen Händen. Auch der Allmächtige
vermag es nicht zu ertragen, daß Frevler mit dem Wort umgehen;
dereinst verbot er, daß böse Dämonen das Gute künden und bezeugen.
Ebenso verbot der Tarsenser einem vom Wahrsagegeist inspirierten
Mädchen zu weissagen, obwohl es die Wahrheit war. Duldet auch ihr
keine Pflanzer, die durch Schandtaten ehrlos und berüchtigt sind!
Niemals werden Schweine und der Wiedehopf mit seinem kotbesudelten
Schnabel die himmlischen Gaben auf die rechte Art darreichen. Daher
sei unser Pflanzer, sofern er ehelos ist, bemüht, in Reinheit zu
leben und die abscheuliche Fleischeslust um des Evangeliums willen
zu zügeln, damit er nicht durch seinen unsauberen Lebenswandel
Menschen von jenem abschreckt oder sich selbst dem liebenswerten
Christus entfremdet und in den Wogen dieser Welt untertaucht, aus
denen er zwangsläufig niemals aufzutauchen vermag. Sollte er jedoch
außerstande sein, als Junggeselle in Reinheit zu leben, und erkannt
haben, daß er von den ererbten, dem Fleisch eingepflanzten Gesetzen
nicht ausgenommen ist und von dem ihm angeborenen Feuer brennt, so
begebe er sich, angewiesen durch das Wort des göttlichen Lehrers,
in das Feldlager der Ehe und lebe als keuscher Waffengefährte der
Väter. Bedingung ist nur, daß die Gebote der Menschen und die
schlimmen Fesseln der (Natur-)Gesetze, die uns daran hindern, uns
an den der ganzen Welt auferlegten Befehlen des Heiligen Geistes in
göttlicher Freiheit zu erfreuen und ihnen zu gehorchen, in den
Hintergrund treten werden, denn sie dürfen wahrhaftig zu keiner
Sünde Anlaß geben, sondern müssen vielmehr der Beförderung des
Guten dienen. |
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<42> Artibus humanis pariter linguisque politus, |
in den menschlichen Wissenschaften ebenso wie in den Sprachen
ausgebildet ist, wenn er sich durch einen frommen Lebenswandel
auszeichnet und sein Körper rein ist, dann werfe er sich eifrig –
freilich nicht gerade mit ungewaschenen Händen und Füßen – auf das
Studium der schriftlich niedergelegten Weissagungen des göttlichen
Wortes. Hierauf wende er seinen ganzen, unverbildeten Scharfsinn
und spüre die besten Samenkörner auf, um sie später als Pflanzer
auszustreuen und zugleich sich selbst an ihnen mit jeder Stunde zu
veredeln. Oder bist du dir etwa nicht sicher, in welchem
Vorratslager und in welcher Kammer er diese wohl hauptsächlich
suchen muß und auf welchen Gefilden er nach der sicheren Kenntnis
Christi und der frommen Inhalte jagt, ohne die alles übrige auf der
ganzen Welt zu nichts nütze ist? Höre den vom Himmelsthron
kommenden Lehrer! Dieser gebietet aber, die heiligen Schriften,
jene kostbarsten Pfänder, nämlich die Werke der Propheten und des
herrlichen Moses, zu erforschen und in ihnen die Stimme des Herrn
der Welt zu vernehmen und zu lernen, was die Frommen zu tun und
andererseits zu lassen haben, damit es sich für alle Zeiten
erübrigt, Dämonen und gottlose Heidenvölker um Rat zu fragen und
ihre Geister aus ihren schmutzigen Gräbern herbeizuzitieren.
Bekanntermaßen haben die Propheten nämlich nicht Träume ihres
eigenen Kopfes und auch keine Menschensatzungen, sondern das reine
Wort Gottes verkündet. Daraus erhellt nun aber, wie hoch jedermann
die Schriften der Propheten einzuschätzen hat und welch große Gnade
jedes beliebige Wort in sich birgt, das der Vater Himmels und der
Erde aus ihrem wahrredenden Mund an den Tag brachte. Wer könnte ihn
verachten? Wer könnte das Wort dessen verachten, auf dessen Willen
alles beruht, in dessen Händen die höchste Gewalt über Leib und
Seele liegt? |
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<43> Inspirati olim quicquid scripsere prophetae, |
die wir aufbrächten, wenn er uns dasselbe mit seinem eigenen Mund gesagt hätte. Er hat vor Zeiten guten und bösen Menschen gar vieles durch Engelsmund und auch durch seinen eigenen Mund verkündet, als noch ein unverdorbeneres Geschlecht auf der Welt lebte und er sich eine sehr kleine Zahl von Menschen auserwählt hatte, um sie anzuleiten: zuerst aber den Sohn Amrams zu der Zeit, als das jüdische Volk noch in dem Land am Nil heftig unterdrückt wurde. Sobald es herausgeführt war, verfaßte Moses die fünf Bücher – auch die nachfolgenden Propheten verfuhren so –, damit den künftigen Völkern stets Zeugnisse des göttlichen Wortes zur Verfügung stünden und niemand erwartete, daß darüber hinaus noch neue oder bedeutendere Lehren vom Himmel herabkämen. Die Sprache des Herrn ist auch für das menschliche Ohr nicht erträglich: dies bezeugen die Juden, denen seinerzeit der Mut gesunken war. Daher hinterließ er also den Sterblichen sterbliche Lehrer, Moses, Aaron und andere Leviten, und brachte der Reihe nach Priester und Propheten hervor, damit sie auf das Gesetz und die Schriften Moses’ drängten, nachdem dieser zur Ruhe gebettet war; damit sie die Bösen anprangerten, die Gesetzesbrecher ermahnten, ferner auch durch den Hinweis auf Christus und die unentgeltliche Gnade die niedergebeugten Geister aufrichteten und die kranken Herzen mit glückverheißenden Worten heilten. Dies waren die Aufgaben aller Propheten, nachdem Moses die Erde verlassen hatte. Die Schriften, die wir noch von ihnen besitzen, leiten sich also von ihrem göttlichen Auftrag her, und es leuchtet ein, daß sie Zeugnisse des Heiligen Geistes sind. Man darf sie nicht mehr als menschliche, sondern muß sie als göttliche Zeugnisse auffassen und ihnen aufgrund ihres himmlischen Ursprungs Glauben schenken. Mit der gleichen Wertschätzung müssen die Frommen auch die Denkmäler des erneuerten Bundes annehmen. Denn ihre Treue in der Übereinstimmung mit den alten |
