Text and Translation submitted by Lothar Mundt.



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Liber secundus.

Haec nos censemus cunctis servanda colonis
Praecipuè: sed et hoc, Proceres Patresque colendi,
Omnis avariciae ut species vitetur inertis
Et studium quoque sordiduli turpisque lucelli,
Quîs fermè videas passim flagrare colonos,
Propterea certè malè vulgo audire videmus.
Hoc magis est foedum, quòd opes contemnere fluxas
Et mundana docent ipsi et coelestia solum
Quaerere. Nam prae aliis lucra quum sectantur avarè,
Quid faciunt aliud, clara quàm luce fatentur
Divitiarum ideo contemptum tradere, ut ipsi
Proiectas tollant perisque capacibus indant?
Ut Vicentina fecit studiosus in urbe
Foenoris augendi (non longa est fabula) quidam.
Audierat quendam validè et sermone diserto
Publicitus damnantem usuram et foenus iniquum.
Conventum multis illum crebroque precatur,
Semper ut usuram graviter reprehendere pergat
Et studiosè omnis ab ea depellere cives

Zweites Buch.

Insonderheit diese Punkte, so meinen wir, müssen alle Pflanzer beherzigen. Doch auch darauf, ihr verehrungswürdigen Oberhäupter und Väter, haben sie zu achten: daß jede Art nichtsnutziger Habgier und auch das Streben nach einem schäbigen und schimpflichen Profitchen unterbleibt. Hierauf brennen, wie man feststellen kann, die Pflanzer fast überall, und dies ist zweifellos der Grund, weshalb wir sie beim Volk in schlechtem Rufe stehen sehen. Dies ist um so widerwärtiger, als sie selbst lehren, daß man allen vergänglichen Reichtum und alle weltlichen Dinge geringschätzen und nur nach dem Himmelreich trachten solle. Wenn sie nämlich schlimmer als andere habgierig dem Gewinn nachjagen, dann tun sie doch wohl nichts anderes als dies: sie verkünden am hellichten Tage nur deshalb die Verachtung des Reichtums, um ihn, sobald er weggeworfen wurde, selbst aufzuheben und ihren geräumigen Quersäcken einzuverleiben! So wie es ein Mann in der Stadt Vicenza anstellte, der auf Wucher ausging – die Geschichte ist schnell erzählt. Diesem war zu Ohren gekommen, daß jemand in der Öffentlichkeit heftig und redegewandt Wucher und unbilligen Zins verdammte. Da ging er zu ihm und bat ihn wortreich und zu wiederholten Malen, den Wucher auch für alle Zukunft eindringlich zu tadeln und alle Bürger eifrig von ihm abzubringen:

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<36> Monstrando, quàm sit peccatum grande Deoque
Apprimè invisum, foenus captare renascens,
Et captatores essent quas denique poenas
Post mundi finem supremaque fata daturi.
Talibus ille seni dum pergeret esse molestus
Nec finem faceret repetendi eadem atque monendi,
„Cur“, inquit, „rogitas istud tam sedulò, quum tu
Foenoris iniusti summus dicaris amator?“
Ille: „Ut dissuaso nimirum foenore cunctis
Exercere queam solus solusque relicta
Possideam lucra, nunc turba qui cogor in arctum.“
Haud aliud factis omnes plerique loquuntur
Agricolae, fatuo quos planè illudere mundo
Non temerè credas, siquidem terrestria longè
Proiicienda palàm docuere et amanda superna,
Interea verò sensim coelestibus ipsi
Addicti nihil et longè post terga relictis
Quaesivere viris et equis terrestria, iamque
À populis proiecta, à Regibus atque monarchis
Conclusere suas nimium prudenter in arcas
Et medium porgunt digitum mundoque Deoque.
Quin nec adhuc finis quaerendi plura, sed usque
Artibus emungunt vivos spoliantque sepultos.
Non ô, non noster studeat tam prava colonus
Nec ferat hoc verbis, factis sectetur at illud.
Nec corradendis sit deditus undique lucris,
Divitias nec[8] amet nec quaerat, vivere parvo
Discat mittendus dura in certamina miles.
Intrepidus vacua pauper zona ibit in hostem,
Dum dives metuit possessa relinquere et atro

zu dem Zweck solle er dartun, eine wie große und Gott gar sehr verhaßte Sünde es sei, anwachsendem Zins nachzujagen, und welche Strafen die ihm Nachjagenden nach dem Ende und Untergang der Welt erleiden würden. Als er nicht aufhörte, dem alten Mann mit derlei lästig zu fallen, und endlos immer dasselbe wiederholte und anmahnte, da sagte dieser: „Warum bittest du immer wieder so beflissen darum, obwohl du doch in dem Rufe stehst, selbst der größte Liebhaber ungebührlichen Zinses zu sein?“ Jener erwiderte: „Deshalb natürlich, damit ich den Wucher, nachdem er allen anderen ausgeredet worden ist, allein ausüben kann und allein über den im Stich gelassenen Profit verfüge – denn jetzt engt der große Haufen meine Bewegungsfreiheit ein.“ Genauso lassen sich die meisten Landbauer durch ihre Handlungsweise vernehmen, die, glaub mir, nicht ohne Grund die einfältige Welt schlechthin zum Narren halten. Sie haben nämlich öffentlich gelehrt, daß man die weltlichen Dinge weit von sich werfen und das, was droben ist, lieben müsse; unterdessen aber haben sie, die für ihre eigene Person den himmlischen Dingen durchaus nicht zugetan sind und sie weit hinter sich gelassen haben, nach und nach mit aller Macht die irdischen Güter zu erlangen gesucht und diese, die die Völker, Könige und Monarchen schon von sich geworfen hatten, höchst gewitzt in ihre eigenen Truhen eingeschlossen und strecken der Welt und Gott den Mittelfinger entgegen. Ja ihr Verlangen nach vielerlei Besitz hat noch immer kein Ende, sondern unausgesetzt schröpfen sie mit listigen Machenschaften die Lebenden und berauben die Begrabenen. O nein, unser Pflanzer richte sein Streben nicht auf so schlimme Dinge! Und er verkünde mit seinen Worten nicht das eine, um dann aber mit seinen Taten dem anderen nachzugehen. Er ergebe sich nicht mit Haut und Haar dem Zusammenscharren von Profiten! Er liebe den Reichtum nicht und suche ihn nicht! Als ein Soldat, den man in harte Kämpfe schicken muß, lerne er, mit Wenigem auszukommen. Als Besitzloser, dessen Beutel leer ist, wird er dem Feind unerschrocken entgegenziehen. Dagegen hat ein Reicher Angst, seine Reichtümer im Stich zu lassen und

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<37> Provisam bellè vitam obiectare periclo et
Suaviter ut vivat, nihil et patiatur amari,
Pro nihilo ducit proditque sacra atque prophana
Postponitque lucro. Quid enim communius istis?
Quis nescit caecum et timidum Plutona poëtis
Non frustra dictum? Nullum reprehendere, nullum
Ditem praesertim multumque nocere potentem
Arguere audebit nullique os laedere magno,
Officiique sui spirantes dira monere,
Qui, quod perdat, habet magnique adeò aestimat illud.
Quum tot delirent reges scelerataque patrent
Contraque audacter peccent hominesque Deumque
Atque tot agricolae circum versentur in aulis,
Quî fit, ut admoneat nemo nemoque reprendat,
Sed partim applaudunt roduntque silentia partim?
Scilicet imperium nummi nidorque culinae
Et favor humanus cogit, plerique colendi
Quem sibi proposuere scopon. Contemnere noster
Humanas et opes mundumque irasque potentum
Audeat atque suae ipsius discrimina vitae,
Gloriam et unius spectet servantis IESU,
Muneris impositique fidem populique salutem.
Incidit in Satanae laqueos si vulgus avarum,
Si desideriis rapitur multisque malisque,
Donec in exitium ruat, ecquae dira vorago
Ductores ipsos populi doctosque manebit,
Si quando dites fieri conantur avarè?
Fortius insanit doctus, maioribus atque
Curribus et laxis ad pessima fertur habenis,
Designare levem sapiens ut ubique negetur

sein Leben, für das er schön vorgesorgt hat, finsterer Gefahr auszusetzen; und um ein angenehmes Leben zu haben und keine Bitternis zu erdulden, achtet er geistliche und weltliche Dinge für nichts und gibt sie preis und stellt sie dem Profit hintan. Was ist denn verbreiteter als ebendies? Wer wüßte nicht, daß die Dichter den Plutus mit gutem Grund als blind und furchtsam bezeichnet haben? Wer etwas zu verlieren hat und dies sehr hoch bewertet, wird niemanden, insbesondere keinen Reichen, zu tadeln wagen; er wird nicht wagen, einem sehr Mächtigen eine schädliche Handlung vorzuhalten, einem Hochstehenden eine Grobheit ins Gesicht zu sagen und diejenigen, die von schrecklichen Dingen beseelt sind, an ihre Pflicht zu erinnern. So viele Könige sind irrwitzig, begehen Schurkenstreiche und versündigen sich dreist an Gott und den Menschen – und so viele Landbauer halten sich ringsumher in den Schlössern auf. Wie kommt es, daß trotzdem keiner von ihnen Mahnungen, keiner Tadel ausspricht, sondern daß sie teils Beifall klatschen, teils das Stillschweigen der Leute bekritteln? Dies erzwingt natürlich die Herrschaft des Geldes, der Duft aus der Küche und menschlicher Gunsterweis, den die meisten sich zum Ziel ihres Landbaus gesetzt haben. Unser Landbauer wage es, menschlichen Reichtum, die Welt, den Zorn der Mächtigen und die Risiken für sein eigenes Leben zu verachten, und er trachte nach dem Ruhm Jesu, des einzigen Retters, nach der Treue zu dem ihm auferlegten Amt und nach dem Heil des Volkes. Wenn der habgierige Pöbel sich in den Schlingen Satans verfängt, wenn viele böse Gelüste ihn fortreißen, bis er ins Verderben stürzt, welcher gräßliche Schlund wird da wohl die Führer des Volkes selbst und die Gelehrten erwarten, wenn sie jemals aus Habsucht den Versuch machen, reich zu werden? Die Tollheit eines Gelehrten ist besonders stark, und auf einem recht großen Wagen und mit schlaffen Zügeln kutschiert er in den Untergang, so daß man allenthalben der festen Überzeugung ist, daß ein Wissender keine nur geringfügige Torheit begehe

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<38> Stulticiam lentoque moveri ad Tartara gressu.
Praebuit exemplum sceleris suspensus Iudas
Vindictaeque simul, sic et Rhodopaeius heros,
Qui malè perdiderat multum Polydoron ob aurum.
Praebuit exemplum pedibus suspensus Achaeus
Atque caput fulva Pactoli mersus harena.
Bethsaidae proles horrenda voce Simonem
Mercandi cupidum multis coelestia nummis,
Ut venum expositis multo ditesceret auro,
Increpuit, qui etiam est Satanae post castra secutus.
Auri igitur vitetur amor studiumque scelestum,
Ne semet cupidi perdant aliosque coloni.
Tum simul et luxus vitae caveantur inertes,
Persicus et splendor vestisque cibique paratus,
Qui sine praesidiis nequeunt consistere magnis
Et simul offendunt plebem verbumque retardant.
Absit et ebrietas et amor fragrantis Iacchi.
Scilicet enervant animos et turpia suadent,
Ut nos multa docent magnorum exempla virorum.
Sed nec consuescant alienis vivere mensis
Esseque divitibus convivae saepe libenter,
Ne tenues reputent illos colludere forsan
Illecebraque cibi preciosum prodere verum.
Hoc etenim plerisque solet contingere, quod non
Ore obstructo audent rectum verumque fateri.
Sed non ut vitare velim praedicta colonum,
Sic autor fuero prorsum in contraria labi.
Nec luxum laudo nec sordes rursus ineptas
Agrestemque modum vitae vestesque cachinno
Dignas et nulli prorsum parére vocanti,

und sich keineswegs langsamen Schrittes auf die Hölle zubewege. Ein warnendes Beispiel der Ruchlosigkeit und zugleich ihrer Bestrafung bot der erhängte Judas, desgleichen der thrakische Held, der den Polydoros wegen seines vielen Goldes bösartig umgebracht hatte. Ein warnendes Beispiel bot der Achäer, der an den Füßen aufgehängt wurde, während sein Kopf im gelbbraunen Sand des Paktolus steckte. Mit schrecklicher Stimme rief der Sohn der Stadt Bethsaida den Simon an, der darauf brannte, sich mit viel Geld himmlische Dinge zu erhandeln, um sie zum Verkauf anzubieten und dann durch viel Gold reich zu werden – auch später hat er Satan gedient. Die Pflanzer mögen sich also hüten, ihr Herz ans Gold zu hängen und ruchlos nach ihm zu streben, damit sie in ihrer Gier nicht sich selbst und andere zugrunderichten. Ferner mögen sie auch eine erschlaffende schwelgerische Lebensweise meiden, persischen Prunk und Aufwand in Kleidung und Speise, die ohne große Hilfsmittel nicht aufrechtzuerhalten sind und zugleich beim Volk Anstoß erregen und das Wort hemmen. Ferne seien auch Trunkenheit und Liebe zum duftenden Wein! Sie schwächen nämlich den Geist und verleiten zu schimpflichen Dingen, wie es uns viele böse Beispiele bedeutender Männer lehren. Sie mögen aber auch nicht die Gewohnheit annehmen, sich von fremden Speisen zu ernähren und gern häufig bei reichen Leuten zu Gast zu sein, damit die Armen nicht etwa denken, sie machten mit ihnen gemeinsame Sache und verrieten die kostbare Wahrheit, weil die Speise sie lockt. Es geht nämlich in der Regel den meisten so, daß sie das Rechte und Wahre nicht mehr zu bekennen wagen, nachdem sie sich den Mund vollgestopft haben. Doch so sehr mir daran liegt, daß der Pflanzer Obiges meidet, so wenig werde ich ihm raten, sich geradezu auf die Gegenseite zu neigen. Ich lobe nicht die Verschwendung, doch hinwiederum auch nicht abgeschmackten schmutzigen Aufzug, bäurische Lebensweise und lauten Gelächters würdige Kleider; und ich lobe es nicht, wenn man buchstäblich niemandes Einladung Folge leistet,

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<39> Sed fratrem durum sectari velle Terenti,
Gratia et irata natum Actaea urbe Timonem.
Non mihi Aristippus mollis Cynicusque Sinopeus
Nec Sybaritarum mensae nec prandia Pori
Indorum arrident regis. Tam pulte superbit,
Vestibus et laceris pauper turpique cucullo,
Gloriolaeque auram cupidè venatur inanis,
Quàm rex Persarum gemmis excultus et auro,
Quàm vel deliciis magnis coenisque Lucullus.
Est odiosa superstitio, excessusque notatur,
Seu nimium ad dextram deflectes sive sinistram.
Non ego Democritum, sed nec laudavere Crassum.
Sit modus in cunctis, placeant mediocria semper:
Id quod divinus virtuti asscripsit Homerus.
     Iamdudum invito magni mihi verberat aures
Publica fama mali faciesque miserrima rerum,
Quam non absque pio spectamus ubique dolore.
Quò se cunque Dei tulit et servantis IESU
Magnificum nomen, scortatorum omnia plena.
Quin et adulteriis crebris factisque pudendis
Compita cuncta fremunt foraque insanaeque tabernae,
Quorum etiam Christi populus nec nomina debet
Nec novisse ortum, nedum tolerare sequique,
Molliter et rebus tanquam arridere probatis.
Nec tenet haec scelerum tantum sentina prophanos,
Posset et esse quibus Domini incomperta voluntas,
Immò magis populi capita agricolasque professos,
Qui legem novere Dei magnoque fatentur
Esse supercilio per climata cuncta magistri.
Dedecus heu miserum nullaque effabile lingua!