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<44> Est manifesta fides, et ad hoc virtute stupenda |
ist offenkundig. Hierin bestätigt sie auch die erstaunliche und
tatsächlich überall mit sich selbst übereinstimmende Kraft der
himmlischen Gottheit. Zu Recht also hat die Kirche den Schriften,
die man die Bibel nennt, höchste Stärke zuerkannt und festgesetzt,
daß sie das für alle Zeit unantastbare Wort Gottes seien; sie
erkannte in ihnen nämlich völlig unanfechtbare Beweise für die
Stimme des Bräutigams und unverfälschte Urkunden des ewigen
Lebens. |
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<45> Cognitio cuius vitam fert una beatam |
einzig das Wissen von ihm verschafft ein glückseliges Leben,
versöhnt mit dem höchsten Vater und macht zu Erben des
Himmelreichs; dieses Wissen ist der im Acker verborgene Schatz und
die unvergleichbar herrliche Perle, für die zu Recht aller Reichtum
der Welt in den Kauf gegeben wird. Anderswo wirst du sie nicht
finden; vergeblich wirst du die Welt durchwandern und Meere
überqueren. Suche nicht in Zisternen, in unsteten Gewässern mit
stinkendem Naß und in schmutzigen Sümpfen, da dir doch mitten im
Hof ein reichlich fließender Quell sprudelt. Hieraus schöpfe, hier,
mit seinem reinen Wasser, darfst du deinen Durst nach dem ewigen
Leben oder vollständiger Gerechtigkeit stillen – wie groß jener
Durst immer sein möge, der dir zusetzt. Hier arbeite dich ab mit
der ganzen Energie deines Geistes, und ergib dich mit Haut und Haar
der höchsten Aufgabe. |
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<46> Stulticiaeque suae tanquam parére Tonanti. |
und zum Gehorsam gegenüber seiner Dummheit zwingt (so als sei
diese der Donnerer!). Der Pflanzer halte weiteste Distanz zu dieser
verkehrten Einstellung! Er kenne das Gewicht und den Gegenstand der
hinterlassenen Schrift und sei sich bewußt, daß aus ihr hinreichend
deutlich hervorgeht, was zu tun und zu lassen ist, damit er sich
nicht durch menschliche Aussagen, sondern durch das Wort Gottes
leiten läßt. |
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<47> Caeteraque ad ornatum in sex distincta diebus: |
und das übrige, das – zur Ausstattung bestimmt – auf sechs Tage
verteilt worden war: der mit zahllosen Dingen und mannigfaltigen
Lebewesen – in der klaren Luft, zu Wasser und zu Lande – angefüllte
und dergestalt den Händen des Erdensohnes Adam anvertraute
Erdkreis. |
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<48> Tum legis causas etiam officiumque videbit, |
Ferner wird er auch die Gründe des Gesetzes und seine Aufgabe erkennen: wie es jedermann verdammt und im unterweltlichen Avernersee versenkt. Er wird erkennen, welche Sünde wahrhaft verdammenswert ist und wodurch sich der Zorn der ewigen Gottheit besänftigen läßt; überdies, daß es gute Geister und Helfer des Herrn gibt, die zum Schutze der Menschen und zur Fürsorge für ihr Heil gesandt wurden, und daß es auch böse Geister gibt, die jenen feind sind. Er wird auch lernen, daß die menschlichen Seelen beim Tode des Leibes nicht zugrunde gehen und auch die Leiber nicht zur Gänze, sondern daß sie am Ende der Welt unversehrt – zum ewigen Leben schließlich – wiederauferstehen und sich der strengen Prüfung des gerechten Richters unterziehen werden. Die Frevler werden hierauf Folterqualen und die von unermeßlichem Feuer rauchende Hölle zu gewärtigen haben, die Guten hingegen die Wonnen des strahlenden Himmels. Endlich wird er erfahren, an welcher irdischen Andachtsbezeigung der Lenker des höchsten Himmels seine Freude hat, was er liebt und wünscht, welche Zustände ihm gefallen und welche Einstellung gegenüber der Obrigkeit und dem Band der Ehe er einem jeden anbefiehlt. Doch wozu führe ich Einzelheiten des reichhaltigen Schatzes an – als wollte ich zählen, wie viele Wogen das Adriatische Meer daherwälzt, wenn der Südwind sich heftig über ihm ausgebreitet hat, wie viele Sterne in heiterer Nacht herabblicken, wie viele tausend Blätter durch den Herbstesfrost in dichten Wäldern zu Boden sinken und wie viele Ähren die Ernte auf der ganzen Welt erbringt? Er wird alles erfahren, was einem Pflanzer zu wissen ziemt und womit er die Widerstrebenden widerlegt und die Fügsamen unterweist. Also lese er zuerst mit allem Eifer Moses und die anderen Propheten und schöpfe das Wort aus den Quellen selbst, um des Herrn Ansicht über jede Sache zu kennen. Sein Hauptaugenmerk aber richte er emsig auf die beiden größten unter allen Schriften: |
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<49> Sedulus observet, legemque Evangeliumque, |
das Gesetz und das Evangelium, und er unterscheide gehörig, welche charakteristische Leistung, tatsächliche Wirksamkeit und natürliche Kraft ein jedes entfaltet, damit er nicht – so wie viele – zu einem Klumpen vermengt, was sich widerspricht und himmelweit voneinander entfernt ist. Das Gesetz nämlich tötet, verdammt, praktiziert Zorn, zeigt, was wir selbst tun sollen, treibt in die Enge, vergrößert die Sünde und stößt alle in die Hölle, die nicht alles mit ganzem Herzen befolgt haben. Das Evangelium hingegen verheißt Leben, es vertilgt und beseitigt den Zorn, den die Sünden der Menschen hervorgerufen haben, und erläßt alle Sünden um des Königs Christus willen. Es zieht die Menschen aus dem stygischen See, versetzt sie in selige Wohnsitze und schenkt ihnen ewig dauerndes Leben. Und es verlangt von uns nicht so sehr bestimmte Leistungen, als daß es uns vielmehr alle Leistungen Christi schenkt und darbietet und alle rechtfertigt, die das Dargebotene nicht zurückweisen. Du erkennst deutlich den großen Unterschied und siehst, daß niemals ein Bündnis zusammengebracht werden kann – so wie das Leben keineswegs mit dem finsteren Tod übereingeht. Also trenne der Pflanzer diese Dinge gehörig und vermenge sie nicht, indem er aus Christus einen Moses oder einen strengen Lykurg macht, und umgekehrt schreibe er auch nicht Jesus zu, was Moses angehört. Jeder habe sein Amt, seine Zeit und seinen Ort. Es gibt Fälle, wo es zweckdienlich ist, Herzen aus Eisen mit dem todbringenden Gesetz zu zermalmen und durch Ermahnungen die Gefahr zu vergrößern, so daß die Schlechten zuletzt über keine Entschuldigung verfügen. Auf der anderen Seite gibt es Fälle, wo es angemessen ist, nur Glimpfliches vorzubringen, und wo man die Menschen mit der großen Süße des sanftmütigen Christus trösten und mitten aus dem Tod herausziehen und ihre Hände und Hälse von schweren Banden lösen muß. |
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<50> Quid peius verò, quàm vita occidere dignos |
Was aber ist schlimmer, als die zu töten, welche des Lebens würdig sind, und denen, welche den Tod verdient haben, das ewige Leben zuzuerkennen? Ebendies ist die Folge, wenn man nicht alles gehörig auseinanderhält. Indessen – obgleich man das Erscheinungsbild Moses’ und Jesu bei der Unterweisung ungeschminkt und unverstellt darbieten und beleuchten muß, so muß man doch in der Schrift stets mit größerer Achtsamkeit den Ruhm des einzigen Christus suchen und aufspüren. Er ist nämlich der Gipfel und die Vollendung aller Dinge, und auf der Erde und im Himmel geschieht alles durch ihn, und Gerechtigkeit und Heil, Leben und Tod, Gnade und Strafen und was irgendwo im Himmel und auf Erden geschaffen wurde, ist seiner starken Rechten überlassen. Dieser ist der Auserwählten König und dankbar aufgenommener Priester, Oberhaupt und Herr, Freistatt in allen Dingen, unverrückter Fels und stärkster Turm der Zuflucht; er ist auch der schmucke Bräutigam, der die Braut mit seinem eigenen Blut gebadet und von Flecken und Runzeln befreit hat; er allein ist auch der Hirte, das Brot, das Licht und der Lehrer, kurz, das reiche, freigebigste Füllhorn. Der Schöpfer hat am Anfang verheißen, daß dieser das versöhnende Geschenk für Adam und für das ganze Menschengeschlecht und der Erlöser sein werde. Diesen haben der Heilige Geist, Moses und alle Propheten zu wiederholten Malen gelehrt. Diesen hat auch der Rat der Apostel mit außerordentlichem Bemühen in der Welt bekanntgemacht, und der, welcher einst Eiferer des Gesetzes und Feind Jesu war, wollte nichts sonst wissen, als daß Jesus, der für alle gekreuzigt wurde, für uns zur vollkommenen Weisheit, Vollendung der Gerechtigkeit und Erlösung von aller Schuld gemacht worden ist – und dies nicht nach dem Gesetz der Menschen, sondern des höchsten Vaters. |
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<51> Quid quaeris causam? Nihil hoc sine caetera
prosunt. |
Was fragst du nach dem Grund? Ohne dies ist das übrige völlig unnütz. Alles, was die unverständige Welt mit großem Aufwand bezüglich der höchsten Lehren, bezüglich des Gesetzes oder irgendwelcher Pflichten lauthals verkündet, ist – sei es auch der Rede des Donnerers entlehnt – Finsternis, Irresein eines furchtsamen Blinden, nichtiges Zeug und ein gepflasterter Weg zu den Sümpfen des Orkus, wenn es vorwiegend aus dem menschlichen Gehirn bezogen wurde und wenn nicht die lautere Kenntnis des Königs Christus hinzukommt und alles weit überwiegt. Mag das jüdische Volk sich auch Tag für Tag mit der Bibel beschäftigen, die Propheten mit ungeheurer Hochachtung verehren und mit schäumender Lippe vielerlei über das Gesetz verkünden und ungeheure Wagenladungen von guten Werken ersinnen, es bleibt doch blind und von einem glückseligen Leben ständig ausgeschlossen, tappt in der Finsternis und strebt geradewegs der Hölle zu. Was nützen die Bücher, was Moses und die Propheten, wenn du von dem Gipfel und der Bergfeste der Schrift keinen Begriff hast? Ebenso reden auch die Türken vielerlei herrliche Dinge von Gott, von der Verehrung Gottes, von Gebeten, guten Sitten und Almosen, und hinsichtlich der Strenge ihrer Lebensführung sind sie uns voraus; sie fasten, halten auf die Reinheit des Körpers, ja wegen der Religion reisen sie auch in die Fremde und besuchen mit großen Kosten die Grabmäler ihrer Heiligen. Indes – all dies möchte ich mir nicht für eine taube Nuß erworben haben. Denn wenn der gerechte Zorn Gottes weiterbesteht, wenn er die Gelübde und Gebete nicht erhört und wenn er alle diejenigen, die nicht getragen werden von dem sicheren Vertrauen auf seinen eingeborenen Sohn, zugleich aufs äußerste verschmäht und haßt, wie es auf Schritt und Tritt die Aussprüche der Heiligen Schrift bezeugen: wozu sind mir dann so große Kraftanstrengungen und vergebliche Werke nütze? |
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<52> Sic et Christicolas aliquot iam secula torsit |