sondern dem strengen Bruder bei Terenz und dem in Athen unter dem Zorn der Grazie geborenen Timon nacheifern will. Mir behagen nicht der verweichlichte Aristipp und nicht der Kyniker aus Sinope, nicht die Tafeln der Sybariten und nicht die Mähler des indischen Königs Porus. Der Arme brüstet sich ebenso mit seinem dicken Mehlbrei, seinen zerrissenen Kleidern und seiner häßlichen Kutte und jagt ebenso dem flüchtigen Hauch geringfügigen, eitlen Ruhms nach wie der mit Juwelen und Gold geschmückte Perserkönig oder wie Lucullus mit seinen großen Lustbarkeiten und seinen Gastmählern. Fanatismus ist widerwärtig, und Übertreibung zieht Tadel auf sich, ob man nun zu sehr nach der rechten oder der linken Seite hin ausschweift. Ich werde keinen Demokrit loben, doch auch keinen Crassus. Alles habe sein Maß, stets erfreue man sich am Mittelweg – hierin sah der göttliche Homer ein Merkmal der Tugend.
     Längst schon schlägt mir wider Willen die öffentliche Kunde großen Übels ans Ohr sowie der höchst erbärmliche Zustand der Welt, den wir allenthalben nicht ohne frommen Schmerz beobachten. Wohin der herrliche Name Gottes und des Retters Jesus auch gedrungen ist, da ist alles voll von Hurern. Ja an allen Kreuzwegen, auf den Märkten und in den unsinnig lärmenden Kneipen schwirrt und summt es auch von fortgesetzten Ehebrüchen und schändlichen Taten, von denen das Volk Christi nicht einmal die Namen und den Ursprung wissen darf, geschweige denn, daß es sie dulden, nachahmen oder – als handle es sich um Dinge von bewährter Güte – mit mildem Lächeln willkommen heißen dürfte. Dieser Abschaum des Frevels beherrscht nicht nur Gottlose, denen auch der Wille des Herrn unbekannt sein könnte, sondern in noch höherem Grade auch die Häupter des Volkes und Menschen, die sich als Landbauer bekennen, die mit dem Gesetz Gottes vertraut sind und mit großem Hochmut verkünden, sie seien die Lehrer der ganzen Welt. Ach, welche erbärmliche, von keiner Zunge auszusprechende Schande!

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<40> Agricolae nunc, Christe, tui (si dicere iustum,
Esse tuos, sacro qui nunc se nomine velant,
Simia ceu turpis generosi pelle leonis)
Moribus Aufidii vivunt et Sardanapali
Chratidaque atque Nini matrem Xerxemque sequuntur,
Tanquam non in lege tua verboque verendo,
In gremioque tuae sanctae castaeque cohortis
Sint enutriti, Capreis sed sede Tiberi
Sotadicosque libros spurcasque Elephantidos artes
À puero biberint, Paphiae teneantque nepotes.
Quam regionem usquam, notum quà nomen IESU
Et magni fiunt violenti iura Papatus,
Quae collegia, quas illic monstraveris urbes,
Quem vicum quoque, ubi meretricum amplexibus ipsi
Agricolae abstineant? Ubi non exempla subando
Turpia designent? atque hoc impunius, ac si
Vicorum tenuis violent mandata tribuni.
Maiores adeò peccant insigniter ipsi,
Ut nullos possint reprehendere iure minores:
Et tales ausint aliis proponere verbum?
Corporeque atque animo polluti dia loquantur
Dogmata? Num tales cuiquam sacra signa ministrent?
Autolycum quisnam ferat Autolycique parentem,
Si Cacum doceant Massamve vafrumque Voranum,
Non dandam furtis operam cupidisque rapinis?
Quis non confringat tabulas et pulpita rumpat,
Si rectè fratres hortetur amare Cainus
Legitimumque torum vesani mater Orestis?
Pasiphaeque pudicitiam vel tradat Aristo?
Aut lassata viris modo, non satiata marita

Deine Landbauer, Christus (wenn es richtig ist, Menschen als die Deinen zu bezeichnen, die sich heute in einen geistlichen Titel hüllen wie der häßliche Affe in das Fell des edlen Löwen) – deine Landbauer führen heute ein Leben wie Aufidius und Sardanapal und eifern dem Krates, des Ninus Mutter und dem Xerxes nach: so als seien sie nicht in deinem Gesetz, deinem ehrwürdigen Wort und im Schoße deiner heiligen und keuschen Jüngerschar aufgezogen worden, sondern im Palast des Tiberius auf Capri, und hätten von Kindesbeinen an sotadische Bücher und säuische elephantidische Künste eingesogen und hielten als Abkömmlinge der Venus daran fest. Welche Gegend irgendwo auf der Welt, in der man Jesu Namen kennt und die Macht des gewalttätigen Papsttums hochschätzt, welche Stifter, welche Städte, auch welches Dorf dortselbst könntest du angeben, wo sich die Landbauer ihrerseits des Verkehrs mit Huren enthalten? Wo geben sie nicht schändliche Beispiele geschlechtlicher Gier? Und dies ziemlich straflos, so als verletzten sie die Gebote eines armseligen Dorfschulzen! Die Älteren sündigen selbst so auffallend, daß sie niemanden von den Jüngeren mit gutem Recht zu tadeln imstande sind – und solche Leute können es wagen, anderen das Wort zu verkünden? Können an Leib und Seele Besudelte göttliche Lehren im Munde führen? Können solche etwa irgend jemandem die Sakramente reichen? Wer könnte denn den Autolycus oder den Vater des Autolycus ertragen, wenn sie einen Cacus, einen Massa oder den pfiffigen Voranus lehrten, man dürfe sich nicht mit Diebstählen und gierigen Räubereien abgeben? Wer sollte nicht Bilder zerbrechen und Katheder zerschlagen, wenn Kain zur rechten Bruderliebe und die Mutter des rasenden Orest zur legitimen Ehe aufriefe? Wenn eine Pasiphae oder ein Aristo Keuschheit lehrten – oder die von den Männern nur erschöpfte, nicht befriedigte Gattin

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<41> Caesaris, exibat quae fornicis ultima limen?
Ite, pii, procul, in Dominique requirite servis
Mores doctrina dignos vitamque pudicam,
Coelica ne spurcis capiatis munera palmis.
Sanior est puris longè de fontibus unda
Quàm de coenosoque lacu manibusque lutosis.
Ipse nec omnipotens verbum tractare scelestos
Ferre potest vetuitque loqui cacodaemonas olim
Testarique bonum. Vetuit Tarsensis et ipse,
Vera licet fari doctam Pythone puellam.
Vos quoque flagitiis turpes notosque colonos
Nolitote pati. Nunquam bene coelica porci
Dona ministrabunt merdosoque upupa rostro.
Hinc noster purè contendat vivere coelebs,
Carnis et ardorem tetrum frenare colonus
Causa Evangelii, ne quos absterreat illo
Moribus impuris neve ipse trahatur amando
À Christo mundique huius se mergat in undis,
Unde queat nunquam poscente emergere causa.
Quod si autem purè non possit vivere coelebs,
Legibus exemptum nec se cognorit avitis,
Insertis carni nativoque uritur igne,
Coniugii, iussus divini voce magistri,
Castra petat castusque patrum commilito vivat,
Si praecepta hominum modò legumque improba vincla
Sancta libertate frui paréreque iussis
Pneumatos aetherei, quîs totum subdidit orbem,
Cedent, nullius quae sanè occasio culpae
Debent esse, magis verùm promotio recti.
     His ita curatis aliisque affinibus hinc iam

des Kaisers, die das Bordell als letzte verließ? Geht weit fort, ihr Frommen, und verlangt von den Dienern des Herrn Sitten, die der Lehre würdig sind, und einen züchtigen Lebenswandel, damit ihr nicht die himmlischen Gaben aus schweinischen Händen empfangt! Das Wasser aus reinen Quellen ist bei weitem unverdorbener als das aus einem morastigen See oder kotigen Händen. Auch der Allmächtige vermag es nicht zu ertragen, daß Frevler mit dem Wort umgehen; dereinst verbot er, daß böse Dämonen das Gute künden und bezeugen. Ebenso verbot der Tarsenser einem vom Wahrsagegeist inspirierten Mädchen zu weissagen, obwohl es die Wahrheit war. Duldet auch ihr keine Pflanzer, die durch Schandtaten ehrlos und berüchtigt sind! Niemals werden Schweine und der Wiedehopf mit seinem kotbesudelten Schnabel die himmlischen Gaben auf die rechte Art darreichen. Daher sei unser Pflanzer, sofern er ehelos ist, bemüht, in Reinheit zu leben und die abscheuliche Fleischeslust um des Evangeliums willen zu zügeln, damit er nicht durch seinen unsauberen Lebenswandel Menschen von jenem abschreckt oder sich selbst dem liebenswerten Christus entfremdet und in den Wogen dieser Welt untertaucht, aus denen er zwangsläufig niemals aufzutauchen vermag. Sollte er jedoch außerstande sein, als Junggeselle in Reinheit zu leben, und erkannt haben, daß er von den ererbten, dem Fleisch eingepflanzten Gesetzen nicht ausgenommen ist und von dem ihm angeborenen Feuer brennt, so begebe er sich, angewiesen durch das Wort des göttlichen Lehrers, in das Feldlager der Ehe und lebe als keuscher Waffengefährte der Väter. Bedingung ist nur, daß die Gebote der Menschen und die schlimmen Fesseln der (Natur-)Gesetze, die uns daran hindern, uns an den der ganzen Welt auferlegten Befehlen des Heiligen Geistes in göttlicher Freiheit zu erfreuen und ihnen zu gehorchen, in den Hintergrund treten werden, denn sie dürfen wahrhaftig zu keiner Sünde Anlaß geben, sondern müssen vielmehr der Beförderung des Guten dienen.
     Wenn er diese und noch andere damit zusammenhängende Dinge solchermaßen beherzigt hat und aufgrund dessen nun

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<42> Artibus humanis pariter linguisque politus,
Moribus ornatusque piis et corpore purus
Quippe haud illotis manibus pedibusque studeto
Discere divini conscripta oracula verbi.
Totius ingenii sanum huc convertat acumen,
Optima conquirens quae spargat deinde colonus
Semina, quîs melior simul ipse evadat in horas.
An dubitas, quonam illa penu, qua quaerere cella
Debeat in primis? quibus et venetur in agris
Noticiam Christi certam rerumque piarum,
Qua sine totius mundi nil caetera prosunt?
Audi è sublimi venientem sede magistrum.
Is sanctas verò Scripturas, pignora summa,
Nempe prophetarum clarique volumina Mosis
Scrutari iubet inque illis audire loquentem
Cunctarum rerum Dominum atque addiscere, quaenam
Sint facienda piis et quae vitanda vicissim,
Daemonas ut nunquam sit opus gentesque prophanas
Consulere, è spurcisque animas revocare sepulchris.
Constat enim, proprii capitis non somnia vates
Nec mandata hominum, mera sed divina locutos.
Unde liquet porrò, quanti faciunda quibusvis
Scripta prophetarum, quanta et dignatio verbi,
Quodcunque illorum veraci protulit ore
Coeli terrarumque pater. Quis spreverit illum?
Quis verbum illius, cuius stant omnia nutu?
In corpusque animamque est cui suprema potestas?
     Primùm igitur certò persuasum habeamus id omnes,
Qui certam à Domino volumus sperare salutem,
Velle Deum precio planè ut capiamus eodem,

in den menschlichen Wissenschaften ebenso wie in den Sprachen ausgebildet ist, wenn er sich durch einen frommen Lebenswandel auszeichnet und sein Körper rein ist, dann werfe er sich eifrig – freilich nicht gerade mit ungewaschenen Händen und Füßen – auf das Studium der schriftlich niedergelegten Weissagungen des göttlichen Wortes. Hierauf wende er seinen ganzen, unverbildeten Scharfsinn und spüre die besten Samenkörner auf, um sie später als Pflanzer auszustreuen und zugleich sich selbst an ihnen mit jeder Stunde zu veredeln. Oder bist du dir etwa nicht sicher, in welchem Vorratslager und in welcher Kammer er diese wohl hauptsächlich suchen muß und auf welchen Gefilden er nach der sicheren Kenntnis Christi und der frommen Inhalte jagt, ohne die alles übrige auf der ganzen Welt zu nichts nütze ist? Höre den vom Himmelsthron kommenden Lehrer! Dieser gebietet aber, die heiligen Schriften, jene kostbarsten Pfänder, nämlich die Werke der Propheten und des herrlichen Moses, zu erforschen und in ihnen die Stimme des Herrn der Welt zu vernehmen und zu lernen, was die Frommen zu tun und andererseits zu lassen haben, damit es sich für alle Zeiten erübrigt, Dämonen und gottlose Heidenvölker um Rat zu fragen und ihre Geister aus ihren schmutzigen Gräbern herbeizuzitieren. Bekanntermaßen haben die Propheten nämlich nicht Träume ihres eigenen Kopfes und auch keine Menschensatzungen, sondern das reine Wort Gottes verkündet. Daraus erhellt nun aber, wie hoch jedermann die Schriften der Propheten einzuschätzen hat und welch große Gnade jedes beliebige Wort in sich birgt, das der Vater Himmels und der Erde aus ihrem wahrredenden Mund an den Tag brachte. Wer könnte ihn verachten? Wer könnte das Wort dessen verachten, auf dessen Willen alles beruht, in dessen Händen die höchste Gewalt über Leib und Seele liegt?
     Zunächst also laßt uns alle, die wir willens sind, das wahre Heil vom Herrn zu erhoffen, die feste Überzeugung hegen, daß Gott von uns verlangt, alles, was einstmals die Propheten aufgrund von Eingebung geschrieben haben, mit schlechthin der gleichen Wertschätzung anzunehmen,