So quälte auch die Christen für einige Jahrhunderte das Trachten nach eitlen Dingen und die Unkenntnis Christi, denn sie besaßen nichts als dessen bloßen Namen. Hallten doch weit und breit alle Kanzeln wider von Gebeten, guten Werken und anderen großen Narrenspossen und Alfanzereien! Dabei führte man – wie auch die Türken – den Namen Christi im Munde, jedoch wurde keinerlei sicheres Vertrauen auf Christus gelehrt, und daher hatte die ehrenwerte Tat keine Grundlage: törichte Danaidenwerke ließen die Glieder ermatten, und nutzlos wurden die Samen unfruchtbarem Sand anvertraut. Nicht als ob es an Bibeln gefehlt hätte (dies war auch bei den Juden nicht der Fall): es lag vielmehr daran, daß sie vernachlässigt waren und schmutzig von dem Schimmel oder dem dicken Staub, der sie bedeckte, und in der alten Kammer schon eine fette Spinne saß. Wenn aber jemand, den allgemeinen Brauch hintansetzend, sie in die Hand nahm und sich herabließ, ein paar kümmerliche Seiten zu lesen, wie es in Gotteshäusern Brauch ist bei Gesang und Lesung, dann suchte er wahrhaftig nicht Christus und den Weg zu den Sternen (wer glaubte denn wohl über diesen Kinderkram nicht Bescheid zu wissen?), sondern etwas anderes, und zwar, wenn es hoch kam, Sitten- und Lebensregeln. Manche waren einzig und allein darauf bedacht, recht geschwind und mit fliegender Zunge ihr Pensum abzuleisten, unbekümmert um den Sinn, ja sogar den korrekten Wortlaut, und du hättest geschworen, daß sie es vorzögen, sogar aufgewärmten Kohl zu essen, als nur ein wenig Zeit auf die Heilige Schrift zu verwenden. Daher lastete mit gutem Grund große Finsternis auf dem Volk und den Pflanzern des Volkes, und die Kunde von Christus, die allein Gerechtigkeit und ein glückseliges Leben bringt, war verborgen. Ermahnt durch das Christus betreffende warnende Beispiel und die noch frische Gefahr spüre der Landbauer vor allem anderen Jesus Christus nach, |
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<53> Agricola, ut populis hoc et sibi consulat uno. |
um den Völkern und sich selbst Rat zu schaffen durch diesen
einen. Er jage nicht, den Ochsen links liegen lassend, wertlosen
Fliegen nach; er bestaune nicht die kleinen Hütten des öden Landes
und verachte nicht die auf hohen Bergen errichteten Burgen; und er
verfehle nicht gar verderblicherweise die Schwelle des göttlichen
Hauses – offensichtlich Merkmale eines verblendeten oder
geistesschwachen Pflanzers. |
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<54> Doctrinas hominum et vani commenta cerebri: |
menschliche Lehren und Erdichtungen eines eitlen Hirns
hervorbringen – Erdichtungen solcherart, wie sie jemand, der Jesus
Christus nie gekannt hat, wahrhaftig ohne große Mühe ersinnen und
lehren kann – wie vor Zeiten Xenophon, Isokrates und Tullius. Diese
lehren aber in vielen Dingen Besseres und Unverdorbeneres als so
manche, von denen wir wissen, daß sie getauft wurden. Auch diese
lies: manchmal verbirgt sich unter dem Mist ein kostbares Juwel und
in einem Haufen Sand ein Körnchen Gold. Es kann schwerlich ein Buch
geben, das so ungelehrt und schlecht wäre, daß es gar keinen Nutzen
brächte, wie einst Plinius, und zwar zutreffend, meinte. Denn mag
es auch sein, daß in ihm keine Gelehrsamkeit sowie nichts, was von
der Sache und dem Wortlaut her zu billigen wäre, enthalten ist, und
mag auch einiges verkehrt sein, so ist es doch nützlich, es
kennenzulernen – sei es, damit man es meidet, sei es, damit es als
Stoff zu Gelächter und Scherz dient. Mehr Menschen lachen nach dem
Hören des Kuckucks, als wenn vor Tage kunstvoll die muntere
Nachtigall singt. Sollten die schlechten Bücher aber etwa Ekel
erzeugen oder Unwillen erregen, wie es die Natur der Sache häufig
mit sich zu bringen pflegt, dann übergebe er die Bücher, nachdem er
sie ein über das andere mal gelesen hat, der Spinne, den
scheußlichen Motten oder dem Aufkäufer morgenländischer Ware und
vergeude seine kostbare Zeit nicht mit unvernünftigen Dingen. Was
er als gesund erkannt hat, das markiere er mit Kreide und bewahre
es auf für den eigenen Gebrauch; was krank ist, das meide er
sorgsam und spieße es auf. |
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590 |
<55> Nullius spectet personam nec titulos nec |
Er beurteile niemanden nach seiner Person, nach seinen Titeln, nach seiner Gelehrsamkeit oder den mannigfachen Ehrbezeigungen unter den Sterblichen, auch keineswegs nach den zweideutigen Gaben des Glücks und der großen oder kleinen Schar seiner Anhänger. Er lasse sich nicht korrumpieren durch persönliche Liebe und Zuneigung. Er lasse sich auch niemals von den Zügeln des Hasses zur Parteinahme hinreißen. Bloße Stammes- und Familienverwandtschaft sei für ihn nicht der Beweggrund, diese Waagschale emporzuheben und jene hingegen niederzudrücken. Vielmehr prüfe er frei von jedem Affekt, wer von beiden näher an Christus herankommt, sich von der Wahrheit leiten läßt und die Richtschnur des Glaubens einhält, wer lehrt, was in den Schriften der Apostel enthalten ist (denn niemandem ist es erlaubt, sich Neues auszudenken) und unter den Aussprüchen der höchsten Gottheit korrekt differenziert – und dann erteile er als gerechter Schiedsrichter diesem oder jenem seine Zustimmung. Er halte auch stets dies in seinem hohen und bedachtsamen Geist fest: daß Fromme allein die Aussagen des göttlichen Wortes als unbezweifelbar annehmen müssen, die übrigen Schriftwerke aber nur insoweit Wert besitzen, als sie sich nach seiner Feststellung den göttlichen Schriften fügen. Es tut auch nichts zur Sache, wer der Verfasser eines fremden Lehrsatzes ist und welche Versammlung von Menschen dieselbe Lehre verficht, wenn nicht die Stimme des Bräutigams dabei ist und das Wort des Himmels: allein auf dieses können sich menschliche Herzen zuverlässig stützen, und allein wenn sie ihm glauben, vermögen sie die Pforten und das Reich der Hölle zu überwinden. Was hat sich heute weiter über die Welt verbreitet, was hat so viele Anhänger, was wird irgendwo mit größerer Festigkeit behauptet und durch Strafen und den schrecklichen Tod verteidigt und wovon glaubt man fester, es sei von Gott und dem Himmel gesandt, als von dem törichten Gesetz und den schlechthin lächerlichen und in vielerlei Hinsicht sich selbst widersprechenden Traumgespinsten Mohammeds? Was wird er [der geistliche Landbauer] tun, wenn eine vieltausendköpfige Volksversammlung |
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620 |
<56> Multa movent vastique tenax consensio mundi? |
und der hartnäckige Konsens der unermeßlichen Welt, wenn die Turbane und Diademe großer Könige ihn beeindrucken? Schimpflicher Wahnsinn wird ihn rückwärts und vorwärts laufen lassen, unsicher wird er zwischen Erde und Himmel schweben, und inmitten einer überaus großen Gemeinde wird er in den Wogen des Styx versinken. „Erforscht die Schrift!“ sagt der durch den Spruch des Schöpfers vom Himmel gesandte und den Erdbewohnern geschenkte Lehrer. Er befiehlt nicht, menschlichen Wahnvorstellungen und dem, was eine mit der Halskette geschmückte Ritterschaft und eine gottlose Versammlung schäumend von sich geben, Gehör zu schenken. Der Irrtum ist den Sterblichen nämlich im eigentlichen Sinne blutsverwandt, und von Mutterleib an ist die Finsternis eines jeden Begleiter. Von ihr kann man sich nicht loskaufen mit Halsketten, Reichen und Städten, auch nicht mit dem vor Zeiten doppelt mit Purpur gefärbten Wollstoff. Man kennt die Urteile des Panides und des törichten Midas und die so hitzige Tollheit großer Könige – nicht nur bei den einfältigen und des Wortes entratenden Heiden, sondern auch bei der unterrichteten, leiblichen Nachkommenschaft Abrahams. Verdamme nicht nur das äußerste Ende des tiefen Ozeans wegen seiner kimmerischen Finsternis und verdüsternden Nacht, sondern nimm zur Kenntnis, daß [auch] auf allen Ländern, die Titan mit hellem Licht bestrahlt, entsetzliche Dunkelheit lastet. In Dingen des Glaubens und des ewigen Lebens vertraue er also nicht ohne weiteres irgendeinem menschlichen Urteil. Er sei sich bewußt, daß die Menschen lügnerisch und ihre Herzen schlecht sind, wenn sie nicht vom Anhauch und Wort der Gottheit gelenkt werden. Ob dies so ist oder nicht, entscheide er aus der Schrift, indem er, mit Augen wie Argus versehen, nach vorn und nach hinten schaut – vorausgesetzt nur, daß er die Worte des himmlischen Lehrers nicht verachtet, der uns falsche Propheten achtsam meiden heißt. Ebendies befiehlt auch Paulus, desgleichen der Sohn des Zebedaeus. |
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650 |
<57> Iudicium verò circa examenque
librorum, |
Hinsichtlich der Beurteilung und Überprüfung von Büchern muß der eifrige Landbauer aber auch dies gehörig beachten: daß er sich nicht als Verschworener in die Sklaverei irgendeines Lehrers begibt – mag der auch über noch so hohe Gelehrsamkeit verfügen und das Volk ihm noch soviel Wertschätzung und Verehrung entgegenbringen –, damit er nicht gezwungen ist, mit dem Guten auch das Schlechte einzusaugen, das Falsche anstelle des Wahren in Schutz zu nehmen, ja aus Rücksicht auf den Lehrer sogar zu bekritteln, was nach der Heiligen Schrift außerhalb allen Zweifels steht. Vielmehr erhalte er sich die Freiheit des Urteils, um, gewissermaßen als ein Aristarchus, das Gute und mit dem Heiligen Geist in Einklang Stehende zu billigen und das Falsche und Schlechte zu mißbilligen, und zwar nicht aus Neid, sondern aus Liebe zur Wahrheit, die, wie wir oben schon gesagt haben, in geistlichen Dingen allein zu beachten ist und nicht Menschen, nicht violette Mützen, auch nicht durch dicht aneinandergereihte Schilde zusammengeschlossene Schlachtreihen und nicht das Wunderbare, von dem ein heiliger Lebenswandel erstrahlt. Nach dem Tode der apostolischen Schar hat niemand gelebt, dem du in allen Dingen zuverlässig vertrauen könntest. Alle diejenigen, von denen Bücher in griechischer wie lateinischer Sprache vorhanden sind, weichen nämlich infolge menschlicher Affekte zuweilen beträchtlich vom rechten Wege ab; sie tun der Heiligen Schrift Gewalt an und verbiegen ihren Sinn, weil sie nicht aufmerksam genug vorgehen oder in allzu großer Hitze auf das fixiert sind, wovon sie überzeugen wollen oder was sie zu verteidigen unternommen haben. Oft lehren sie abergläubische und ganz und gar menschliche Dinge, die sich weder mit der Freiheit des Evangeliums noch mit unverdorbenen Ehr- und Andachtsbezeigungen gegenüber dem Herrscher Jesus vertragen. Mag es sich hierbei auch nur um Warzen und Muttermale an einem schönen Körper handeln: wir meinen, daß es nicht gelobt und nicht angenommen werden darf. Wie man auch umgekehrt um dessentwillen nicht das übrige verdammen darf, |
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680 |
<58> Quae solida inculcant et convenientia Christo. |
was sie einschärfen, sofern es gediegen ist und mit Christus
harmoniert. Eine törichte und allzu blinde Liebe ist von es, wenn
Balbinus von Agnas Nasenpolyp entzückt ist und wenn man
offenkundigen Fehlern Beifall zollt und den vor aller Augen