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<43> Inspirati olim quicquid scripsere prophetae,
Quo nobis eadem proprio si diceret ore.
Ille bonisque malisque olim mortalibus ore est
Angelico aut etiam proprio permulta locutus,
Esset adhuc mundi quando incorruptior aetas
Et sibi sumpsisset perpaucos ille regendos,
Ante sed Amrami gnatum, quum semen Hebraeum
Niliacis vehementer adhuc premeretur in oris.
Ut simul eductum, tum quinque volumina Moses
Condidit, id vates etiam fecere sequentes,
Ut populis essent verbi monumenta futuris
Divini semper praestò nec coelitus ultrà
Quisquam expectaret nova vel maiora doceri.
Nec Domini sermo humanae tolerabilis auri est:
Id quod perculsi quondam testantur Hebraei.
Mortales ergo mortalibus inde reliquit
Doctores, Mosen, Aaronem aliosque Levitas
Atque sacerdotes serie dedit atque prophetas,
Qui legem urgerent et Mosis scripta sepulti
Arguerentque malos transgressoresque monerent,
Tum Christi memores quoque gratuitique favoris
Fractos erigerent animos et morbida laetis
Pectora sanarent verbis. Haec munera vatum
Omnium erant, Moses postquam terrena reliquit.
Quorum igitur nobis divino scripta supersunt
Munere et esse liquet flatus documenta superni.
Humana haud debent iam, sed divina putari
Credendumque illis ut coeli è sede profectis.
Hoc etiam precio pacti monumenta novati
Accipienda piis. Nam consentire vetustis,

die wir aufbrächten, wenn er uns dasselbe mit seinem eigenen Mund gesagt hätte. Er hat vor Zeiten guten und bösen Menschen gar vieles durch Engelsmund und auch durch seinen eigenen Mund verkündet, als noch ein unverdorbeneres Geschlecht auf der Welt lebte und er sich eine sehr kleine Zahl von Menschen auserwählt hatte, um sie anzuleiten: zuerst aber den Sohn Amrams zu der Zeit, als das jüdische Volk noch in dem Land am Nil heftig unterdrückt wurde. Sobald es herausgeführt war, verfaßte Moses die fünf Bücher – auch die nachfolgenden Propheten verfuhren so –, damit den künftigen Völkern stets Zeugnisse des göttlichen Wortes zur Verfügung stünden und niemand erwartete, daß darüber hinaus noch neue oder bedeutendere Lehren vom Himmel herabkämen. Die Sprache des Herrn ist auch für das menschliche Ohr nicht erträglich: dies bezeugen die Juden, denen seinerzeit der Mut gesunken war. Daher hinterließ er also den Sterblichen sterbliche Lehrer, Moses, Aaron und andere Leviten, und brachte der Reihe nach Priester und Propheten hervor, damit sie auf das Gesetz und die Schriften Moses’ drängten, nachdem dieser zur Ruhe gebettet war; damit sie die Bösen anprangerten, die Gesetzesbrecher ermahnten, ferner auch durch den Hinweis auf Christus und die unentgeltliche Gnade die niedergebeugten Geister aufrichteten und die kranken Herzen mit glückverheißenden Worten heilten. Dies waren die Aufgaben aller Propheten, nachdem Moses die Erde verlassen hatte. Die Schriften, die wir noch von ihnen besitzen, leiten sich also von ihrem göttlichen Auftrag her, und es leuchtet ein, daß sie Zeugnisse des Heiligen Geistes sind. Man darf sie nicht mehr als menschliche, sondern muß sie als göttliche Zeugnisse auffassen und ihnen aufgrund ihres himmlischen Ursprungs Glauben schenken. Mit der gleichen Wertschätzung müssen die Frommen auch die Denkmäler des erneuerten Bundes annehmen. Denn ihre Treue in der Übereinstimmung mit den alten

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<44> Est manifesta fides, et ad hoc virtute stupenda
Numinis aetheri firmantur et undique vero
Concordante sibi. Meritò ergo Ecclesia summum
Attribuit robur scriptis, quae Biblia dicunt,
Iussit et esse Dei nunquam violabile verbum:
Scilicet agnoscens sponsi certissima vocis
Indicia et vitae vera instrumenta perennis.
     Tum nobis etiam debent[9] constare Sibyllae
Omne super folium, Iovis et querceta vetusti
Et satis atque super sanctis contenta ea libris,
È quibus humano generi divina voluntas,
Nempe ea, quam nostrae refert cognosse salutis,
Omnis nota foret. Nobis hinc plurima messis,
Tandem aliquando ut sit quaerendi terminus atque
Perscrutandi alios de speque fideque libellos.
Quaerit enim miserè vertitque ad multa subinde
Irrequietum animum, qui fors charissima quaerit
Aut ubi non sunt aut certè non omnia plenè.
Qui verò puri venam auri nactus opimam est,
Congerat unde sibi Croesi Pelopisque talenta,
Unde Arabum vincat gazas Hermique metalla,
Haud aliò flectit facilè nec inania saxa
Et spem repperiundi auri monstrantia nullam
Tentat nec steriles curat suspendere mentes.
Huc ergo studium convertant omne coloni,
Repperient, quaecunque ad vitam scire necesse est.
Nil opus innumeris animum torquere libellis
Nequicquam et veluti steriles errare per agros.
Hic latet aeterni plenè sapientia verbi,
Filius ille Dei et mundi servator IESUS,

ist offenkundig. Hierin bestätigt sie auch die erstaunliche und tatsächlich überall mit sich selbst übereinstimmende Kraft der himmlischen Gottheit. Zu Recht also hat die Kirche den Schriften, die man die Bibel nennt, höchste Stärke zuerkannt und festgesetzt, daß sie das für alle Zeit unantastbare Wort Gottes seien; sie erkannte in ihnen nämlich völlig unanfechtbare Beweise für die Stimme des Bräutigams und unverfälschte Urkunden des ewigen Lebens.
     Dann müssen für uns auch mehr gelten als jedes Orakel der Sibylle und die Eichenhaine des alten Jupiter und müssen uns übergenug sein diejenigen Inhalte der alten Bücher, aus denen dem Menschengeschlecht der göttliche Wille – der nämlich, den erkannt zu haben, für unser Heil von Wichtigkeit ist – zur Gänze offenbar werden wird. Dies trägt uns sehr reiche Früchte, so daß endlich einmal das Erforschen und Ergründen anderer Bücher über Hoffnung und Glauben ein Ende hat. Wer nämlich dasjenige, was ihm am teuersten ist, etwa dort sucht, wo es nicht oder wenigstens nicht vollzählig vorhanden ist, der ist unglücklich in seinem Forschen und der wiederholten Hinwendung seines ruhelosen Geistes zu vielerlei Dingen. Wer aber auf eine reiche Ader reinen Goldes gestoßen ist, die ihn in die Lage versetzt, das Geldvermögen eines Croesus und eines Pelops aufzuhäufen, die Schätze der Araber und das Gold des Hermus zu überbieten, der wendet sich schwerlich anderswohin und untersucht kein gehaltloses und keinerlei Hoffnung auf einen Goldfund eröffnendes Gestein und erspart sich die Mühe, seine Gedanken fruchtlos anzuspannen. Hierauf also mögen die Pflanzer ihren ganzen Eifer wenden, und sie werden alles finden, was man zum Leben wissen muß. Es ist durchaus nicht notwendig, den Geist zwecklos mit unzähligen Büchern zu quälen und gleichsam durch unfruchtbare Felder zu irren. Hier bei uns liegt die vollständige Weisheit des ewigen Wortes verborgen, der berühmte Gottessohn und Weltenretter Jesus:

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<45> Cognitio cuius vitam fert una beatam
Conciliatque patri summo regnique superni
Efficit haeredes atque est thesaurus in agro
Conditus atque super praestabilis unio cuncta,
Tota ob quem meritò mundi substantia venit.
Non alibi invenies, frustra lustraveris orbem
Et freta transieris. Cisternas quaerere noli
Atque olidis vaga stagna undis spurcasque paludes,
Quum tibi largifluus media fons bulliat aula.
Hinc hauri, puris licet hic restinguere lymphis,
Quanta sitis te cunque premit vitaeve perennis
Iusticiaeve omnis. Tota hic industria sudet
Ingenii, summaeque rei te dedito totum.
     Illa huc praeterea multum persuasio confert,
Quandoquidem Domini satis est patefacta voluntas
Codicibus sacris, quos illi demus honores,
Qui cultus illi placeant, qui denique mores,
Debeat et quo quisque aetatem degere pacto,
Ne qua superstitio nostram aut fanaticus error
Invadat mentem, tradamus et impia quaedam,
Ceu non sufficiant, Dominus quae tradidit ipse,
Aut quicquam melius nos fingere posse putemus.
Nil celasse Deum recti qui credit et aequi,
Is sacro contentus erit, parebit et uni
Verbo nec finget quicquam ipse nec ulla sequetur
Somnia vel commenta hominum. Quod plurima semper
Turba solet, vexatque haec valdè insania mundum.
Absque Dei verbo fatuus sibi quisque placentem
Proponit callem comitesque asciscit eundi
Primoque illecebris trahit, at mox pergere cogit

einzig das Wissen von ihm verschafft ein glückseliges Leben, versöhnt mit dem höchsten Vater und macht zu Erben des Himmelreichs; dieses Wissen ist der im Acker verborgene Schatz und die unvergleichbar herrliche Perle, für die zu Recht aller Reichtum der Welt in den Kauf gegeben wird. Anderswo wirst du sie nicht finden; vergeblich wirst du die Welt durchwandern und Meere überqueren. Suche nicht in Zisternen, in unsteten Gewässern mit stinkendem Naß und in schmutzigen Sümpfen, da dir doch mitten im Hof ein reichlich fließender Quell sprudelt. Hieraus schöpfe, hier, mit seinem reinen Wasser, darfst du deinen Durst nach dem ewigen Leben oder vollständiger Gerechtigkeit stillen – wie groß jener Durst immer sein möge, der dir zusetzt. Hier arbeite dich ab mit der ganzen Energie deines Geistes, und ergib dich mit Haut und Haar der höchsten Aufgabe.
     Da ja Gottes Wille in der Heiligen Schrift hinreichend offenbart wurde, trägt jene Überzeugung vieles zu folgenden Fragen bei: welche Ehrungen wir ihm erweisen sollen, welche Andachtsbezeigungen und welche Sitten überhaupt ihm zusagen, wie jeder sein Leben zubringen muß, damit nicht etwa ein Aberglaube oder eine schwärmerische Verirrung in unseren Geist Eingang findet und wir mancherlei gottlose Dinge lehren – so als sei das, was Gott selbst gelehrt hat, nicht ausreichend oder als meinten wir, wir könnten etwas Besseres ersinnen. Wer glaubt, daß Gott mit nichts von dem, was richtig und recht ist, hinter dem Berge gehalten hat, der wird sich mit der Heiligen Schrift begnügen und ihr allein gehorchen und sich nicht selbst irgend etwas ausdenken und sich nicht irgendwelchen menschlichen Träumereien oder Erdichtungen anschließen. Eine sehr große Schar pflegt dies ständig zu tun, und dieser Irrsinn sucht die Welt mit Heftigkeit heim. Blödsinnig bestimmt sich jeder, ohne Gottes Wort, selbst einen ihm zusagenden Pfad und legt sich Weggefährten zu, die er anfänglich mit Verlockungen nach sich zieht, bald aber zum Weitermarsch

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<46> Stulticiaeque suae tanquam parére Tonanti.
Plurimum ab hac absit perversa mente colonus.
Norit Scripturae pondus causamque relictae
Perque illam faciunda satis vitandaque clara,
Ne verbis hominum, Domini sed voce regatur.
     Sic animatus eam[10] attentè lectitet usque
À capite ad calcem, repetat perlecta frequenter,
Fortiter inculcetque animo penitusque recondat,
Non secus atque aurum gemmasque Indosque lapillos:
Unde dein largè populis depromere possit,
Quod pro re nata prosit mentesque reformet.
Si qua minus forsan capit assequiturque legendo
Aut si simplicitas apparet candida Verbi,
Taedia ne obrepant ulla aut fastidia, curet.
Non humana etiam nostrae sunt obvia curae
Confestim, sed multa latent falluntque legentes.
Non mirum, flatus si nec divinus apertè
Omnia proposuit, verùm mysteria quaedam
Verborum involucris vix enucleanda reliquit.
Obvia suscipito, multo fugientia cursu
Persequitor, trahito ex imis abstrusa latebris.
Felix, qui iuxtà planis asprisque iuvatur,
Non his terretur nec rursum despicit illa,
Pneumatos et morem perfert et suspicit omnem.
     Causas in primis veras rerumque parentem
Inveniet, cuius iussu verboque potenti
Omnia subsistunt, nulla existente creata
Materia, extensum coelum constrataque tellus,
In medioque situs rectè spirabilis aër
Inque locis certis undarum condita moles

und zum Gehorsam gegenüber seiner Dummheit zwingt (so als sei diese der Donnerer!). Der Pflanzer halte weiteste Distanz zu dieser verkehrten Einstellung! Er kenne das Gewicht und den Gegenstand der hinterlassenen Schrift und sei sich bewußt, daß aus ihr hinreichend deutlich hervorgeht, was zu tun und zu lassen ist, damit er sich nicht durch menschliche Aussagen, sondern durch das Wort Gottes leiten läßt.
     In dieser Geisteshaltung lese er sie fortwährend aufmerksam von Anfang bis Ende, wiederhole häufig das Gelesene und präge es seinem Herzen energisch ein und verwahre es tief im Innern – ganz so wie Gold, Edelsteine und indische Perlen –, so daß er dann für die Völker reichlich davon zu entnehmen vermag, was nach Lage der Dinge nützlich ist und die Geister veredelt. Falls er etwa beim Lesen nur recht wenig erfaßt und versteht oder die Lauterkeit des Wortes sich als Einfalt darstellt, so sehe er zu, daß ihn keinerlei Überdruß oder Widerwille beschleicht. Auch menschliche Werke erschließen sich unserem Bemühen nicht sofort, sondern vieles bleibt im Verborgenen und entzieht sich den Lesern. Kein Wunder, wenn auch der Heilige Geist nicht alles offen vor Augen gestellt, sondern gewisse aus ihren Worthüllen kaum herauszuschälende Mysterien hinterlassen hat! Was sich dir erschließt, das nimm auf! Was sich dir entzieht, das verfolge in vielen Eilmärschen! Was verborgen ist, das ziehe aus seinen tiefsten Schlupfwinkeln! Glücklich der, dem Glattes wie Holpriges gleichermaßen gefallen, den dieses nicht schreckt und andererseits jenes nicht mit Verachtung erfüllt, der jede Verfahrensweise des Heiligen Geistes geduldig erträgt und auf sich nimmt!
     Er wird zuerst auf die wahren Ursachen und den Vater der Dinge stoßen, durch dessen Geheiß und mächtiges Wort alles besteht, ohne daß eine erschaffene Materie vorhanden gewesen wäre: der ausgedehnte Himmel, das hingestreckte Erdreich, die gehörig dazwischengelagerte atembare Luft, die an sicheren Orten geborgene Masse des Wassers

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<47> Caeteraque ad ornatum in sex distincta diebus:
Rebus et innumeris variisque animantibus orbis
Aera per liquidum, per aquas terramque refertus
Atque ita terrigenae manibus commissus Adami.
     Hinc etiam facilè, quis verus et unicus extet
In coelo terraque Deus, quod et omnia possit
Personisque tribus subsistat comparibus, non
Natura modo, verùm etiam virtute potenti
Aeternisque annis cultuque et honore celebri,
Colliget, et quod sint illi mortalia curae
Nec temerè ferri quicquam sinat atque referri,
Singula contentis verùm moderetur habenis
Ipse, licet varios extrudat ad omne ministros.
     Inde etiam, quanto semper complexus amore
Sit genus humanum, ut primo quoque subdidit illi
Pennigeras volucres pecudesque genusque natantum
Mentemque è coelis tribuit, suae imaginis altae
Scilicet excelsam formam, nec castra secutum
Principis inferni media sub morte reliquit,
Sed Satanae regnoque illius dira minatus,
Omnibus è noxis tracturum sponte recepit.
     Discet et, unde atrox peccati et mortis origo
Venerit in mundum grandisque inscitia veri,
Ad bona nunc quantae vires facienda supersint.
Nec minus, unde et iusticiae fiducia plenae
Hauriri queat obveniatque remissio culpae.
Praeterea adversum pravos omnesque rebelles
Ditia repperiet divini exempla furoris,
Tum quoque propensum Domini è regione favorem
Integros erga resipiscentesque piosque.

und das übrige, das – zur Ausstattung bestimmt – auf sechs Tage verteilt worden war: der mit zahllosen Dingen und mannigfaltigen Lebewesen – in der klaren Luft, zu Wasser und zu Lande – angefüllte und dergestalt den Händen des Erdensohnes Adam anvertraute Erdkreis.
     Hieraus wird er auch leicht entnehmen, wer im Himmel und auf Erden der wahre und einzige Gott ist, daß dieser alles vermag, daß er in drei Personen existiert, die einander nicht nur hinsichtlich ihres Wesens gleich sind, sondern auch hinsichtlich ihrer gewaltigen Kraft, ihrer ewigen Dauer und ihrer Verherrlichung durch Kult und Ehrenerweis, daß die sterblichen Dinge Gegenstand seiner Fürsorge sind und daß er nicht duldet, daß etwas aufs Geratewohl verschwindet und wiederkehrt, sondern daß er jedes einzelne Ding mit straffen Zügeln persönlich lenkt, wenn er auch für alles mannigfaltige Helfer hinaussendet.
     Von daher wird er auch ermessen, mit wie großer Liebe er das Menschengeschlecht stets umschlungen hielt, so daß er ihm auch schon zu Anfang die gefiederten Vögel, die Landtiere und das Geschlecht der Fische unterstellte, ihm einen dem Himmel entstammenden Verstand, hehres Abbild nämlich seiner erhabenen Erscheinung, schenkte und es auch nicht, als es sich in den Dienst des Höllenfürsten begab, mitten im Tode verließ, sondern es freiwillig wieder aufnahm, in der Absicht, es aus allen Sünden herauszuziehen, während er dem Satan und seinem Reich Grauenvolles androhte.
     Er wird auch lernen, von woher der schreckliche Ursprung von Sünde und Tod und die große Unkenntnis der Wahrheit in die Welt gekommen sind und wie große Kräfte, das Gute zu tun, heute noch vorhanden sind. Und ebenso wird er lernen, woraus man die feste Zuversicht auf vollständige Gerechtigkeit schöpfen kann und aus welcher Quelle die Vergebung der Schuld kommt. Außerdem wird er reichliche Beispiele für den göttlichen Zorn gegen die Schlechten und alle Aufsässigen berichtet finden, andererseits dann aber auch die sich den Unbescholtenen, den wieder zur Einsicht Gelangenden und den Frommen zuneigende Gnade des Herrn.

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<48> Tum legis causas etiam officiumque videbit,
Quàm damnet cunctos Stygioque immergat Averno;
Quod sit peccatum verè damnabile, quoque
Aeterni possit placari numinis ira;
Insuper esse bonos genios dominique ministros
Ad tutelam hominum procurandamque salutem
Missos; esse etiam illorum cacodaemonas hostes.
Discet et humanos animos non morte perire
Corporis, ipsa etiam penitus neque corpora, verùm
Integra sub mundi finem reditura, perennem
Ad vitam tandem, et iusti subitura severum
Iudicis examen. Cruciatus inde scelestos
Fumidaque excipient immensis Tartara flammis,
Porrò bonos contrà fulgentis gaudia coeli.
Denique cognoscet, summi quo rector Olympi
Gaudeat in terris cultu, quid ametque velitque
Quique status illi placeant, sentire quid omnes
Deque magistratu iubeat vincloque iugali.
Sed quid commemoro thesauri singula ditis?
Ceu numerare velim, quot fluctus Adria volvat,
Quum Notus incubuit praeceps, quot nocte serena
Prospiciant stellae, foliorum millia quanta
Sternantur densis autumni frigore sylvis,
Terras perque omnis gignat quot messis aristas.
Accipiet, quaecunque decet novisse colonum et
Arguat adversos quibus instituatque tenellos.
Ergo omni studio Mosen aliosque prophetas
Principiò volvat, verbumque è fontibus ipsis
Hauriat, ut mentem Domini re norit in omni.
Praecipuè verò in cunctis duo maxima scriptis

Ferner wird er auch die Gründe des Gesetzes und seine Aufgabe erkennen: wie es jedermann verdammt und im unterweltlichen Avernersee versenkt. Er wird erkennen, welche Sünde wahrhaft verdammenswert ist und wodurch sich der Zorn der ewigen Gottheit besänftigen läßt; überdies, daß es gute Geister und Helfer des Herrn gibt, die zum Schutze der Menschen und zur Fürsorge für ihr Heil gesandt wurden, und daß es auch böse Geister gibt, die jenen feind sind. Er wird auch lernen, daß die menschlichen Seelen beim Tode des Leibes nicht zugrunde gehen und auch die Leiber nicht zur Gänze, sondern daß sie am Ende der Welt unversehrt – zum ewigen Leben schließlich – wiederauferstehen und sich der strengen Prüfung des gerechten Richters unterziehen werden. Die Frevler werden hierauf Folterqualen und die von unermeßlichem Feuer rauchende Hölle zu gewärtigen haben, die Guten hingegen die Wonnen des strahlenden Himmels. Endlich wird er erfahren, an welcher irdischen Andachtsbezeigung der Lenker des höchsten Himmels seine Freude hat, was er liebt und wünscht, welche Zustände ihm gefallen und welche Einstellung gegenüber der Obrigkeit und dem Band der Ehe er einem jeden anbefiehlt. Doch wozu führe ich Einzelheiten des reichhaltigen Schatzes an – als wollte ich zählen, wie viele Wogen das Adriatische Meer daherwälzt, wenn der Südwind sich heftig über ihm ausgebreitet hat, wie viele Sterne in heiterer Nacht herabblicken, wie viele tausend Blätter durch den Herbstesfrost in dichten Wäldern zu Boden sinken und wie viele Ähren die Ernte auf der ganzen Welt erbringt? Er wird alles erfahren, was einem Pflanzer zu wissen ziemt und womit er die Widerstrebenden widerlegt und die Fügsamen unterweist. Also lese er zuerst mit allem Eifer Moses und die anderen Propheten und schöpfe das Wort aus den Quellen selbst, um des Herrn Ansicht über jede Sache zu kennen. Sein Hauptaugenmerk aber richte er emsig auf die beiden größten unter allen Schriften:

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<49> Sedulus observet, legemque Evangeliumque,
Discernatque probè, quod opus cuiusque feratur
Proprium[11] et effectus verus nativaque virtus,
Ne sicut multi massam confundat in unam
Diversa atque à se toto distantia coelo.
Lex occidit enim damnatque, operatur et iram
Et quae nos ipsi faciamus, monstrat et urget,
Peccatumque auget cunctosque ad Tartara trudit,
Qui non è toto servarint omnia corde.
Contrà Evangelion vitam promittit et iram
Ob peccata hominum commotam delet et aufert
Omniaque ob Christum Regem peccata remittit;
È Stygioque lacu trahit, in sedesque beatas
Collocat et vitam donat sine fine manentem;
Et non tam, quae sint nobis faciunda, requirit,
Quàm nobis Christi facta omnia donat et offert
Iustificatque omnis, qui non oblata repellunt.
Discrimen cernis magnum et sociabile nunquam
Foedus, uti fato cum vita haud convenit atro.
Ergo secet rectè nec misceat ista colonus,
Ex Christo faciens Mosem durumve Lycurgum,
Nec rursus Mosis quae sunt, ascribat IESU.
Quisque suum officium teneat tempusque locumque.
Est, ubi mortifera contundi pectora lege
Ferrea conveniat monitisque augere periclum,
Nulla sit ut pravis demum excusatio praesto.
Est, ubi nil rursum deceat nisi mollia fari,
Et quando mitis magna dulcedine Christi
Sint solandi homines mediaque è morte trahendi
Atque manus gravibus solvendae et colla catenis.

das Gesetz und das Evangelium, und er unterscheide gehörig, welche charakteristische Leistung, tatsächliche Wirksamkeit und natürliche Kraft ein jedes entfaltet, damit er nicht – so wie viele – zu einem Klumpen vermengt, was sich widerspricht und himmelweit voneinander entfernt ist. Das Gesetz nämlich tötet, verdammt, praktiziert Zorn, zeigt, was wir selbst tun sollen, treibt in die Enge, vergrößert die Sünde und stößt alle in die Hölle, die nicht alles mit ganzem Herzen befolgt haben. Das Evangelium hingegen verheißt Leben, es vertilgt und beseitigt den Zorn, den die Sünden der Menschen hervorgerufen haben, und erläßt alle Sünden um des Königs Christus willen. Es zieht die Menschen aus dem stygischen See, versetzt sie in selige Wohnsitze und schenkt ihnen ewig dauerndes Leben. Und es verlangt von uns nicht so sehr bestimmte Leistungen, als daß es uns vielmehr alle Leistungen Christi schenkt und darbietet und alle rechtfertigt, die das Dargebotene nicht zurückweisen. Du erkennst deutlich den großen Unterschied und siehst, daß niemals ein Bündnis zusammengebracht werden kann – so wie das Leben keineswegs mit dem finsteren Tod übereingeht. Also trenne der Pflanzer diese Dinge gehörig und vermenge sie nicht, indem er aus Christus einen Moses oder einen strengen Lykurg macht, und umgekehrt schreibe er auch nicht Jesus zu, was Moses angehört. Jeder habe sein Amt, seine Zeit und seinen Ort. Es gibt Fälle, wo es zweckdienlich ist, Herzen aus Eisen mit dem todbringenden Gesetz zu zermalmen und durch Ermahnungen die Gefahr zu vergrößern, so daß die Schlechten zuletzt über keine Entschuldigung verfügen. Auf der anderen Seite gibt es Fälle, wo es angemessen ist, nur Glimpfliches vorzubringen, und wo man die Menschen mit der großen Süße des sanftmütigen Christus trösten und mitten aus dem Tod herausziehen und ihre Hände und Hälse von schweren Banden lösen muß.

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<50> Quid peius verò, quàm vita occidere dignos
Et lethum meritos aeternae addicere vitae?
Evenit id quod, quum non omnia ritè secantur.
At quanquam Mosis facies et debet IESU
Poni nuda et aperta illustrarique docendo,
Plus tamen in scriptis unius gloria Christi
Sollicitè quaerenda est vestigandaque semper.
Est etenim colophon cunctarum summaque rerum,
Et per eum in terris atque instaurantur Olympo
Omnia, et illius forti sunt tradita dextrae
Iusticia atque salus, vita et mors, gratia, poenae,
Quicquid et in coelis usquam terraque creatum est.
Hic electorum rex est gratusque sacerdos
Et caput et dominus cunctisque in rebus asylum
Confugiique immota petra et fortissima turris,
Sponsus et excultus, proprio qui sanguine sponsam
Lavit et à maculis statuit rugisque politam,
Unicus et pastor, panis, lux atque magister
Et breviter, ditis largissima copia cornu.
Hunc à principio Genitor promisit Adamo
Totique humano generi placabile donum
Atque redemptorem fore; divinusque subinde
Spiritus hunc docuit Mosesque omnesque prophetae.
Hunc et Apostolicus vulgavit in orbe senatus
Praecipuo studio; nihil et novisse volebat
Zelotes legis quondam atque inimicus IESU,
Quàm, qui pro cunctis esset crucifixus, IESUS
Et perfecta foret nobis sapientia factus
Summaque iustitiae cunctaeque redemptio noxae,
Atque hoc non hominum, summi sed lege parentis.

Was aber ist schlimmer, als die zu töten, welche des Lebens würdig sind, und denen, welche den Tod verdient haben, das ewige Leben zuzuerkennen? Ebendies ist die Folge, wenn man nicht alles gehörig auseinanderhält. Indessen – obgleich man das Erscheinungsbild Moses’ und Jesu bei der Unterweisung ungeschminkt und unverstellt darbieten und beleuchten muß, so muß man doch in der Schrift stets mit größerer Achtsamkeit den Ruhm des einzigen Christus suchen und aufspüren. Er ist nämlich der Gipfel und die Vollendung aller Dinge, und auf der Erde und im Himmel geschieht alles durch ihn, und Gerechtigkeit und Heil, Leben und Tod, Gnade und Strafen und was irgendwo im Himmel und auf Erden geschaffen wurde, ist seiner starken Rechten überlassen. Dieser ist der Auserwählten König und dankbar aufgenommener Priester, Oberhaupt und Herr, Freistatt in allen Dingen, unverrückter Fels und stärkster Turm der Zuflucht; er ist auch der schmucke Bräutigam, der die Braut mit seinem eigenen Blut gebadet und von Flecken und Runzeln befreit hat; er allein ist auch der Hirte, das Brot, das Licht und der Lehrer, kurz, das reiche, freigebigste Füllhorn. Der Schöpfer hat am Anfang verheißen, daß dieser das versöhnende Geschenk für Adam und für das ganze Menschengeschlecht und der Erlöser sein werde. Diesen haben der Heilige Geist, Moses und alle Propheten zu wiederholten Malen gelehrt. Diesen hat auch der Rat der Apostel mit außerordentlichem Bemühen in der Welt bekanntgemacht, und der, welcher einst Eiferer des Gesetzes und Feind Jesu war, wollte nichts sonst wissen, als daß Jesus, der für alle gekreuzigt wurde, für uns zur vollkommenen Weisheit, Vollendung der Gerechtigkeit und Erlösung von aller Schuld gemacht worden ist – und dies nicht nach dem Gesetz der Menschen, sondern des höchsten Vaters.

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<51> Quid quaeris causam? Nihil hoc sine caetera prosunt.
Omnia sunt tenebrae et timidi deliria caeci
Et Siculae gerrae adque Horci via strata paludes,
Quae crepat insipiens magno conamine mundus
Vel de dogmatibus summis vel lege vel ullis
Officiis, sint illa licet sermone Tonantis
Desumpta, humanoque magis si excisa cerebro,
Si non accedat, si non super omnia longè
Praevaleat Regis syncera scientia Christi.
Gens Iudaea dies quantumvis Biblia totos
Tractet et ingenti veneretur honore prophetas
Multaque spumanti iactet de lege labello
Et fingat factorum ingentia plaustra bonorum,
Coeca manet tamen et vitae exors usque beatae,
Palpat et in tenebris rectaque ad Tartara tendit.
Quid prosunt libri, quid Moses atque prophetae,
Si non scriptorum caput atque intelligis arcem?
Haud aliter Turcae praeclara et multa loquuntur
Deque Deo cultuque Dei precibusque bonisque
Moribus ac eleemosynis, gravitateque vitae
Prae nobis pollent, ieiunant, mundiciemque
Corporis observant, quin relligionis et ergo
Excurrunt peregrè divûmque sepulchra suorum
Sumptibus invisunt magnis. Ast omnia cassa
Non mihi ea empta velim nuce. Nam si permanet ira
Iusta Dei, si non exaudit vota precesque,
Extremè si omnes simul aversatur et odit,
Quos non unius fulcit fiducia gnati,
Ut sancti testantur ubique oracula verbi:
Quò mihi conatus tanti et frustranea facta?

Was fragst du nach dem Grund? Ohne dies ist das übrige völlig unnütz. Alles, was die unverständige Welt mit großem Aufwand bezüglich der höchsten Lehren, bezüglich des Gesetzes oder irgendwelcher Pflichten lauthals verkündet, ist – sei es auch der Rede des Donnerers entlehnt – Finsternis, Irresein eines furchtsamen Blinden, nichtiges Zeug und ein gepflasterter Weg zu den Sümpfen des Orkus, wenn es vorwiegend aus dem menschlichen Gehirn bezogen wurde und wenn nicht die lautere Kenntnis des Königs Christus hinzukommt und alles weit überwiegt. Mag das jüdische Volk sich auch Tag für Tag mit der Bibel beschäftigen, die Propheten mit ungeheurer Hochachtung verehren und mit schäumender Lippe vielerlei über das Gesetz verkünden und ungeheure Wagenladungen von guten Werken ersinnen, es bleibt doch blind und von einem glückseligen Leben ständig ausgeschlossen, tappt in der Finsternis und strebt geradewegs der Hölle zu. Was nützen die Bücher, was Moses und die Propheten, wenn du von dem Gipfel und der Bergfeste der Schrift keinen Begriff hast? Ebenso reden auch die Türken vielerlei herrliche Dinge von Gott, von der Verehrung Gottes, von Gebeten, guten Sitten und Almosen, und hinsichtlich der Strenge ihrer Lebensführung sind sie uns voraus; sie fasten, halten auf die Reinheit des Körpers, ja wegen der Religion reisen sie auch in die Fremde und besuchen mit großen Kosten die Grabmäler ihrer Heiligen. Indes – all dies möchte ich mir nicht für eine taube Nuß erworben haben. Denn wenn der gerechte Zorn Gottes weiterbesteht, wenn er die Gelübde und Gebete nicht erhört und wenn er alle diejenigen, die nicht getragen werden von dem sicheren Vertrauen auf seinen eingeborenen Sohn, zugleich aufs äußerste verschmäht und haßt, wie es auf Schritt und Tritt die Aussprüche der Heiligen Schrift bezeugen: wozu sind mir dann so große Kraftanstrengungen und vergebliche Werke nütze?