liegenden Unrat in einem glänzenden Schloß lobpreist. Alles behalte
seinen ihm zukommenden Namen, Ruhm und Rang; man weihe nicht
entgegengesetzten Dingen dieselbe Verehrung, und niemals schmücke
eine weiße Perle schändliche Dinge. Sklaven sind meist gezwungen,
derlei zu tun. |
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<59> In cunctisque tenere aliorum obnoxia corda. |
und in allen Dingen die Herzen der Menschen in ihrer Botmäßigkeit zu halten. Weil es die Schlupfwinkel der Wahrheit und die Tore zum Heil verstopft, wenn man statt auf die Wahrheit beflissen auf irgendeinen Lehrer seine Aufmerksamkeit wendet, muß man die Ehrfurcht vor dem lieben Vater mit Füßen treten und dem so verehrungswürdigen Namen des Freundes Schmach antun und allein allein Jesus als Lehrer der Wahrheit hochschätzen. Dies ist die Richtschnur der alten [Autoren], für sie haben die jüngeren gekämpft, nachdem sie gleichfalls viele Irrtümer aufgedeckt hatten, in die große und gelehrte Männer je nach Beschaffenheit der Umstände verfallen waren. Um so mehr frage ich mich verwundert, warum manche von diesem bewährten Recht ziemlich dreist gegen ältere und jüngere [Autoren] Gebrauch machen – so aber, als hätten sie gleichsam den Menschen ausgezogen und betrachteten schon fortwährend den Herrn in seinem Himmelspalast. Sie selbst wollen sich niemandes Beurteilung und Prüfung unterziehen, sondern den Anschein erwecken, sie hätten in allem den Nagel auf den Kopf getroffen. Ihre Schriften und Worte in Zweifel zu ziehen, sei ein schlechthin strafwürdiger Frevel, und ihnen Widerstand zu leisten, eine große Sünde. Was immer sie gelehrt haben, muß man mit geschlossenen Augen in sich hineinschlingen. Wenn du Zweifel hast und dir wegen gewisser Dinge ein scheußlicher Ekel aufsteigt, dann toben alsbald große Feindschaft und roher Kriegslärm über deinem Haupt, und dich erwarten Kerker und Schwert. Du bist ein Glückspilz und, wie man sagt, ein Sohn einer weißen Henne, wenn du ihnen etwa zuvorgekommen und nackt und bloß ins Exil gegangen bist. Ist das nicht bösartige Raserei und handfeste Tollheit? Aber dennoch finden sie Leute, die so einfältig sind, daß sie unterschiedslos alles akzeptieren, sogar aus freien Stücken auf ihre Worte schwören und diese sämtlich wie Aussprüche des höchsten Donnerers bewerten; diese Leute ziehen selbst nichts in Zweifel, und falls jemand Zweifel hat und anders denkt, dann hegen sie einen mehr als hündischen und schlangenmäßigen Haß und trachten danach, ihn stracks zu fällen wie eine Fichte, |
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740 |
<60> Peioresque suis fiunt ad cuncta magistris. |
und in jeder Hinsicht werden sie schlimmer als ihre Lehrer. Also
verschreibe du dich niemandem! Suche dir stets das Beste und auch
in allen Punkten mit der Heiligen Schrift Übereinstimmende
zusammen! Die anderen mögen sich's mit dem übrigen wohl sein
lassen, ebenso der Verfasser selbst – und er dränge dir nicht Sand
auf anstelle von Edelsteinen. |
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770 |
<61> Non pulsanti autem quid claustra aperiret Olympi? |
Warum hätte sie die Himmelstore jemandem öffnen sollen, der doch nicht angeklopft hat? Warum hätte sie jemandem den Heiligen Geist und Christus schenken und himmlische Gaben in den Schoß fallen lassen sollen, der nach derlei niemals gefragt und mit finsterem Stolz seinen Widerwillen bekundet hat? Die Menschen verlassen sich also ausschließlich auf ihre eigenen Kräfte und plagen sich mit vielerlei törichten Dingen nutzlos ab und entschwinden Hals über Kopf in den Wassern des Acheron, indem sie versuchen, den geraden Weg zu den Sternen zu finden, und alles mit dem Lärm ihrer Studien und Lehrmeinungen erfüllen. Strenge du deine Kräfte allerdings an, befreie deinen Geist von der Trägheit und spanne die Segel wissenschaftlicher Arbeit aus! Doch besinne dich stets auf die göttliche Hilfe und bitte darum, daß die himmlische Gottheit zu dir kommt und dir die Schlupfwinkel der Wahrheit erschließt und dir Christus, den Grundpfeiler des Heils, einhaucht: er allein sei die Grundlage deines Ruhms. Er allein lebe in deinem Mund, er allein in deiner Brust, so daß du alles, wonach du sonst noch strebst, auf seine Ehre verwendest. Wenn du darum mit lechzendem Herzen bitten wirst, wird dir der Vater zweifellos mit seinem Anhauch reichlich Hilfe spenden und deinen geöffneten Mund mit großen Schätzen füllen. Denn so hat er es versprochen, und er will selbst darum gebeten werden. Siehst du nicht, wie lieb es ihm war, daß Salomon weder um ein langes Leben noch um Reichtum, sondern um ein weises und urteilsfähiges Herz gebeten hat, und wieviel ihm über alle Sterblichen hinaus zuteil geworden ist? Frage immer wieder, klopfe an, bitte! Dein Verlangen, die besten Gaben des Heiligen Geistes zu erhalten, wird niemals größer sein als die entgegenkommende Bereitschaft des Vaters, sie reichlich zu spenden. Daher wird er dir die Schreine der Heiligen Schrift aufschließen, so daß du dort Christi – von jeher einzige Hoffnung des auserwählten Volkes – in seiner großen Süße ansichtig wirst |
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<62> Multaque praeterea caeco mysteria mundo |
und überdies noch vieler Geheimnisse, die der verblendeten Welt
verborgen sind und die kein Verächter oder Gottloser wissen darf;
und er wird dir Wortfülle verleihen und Begeisterung zur Lehre.
Wenn er dies nicht verliehen hat und du es vielleicht auch nicht
erbeten hast, so wirst du nicht nur in deiner Lehrtätigkeit
erfolglos bleiben, sondern alles, was du reden wirst, wird salz-
und kraftlos, kalt und gänzlich ohne Hand und Fuß sein. Man wird
dich nicht für einen großen Lehrer halten, sondern für einen großen
Maulhelden, einen gerissenen Zungendrescher und einen verächtlichen
Schwätzer, dessen Anblick und dessen Stimme und Worte kein Schaf
Gottes gern ertragen wird, das die Stimme des Hirten Jesus und die
Gebote des höchsten Schöpfers kennt. Wozu ist es nütze, wenn man
dich, nachdem du das göttliche Walten des Herrn verachtet hast, für
einen Großen unter den Verdammten und den schmutzigen Böcken halten
wird, wie es die Rabbiner unter den dem Untergang geweihten Juden,
wie es die Lehrer in den Dörfern und Städten der Türken und, ach,
viele andere unter jenen Verblendeten sind, die auf die Katheder
hämmern, die allein in Schmähungen stark sind, im übrigen aber den
Wert einer tauben Nuß haben und Ohren und Geistern mit stupidem
Gezeter lästig fallen? Etwas Großes ist es, im Lager des Herrn, sei
es auch als Marketender, Dienst zu tun und auf der Erde ein Diener
der Auserwählten zu sein. Also sieh zu, daß du einem so großen Amt
würdig vorstehst, und bitte den höchsten Vater unablässig darum.
Scheue unterdessen keine Mühe und keine Arbeit. |
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<63> Splendeat, haud paries tabulas ostentet Apellis, |
Die Wand prange nicht von Gemälden eines Apelles, kostbaren Werken eines Parrhasius oder der Kunst eines Euphranor. Diese Dinge, aus denen aufgeblasene Geister entstehen, keinesfalls Weisheit erwächst, schicken sich vielleicht für einen Statthalter, für hoffärtige Croesusse und für solche, die derlei der Kleinmütigen wegen hochschätzen, doch gewiß für keine Zöglinge der himmlischen Weisheit und für niemanden, der das Wort des besitzlosen Christus verkündet. Das Haus strahle ansprechenden Glanz aus, doch sei es bescheiden ausgestattet; es werde mit dem Besen gereinigt, es dufte nach panchaischem Weihrauch oder Wacholderbeeren und – je nach den Umständen – nach frischer Narde oder Veilchen, zarten Rosen oder weißgrauen Lilien. Ein lieblicher Duft erquickt den Geist und nützt dem Gehirn – so wie Modergeruch Schaden stiftet und den Geist abstumpft. Die Studierstube sei geräumig, von den Fensterscheiben her lichtdurchflutet und auch fern von jedem Gestank: es gebe in ihrer Nähe keine Misthaufen und garstigen Abtritte, und es wehe keine pestilenzialische Ausdünstung aus einem stehenden Pfuhl zu ihr hin. Hier erblicke man den eigentlichen Reichtum: hier leuchte eine große Fülle von Büchern, in verschiedenen Schränken wohlgeordnet aufgereiht. Den ersten Lehrstuhl dort besetze zu Recht die einst vom Heiligen Geist geschriebene Bibel. Unter den Sprachen, in denen sie bis heute schriftlich verbreitet wird, hat das Hebräische verdientermaßen den ersten Platz und die Vorherrschaft inne; nach ihr jedoch fällt dem Chaldäischen der zweite Platz zu. Aber es fehle auch nicht die Übersetzung ins Griechische, die vor Zeiten siebzig Lehrer für den ägyptischen König angefertigt haben und die wir von denen gebraucht sehen, die als erste in ehrwürdigen Schriften Christus gelehrt haben. Hierauf seien die Scharen der Ausleger und die Bücherschreiber unter den Christen zur Stelle. |
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<64> Regii at Hipponis praesul, quo haud clarius |
Den zweiten Platz nach der Heiligen Schrift besetze aber verdientermaßen der Bischof von Hippo Regius, die an Helligkeit alles überstrahlende Leuchte des römischen Sprachraums, der ungebeugte Schriftsteller, der mit Scharfsinn die Wahrheit aufzuspüren und das Falsche sachkundig zu widerlegen pflegte. Sodann folge und schließe sich seinem alten Freunde an der der Welt für seine Vielsprachigkeit bekannte Hieronymus, ein Feuergeist, der vollkommen ist in jedweder Wissenschaft und von dem man annehmen möchte, daß er nur wenig hinter der Sprache Ciceros zurückbleibt. Zur Stelle sei auch Ambrosius, der sich, in süßer Rede wohlgewandt, behutsam der Geister bemächtigt und aus väterlichem Herzen zum Rechten ermahnt. Andererseits aber fehle auch der strenge Hilarius nicht sowie Athanasius, der in gleichmäßig ausgeführter Rede Unverdorbenes lehrt, [ferner] die beiden Gregoriusse, glänzende Leuchten in der griechischen Sprache, nach ihren unterschiedlichen Strahlen der Welt hinreichend bekannt. Die ehrenwerte Versammlung ziere der Märtyrer Cyprianus, der fromme Basilius und der einem wasserreichen Strom ziemlich vergleichbare Chrysostomus, den man einen Rhetor der heiligen Weisheit nennen könnte und in dessen Lippen eine höchst energische Suada wohnte. Dem alten Schriftsteller