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<52> Sic et Christicolas aliquot iam secula torsit
Vanarum studium rerum atque inscitia Christi,
Nam nihil, illius nudum nisi nomen, habebant.
Pulpita namque preces, et facta bona, omnia passim
Atque alias magnas tricas apinasque crepabant.
Interea ut Turcis Christi quoque nomen in ore,
Nulla docebatur verò fiducia Christi,
Atque ita nullum aderat facti fundamen honesti:
Danaidum stulti lassabant membra labores,
Et mandabantur sterili malè semina arenae.
Non quòd defuerint divini Biblia verbi,
Ut nec Iudaeis, sed quòd neglecta situque,
Pulvere vel crasso squallebant sordida, iamque
In veteri pinguis residebat aranea cella.
Attigit at si quis communi more relicto
Paginulasque aliquot legere est dignatus, uti est mos
Aedibus in sacris cantandoque atque legendo,
Non Christum sanè nec iter quaesivit ad astra
(Haec puerilia enim quis se non nosse putavit?),
Verùm aliud quiddam et, si praestantissima, mores
Vivendique modum. Quidam solummodo pensum
Ocyus et volucri studuere absolvere lingua,
Quîs nec sensus erat nec verba quidem integra curae,
Malle et iurasses vel cramben esse recoctam,
Temporis ac paulum sacris impendere libris.
Hinc tenebrae magnae plebem plebisque colonos
Presserunt meritò, latuitque scientia Christi,
Iustitiam quae fert et vitam sola beatam.
Exemplo monitus Christi caldoque periclo
Prae cunctis aliis Christum vestiget IESUM

So quälte auch die Christen für einige Jahrhunderte das Trachten nach eitlen Dingen und die Unkenntnis Christi, denn sie besaßen nichts als dessen bloßen Namen. Hallten doch weit und breit alle Kanzeln wider von Gebeten, guten Werken und anderen großen Narrenspossen und Alfanzereien! Dabei führte man – wie auch die Türken – den Namen Christi im Munde, jedoch wurde keinerlei sicheres Vertrauen auf Christus gelehrt, und daher hatte die ehrenwerte Tat keine Grundlage: törichte Danaidenwerke ließen die Glieder ermatten, und nutzlos wurden die Samen unfruchtbarem Sand anvertraut. Nicht als ob es an Bibeln gefehlt hätte (dies war auch bei den Juden nicht der Fall): es lag vielmehr daran, daß sie vernachlässigt waren und schmutzig von dem Schimmel oder dem dicken Staub, der sie bedeckte, und in der alten Kammer schon eine fette Spinne saß. Wenn aber jemand, den allgemeinen Brauch hintansetzend, sie in die Hand nahm und sich herabließ, ein paar kümmerliche Seiten zu lesen, wie es in Gotteshäusern Brauch ist bei Gesang und Lesung, dann suchte er wahrhaftig nicht Christus und den Weg zu den Sternen (wer glaubte denn wohl über diesen Kinderkram nicht Bescheid zu wissen?), sondern etwas anderes, und zwar, wenn es hoch kam, Sitten- und Lebensregeln. Manche waren einzig und allein darauf bedacht, recht geschwind und mit fliegender Zunge ihr Pensum abzuleisten, unbekümmert um den Sinn, ja sogar den korrekten Wortlaut, und du hättest geschworen, daß sie es vorzögen, sogar aufgewärmten Kohl zu essen, als nur ein wenig Zeit auf die Heilige Schrift zu verwenden. Daher lastete mit gutem Grund große Finsternis auf dem Volk und den Pflanzern des Volkes, und die Kunde von Christus, die allein Gerechtigkeit und ein glückseliges Leben bringt, war verborgen. Ermahnt durch das Christus betreffende warnende Beispiel und die noch frische Gefahr spüre der Landbauer vor allem anderen Jesus Christus nach,

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<53> Agricola, ut populis hoc et sibi consulat uno.
Ne bove neglecto muscas sectetur inanes
Parvaque miretur vasti magalia ruris
Despiciatque altis impostas montibus arces
Divinaeque domus ipso malè limine aberret:
Quod caeci esse liquet, capti vel mente coloni.
     Servato canone hoc, potis et fontibus ipsis
Consultoque Deo primùm sponsique verendi
Vocibus auditis atque alta mente repostis,
Nec vox nec sermo nec commentaria debent
Ullius ex priscis, nostro vel tempore natis
Sperni, qui sponsi sit vel dicatur amicus,
Sponsum ipsum propter nec non communia iura
Cunctorum, qui sunt ad taedas ritè vocati.
Non sine iudicio tamen atque examine stricto
Ullius commenta legat vocemque sequatur,
Quandoquidem fieri solet, ut moderator Averni
Induat ornatum sancti formamque ministri,
Callidus et sese in iustorum misceat agmen.
Scriptor perpetuum sequitur quicunque tenorem,
Quem sacra constanter praescribunt Biblia et ipsi
Praesertim viri apostolici Paulusque Petrusque,
Nempe omnem Christo uni acceptam ferre salutem,
Illius et tota iussis incedere vita
Qui docet: hunc legito, mente huius verba teneto,
Ut qui spiritui doceat concordia sancto,
Unius et sponsi studiose quaerat honorem.
At sunt, qui primo peccent in limine portae
Atque prophetarum post tergum calle relicto
Atque novi filo pacti, tantummodo produnt

um den Völkern und sich selbst Rat zu schaffen durch diesen einen. Er jage nicht, den Ochsen links liegen lassend, wertlosen Fliegen nach; er bestaune nicht die kleinen Hütten des öden Landes und verachte nicht die auf hohen Bergen errichteten Burgen; und er verfehle nicht gar verderblicherweise die Schwelle des göttlichen Hauses – offensichtlich Merkmale eines verblendeten oder geistesschwachen Pflanzers.
     Nachdem man diese Richtschnur befolgt, aus den Quellen selbst getrunken, zuerst Gott um Rat gefragt und die Worte des ehrwürdigen Bräutigams angehört und tief im Herzen bewahrt hat, darf man weder das Wort noch die Rede noch die Kommentare irgendeines der älteren oder zu unserer Zeit geborenen Autoren verachten, sofern er ein Freund des Bräutigams ist oder als solcher gilt, und dies um des Bräutigams sowie der gemeinschaftlichen Rechte all derer willen, die mit Fug zur Hochzeit geladen wurden. Jedoch lese er niemandes Geisteswerk und folge niemandes Wort ohne Überlegung und strenge Prüfung, da es ja vorzukommen pflegt, daß der Lenker der Hölle sich in Kostüm und Gestalt eines heiligen Dieners kleidet und sich raffiniert unter die Heerschar der Gerechten mischt. Wer immer sich als Schriftsteller ständig an die Richtschnur hält, welche die Heilige Schrift, desgleichen hauptsächlich die Apostel Paulus und Petrus unabänderlich vorschreiben, das heißt, wer lehrt, alles erfahrene Heil einzig Christus zuzuschreiben und das ganze Leben nach dessen Geboten zu durchwandern, den lies, dessen Worte halte in deinem Geiste fest, denn dieser lehrt ja in Einklang mit dem Heiligen Geist und trachtet eifrig allein nach dem Ruhm des Bräutigams. Doch gibt es Verfasser, die schon gleich an der Türschwelle fehlgehen und, nachdem sie den Pfad der Propheten und den Leitfaden des Neuen Bundes haben links liegen lassen, nur

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<54> Doctrinas hominum et vani commenta cerebri:
Qualia qui nunquam Christum cognovit IESUM,
Haud magno sanè fingat tradatque labore,
Ut Xenophon atque Isocrates et Tullius olim.
Qui tamen in multis tradunt meliora magisque
Sana atque haud pauci, tinctos quos novimus undis.
Hos legito quoque: nonnunquam sub stercore dives
Gemma latet multaque in harena calculus auri.
Vix liber esse potest adeò indoctusque malusque,
Ut nulla emolumenta ferat: quod Plinius olim
Censuit, et verè. Siquidem doctrina licebit
Nulla insit nec de rebus verbisque probanda,
Nonnihil et perversa, tamen cognoscere prodest,
Ut vel vitentur, vel sint risusque iocique
Materies. Plures audita coccyge rident,
Quàm vigil ante diem si doctùm cantet Aëdon.
At si fortè mali generant fastidia libri
Sive movent stomachum, solet ut natura frequenter,
Tum semel atque iterum lectos commendet Arachnae,
Turpibus aut tineis, emptori aut mercis Eoae,
Rebus et insanis charas non conterat horas.
Sana notet creta propriosque reservet in usus;
Morbida devitet cautè iuguletque verutis.
     Si verò mediis subeat discordia rebus
Scriptores inter doctos populique magistros
Et iam signa canunt et turbida praelia fervent,
Acriter et sparsis pugnatur utrinque libellis,
Se medium servet neglecta lege Solonis
Et de parte nihil neutra pronunciet antè,
Quàm rem cognorit trutinaque expenderit aequa.

menschliche Lehren und Erdichtungen eines eitlen Hirns hervorbringen – Erdichtungen solcherart, wie sie jemand, der Jesus Christus nie gekannt hat, wahrhaftig ohne große Mühe ersinnen und lehren kann – wie vor Zeiten Xenophon, Isokrates und Tullius. Diese lehren aber in vielen Dingen Besseres und Unverdorbeneres als so manche, von denen wir wissen, daß sie getauft wurden. Auch diese lies: manchmal verbirgt sich unter dem Mist ein kostbares Juwel und in einem Haufen Sand ein Körnchen Gold. Es kann schwerlich ein Buch geben, das so ungelehrt und schlecht wäre, daß es gar keinen Nutzen brächte, wie einst Plinius, und zwar zutreffend, meinte. Denn mag es auch sein, daß in ihm keine Gelehrsamkeit sowie nichts, was von der Sache und dem Wortlaut her zu billigen wäre, enthalten ist, und mag auch einiges verkehrt sein, so ist es doch nützlich, es kennenzulernen – sei es, damit man es meidet, sei es, damit es als Stoff zu Gelächter und Scherz dient. Mehr Menschen lachen nach dem Hören des Kuckucks, als wenn vor Tage kunstvoll die muntere Nachtigall singt. Sollten die schlechten Bücher aber etwa Ekel erzeugen oder Unwillen erregen, wie es die Natur der Sache häufig mit sich zu bringen pflegt, dann übergebe er die Bücher, nachdem er sie ein über das andere mal gelesen hat, der Spinne, den scheußlichen Motten oder dem Aufkäufer morgenländischer Ware und vergeude seine kostbare Zeit nicht mit unvernünftigen Dingen. Was er als gesund erkannt hat, das markiere er mit Kreide und bewahre es auf für den eigenen Gebrauch; was krank ist, das meide er sorgsam und spieße es auf.
     Falls jedoch über Mitteldinge (Adiaphora) Zwietracht entsteht unter den gelehrten Schriftstellern und Lehrern des Volkes und schon die Signale ertönen und man sich heftige Gefechte liefert mit dem Abschuß von Schähschriften von beiden Seiten, dann bewahre er, das Gesetz Solons ignorierend, eine unparteiische Haltung und gebe über keine der beiden Seiten ein Urteil ab, bevor er den Sachverhalt kennengelernt und auf zuverlässiger Waage abgewogen hat.

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<55> Nullius spectet personam nec titulos nec
Doctrinam aut varios mortales inter honores,
Ambigua haud etiam fortunae dona secundae
Nec sectatorum magnam parvamve catervam.
Nec privatus eum depravet amorque favorque.
Ad partes quoque nunquam odii rapiatur habenis.
Nec gentis generisque queat cognatio tantum,
Ut levet hanc lancem vel rursus deprimat illam,
Verùm respiciens affectu liber ab omni,
Christo accedat uter propius verumque sequatur
Et fidei servet normam contentaque scriptis
Tradat Apostolicis (nec enim nova fingere cuiquam
Concessum) recteque secet responsa supremi
Numinis, huic illive assentiat arbiter aequus.
Semper et excelsa memorique hoc mente teneto,
Indubiè solum divini oracula verbi
Suscipienda piis, at tantum scripta valere
Caetera, divinis videat concedere quantum.
Nec quis sit, refert, peregrini dogmatis autor
Quique hominum coetus doctrinam firmet eandem,
Si non vox adsit sponsi coelesteque verbum,
Cui solum inniti certò mortalia possunt
Corda fideque Horci portas et vincere regnum.
Quid nunc per totum sparsit se latius orbem?
Quid sectatores tot habet? quid firmius usquam
Asseritur poenisque et dira morte tenetur?
Aque Deo missum et coelesti creditur axe?
Stulta Mahometi quàm lex ridendaque planè
Somnia et in multis sibimet contraria rebus?
Quid faciet, si illum coetus et millia plebis

Er beurteile niemanden nach seiner Person, nach seinen Titeln, nach seiner Gelehrsamkeit oder den mannigfachen Ehrbezeigungen unter den Sterblichen, auch keineswegs nach den zweideutigen Gaben des Glücks und der großen oder kleinen Schar seiner Anhänger. Er lasse sich nicht korrumpieren durch persönliche Liebe und Zuneigung. Er lasse sich auch niemals von den Zügeln des Hasses zur Parteinahme hinreißen. Bloße Stammes- und Familienverwandtschaft sei für ihn nicht der Beweggrund, diese Waagschale emporzuheben und jene hingegen niederzudrücken. Vielmehr prüfe er frei von jedem Affekt, wer von beiden näher an Christus herankommt, sich von der Wahrheit leiten läßt und die Richtschnur des Glaubens einhält, wer lehrt, was in den Schriften der Apostel enthalten ist (denn niemandem ist es erlaubt, sich Neues auszudenken) und unter den Aussprüchen der höchsten Gottheit korrekt differenziert – und dann erteile er als gerechter Schiedsrichter diesem oder jenem seine Zustimmung. Er halte auch stets dies in seinem hohen und bedachtsamen Geist fest: daß Fromme allein die Aussagen des göttlichen Wortes als unbezweifelbar annehmen müssen, die übrigen Schriftwerke aber nur insoweit Wert besitzen, als sie sich nach seiner Feststellung den göttlichen Schriften fügen. Es tut auch nichts zur Sache, wer der Verfasser eines fremden Lehrsatzes ist und welche Versammlung von Menschen dieselbe Lehre verficht, wenn nicht die Stimme des Bräutigams dabei ist und das Wort des Himmels: allein auf dieses können sich menschliche Herzen zuverlässig stützen, und allein wenn sie ihm glauben, vermögen sie die Pforten und das Reich der Hölle zu überwinden. Was hat sich heute weiter über die Welt verbreitet, was hat so viele Anhänger, was wird irgendwo mit größerer Festigkeit behauptet und durch Strafen und den schrecklichen Tod verteidigt und wovon glaubt man fester, es sei von Gott und dem Himmel gesandt, als von dem törichten Gesetz und den schlechthin lächerlichen und in vielerlei Hinsicht sich selbst widersprechenden Traumgespinsten Mohammeds? Was wird er [der geistliche Landbauer] tun, wenn eine vieltausendköpfige Volksversammlung

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<56> Multa movent vastique tenax consensio mundi?
Quid si magnorum mitrae et diademata Regum?
Rursum turpis eum et prorsum vesania ducet,
Atque anceps terras inter pendebit et astra,
Maximo et in coetu Stygiis mergetur in undis.
„Scripturas scrutamini“, ait demissus Olympo
Terricolisque datus Genitoris voce magister.
Non iubet auscultare hominum deliria nec quid
Despumat torquatus eques coetusque prophanus.
Est etenim agnatus propriè mortalibus error,
Et tenebrae cunctos matris comitantur ab alvo.
À quibus haud redimunt torques nec regna nec urbes,
Purpureo nec lana olim bis tincta veneno.
Sunt Panidis nota et stulti suffragia Midae
Magnorumque adeò praeceps insania regum,
Non modò apud gentes fatuas verboque carentes,
Verùm et apud doctum carnaleque semen Abrami.
Ut non Oceani damnes extrema profundi
Cimmeriis solum tenebris et nocte nigrante,
Terras verùm omneis, claro quas lumine Titan
Aspicit, horrenda videas caligine pressas.
Non igitur fidei in rebus vitaeque perennis
Iudicio fidat mortali protinus ulli.
Mendaces sciat esse homines et pectora prava,
Numinis afflatu si non verboque regantur.
Quod fiat necne, è Scripturis arbiter esto,
À fronte, à tergoque videns, oculatus ut Argus,
Si modò non spernit coelestis verba magistri,
Qui iubet attentè falsos vitare prophetas.
Paulus idem mandat quoque, idem Zebedaeia proles.

und der hartnäckige Konsens der unermeßlichen Welt, wenn die Turbane und Diademe großer Könige ihn beeindrucken? Schimpflicher Wahnsinn wird ihn rückwärts und vorwärts laufen lassen, unsicher wird er zwischen Erde und Himmel schweben, und inmitten einer überaus großen Gemeinde wird er in den Wogen des Styx versinken. „Erforscht die Schrift!“ sagt der durch den Spruch des Schöpfers vom Himmel gesandte und den Erdbewohnern geschenkte Lehrer. Er befiehlt nicht, menschlichen Wahnvorstellungen und dem, was eine mit der Halskette geschmückte Ritterschaft und eine gottlose Versammlung schäumend von sich geben, Gehör zu schenken. Der Irrtum ist den Sterblichen nämlich im eigentlichen Sinne blutsverwandt, und von Mutterleib an ist die Finsternis eines jeden Begleiter. Von ihr kann man sich nicht loskaufen mit Halsketten, Reichen und Städten, auch nicht mit dem vor Zeiten doppelt mit Purpur gefärbten Wollstoff. Man kennt die Urteile des Panides und des törichten Midas und die so hitzige Tollheit großer Könige – nicht nur bei den einfältigen und des Wortes entratenden Heiden, sondern auch bei der unterrichteten, leiblichen Nachkommenschaft Abrahams. Verdamme nicht nur das äußerste Ende des tiefen Ozeans wegen seiner kimmerischen Finsternis und verdüsternden Nacht, sondern nimm zur Kenntnis, daß [auch] auf allen Ländern, die Titan mit hellem Licht bestrahlt, entsetzliche Dunkelheit lastet. In Dingen des Glaubens und des ewigen Lebens vertraue er also nicht ohne weiteres irgendeinem menschlichen Urteil. Er sei sich bewußt, daß die Menschen lügnerisch und ihre Herzen schlecht sind, wenn sie nicht vom Anhauch und Wort der Gottheit gelenkt werden. Ob dies so ist oder nicht, entscheide er aus der Schrift, indem er, mit Augen wie Argus versehen, nach vorn und nach hinten schaut – vorausgesetzt nur, daß er die Worte des himmlischen Lehrers nicht verachtet, der uns falsche Propheten achtsam meiden heißt. Ebendies befiehlt auch Paulus, desgleichen der Sohn des Zebedaeus.

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<57>     Iudicium verò circa examenque librorum,
Hoc quoque curandum studioso ritè colono,
Ne se doctori iuratus mancipet ulli,
Quantumvis etiam doctrina polleat alta
Et precio quocunque habeatur honoreque vulgi:
Ne mala cum rectis sit ei sorbere necesse
Falsaque tutari pro veris, immò magistri
Carpere respectu sanctis certissima scriptis.
Quin libertatem sibi iudiciumque reservet,
Quo bona Aristarchus quidam et concordia sancto
Spiritui probet et reprobet falsumque malumque,
Non livore quidem, sed veri ductus amore,
Antè quod in sacris spectandum diximus unum,
Non homines, violae nec pilea tincta colore,
Non etiam denso iunctas umbone phalanges,
Non quae cum sancta lucent miracula vita.
Nullus Apostolicae vixit post fata catervae,
Omnibus in rebus possis cui credere tutò.
Scilicet humanis interdum affectibus omnes,
Quorum extant libri tam Graeci tamque Latini,
À recto multum declinant tramite veri
Vimque sacris faciunt scriptis sensumque retorquent,
Non satis attenti, nimium vel fervidi ad illud,
Quod suadere volunt aut suscepere tuendum.
Saepe superstitiosa docent humanaque prorsus,
Quae nec libertas Evangelii nec honores
Nec cultus sani tolerent regnantis IESU.
Sint haec verrucae pulchroque in corpore naevi:
Non laudanda tamen nec suscipienda putamus.
Ut nec rursus ob haec damnari caetera debent,

     Hinsichtlich der Beurteilung und Überprüfung von Büchern muß der eifrige Landbauer aber auch dies gehörig beachten: daß er sich nicht als Verschworener in die Sklaverei irgendeines Lehrers begibt – mag der auch über noch so hohe Gelehrsamkeit verfügen und das Volk ihm noch soviel Wertschätzung und Verehrung entgegenbringen –, damit er nicht gezwungen ist, mit dem Guten auch das Schlechte einzusaugen, das Falsche anstelle des Wahren in Schutz zu nehmen, ja aus Rücksicht auf den Lehrer sogar zu bekritteln, was nach der Heiligen Schrift außerhalb allen Zweifels steht. Vielmehr erhalte er sich die Freiheit des Urteils, um, gewissermaßen als ein Aristarchus, das Gute und mit dem Heiligen Geist in Einklang Stehende zu billigen und das Falsche und Schlechte zu mißbilligen, und zwar nicht aus Neid, sondern aus Liebe zur Wahrheit, die, wie wir oben schon gesagt haben, in geistlichen Dingen allein zu beachten ist und nicht Menschen, nicht violette Mützen, auch nicht durch dicht aneinandergereihte Schilde zusammengeschlossene Schlachtreihen und nicht das Wunderbare, von dem ein heiliger Lebenswandel erstrahlt. Nach dem Tode der apostolischen Schar hat niemand gelebt, dem du in allen Dingen zuverlässig vertrauen könntest. Alle diejenigen, von denen Bücher in griechischer wie lateinischer Sprache vorhanden sind, weichen nämlich infolge menschlicher Affekte zuweilen beträchtlich vom rechten Wege ab; sie tun der Heiligen Schrift Gewalt an und verbiegen ihren Sinn, weil sie nicht aufmerksam genug vorgehen oder in allzu großer Hitze auf das fixiert sind, wovon sie überzeugen wollen oder was sie zu verteidigen unternommen haben. Oft lehren sie abergläubische und ganz und gar menschliche Dinge, die sich weder mit der Freiheit des Evangeliums noch mit unverdorbenen Ehr- und Andachtsbezeigungen gegenüber dem Herrscher Jesus vertragen. Mag es sich hierbei auch nur um Warzen und Muttermale an einem schönen Körper handeln: wir meinen, daß es nicht gelobt und nicht angenommen werden darf. Wie man auch umgekehrt um dessentwillen nicht das übrige verdammen darf,

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<58> Quae solida inculcant et convenientia Christo.
Stultus amor caecusque nimis, si polypus Agnae
Balbinum iuvet et vitiis plaudatur apertis
Stercusque ante oculos nitida laudetur in aula.
Quodque suum teneat nomen laudemque locumque,
Nec res diversae cultu dignentur eodem,
Candidus et nunquam signet res unio turpes:
Id quod mancipiis facere est plerunque necessum.
     Non tamen hoc solum vitii faciuntque feruntque
Mancipia, in verbis haerent quaecumque magistri:
Est aliud maius multoque nocentius isto,
Quod nihili faciunt et concha rentur et alga
Vix dignos alios, si qui scribuntque docentque,
Et magis, à quibus ille suus diversa magister
Tradidit atque aliud quiddam sentire videtur.
Quippe Deum sibi solum illum fecere cacantem,
Is solus falli nequit, est erroris et expers,
Is solus non per speculum atque aenigmata cernit,
Omnia sed purè, longè ipsum ut Lyncea vincat.
Qui si quid laudat, laudant impensius illi;
Si damnat, maiori odio damnatur ab illis,
Illius et digiti crepitu mutantur in horas.
Ex his agricolas speres fidosque bonosque?
His verum esse unquam cordi? hos sincera docere?
Non frustra vetuit doctor demissus Olympo,
Ne quem discipuli Rabbinum neve parentem
In terris facerent sibi. Nempe sciebat, ubique
Doctorum tumidas esse insanasque catervas,
Qui proferre sui cuperent pomoeria regni
In coelum usque ipsumque sibi substernere verum,

was sie einschärfen, sofern es gediegen ist und mit Christus harmoniert. Eine törichte und allzu blinde Liebe ist von es, wenn Balbinus von Agnas Nasenpolyp entzückt ist und wenn man offenkundigen Fehlern Beifall zollt und den vor aller Augen liegenden Unrat in einem glänzenden Schloß lobpreist. Alles behalte seinen ihm zukommenden Namen, Ruhm und Rang; man weihe nicht entgegengesetzten Dingen dieselbe Verehrung, und niemals schmücke eine weiße Perle schändliche Dinge. Sklaven sind meist gezwungen, derlei zu tun.
     Doch nicht allein diesen Fehler begehen und dulden alle Sklaven, die an den Worten eines Lehrers kleben: ein anderer, gewichtigerer und im Vergleich zu jenem viel schädlicherer Fehler besteht darin, daß sie andere, die etwa schreiben und lehren, geringschätzen und dafürhalten, sie seien kaum einen Pfifferling und roten Heller wert – und dies um so mehr, wenn ihr berühmter Lehrer etwas von diesen Abweichendes gelehrt hat und offenbar anderer Auffassung ist. Sie haben ja jenen Scheißer zu ihrem alleinigen Gott gemacht: er allein kann nicht fehlgehen und ist frei von Irrtum, er allein sieht nichts durch einen Spiegel und ein dunkles Bild, sondern erkennt alles ungetrübt, so daß er sogar Lynkeus weit übertrifft. Wenn er etwas lobt, dann loben jene es mit noch mehr Nachdruck; wenn er etwas verdammt, wird es von ihnen mit noch größerem Haß verdammt, und auf sein Fingerschnalzen ändern sie mit jeder Stunde ihre Meinung. Kannst du hoffen, daß aus diesen Leuten getreuliche und brauchbare Landbauer werden? Daß ihnen jemals die Wahrheit am Herzen liegt? Daß sie Unverdorbenes lehren? Nicht umsonst hat der vom Himmel gesandte Lehrer seinen Jüngern verboten, sich irgendjemanden auf Erden zum Rabbi oder Vater zu machen. Er wußte natürlich, daß es überall von aufgeblasenen und aberwitzigen Lehrern wimmelte, die begierig waren, die Grenzen ihrer Herrschaft bis zum Himmel auszudehnen, sich sogar über die Wahrheit zu stellen

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<59> In cunctisque tenere aliorum obnoxia corda.
Quòd veri obturat latebras portasque salutis
Sedula pro vero cuiusvis cura magistri,
Et pietas chari nobis calcanda parentis
Et venerandum adeò violandum nomen amici,
Unicus et doctor veri observandus IESUS.
Haec norma est veterum, pro hac pugnavere novelli,
Monstratis pariter multis erroribus, in quos
Sunt magni doctique viri pro tempore lapsi.
Quo magis admiror, cur quidam hoc iure probato
Audacter satis adversum veteresque novosque
Utantur, tamen exuerint hominem quasi iamque
Continuè Dominum supera tueantur in aula.
Iudicium[12] de se[13] et censuram nullius ipsi
Ferre volunt, sed singula acu tetigisse videri.
Quorum de scriptis[14] planè verbisque piandum
Sit dubitare nefas grandisque resistere noxa.
Occlusis oculis, quicquid docuere, vorandum est.
Si dubitas, tristisque ob quaedam nausea surgit,
Mox inimicitiae magnae crudique tumultus
Insultant capiti, carcer te expectat et ensis.
Faustus es atque (aiunt) gallinae filius albae,
Nudus in exilium si fors praeveneris ire.
Hiccine perversus furor atque insania crassa?
Attamen inveniunt, sine qui discrimine cuncta
Suscipiant fatui iurentque in verba vel ultro
Omniaque ut summi reputent oracla Tonantis
Nec dubitant ipsi quicquam et cane peius et angue
Oderunt, si quis dubitat diversaque sentit,
Protinus atque student in morem evertere pinus

und in allen Dingen die Herzen der Menschen in ihrer Botmäßigkeit zu halten. Weil es die Schlupfwinkel der Wahrheit und die Tore zum Heil verstopft, wenn man statt auf die Wahrheit beflissen auf irgendeinen Lehrer seine Aufmerksamkeit wendet, muß man die Ehrfurcht vor dem lieben Vater mit Füßen treten und dem so verehrungswürdigen Namen des Freundes Schmach antun und allein allein Jesus als Lehrer der Wahrheit hochschätzen. Dies ist die Richtschnur der alten [Autoren], für sie haben die jüngeren gekämpft, nachdem sie gleichfalls viele Irrtümer aufgedeckt hatten, in die große und gelehrte Männer je nach Beschaffenheit der Umstände verfallen waren. Um so mehr frage ich mich verwundert, warum manche von diesem bewährten Recht ziemlich dreist gegen ältere und jüngere [Autoren] Gebrauch machen – so aber, als hätten sie gleichsam den Menschen ausgezogen und betrachteten schon fortwährend den Herrn in seinem Himmelspalast. Sie selbst wollen sich niemandes Beurteilung und Prüfung unterziehen, sondern den Anschein erwecken, sie hätten in allem den Nagel auf den Kopf getroffen. Ihre Schriften und Worte in Zweifel zu ziehen, sei ein schlechthin strafwürdiger Frevel, und ihnen Widerstand zu leisten, eine große Sünde. Was immer sie gelehrt haben, muß man mit geschlossenen Augen in sich hineinschlingen. Wenn du Zweifel hast und dir wegen gewisser Dinge ein scheußlicher Ekel aufsteigt, dann toben alsbald große Feindschaft und roher Kriegslärm über deinem Haupt, und dich erwarten Kerker und Schwert. Du bist ein Glückspilz und, wie man sagt, ein Sohn einer weißen Henne, wenn du ihnen etwa zuvorgekommen und nackt und bloß ins Exil gegangen bist. Ist das nicht bösartige Raserei und handfeste Tollheit? Aber dennoch finden sie Leute, die so einfältig sind, daß sie unterschiedslos alles akzeptieren, sogar aus freien Stücken auf ihre Worte schwören und diese sämtlich wie Aussprüche des höchsten Donnerers bewerten; diese Leute ziehen selbst nichts in Zweifel, und falls jemand Zweifel hat und anders denkt, dann hegen sie einen mehr als hündischen und schlangenmäßigen Haß und trachten danach, ihn stracks zu fällen wie eine Fichte,