Irenaeus sei durchaus ein Platz eingeräumt. Dort seien auch angesiedelt: Origenes, der streitbare Cyrillus und viele andere griechischer und lateinischer Provenienz, die aufzuzählen allzu langwierig und beschwerlich sein möchte. Unter ihnen seien auch solche Autoren, die die jüngst vergangenen Jahrhunderte hervorgebracht haben, obgleich sie mit den alten, was Reinheit der Lehre und Frömmigkeit betrifft, nicht vergleichbar sind und ihre Sprache barbarisch ist. Auf würdigen Plätzen mögen sich diejenigen anreihen und die Ratsversammlung zieren, welche in unserem Jahrhundert der Religion ihren Arm geliehen haben; bei nicht wenigen von ihnen kann man feststellen, daß sie an die ersten [Kirchenschriftsteller] heranreichen, daß sie mit apostolischem Geist verstanden haben, was zuvor |
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890 |
<65> Perpaucis fuerat notum, nec cedere priscis |
nur sehr wenigen bekannt war, und daß sie den alten Autoren in Beredsamkeit, Sprachkenntnis und geistlicher wie weltlicher Weisheit nicht nachstehen. Der Allmächtige hat in diesem unserem Zeitalter, was kein Vernünftiger bestreiten wird, sehr helle Lichtstrahlen hervorgerufen und zugleich überall die reichsten Gaben ausgeschüttet; es gebührt sich, daß wir ihm ihretwegen stets größten Dank abstatten und sie uns alle entsprechend zunutze machen, daß wir sie auch nicht verachten nach der schändlichen Gepflogenheit, mit der wir heimische und in diesem unserem Jahrhundert vorhandene Dinge, obwohl sie gut sind, aus einem höchst schimpflichen Verlangen von uns weisen, andererseits aber allein bewundern, was alt und ausländisch ist, und mit ausgestreckten Händen nach Dingen verlangen, die weit entfernt sind. Betrachten wir diese Gepflogenheit als Neid! Heißen wir die heiligen und frommen Arbeiten, welche Männer hinterlassen haben, die durch wissenschaftliche Fähigkeiten und Frömmigkeit veredelt waren, als vom Himmel gesandte Gaben Gottes liebevoll willkommen! Und regen wir uns nicht auf, wenn uns vieles nicht mundet und Dinge darin enthalten sind, die mit schwarzen Spießen abgestochen werden müssen! Welchen Schriftsteller, die heiligen ausgenommen, hat es denn wohl jemals gegeben, der nicht geirrt hat? Wir alle gehen in vielem fehl, und vielfach führen allein schon dunkle Stellen den Betrachter in die Irre. Unter diesen Autoren verdient den ersten Preis der in allen Wissenschaften hochgebildete Erasmus, die Wonne unseres Zeitalters, der jüngste Ruhm des deutschen Volkes; mit ihm übertreffen wir alle Italiener und Franzosen, Spanier und Engländer bei weitem. In seinen fein ausgearbeiteten Büchern wirst du lernen können, was die geistlichen und weltlichen Lehrer gelehrt haben. Nächst ihm stelle man noch viele andere treffliche Autoren in die Schränke. Schließe die Arbeiten von niemandem aus, der über geistliche Dinge handelt, in welcher Weltgegend und zu welcher Zeit er auch gelebt haben |
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920 |
<66> Qualicunque etiam mundo sit nomine notus. |
und unter welchem Namen er der Welt auch bekannt sein mag. So
wirst du ausgerüstet sein mit einer gelehrten und frommen
Ratsversammlung, die dir, sofern du sie über Christus und alles
mögliche, was man bezüglich Hoffnung und Glauben wissen muß,
befragst, treffliche Antworten geben kann; dadurch wirst du in die
Lage versetzt, auch anderen, wenn du gefragt wirst, Antworten zu
erteilen – gewissermaßen als ein Priester, der das Allerheiligste
und die Orakelstätte des Herrn betreten hat. |
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950 |
<67> Nullius ignarum nostrum decet esse colonum. |
Unser Pflanzer sollte jeden kennen. Mache es wie die
honigerzeugenden Bienen, durchstreife alle Frühlingswiesen und
bringe den Reichtum von jeder Blüte nach Hause. Man muß häufig von
überallher Argumente beibringen, nicht nur aus Büchern, dem Wesen
der Dinge selbst und aus der ganzen Schöpfung, sondern auch aus der
noch so geringfügigen Kunst des Handwerkers, so daß für Landbauer
kein Studium überflüssig sein kann. |
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980 |
<68> Imperii non te capient nec Martis honores, |
Die Ehren der Herrschaft und des Krieges werden dich nicht verlocken, die Liebe zum Wein und das verderbliche Würfelspiel dich nicht zerrütten. Du wirst frei sein wie ein Bewohner paradiesischen Gefildes. Du wirst zwischen purpurnen und schneeweißen Blumen wandeln, die irdischen Dinge wirst du mit Füßen treten und allein den himmlischen und der wahren Weisheit Christi beglückt nachstreben. |
[8] ne (nec Errata) [9] debet [10] eas [11] Propriume (Proprium Errata) [12] Iudicim (Iudicium Errata) [13] seu (se Errata) [14] descriptis (de scriptis Errata) [15] Hillarius (Hilarius Errata)
Letzte Änderung:
28.12.2009