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<60> Peioresque suis fiunt ad cuncta magistris.
Ergo tu nulli te addicas: optima semper,
Undique divinis quoque consentanea libris
Colligito. Reliquis alii, scriptorque fruatur
Ipse, tibi nec pro gemmis obtrudat arenam.
     At quamvis Pater omnipotens sacra Biblia mundo
Atque alios dederit scriptores atque colonos,
Unde queat verum nosci Christusque redemptor,
Discendique sit impositus labor atque legendi
Omnibus agricolaeque magis quicunque futuri,
Non tamen ex cunctis verum Regemque supremum
Cognoris Christum, coelo nisi spiritus alto
Missus ad hoc ipsum doceat pectusque reformet.
Aspice, per mundum passim quàm multa Lycia,
Quàm multi docti porrecto magna labello
Promittant, quae sit librorum copia praestò,
Sedulitas quae sit discendique atque docendi:
Cuncta tamen fermè de Christo pulpita frigent,
Rarus et auditor Christum cognoscere curat.
Synceri nihil est. Sacri vestigia flatus
Nulla ferè insigni precio terrena coluntur,
Et magno venit caeci sapientia mundi,
Coelestem porrò doctrinam nemo requirit.
Unde mali tantum? Furor est et numinis ira,
Qua contemptores punit mundumque rebellem,
Omnibus ut studiis coelestem deneget imbrem,
Littera et occidente orbi cassisque relictis
Iure putaminibus, nucleum ipse omnemque medullam
Auferat atque malos spretores spernat et ipse
Et sinat humanis tantum pinguescere nugis.

und in jeder Hinsicht werden sie schlimmer als ihre Lehrer. Also verschreibe du dich niemandem! Suche dir stets das Beste und auch in allen Punkten mit der Heiligen Schrift Übereinstimmende zusammen! Die anderen mögen sich's mit dem übrigen wohl sein lassen, ebenso der Verfasser selbst – und er dränge dir nicht Sand auf anstelle von Edelsteinen.
     Indes – obgleich der allmächtige Vater der Welt die Heilige Schrift und andere Schriftsteller und Pflanzer geschenkt hat, aus denen man sich über die Wahrheit und den Erlöser Christus zu unterrichten vermag, und obgleich allen, und mehr noch den künftigen Landbauern, wer immer es sei, die Mühe des Lernens und Lesens auferlegt wurde, könntest du doch aus alledem weder die Wahrheit noch den obersten König Christus erkennen, wenn der Heilige Geist, vom hohen Himmel gesandt, dich nicht ebenhierin belehrte und dein Herz veredelte. Sieh nur, wie viele Schulen es überall auf der Welt gibt, wie viele Gelehrte mit gespitzter Lippe Großes versprechen, welch eine Fülle von Büchern bereitsteht und mit welcher Emsigkeit gelernt und gelehrt wird: doch was Christus angeht, sind so ziemlich alle Katheder verödet, und nur selten ist ein Hörer anzutreffen, der Interesse hat, Christus kennenzulernen. Es gibt nichts Unverdorbenes. So gut wie keine irdischen Spuren des Heiligen Geistes werden ihrem unerhörten Wert entsprechend verehrt; die Weisheit der verblendeten Welt wird zu einem hohen Preis feilgeboten, nach der himmlischen Lehre hingegen besteht keine Nachfrage. Was ist die Ursache so großen Übels? Es liegt an der Wut, an dem Zorn der Gottheit, mit der sie die Verächter und die widersetzliche Welt bestraft, daß sie allen Studien himmlisches Naß versagt und, während der Welt die Schrift zugrundegeht und zu Recht nur die leeren Schalen übriggeblieben sind, den Kern und alles Mark selbst hinwegnimmt und die bösen Verächter ihrerseits verachtet und ruhig zuläßt, daß sie sich nur mit menschlichen Flausen mästen.

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<61> Non pulsanti autem quid claustra aperiret Olympi?
Cur flatum daret, et Christum, et coelestia dona
Funderet in gremium rogitanti talia nunquam
Testantique supercilio fastidia torvo?
Viribus ergo suis homines solummodo freti,
Dum rectam reperire viam conantur ad astra
Et studiorum implent doctrinarumque tumultu
Omnia, se variis frustra stultisque fatigant
Rebus praecipitesque abeunt Acherontis ad undas.
Tu sanè vires intende tuas animumque
Excute desidia, studiorum et carbasa pande.
Divini tamen auxilii reminiscere semper,
Adveniatque tibi numen coeleste, precator,
Et veri latices reseret columenque salutis
Inspiret Christum, tua quo sit gloria solus.
Solus in ore tuo solusque in pectore vivat,
Ut studia impendas illius caetera honori.
Talia, nec dubium, si corde rogabis anhelo,
Quin pater afflatu sit opem laturus abundè
Osque tuum magnis opibus farturus apertum.
Sic promisit enim, vult talia et ipse rogari.
Nonne vides, gratum ut fuerit, Solomona rogasse
Non multos annos nec opes, verùm sapiens cor,
Gnarum et iudicii, quantumque acceperit omnes
Mortales supra? Rogita, pulsato, precator!
Accipere haud cupies mage tu unquam, ac ille libenter
Optima largiri coelestis munera flatus.
Sanctorum inde tibi reserabit scrinia librorum,
Ut magna videas illic dulcedine Christum,
Qui spes electi semper fuit una popelli,

Warum hätte sie die Himmelstore jemandem öffnen sollen, der doch nicht angeklopft hat? Warum hätte sie jemandem den Heiligen Geist und Christus schenken und himmlische Gaben in den Schoß fallen lassen sollen, der nach derlei niemals gefragt und mit finsterem Stolz seinen Widerwillen bekundet hat? Die Menschen verlassen sich also ausschließlich auf ihre eigenen Kräfte und plagen sich mit vielerlei törichten Dingen nutzlos ab und entschwinden Hals über Kopf in den Wassern des Acheron, indem sie versuchen, den geraden Weg zu den Sternen zu finden, und alles mit dem Lärm ihrer Studien und Lehrmeinungen erfüllen. Strenge du deine Kräfte allerdings an, befreie deinen Geist von der Trägheit und spanne die Segel wissenschaftlicher Arbeit aus! Doch besinne dich stets auf die göttliche Hilfe und bitte darum, daß die himmlische Gottheit zu dir kommt und dir die Schlupfwinkel der Wahrheit erschließt und dir Christus, den Grundpfeiler des Heils, einhaucht: er allein sei die Grundlage deines Ruhms. Er allein lebe in deinem Mund, er allein in deiner Brust, so daß du alles, wonach du sonst noch strebst, auf seine Ehre verwendest. Wenn du darum mit lechzendem Herzen bitten wirst, wird dir der Vater zweifellos mit seinem Anhauch reichlich Hilfe spenden und deinen geöffneten Mund mit großen Schätzen füllen. Denn so hat er es versprochen, und er will selbst darum gebeten werden. Siehst du nicht, wie lieb es ihm war, daß Salomon weder um ein langes Leben noch um Reichtum, sondern um ein weises und urteilsfähiges Herz gebeten hat, und wieviel ihm über alle Sterblichen hinaus zuteil geworden ist? Frage immer wieder, klopfe an, bitte! Dein Verlangen, die besten Gaben des Heiligen Geistes zu erhalten, wird niemals größer sein als die entgegenkommende Bereitschaft des Vaters, sie reichlich zu spenden. Daher wird er dir die Schreine der Heiligen Schrift aufschließen, so daß du dort Christi – von jeher einzige Hoffnung des auserwählten Volkes – in seiner großen Süße ansichtig wirst

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<62> Multaque praeterea caeco mysteria mundo
Abdita nec spretori ulli aut noscenda prophano,
Et largè verbum dabit ardoremque docendi.
Qui si non dederit nec tu fortasse rogaris,
Non solum discendo operam navabis inanem,
Absque sale et succo sed erunt, quaecunque loqueris,
Frigidaque et manibus pedibusque carentia prorsum.
Nec doctor, verùm nugator habebere magnus
Spermologusque catus contemnendusque locutor,
Conspectum cuius vocemque et verba libenter
Nulla Dei tolerabit ovis, pastoris IESU
Quae norit vocem et genitoris iussa supremi.
Quid prodest, spreto Domini si numine, magnus
Damnatos inter spurcosque putaberis hircos?
Ut sunt Rabbini perituros inter Hebraeos,
Ut sunt per vicos Turcarum urbesque magistri
Utque alii heu multi caecorum pulpita tundunt,
Conviciis solum fortes, ad caetera nauci et
Auribus atque animis stolido clamore molesti.
Magnum est, in Domini castris vel munere lixae
Fungi atque electorum in terris esse minister.
Ergo ministerio tanto curato praeesse
Dignè, idque assiduo summum rogitato parentem.
Nullam operam interea fugito nullumque laborem.
     Desit et officio nunquam et te digna supellex,
Non auri sanè aut argenti pondera facti,
Sed nec Phidiaci preciosa toreumata coeli,
Non Tyriae vestes doctaque tapetia dextra
Picta. Abeant Phrygii procul Assyriique labores!
Non ebore incrustata domus vel marmore secto

und überdies noch vieler Geheimnisse, die der verblendeten Welt verborgen sind und die kein Verächter oder Gottloser wissen darf; und er wird dir Wortfülle verleihen und Begeisterung zur Lehre. Wenn er dies nicht verliehen hat und du es vielleicht auch nicht erbeten hast, so wirst du nicht nur in deiner Lehrtätigkeit erfolglos bleiben, sondern alles, was du reden wirst, wird salz- und kraftlos, kalt und gänzlich ohne Hand und Fuß sein. Man wird dich nicht für einen großen Lehrer halten, sondern für einen großen Maulhelden, einen gerissenen Zungendrescher und einen verächtlichen Schwätzer, dessen Anblick und dessen Stimme und Worte kein Schaf Gottes gern ertragen wird, das die Stimme des Hirten Jesus und die Gebote des höchsten Schöpfers kennt. Wozu ist es nütze, wenn man dich, nachdem du das göttliche Walten des Herrn verachtet hast, für einen Großen unter den Verdammten und den schmutzigen Böcken halten wird, wie es die Rabbiner unter den dem Untergang geweihten Juden, wie es die Lehrer in den Dörfern und Städten der Türken und, ach, viele andere unter jenen Verblendeten sind, die auf die Katheder hämmern, die allein in Schmähungen stark sind, im übrigen aber den Wert einer tauben Nuß haben und Ohren und Geistern mit stupidem Gezeter lästig fallen? Etwas Großes ist es, im Lager des Herrn, sei es auch als Marketender, Dienst zu tun und auf der Erde ein Diener der Auserwählten zu sein. Also sieh zu, daß du einem so großen Amt würdig vorstehst, und bitte den höchsten Vater unablässig darum. Scheue unterdessen keine Mühe und keine Arbeit.
     Es ermangele niemals an einem deines Amtes und deiner selbst würdigen Hausrat – ausgenommen freilich seien Massen von Gold- und Silbergeschirr, aber auch kostbare getriebene Arbeiten von dem Grabstichel eines Phidias, Purpurgewänder und von kunstreicher Hand gemalte Tapeten. Weit fort mit phrygischen und assyrischen Arbeiten! Das Haus schimmere nicht von Täfelungen von Elfenbein oder Marmor.

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<63> Splendeat, haud paries tabulas ostentet Apellis,
Ditia Parrhasiique opera aut Euphranoris artem.
Haec satrapam fortasse decent Croesosque superbos
Quique pusillanimes per magni talia pendunt,
Unde animi surgunt tumidi, haud sapientia crescit,
Non ullos certè sophiae coelestis alumnos,
Pauperis et Christi verbum quicunque loquuntur.
Iucundè niteant aedes, sed paupere cultu,
Purgentur scopis, oleant Panchaïa thura
Granave iuniperi, viridem et pro tempore nardum
Aut violas mollesque rosas aut lilia cana.
Suavis odor fovet ingenium prodestque cerebro,
Putidus ut nocumenta adfert animumque retundit.
Sit musaeum amplum, quod per specularia multum
Possideat lucis, foetore quoque absit ab omni.
Nulla fimeta habitent propter spurcaeque latrinae,
Tetra nec aspiret torpente palude mephitis.
Hîc propriae videantur opes, hîc magna librorum
Copia diversis composta ex ordine nidis
Fulgeat, obtineant ubi primam iure cathedram
Biblia divino quondam spiramine scripta.
Et quibus in linguis etiam conscripta feruntur,
Primatum meritò tenet et dominatur Hebraea,
Sortitur verò inde locum Chaldaea secundum.
Sed nec Graiugenae desit translatio linguae,
Septeni decies quam composuere magistri
Niliaco regi quondam, qua cernimus usos,
Qui Christum primi scriptis docuere verendis.
Commentatorum sint hinc examina praesto
Et qui Christigenas inter scripsere libellos.

Die Wand prange nicht von Gemälden eines Apelles, kostbaren Werken eines Parrhasius oder der Kunst eines Euphranor. Diese Dinge, aus denen aufgeblasene Geister entstehen, keinesfalls Weisheit erwächst, schicken sich vielleicht für einen Statthalter, für hoffärtige Croesusse und für solche, die derlei der Kleinmütigen wegen hochschätzen, doch gewiß für keine Zöglinge der himmlischen Weisheit und für niemanden, der das Wort des besitzlosen Christus verkündet. Das Haus strahle ansprechenden Glanz aus, doch sei es bescheiden ausgestattet; es werde mit dem Besen gereinigt, es dufte nach panchaischem Weihrauch oder Wacholderbeeren und – je nach den Umständen – nach frischer Narde oder Veilchen, zarten Rosen oder weißgrauen Lilien. Ein lieblicher Duft erquickt den Geist und nützt dem Gehirn – so wie Modergeruch Schaden stiftet und den Geist abstumpft. Die Studierstube sei geräumig, von den Fensterscheiben her lichtdurchflutet und auch fern von jedem Gestank: es gebe in ihrer Nähe keine Misthaufen und garstigen Abtritte, und es wehe keine pestilenzialische Ausdünstung aus einem stehenden Pfuhl zu ihr hin. Hier erblicke man den eigentlichen Reichtum: hier leuchte eine große Fülle von Büchern, in verschiedenen Schränken wohlgeordnet aufgereiht. Den ersten Lehrstuhl dort besetze zu Recht die einst vom Heiligen Geist geschriebene Bibel. Unter den Sprachen, in denen sie bis heute schriftlich verbreitet wird, hat das Hebräische verdientermaßen den ersten Platz und die Vorherrschaft inne; nach ihr jedoch fällt dem Chaldäischen der zweite Platz zu. Aber es fehle auch nicht die Übersetzung ins Griechische, die vor Zeiten siebzig Lehrer für den ägyptischen König angefertigt haben und die wir von denen gebraucht sehen, die als erste in ehrwürdigen Schriften Christus gelehrt haben. Hierauf seien die Scharen der Ausleger und die Bücherschreiber unter den Christen zur Stelle.

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<64> Regii at Hipponis praesul, quo haud clarius
Emicuit lumen Romani finibus oris,
Infractus scriptor, solitus qui vera sagaci
Vestigare animo docteque refellere falsa,
Sedem possideat merito post dia secundam.
Tum multis notus linguis Hieronymus orbi,
Igneus ingenio, quavis perfectus in arte
Quemque parum reputes Arpinae cedere linguae,
Succedat veterique suo iungatur amico.
Adstet et Ambrosius, dulci sermone disertus,
Molliter irrepensque animis et corde paterno
Recta monens. Acer porrò nec Hilarius[15] absit
Constantique docens syncera Athanasius ore,
Gregoriique duo, linguae fulgentia Graiae
Lumina, discretis radiis sat cognita mundo.
Consessum exornet martyr Cyprianus honestum
Basiliusque pius, pleno et Chrysostomus amni
Assimilis, sacrae sophiae quem rhetora dicas,
Sederit in cuius Pitho fortissima labris.
Scriptori veteri haud desit locus Irenaeo.
Illic Origenes habitet pugnaxque Cyrillus
Atque alii Graecae multi Latiaeque farinae,
Quos fuerit longum nimis et recitare molestum.
Intersint etiam, quos proxima secla tulerunt,
Sana doctrina licet et pietate vetustis
Conferri nequeant sitque illis barbara lingua.
Sedibus in dignis astent ornentque senatum,
Qui nostro sacris admorunt brachia seclo,
Quorum non paucos videas accedere primis,
Spiritu Apostolicoque intellexisse, quod antehac

Den zweiten Platz nach der Heiligen Schrift besetze aber verdientermaßen der Bischof von Hippo Regius, die an Helligkeit alles überstrahlende Leuchte des römischen Sprachraums, der ungebeugte Schriftsteller, der mit Scharfsinn die Wahrheit aufzuspüren und das Falsche sachkundig zu widerlegen pflegte. Sodann folge und schließe sich seinem alten Freunde an der der Welt für seine Vielsprachigkeit bekannte Hieronymus, ein Feuergeist, der vollkommen ist in jedweder Wissenschaft und von dem man annehmen möchte, daß er nur wenig hinter der Sprache Ciceros zurückbleibt. Zur Stelle sei auch Ambrosius, der sich, in süßer Rede wohlgewandt, behutsam der Geister bemächtigt und aus väterlichem Herzen zum Rechten ermahnt. Andererseits aber fehle auch der strenge Hilarius nicht sowie Athanasius, der in gleichmäßig ausgeführter Rede Unverdorbenes lehrt, [ferner] die beiden Gregoriusse, glänzende Leuchten in der griechischen Sprache, nach ihren unterschiedlichen Strahlen der Welt hinreichend bekannt. Die ehrenwerte Versammlung ziere der Märtyrer Cyprianus, der fromme Basilius und der einem wasserreichen Strom ziemlich vergleichbare Chrysostomus, den man einen Rhetor der heiligen Weisheit nennen könnte und in dessen Lippen eine höchst energische Suada wohnte. Dem alten Schriftsteller Irenaeus sei durchaus ein Platz eingeräumt. Dort seien auch angesiedelt: Origenes, der streitbare Cyrillus und viele andere griechischer und lateinischer Provenienz, die aufzuzählen allzu langwierig und beschwerlich sein möchte. Unter ihnen seien auch solche Autoren, die die jüngst vergangenen Jahrhunderte hervorgebracht haben, obgleich sie mit den alten, was Reinheit der Lehre und Frömmigkeit betrifft, nicht vergleichbar sind und ihre Sprache barbarisch ist. Auf würdigen Plätzen mögen sich diejenigen anreihen und die Ratsversammlung zieren, welche in unserem Jahrhundert der Religion ihren Arm geliehen haben; bei nicht wenigen von ihnen kann man feststellen, daß sie an die ersten [Kirchenschriftsteller] heranreichen, daß sie mit apostolischem Geist verstanden haben, was zuvor

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<65> Perpaucis fuerat notum, nec cedere priscis
Eloquio, linguis, sophia sacra atque prophana.
Praeclaros lucis radios hoc tempore nostro
Protulit omnipotens, simul et largissima dona
Effudit passim, sanus quod nemo negabit:
Pro quibus ingentes par est ut semper agamus
Grates et dignè nostrum vertamus in usum
Omnia, non etiam spernamus more pudendo,
Quo vernacula et hoc nostro praesentia seclo
Turpi quantumvis bona fastidimus orexi,
Contrà miramur vetera atque exotica solùm,
Quaerimus et longè tensis absentia palmis.
Invidus hic valeat mos, amplectamur ab alto
Munera missa Dei sanctosque piosque labores,
Quos liquere viri studiis pietateque culti.
Nec nos commoveat, nostro si multa palato
Displiceant insintque obelis iugulanda nigellis.
Scriptor enim, sacris exceptis, quis fuit unquam,
Qui non errarit? Multis offendimus omnes,
Multaque cernentes per sola aenigmata fallunt.
Hos inter meritò primum sortitur honorem
Omnibus in studiis summè percultus Erasmus,
Aevi delicium nostri atque novissima gentis
Gloria Germanae, quo longè vincimus omnes
Ausonas et Gallos, Hispanos atque Britannos.
Huius in excultis poteris addiscere libris,
Doctores quicquid sacri et docuere prophani.
Pòst alii indantur nidis multique bonique.
Neminis excludas tractantis sacra labores,
Climate sub quocunque etiam aut quo vixerit aevo,

nur sehr wenigen bekannt war, und daß sie den alten Autoren in Beredsamkeit, Sprachkenntnis und geistlicher wie weltlicher Weisheit nicht nachstehen. Der Allmächtige hat in diesem unserem Zeitalter, was kein Vernünftiger bestreiten wird, sehr helle Lichtstrahlen hervorgerufen und zugleich überall die reichsten Gaben ausgeschüttet; es gebührt sich, daß wir ihm ihretwegen stets größten Dank abstatten und sie uns alle entsprechend zunutze machen, daß wir sie auch nicht verachten nach der schändlichen Gepflogenheit, mit der wir heimische und in diesem unserem Jahrhundert vorhandene Dinge, obwohl sie gut sind, aus einem höchst schimpflichen Verlangen von uns weisen, andererseits aber allein bewundern, was alt und ausländisch ist, und mit ausgestreckten Händen nach Dingen verlangen, die weit entfernt sind. Betrachten wir diese Gepflogenheit als Neid! Heißen wir die heiligen und frommen Arbeiten, welche Männer hinterlassen haben, die durch wissenschaftliche Fähigkeiten und Frömmigkeit veredelt waren, als vom Himmel gesandte Gaben Gottes liebevoll willkommen! Und regen wir uns nicht auf, wenn uns vieles nicht mundet und Dinge darin enthalten sind, die mit schwarzen Spießen abgestochen werden müssen! Welchen Schriftsteller, die heiligen ausgenommen, hat es denn wohl jemals gegeben, der nicht geirrt hat? Wir alle gehen in vielem fehl, und vielfach führen allein schon dunkle Stellen den Betrachter in die Irre. Unter diesen Autoren verdient den ersten Preis der in allen Wissenschaften hochgebildete Erasmus, die Wonne unseres Zeitalters, der jüngste Ruhm des deutschen Volkes; mit ihm übertreffen wir alle Italiener und Franzosen, Spanier und Engländer bei weitem. In seinen fein ausgearbeiteten Büchern wirst du lernen können, was die geistlichen und weltlichen Lehrer gelehrt haben. Nächst ihm stelle man noch viele andere treffliche Autoren in die Schränke. Schließe die Arbeiten von niemandem aus, der über geistliche Dinge handelt, in welcher Weltgegend und zu welcher Zeit er auch gelebt haben

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<66> Qualicunque etiam mundo sit nomine notus.
Sic instructus eris doctoque pioque senatu,
Qui tibi de Christo, quaecunque et scire necessum est
Speque fideque super, bona dent responsa roganti,
Unde queas aliis quoque respondere rogatus,
Tanquam adyta ingressus Domini et manteia sacerdos.
     Nec flagrum impediat doctoris Stridone nati
(Finxit enim inque loco retulit sua somnia mundo),
Quo minus adiungas sophiae monumenta prophanae.
Interdumque animi causa volvasque legasque,
Quae vel Aristoteles obscuro prodidit ore
Socraticisque Plato docuit sermonibus aut quae
Plutarchus, Xenophon, Euclides et Ptolemaeus
Ad mores prompsere bonos certasque matheses.
Adsint scriptores legum iurisque periti,
Adsint et veterum pariter decreta Paparum
Quaeque Rescripta vocant et Decretalia iura.
Sedes omnino debetur digna Poëtis,
Utpote candidulis animis et numine plenis.
Hippocrates sedeat prope facundusque Galenus
Atque alii docti physices artisque medendi.
Tullius intersit, Romani signifer oris
Eloquiique pater bonus officiique magister.
Plinius, Isocrates et cum Demosthene Caesar,
Doctor et infelix matricidae ille Neronis
Exornent doctum non postremo ordine coetum.
Accedant et qui secli scripsere prioris
Historias et gesta ducum vitasque virorum.
Omnia scriptorum verò quis nomina versu
Dicat? Cui tanta haud moveat fastidia turba?

und unter welchem Namen er der Welt auch bekannt sein mag. So wirst du ausgerüstet sein mit einer gelehrten und frommen Ratsversammlung, die dir, sofern du sie über Christus und alles mögliche, was man bezüglich Hoffnung und Glauben wissen muß, befragst, treffliche Antworten geben kann; dadurch wirst du in die Lage versetzt, auch anderen, wenn du gefragt wirst, Antworten zu erteilen – gewissermaßen als ein Priester, der das Allerheiligste und die Orakelstätte des Herrn betreten hat.
     Die Geißel des aus Stridon gebürtigen Lehrers (er hat sie nämlich ersonnen und der Welt seine Träume am passenden Ort mitgeteilt) hindere dich nicht, Denkmäler weltlicher Weisheit folgen zu lassen. Durchblättere und lies hin und wieder zu deinem Vergnügen, was Aristoteles in seiner dunklen Rede hat verlauten lassen, was Plato in seinen sokratischen Dialogen gelehrt hat oder was Plutarch, Xenophon, Euklid und Ptolemaeus zu den guten Sitten und einer sicher fundierten Mathematik vorgetragen haben. Vorhanden seien Verfasser von Gesetzen und Rechtsgelehrte, vorhanden seien gleichfalls die Verfügungen der alten Päpste und die, welche man Reskripte und Dekretalen nennt. Ein in jeder Hinsicht würdiger Platz steht den Dichtern zu – solchen, versteht sich, die reinen Geistes sind und erfüllt von der Wundermacht Gottes. Nahebei stehe Hippokrates, der redegewandte Galen und andere gelehrte Ärzte und Heilkünstler. Vertreten sei Tullius, der Bannerträger der römischen Sprache, der treffliche Vater der Beredsamkeit und Lehrer der Pflicht. Plinius, Isokrates, Caesar nebst Demosthenes und der berühmte unglückliche Lehrer des Muttermörders Nero mögen nicht in der letzten Reihe die gelehrte Versammlung schmücken. Es mögen auch die hinzutreten, welche die Geschichte einer früheren Epoche und über Taten von Fürsten und das Leben großer Männer geschrieben haben. Wer aber könnte alle Schriftstellernamen in Versen hersagen? Bei wem erregte ein so großes Gewimmel nicht Überdruß?

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<67> Nullius ignarum nostrum decet esse colonum.
Mellificas imiteris apes, vernantia lustres
Omnia prata et opes omni de flore reportes.
Omnibus è rebus sunt argumenta frequenter
Adducenda, nec è scriptis tantummodo libris
Naturaque ipsa rerum cunctisque creatis,
Sed vili quavis etiam cerdonis ab arte,
Possit ut agricolis nulla esse superflua cura.
     Quid referam, hinc messis quanta et quàm grata voluptas?
Est magnum in primis doctos tot habere sodales
Et congerrones dulces fidumque senatum,
Ad quem de humanis liceat sacrisque referre,
Quandocunque velis et quantum. Tecta manebunt,
Si qua foras nolis efferri. Vera loquetur
Nec te personae respectu fallet adulans.
Intererunt, tractare quibus cum seria possis,
Rursum et qui risum moveant animique molestas
Discutiant nebulas hilari lucemque reducant.
Denique gratuiti tibi praesentesque magistri
Semper erunt, qui te doceant moneantque volentem,
Nolenti verò nulla sint parte molesti.
Hinc tu clamosi fugies consortia vulgi.
Nec fuerint indocta tibi convivia cordi:
Auribus et nummis parces animoque quieto.
Non te mordebit recitans ingrata sodalis,
Nec vultum aspicies inimici invitus acerbum.
Audire haud fuerit scurrarum verba necesse.
Non te odium nec turpis amor vexabit et ira.
Limina non magni facies occlusa potentum
Atque fori strepitum litesque et iurgia plebis.

Unser Pflanzer sollte jeden kennen. Mache es wie die honigerzeugenden Bienen, durchstreife alle Frühlingswiesen und bringe den Reichtum von jeder Blüte nach Hause. Man muß häufig von überallher Argumente beibringen, nicht nur aus Büchern, dem Wesen der Dinge selbst und aus der ganzen Schöpfung, sondern auch aus der noch so geringfügigen Kunst des Handwerkers, so daß für Landbauer kein Studium überflüssig sein kann.
     Wozu sollte ich darlegen, wie reiche Früchte dies trägt und wie reizvollen Genuß es gewährt? Es ist eine besonders großartige Sache, so viele hochgelehrte Freunde und liebreiche Gefährten zu besitzen – eine getreue Ratsversammlung, der du Fragen in menschlichen und geistlichen Dingen vorlegen darfst, wann immer und soviel du willst. Sie wird in deinem Hause verweilen, falls du nicht etwa willst, daß man sie hinaus vor die Tür schafft. Sie wird die Wahrheit sagen und dich nicht aus persönlichen Rücksichten schmeichelnd in die Irre führen. Es werden solche darunter sein, mit denen du ernste Dinge verhandeln kannst, andererseits auch solche, die Lachen erregen, die die verdrießlichen Wolken in deinem Gemüt fröhlich verjagen und den Sonnenschein zurückbringen. Kurzum, sie werden dir stets als uneigennützige Lehrer zur Verfügung stehen, die dich belehren und ermahnen können, wenn du es willst, dir aber, wenn du es nicht willst, in keiner Hinsicht beschwerlich sind. Daher wirst du die Gesellschaft der ständig lärmenden Menge meiden. Primitive Gastereien werden dir nicht am Herzen liegen: du wirst deine Ohren, deinen Geldbeutel und deine Gemütsruhe schonen. Kein Zechgenosse wird mit dem Vortrag unfreundlicher Dinge auf dich sticheln, und du wirst nicht wider Willen die bittere Miene eines Feindes erblicken. Es wird sich durchaus erübrigen, das Geschwätz von Possenreißern anzuhören. Kein Haß, keine schimpfliche Liebe und kein Zorn werden dich quälen. Die verschlossenen Häuser der Mächtigen, das Lärmen des Marktes und die Streitereiten und Zänkereien des großen Haufens wirst du geringschätzen.

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<68> Imperii non te capient nec Martis honores,
Non Bacchi studium, damnosa nec alea perdet.
Liber eris, Paradisiaci velut incola prati.
Purpureos niveosque inter versabere flores,
Sub pedibus terrena premes; coelestia solum
Et veram Christi sophiam sectabere felix.

Die Ehren der Herrschaft und des Krieges werden dich nicht verlocken, die Liebe zum Wein und das verderbliche Würfelspiel dich nicht zerrütten. Du wirst frei sein wie ein Bewohner paradiesischen Gefildes. Du wirst zwischen purpurnen und schneeweißen Blumen wandeln, die irdischen Dinge wirst du mit Füßen treten und allein den himmlischen und der wahren Weisheit Christi beglückt nachstreben.


[8] ne (nec Errata)   [9] debet   [10] eas   [11] Propriume (Proprium Errata)   [12] Iudicim (Iudicium Errata)   [13] seu (se Errata)   [14] descriptis (de scriptis Errata)   [15] Hillarius (Hilarius Errata)

Letzte Änderung: 28.12.2009

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